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Podcast: Episode 2

Ganz knapp zu spät für die ers­te Fol­ge hat Ben Folds sein ers­tes Album seit acht Jah­ren ange­kün­digt. Des­halb begin­nen wir unse­re zwei­te Sen­dung natür­lich mit der Vor­ab-Sin­gle „Win­slow Gar­dens“. Außer­dem singt P!nk auf ihrem neu­en Album zusam­men mit den schwe­di­schen Söder­berg-Schwes­tern von First Aid Kit, es gibt neue Songs von Kele­la, Bar­rie und Caro­li­ne Pol­a­chek und Lukas darf „Fucked Up“ im (ist doch qua­si) Radio sagen.

Alle Songs:

  • Ben Folds – Win­slow Gar­dens
  • Dar­ren Jes­see – Love And Thanks
  • Kele­la – Hap­py Ending
  • P!nk feat. First Aid Kit – Kids In Love
  • Bar­rie – Unho­ly Appe­ti­te
  • Caro­li­ne Pol­a­chek – Pret­ty In Pos­si­ble
  • Fucked Up – Lords Of Ken­sing­ton
  • Brad Mehl­dau – Here, The­re And Ever­y­whe­re
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Musik

The District Sleeps Alone Tonight

Guten Mor­gen,

mein Name ist Lukas und ich soll­te eigent­lich längst schla­fen. Aber dann hab ich bei You­Tube ein Video ent­deckt:

Einer mei­ner Lieb­lings­mu­si­ker covert einen mei­ner Lieb­lings­songs von einer mei­ner Lieb­lings­bands! Das muss ich natür­lich noch gucken und dann …

Okay: Frank Tur­ner covert noch einen Song von The Hold Ste­ady, aber dies­mal mit einem Band­mit­glied von The Hold Ste­ady! Aber danach kann ich ja …

Okay: „Con­s­truc­ti­ve Sum­mer“ mag ich aus per­sön­li­chen Grün­den noch ein biss­chen mehr, aber danach soll­te ich …

What the … ? Frank Tur­ner covert einen Song einer mei­ner ande­ren Lieb­lings­bands!

Und noch einen! („Plea From A Cat Named Virt­ute“ hal­te ich per­sön­lich ja für einen der bes­ten Tex­te, der je geschrie­ben wur­de – was um so bemer­kens­wer­ter ist, wenn man bedenkt, was mit ande­ren Men­schen pas­siert ist, die Tex­te aus der Sicht einer Kat­ze geschrie­ben haben.)

ARGH! Gibt es irgend­ei­nen mei­ner Lieb­lings­songs, den Frank Tur­ner nicht geco­vert hat?

Ich muss jetzt wirk­lich aus­ma­chen, aber weil sich der Kreis hier so wun­der­bar schließt:

Noch ein Song von The Pos­tal Ser­vice, geco­vert von einem noch abso­lut­e­ren Lieb­lings­mu­si­ker.

Gute Nacht!

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Wette sich, wer kann

Die Nach­richt, dass die Unter­hal­tungs­sen­dung „Wet­ten, dass..?“ nach 33 Jah­ren ihren Geist auf­ge­ben wür­de, war der Redak­ti­on von „Spie­gel Online“ am Abend des 5. April sogar eine Brea­king News wert. Aut­op­sie und Trau­er­fei­er waren da bereits in vol­lem Gan­ge.

Das ZDF wur­de für sei­ne Pres­se­mit­tei­lungs­for­mu­lie­rung der „geän­der­ten Seh­ge­wohn­hei­ten“ mit Häme über­zo­gen – über­wie­gend von Men­schen, die ger­ne ame­ri­ka­ni­sche TV-Seri­en auf Com­pu­tern und Tablets schau­en und sich Sonn­tags­abends online ver­ab­re­den, um gemein­schaft­lich eine ein­zel­ne deut­sche TV-Serie schei­ße zu fin­den. Mar­kus Lanz und die Redak­ti­on wur­den zu den Allein­schul­di­gen erklärt, was auch Quatsch war: Zwar hat­ten der jovia­le Bau­markt­er­öff­nungs­ch­ar­meur und sei­ne Trup­pe im Hin­ter­grund, die es auch schon mal für eine gute Idee gehal­ten hat­te, sich völ­lig ohne Grund eine aus­schwei­fen­de Ras­sis­mus­de­bat­te an den Hals zu holen, tat­säch­lich kei­nen guten Job gemacht, aber das Pro­blem lag auch woan­ders. In einer Zeit, wo wirk­lich jeder durch Cas­ting­show und You­Tube zum „Star“ wer­den kann, braucht der Nor­mal­bür­ger kei­ne absei­ti­gen Bega­bun­gen mehr, um für einen Abend im Ram­pen­licht zu ste­hen. Man kann es jetzt zu mit­tel­fris­ti­ger TV-Pro­mi­nenz brin­gen, ohne Wärm­fla­schen auf­zu­pus­ten oder die Post­leit­zah­len aller deut­schen Städ­te benen­nen zu kön­nen. ((Oder ohne irgend­et­was zu kön­nen.)) Frank Elst­ner mel­de­te sich auf Twit­ter zu Wort und vie­ler­orts las man wie­der von Elst­ner, klei­nen Kin­dern in der Bade­wan­ne und im Bade­man­tel. ((Was jetzt viel­leicht ein biss­chen unglück­lich for­mu­liert ist.))

Immer wie­der kam das Bild auf, das Flo­ri­an Illies 2000 beschrie­ben hat­te: Wie er als Kind Sams­tags­abends, frisch geba­det und im Bade­man­tel auf der Couch sit­zen und „Wet­ten, dass..?“ mit Frank Elst­ner gucken durf­te. Illies beschrieb dies in sei­nem Best­sel­ler „Gene­ra­ti­on Golf“, des­sen Titel schon Teil des Pro­blems ist, zu dem wir gleich noch kom­men, und je mehr deckungs­glei­che Wort­mel­dun­gen in den Sozia­len Netz­wer­ken auf­schlu­gen, des­to boh­ren­der wur­de die Fra­ge: Hat­ten wir – das Per­so­nal­pro­no­men ist hier beson­ders wich­tig – wirk­lich so ähn­li­che Kind­heits­er­leb­nis­se oder brach sich hier gera­de die Erin­ne­rungs­ver­fäl­schung Raum, die sonst ger­ne auch schon mal ger­ne dafür sorgt, dass Men­schen sich detail­reich dar­an erin­nern, wo sie bei der Mond­lan­dung, der Ermor­dung John F. Ken­ne­dys, dem Mau­er­fall, dem Unfall­tod von Dia­na Spen­cer und am 11. Sep­tem­ber 2001 waren – nur, dass das oft gar nicht stimmt.

Ich für mei­nen Teil bin zum Bei­spiel zu jung, um jemals bewusst „Wet­ten, dass..?“ mit Frank Elst­ner gese­hen zu haben. Ich erin­ne­re mich an eine Aus­ga­be, in der jemand mit­hil­fe hand­li­cher Schrott­bal­len sagen konn­te, um was für ein Auto es sich zuvor gehan­delt hat­te. Es mag mein ers­ter bewuss­ter Kon­takt mit der Sen­dung gewe­sen sein, der Mode­ra­tor war wohl schon Tho­mas Gott­schalk und wenn es da drau­ßen jeman­den gibt, der auf Anhieb sagen kann, ob das stimmt, wann die Sen­dung lief und aus wel­cher Mehr­zweck­hal­le die Sen­dung damals kam, dann ist es jetzt zu spät, um aus die­ser Insel­be­ga­bung noch Kapi­tal zu schla­gen.

Frank Elst­ner, das war für mich der Mode­ra­tor von „Nase vorn“, dem viel­leicht über­am­bi­tio­nier­tes­ten Unter­hal­tungs­show­ver­such, bis es ProSiebenSat1 mit der „Mil­lio­närs­wahl“ ver­such­te, und der teil­wei­se live von der Trab­renn­bahn in Dins­la­ken über­tra­gen wur­de, in deren buch­stäb­li­cher Wurf­wei­te unse­re dama­li­ge Woh­nung lag. Mit gro­ßem Eifer glotz­te ich damals jede Sams­tag­abend­show weg, die das öffent­lich-recht­li­che Fern­se­hen Ende der 1980er, Anfang der 1990er auf die Gebüh­ren­zah­ler los­ließ, ((„Ver­ste­hen Sie Spaß?“ mit Pao­la und Kurt Felix! Der „Flit­ter­abend“! Die „Gold­mil­li­on“!)) zur Not zwang ich mei­ne Groß­el­tern (und nicht anders­her­um), mit mir den „Musi­kan­ten­stadl“ zu schau­en – es war eben Sams­tag­abend, ich war da und woll­te unter­hal­ten wer­den! Am Liebs­ten aber die „Rudi Car­rell Show“ ((Ich bin unsi­cher, wann genau ich begriff, dass die Kan­di­da­ten – „gera­de noch im Rei­se­bü­ro, jetzt auf unse­rer Show­büh­ne!“ – sich gar nicht so schnell umzie­hen konn­ten, son­dern dort mit vor­ab auf­ge­zeich­ne­ten Bei­trä­gen gear­bei­tet wur­de, fürch­te aber, es ist noch gar nicht sooo lan­ge her.)) und spä­ter „Geld oder Lie­be“ mit Jür­gen von der Lip­pe, das ich im Nach­hin­ein ger­ne zur bes­ten Sams­tag­abend­show aller Zei­ten ver­klä­re. Wenn es mir gelän­ge, heu­te etwas ähn­lich harm­los-anar­chisch-unter­halt­sa­mes zu kon­zi­pie­ren, wäre ich ein gemach­ter Mann.

„Wet­ten, dass..?“, jeden­falls, ist im Begriff, sehr bald Geschich­te zu sein, und all jene, die damals tat­säch­lich oder gefühlt im Bade­man­tel zuge­schaut hat­ten, gaben sich dem hin, was seit „Gene­ra­ti­on Golf“ All­ge­mein­gut ist: der fra­ter­ni­sie­ren­den, leicht aniro­ni­sier­ten Nost­al­gie derer, die für ech­te Nost­al­gie nicht nur zu jung sind, son­dern auch zu wenig erlebt hat­ten. Und weil die Ver­tre­ter die­ser … nun ja: Gene­ra­ti­on heu­te an den ent­schei­den­den Stel­len bun­des­deut­scher Online­diens­te und Medi­en­sei­ten sit­zen, kann man die­se Erin­ne­run­gen über­all lesen, wo sie von Men­schen mit den glei­chen tat­säch­li­chen oder gefühl­ten Erin­ne­run­gen kom­men­tiert wer­den, auf dass sich auch die Nach­ge­bo­re­nen damit infi­zie­ren und sich spä­ter fel­sen­fest dar­an erin­nern, wie sie damals selbst auf der Couch …

„Kids today get­tin‘ old too fast /​ They can’t wait to grow up so they can kiss some ass /​ They get nost­al­gic about the last ten years /​ Befo­re the last ten years have pas­sed“, hat Ben Folds mal gesun­gen. Das ist inzwi­schen neun Jah­re her und die Ent­wick­lung der Sozia­len Netz­wer­ke hat seit­dem nicht gera­de zu einer Ent­span­nung der Situa­ti­on bei­getra­gen. „Throw­back Thurs­day“ nen­nen sie es, wenn Men­schen am Don­ners­tag beson­ders pein­li­che ((Zu irgend­ei­ner Zeit hät­te man gesagt: „affi­ge“.)) Fotos von sich selbst in einem jün­ge­ren Zustand auf Face­book oder Twit­ter pos­ten, was beson­ders reiz­voll ist, wenn die Men­schen Anfang Zwan­zig und die Fotos selbst noch nicht mal im Grund­schul­al­ter sind. Jan Böh­mer­mann ((Je nach Bezugs­ge­ne­ra­ti­on der Harald Schmidt oder Ste­fan Raab sei­ner eige­nen Gene­ra­ti­on.)) sorg­te im Früh­jahr mit einem „So waren die 90er“-Video für Furo­re im deutsch­spra­chi­gen Inter­net, 90er-Par­ties erfreu­en sich schon seit eini­ger Zeit wach­sen­der Beliebt­heit und ich saß auch schon stock­nüch­tern inmit­ten unter­schied­lich alko­ho­li­sier­ter Men­schen auf Par­ties, starr­te auf einen Lap­top­bild­schirm und nahm einen You­Tube-Rei­gen von Mr. Pre­si­dent, Take That, Echt und Tic Tac Toe mit einer stets wech­seln­den Mischung aus Fas­zi­na­ti­on, Abscheu, Nost­al­gie, Fas­sungs­lo­sig­keit und Begeis­te­rung zur Kennt­nis. Es waren Men­schen mit ansons­ten ver­mut­lich tadel­lo­sem Musik­ge­schmack, aber nie­mand kam auf die Idee, wenigs­tens mal zur Abwechs­lung Inter­pre­ten wie Nir­va­na, Oasis oder Pearl Jam in die Run­de zu wer­fen. Das war auch nicht mehr mit dem lei­di­gen The­ma Über­i­ro­ni­sie­rung zu erklä­ren.

Mein Vater ver­ab­scheut heu­te mit gro­ßer Hin­ga­be vie­les, was sich auf den angeb­lich reprä­sen­ta­ti­ven Hit-Sam­plern sei­ner Jugend fin­det, ((Mungo Jer­ry! The Lovin‘ Spoon­ful!)) trotz feh­len­den Alters wal­tet bei mir eine erschüt­tern­de Mil­de: Ich könn­te jeder­zeit aus­führ­lich und fun­diert begrün­den, war­um Sun­ri­se Ave­nue gro­ße Grüt­ze sind, wür­de mich aber im Zwei­fels­fall ver­mut­lich dazu hin­rei­ßen las­sen, „What Is Love?“ von Had­da­way wort­reich gegen jed­we­de Kri­tik zu ver­tei­di­gen.

Die Musik, die heu­te dort ange­sagt ist, wo Indie­be­reich und Main­stream klei­nen Grenz­ver­kehr pfle­gen, klingt oft, als sei sie schon min­des­tens 40 Jah­re alt. Vor zehn, fünf­zehn Jah­ren wur­den hau­fen­wei­se Fern­seh­se­ri­en der 70er und 80er fürs Kino adap­tiert, heu­te sind plötz­lich Fern­seh­se­ri­en erfolg­reich, die auf 20 Jah­re alten Kino­fil­men basie­ren. Und das ist erst der Anfang.

Der Herm frag­te letz­te Woche auf Twit­ter:

Kurz dar­auf ging dann ein neu­er „Terminator“-Trailer online.

Über das Phä­no­men der „Retro­ma­nie“ sind inzwi­schen Arti­kel und gan­ze Bücher geschrie­ben wor­den. Und, klar: Wenn Kul­tur­epo­chen nicht mehr 50 oder 100 Jah­re dau­ern, son­dern nur ein paar Mona­te ((Oder gar 140 Zei­chen.)), kön­nen sie auch schnel­ler wie­der­kom­men. Die Renais­sance rekur­rier­te noch auf ein Zeit­al­ter, das seit etwa 800 Jah­ren vor­bei war.

Und so ist in einer Zeit, in der angeb­lich alles indi­vi­du­el­ler wird ((Mode- und Ein­rich­tungs­blogs spre­chen da eine etwas ande­re Spra­che.)), die Erin­ne­rung an „Dolo­mi­ti“, „Yps“ und „Rai­der“ („heißt jetzt ‚Twix‚“) das, was die Men­schen hei­me­lig zusam­men­bringt. Die Jea­nette-Bie­der­mei­er-Epo­che.

Um „Wet­ten dass..?“ wird jetzt bis zuletzt ein Gewe­se gemacht, das die Show selbst seit min­des­tens zehn Jah­ren nicht mehr gerecht­fer­tigt hat. Aber so ist das in Deutsch­land: Wir haben ja kul­tu­rell nicht so viel und wenn wir doch mal jeman­den haben, wer­den die­je­ni­gen so sehr gefei­ert, bis sie nie­mand mehr ernst­haft ertra­gen kann. Stich­wort: Til Schwei­ger, Jan Josef Lie­fers, Hele­ne Fischer, Unhei­lig. Alle vier sind am Sams­tag bei der letz­ten Sen­dung dabei.

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Musik

Song des Tages: Ben Folds – Still Fighting It

Sor­ry, da ist die Serie jetzt mal ganz amt­lich geris­sen. Aber es gibt ein­fach auch wich­ti­ge­re Din­ge, als irgend­wel­chen Kram ins Inter­net zu schrei­ben!

Zum ers­ten Mal gehört: Am Mit­tag des 24. August 2001, als ich end­lich das Rezen­si­ons­exem­plar von „Rockin‘ The Sub­urbs“ in den Hän­den hielt, des für den 11. Sep­tem­ber ange­kün­dig­ten Solo­de­büts von Ben F… aber das hab ich ja alles schon mal auf­ge­schrie­ben.

Wer musi­ziert da? Ben Folds, damals frisch geba­cke­ner Ex-Band­lea­der des inzwi­schen wie­der­ver­ei­nig­ten Tri­os Ben Folds Five, und einer mei­ner ganz gro­ßen musi­ka­li­schen Hel­den.

War­um gefällt mir das? It’s Ben Folds, stu­pid! Außer­dem ist „Ever­y­bo­dy knows it sucks to grow up /​ But ever­y­bo­dy does“ eine der bes­ten, all­ge­mein­gül­ti­gen Zusam­men­fas­sun­gen vom Erwach­sen­wer­den, aber gleich­zei­tig auch sehr trös­tend. Und auch musi­ka­lisch ist das ja wohl aller­ers­te Güte – vor allem wenn man bedenkt, was jun­ge Eltern sonst so ver­zap­fen. Fast 13 Jah­re lang hab ich davon geträumt, den Song eines Tages mei­nem Sohn vor­zu­spie­len oder ‑sin­gen. Er fand’s glaub ich ganz okay.

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Song des Tages: Andrew McMahon – Cecilia And The Satellite

Zum ers­ten Mal gehört: Vor unge­fähr einer hal­ben Stun­de. Seit­dem auf hea­vy rota­ti­on.

Wer musi­ziert da? And­re McMa­hon, der frü­he­re Sän­ger von Some­thing Cor­po­ra­te und Jack’s Man­ne­quin, der mich jetzt schon seit mehr als zehn Jah­ren mit sei­ner Musik durch mein Leben beglei­tet und dem ich mich sehr ver­bun­den füh­le.

War­um gefällt mir das? Nun ja: Es ist Andrew McMa­hon. Das Lied rich­tet sich an sei­ne Toch­ter Ceci­lia, die im Febru­ar gebo­ren wur­de, und auch wenn es fast immer rich­tig schief geht, wenn Musi­ker Lie­der für oder über ihre Kin­der schrei­ben, bin ich froh, dass es bei Andrew McMa­hon fast so gut gegan­gen ist wie bei mei­nem ande­ren Pia­no-Hel­den, Ben Folds.

Andrew McMa­hon hat zu dem Song ein paar Liner Notes ver­öf­fent­licht, die ich an die­ser Stel­le nicht unzi­tiert las­sen möch­te:

I’ve been wri­ting music most of my life. Songs have always been the place whe­re I’ve sor­ted out the events of day. If you trace the­se songs back far enough they tell a sto­ry of whe­re I’ve been and what I’ve seen along the way. That said, most peo­p­le don’t have the time to sort through the hundreds of songs that have coll­ec­ted in the wake of my 20 plus years behind a pia­no, and that’s why I love „Ceci­lia and the Satel­li­te“. As a song it encap­su­la­te so much living against the back drop of a new life. Ceci­lia was writ­ten with the know­ledge that my wife and I would soon meet our first child. With the hope of avo­i­ding ter­ri­to­ry this type of song often treads, I tried to crea­te a road map of the life I had lived lea­ding up to that moment. One my daugh­ter might look back on some day. A stran­ge life of con­stant moti­on, spent tra­ve­ling in the pur­su­it of music. A life I’ve near­ly lost on more than one occa­si­on and one which I am thank­ful for, now more than ever. Deep down this song is about more than me and whe­re I’ve been, it’s about more than my daugh­ter and what I want for her. It’s about being proud of whe­re you come from and wan­ting the most for the peo­p­le you share your world with.

Die Pro­duk­ti­on ist (wie schon bei Andrew McMa­hons Solo-Debüt-EP „The Pop Under­ground“) viel­leicht ein biss­chen sehr plas­tik­haft und elek­tro­nisch, aber: Die­ses „Such Gre­at Heights“-Pulsieren! Die­se Trom­meln-und-Chö­re-Pas­sa­ge! Satel­li­ten! Das ist Musik, genau für mich gemacht.

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Schwänze an Wänden

Ich habe das Gefühl, „The Sound Of The Life Of The Mind“, das Come­back-Album von Ben Folds Five, immer noch nicht aus­rei­chend gewür­digt zu haben. Vor allem nicht das fan­tas­ti­sche „Draw A Crowd“, das mit der viel­leicht bes­ten Lied­zei­le die­ses Jahr­zehnts daher­kommt: „If you can’t draw a crowd, draw dicks on a wall“. Das kann man nicht über­set­zen, weil der Witz dann nicht mehr funk­tio­niert, aber ich bin mir sicher, Sie ver­ste­hen es auch so.

Aber das kann ich ja jetzt ändern, denn Ben Folds Five waren die­se Woche zu Gast bei Conan O’Bri­en und haben „Draw A Crowd“ live gespielt:

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Musik

Songs des Jahres 2012

Ich bin natür­lich viel zu spät dran. Ich habe inzwi­schen meh­re­re Songs im Radio oder in Gast­stät­ten gehört, die selbst­ver­ständ­lich noch auf die Lis­te gehört hät­ten, die ich aber schlicht­weg ver­ges­sen habe. Und ver­mut­lich habe ich die bes­ten Sachen eh wie­der nicht mit­be­kom­men.

Egal.

Hier sind mei­ne Songs des Jah­res 2012:

25.The Kil­lers – Runa­ways
„Batt­le Born“, das vier­te regu­lä­re Album der Kil­lers, hat nicht die Über­songs wie „Hot Fuss“, es ist kein geschlos­se­nes Meis­ter­werk wie „Sam’s Town“, aber auch nicht so unsor­tiert wie „Day & Age“. Kurz­um: Es ist ein völ­lig okayes Album – und es hat „Runa­ways“, die neu­es­te Springsteen-Hom­mage (Frau ken­nen­ge­lernt, schwan­ger gewor­den, gehei­ra­tet, Stim­mung im Arsch – man kennt das) aus dem Hau­se Flowers. „We can’t wait till tomor­row“!

24. Cal­vin Har­ris feat. Exam­p­le – We’ll Be Coming Back
Das Kon­zert von Exam­p­le in der Köl­ner Essig­fa­brik war eines der bes­ten und ener­gie­ge­la­dens­ten, die ich 2012 besucht habe. Lei­der wer­de ich mit dem neu­en Album „The Evo­lu­ti­on Of Man“ nicht rich­tig warm, aber die­se Kol­la­bo­ra­ti­on mit Cal­vin Har­ris, die auf den Alben bei­der Künst­ler ent­hal­ten ist, ist schon sehr ordent­lich gewor­den.

23. Frit­ten­bu­de – Zeit­ma­schi­nen aus Müll
Ein Plä­doy­er für den Spaß, die Par­ty, die Selbst­zer­stö­rung, ohne gleich­zei­tig gegen Spie­ßer­tum und Bau­spar­ver­trä­ge zu het­zen. Die Kern­aus­sa­ge „Jeder Tag ist der bes­te Tag eines Lebens“ ist viel­leicht nicht son­der­lich neu, aber sie run­det die­sen melan­cho­li­schen Car­pe-Diem-Pop­song wun­der­bar ab.

22. San­ti­gold – Dis­pa­ra­te Youth
Unse­ren jähr­li­chen Mobil­funk-Wer­be­song gib uns auch heu­te wie­der. Natür­lich haben die son­nen­durch­flu­te­ten Erleb­nis-Bil­der aus den Voda­fone-Spots die­sen ohne­hin gro­ßen Song noch ein biss­chen wei­ter mit Bedeu­tung auf­ge­la­den, aber auch nach der Dau­er­be­schal­lung im Fern­se­hen (und mehr noch: im Inter­net) hat das Lied nichts von sei­ner Schön­heit ver­lo­ren.

21. Ben­ja­min Gib­bard feat. Aimee Mann – Big­ger Than Love
Da ver­öf­fent­licht der Sän­ger von Death Cab For Cutie und The Pos­tal Ser­vice das ers­te rich­ti­ge Solo­al­bum unter eige­nem Namen („For­mer Lives“) und der bes­te Song ist wie­der mal eine Kol­la­bo­ra­ti­on. Nach „Big­ger Than Love“ wünscht man sich, Gib­bard und Mann hät­ten zusam­men ein kom­plet­tes Album auf­ge­nom­men, so groß­ar­tig har­mo­nie­ren ihre bei­den Stim­men und so schön ist das Ergeb­nis gewor­den.

20. The Gas­light Anthem – „45“
Ich wür­de sie ja ger­ne igno­rie­ren, die­se schreck­li­chen Krea­tio­nis­ten aus New Jer­sey, aber dafür machen sie lei­der immer noch viel zu gute Musik. „45“ ist eben lei­der ein groß­ar­ti­ger Ope­ner zu einem ziem­lich guten Album. Die Fra­ge, ob man guten Künst­lern nach­se­hen soll­te, dass sie offen­sicht­lich Idio­ten sind, klä­ren wir dann eben spä­ter.

19. Kid Kopp­hau­sen – Das Leich­tes­te der Welt
Seit dem 10. Okto­ber kann man Kid Kopp­hau­sen nicht mehr hören, ohne mit­zu­den­ken, dass Nils Koppruch, einer der zwei Köp­fe die­ser Band, starb, bevor es mit der Band rich­tig los­ge­hen konn­te. Hier singt nun die meis­te Zeit Gis­bert zu Knyphau­sen, der ande­re Kopf, und er singt so gran­di­os Zei­len wie „Denn jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur schei­ße ver­packt“. Das ist so mei­len­weit weg von den Acts, die jedes Jahr den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ unsi­cher machen, so sagen­haft gut, dass es wirk­lich kei­nes Todes­falls bedurft hät­te, um die­ses Album noch beson­de­rer zu machen. Aber so ist das Leben manch­mal.

18. Kendrick Lamar – Swim­ming Pools (Drank)
Es sind so vie­le Lobes­hym­nen über Kendrick Lamar und sein Debüt­al­bum „good kid, m.A.A.d city“ erschie­nen, dass ich kei­ner­lei Ambi­tio­nen habe, dem noch etwas hin­zu­zu­fü­gen. Es ist ein wahn­sin­nig klu­ges Album, das viel­leicht nicht im eigent­li­chen Sin­ne cat­chy ist, an dem wir aber ver­mut­lich auch in 20, 30 Jah­ren noch unse­re Freu­de haben wer­den. Und „Swim­ming Pools (Drank)“ ist der bes­te Song dar­auf. Viel­leicht.

17. Les­lie Clio – Told You So
Wäh­rend Thees Uhl­mann solo Kar­rie­re macht, hat der Rest der letz­ten Tom­te-Beset­zung umge­sat­telt und ist jetzt Back­ing Band (bzw. im Fal­le von Niko Pott­hoff auch noch Pro­du­zent) von Les­lie Clio, der – gro­ßer Gott, Musik­jour­na­lis­ten! – „deut­schen Ant­wort auf Ade­le“. „Told You So“ ist cle­ver, kna­ckig und ent­spannt und gemein­sam mit der Nach­fol­ge­sin­gle „I Could­n’t Care Less“ lässt das Gro­ßes für das im Febru­ar erschei­nen­de Debüt­al­bum „Gla­dys“ erwar­ten.

16. Frank Oce­an – Lost
Und noch so ein Album, das völ­lig zu Recht auf allen Bes­ten­lis­ten weit vor­ne gelan­det ist. Ich habe län­ger gebraucht, um mit „Chan­nel Oran­ge“ warm zu wer­den, aber es wird tat­säch­lich bei jedem Hören noch bes­ser. „Lost“ ist der … nun ja: ein­gän­gigs­te Song des Albums, der ein biss­chen schüch­tern vor sich hin groovt.

15. Cro – Easy
Ja, der Song hät­te auch schon 2011 auf der Lis­te ste­hen kön­nen. Ja, man kann das mit der Pan­da-Mas­ke albern fin­den. Ja, die stän­di­ge Medi­en­prä­senz (außer in der „WAZ“) nervt ein biss­chen. Aber bit­te: „Easy“ ist immer noch ein groß­ar­ti­ger Song. Die Zei­len mit „AC/​Deasy“ und „Washing­ton, Dea­sy“ zäh­len zum Cle­vers­ten, was im deutsch­spra­chi­gen Hip­hop je pas­siert ist – wobei die Kon­kur­renz da jetzt auch über­schau­bar ist.

14. Alex Cla­re – Up All Night
Kei­ne Ahnung, war­um die gro­ßen Hits von Alex Cla­re jetzt „Too Clo­se“ und „Tre­a­ding Water“ sind: „Up All Night“ hat doch viel mehr Ener­gie und ist viel abwechs­lungs­rei­cher. Ande­rer­seits dürf­ten die Aus­wir­kun­gen auf den Stra­ßen­ver­kehr auch ver­hee­rend sein, wenn so ein Lied plötz­lich im For­mat­ra­dio läuft. Ver­gli­chen mit dem Rest des Albums, der zwi­schen Soul und Dub­step schwankt, ist der Refrain von „Up All Night“ näm­lich ein regel­rech­tes Brett. Andrew W.K., mit dem Drum­com­pu­ter nach­emp­fun­den.

13. Buri­al – Loner
Von der Radio­va­ri­an­te zum Unter­grund­hel­den: Kaum ein Künst­ler­na­me passt so gut zur Musik wie der von Buri­al. Die Dop­pel-EP „Street Halo /​ Kind­red“ ist das, was Mas­si­ve Attack seit Jah­ren nicht mehr rich­tig hin­be­kom­men, und „Loner“ ist mit kna­cki­gen sie­ben­ein­halb Minu­ten noch das zugäng­lichs­te Stück in die­sem düs­te­ren Gewa­ber. Unbe­dingt mit Kopf­hö­rern und geschlos­se­nen Augen genie­ßen!

12. The Wall­flowers feat. Mick Jones – Reboot The Mis­si­on
Nach sie­ben Jah­ren Pau­se und zwei sehr guten Solo­al­ben von Jakob Dylan sind die Wall­flowers zurück – und klin­gen plötz­lich nach The Clash! Und, klar, wenn sie im Text Joe Strum­mer erwäh­nen, kön­nen sie für die Gitar­re und den Gesang im Refrain gleich auch noch Mick Jones ver­pflich­ten. Und ich bin so ein­fach gestrickt, dass ich es gran­di­os fin­de!

11. Kath­le­en Edwards – Chan­ge The Sheets
Ich glau­be, wenn ich alles zusam­men­zäh­le, ist Kath­le­en Edwards mei­ne Lieb­lings­sän­ge­rin: Die­se wun­der­schö­ne Stim­me, die­se Stim­mungs­vol­len Songs und die Bil­der, die ihre Musik ent­ste­hen lässt! Und dann ist „Voy­a­ge­ur“, ihr vier­tes Album, auch noch von Jus­tin Ver­non von Bon Iver pro­du­ziert und ent­hält Songs wie „Chan­ge The Sheets“! Toll!

10. Bob Mould – The Des­cent
Gut, Bob-Mould-Alben klin­gen immer gleich und viel Abwechs­lung gibt es auch auf „Sil­ver Age“ nicht. Aber als ein­zel­ner Song kann so etwas wun­der­bar funk­tio­nie­ren und was der Ex-Sän­ger von Hüs­ker Dü und Sugar da mit 52 aus dem Ärmel schüt­telt, krie­gen man­che Musi­ker unter 30 nicht auf die Ket­te. Die For­mel „Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re“ ist natür­lich denk­bar ein­fach, kriegt mich aber fast immer.

09. Cloud Not­hings – Stay Use­l­ess
Die­ser Song ist erst ganz spät auf mei­ner Lis­te gelan­det, als Ste­phen Thomp­son ihn in der Jah­res­bes­ten­lis­ten­show von „All Songs Con­side­red“ gespielt hat und ich fest­ge­stellt habe, dass ich ihn schon das hal­be Jahr über im Frei­beu­ter gehört hat­te. Natür­lich auch denk­bar ein­fach in sei­ner Wirk­mäch­tig­keit, aber ich find’s gut, wenn ich weiß, was ich will, und das auch bekom­me.

08. Car­ly Rae Jep­sen – Call Me May­be
Ich saß in Baku im Hotel­zim­mer, guck­te rus­si­sches Musik­fern­se­hen und sah die­ses Video. Als der Song zu Ende war, zapp­te ich wei­ter und sah das Video auf dem nächs­ten Kanal direkt noch mal von vorn. „Komi­sche Rus­sen“, dach­te ich, woll­te den Song bei Face­book pos­ten und stell­te dann fest, dass ich bis­her einen inter­na­tio­na­len Hit ver­passt hat­te. „Call Me May­be“ mag mitt­ler­wei­le ein ganz klei­nes biss­chen ner­ven, aber es ist einer der bes­ten Pop­songs, der in die­sem Jahr­tau­send geschrie­ben wur­de (über die Pro­duk­ti­on kön­nen wir uns strei­ten) und „Befo­re you came into my life I missed you so bad“ eine ganz rüh­ren­de Zei­le Teen­ager-Poe­sie. Pop­kul­tur­theo­re­tisch span­nend ist natür­lich auch die Erkennt­nis, dass die ganz gro­ßen Mega­hits („Some­bo­dy That I Used To Know“, „Gang­nam Style“ und eben „Call Me May­be“) inzwi­schen immer auch mit Web­phä­no­me­nen ein­her­ge­hen oder sogar aus ihnen ent­ste­hen.

07. Kraft­klub – Songs für Liam
Noch so ein Song, den nicht mal Eins­li­ve tot­spie­len konn­te. So cle­ver wur­de Pop­kul­tur in deutsch­spra­chi­gen Song­tex­ten sel­ten ver­han­delt, so wir­kungs­voll wur­den die Black Eyed Peas und Til Schwei­ger sel­ten gedisst, so gut wur­de der Wunsch, geküsst zu wer­den, sel­ten begrün­det. Außer­dem freut man sich ja über jede jun­ge Band, die sich mal nicht von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern hat beein­flus­sen las­sen.

06. First Aid Kit – Emmy­lou
… womit wir bei zwei schwe­di­schen Teen­agern wären, die maß­geb­lich von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern beein­flusst wur­den. Ich ver­eh­re First Aid Kit, seit ich sie vor vier Jah­ren auf dem By:Larm in Oslo gese­hen habe, und war etwas ent­täuscht, dass ihr Debüt­al­bum 2010 dann ver­gleichs­wei­se egal aus­fiel. Das haben sie jetzt mit „The Lion’s Roar“ aus­ge­gli­chen, dem wun­der­vol­len Nach­fol­ger. „Emmy­lou“ wirft mit text­li­chen und musi­ka­li­schen Refe­ren­zen nur so um sich und macht klar, dass sich Johan­na und Kla­ra Söder­berg so inten­siv mit der Mate­rie beschäf­tigt haben, dass sie statt die­ses Songs auch eine Habi­li­ta­ti­ons­schrift hät­ten anfer­ti­gen kön­nen. Die wäre aller­dings kaum so schön gewor­den.

05. kett­car – Ret­tung
Damit wäre jetzt auch nicht mehr zwin­gend zu rech­nen gewe­sen, dass kett­car zehn Jah­re nach ihrem gran­dio­sen Debüt­al­bum noch mal das bes­te Lie­bes­lied ver­öf­fent­li­chen wür­den, das je geschrie­ben wur­de. Doch, wirk­lich: Das muss man auch erst mal brin­gen, die besof­fen kot­zen­de Freun­din zu besin­gen und mit „Guten Mor­gen, Lie­be mei­nes Lebens“ zu schlie­ßen. „Lie­be ist das was man tut“, lehrt uns Mar­cus Wie­busch hier ganz prak­tisch. Und musi­ka­lisch ist das auch eine der bes­ten kett­car-Num­mern.

04. Mack­lem­ore & Ryan Lewis – Thrift Shop
Wenn 2012 nicht aus­ge­rech­net das ers­te Ben-Folds-Five-Album seit 13 Jah­ren erschie­nen und auch noch wahn­sin­nig gut aus­ge­fal­len wäre, wäre „The Heist“ von Mack­lem­ore & Ryan Lewis mein Album des Jah­res gewor­den. Auf der einen Sei­te gibt es dort unglaub­lich anrüh­ren­de Songs wie „Same Love“ und „Wing$“, auf der ande­ren so einen fun­keln­den Wahn­sinn wie „Thrift Shop“, der eigent­lich nie­man­den kalt las­sen kann. Unbe­dingt auch das Video anse­hen!

03. Japan­dro­ids – Fire’s High­way
Wie Sie gleich sehen wer­den, gab es 2012 für mich drei gro­ße Strö­mun­gen: Melan­cho­li­sche Kla­vier­bal­la­den, Hip­hop und Gara­gen­rock­bret­ter. Hier der best­plat­zier­te Ver­tre­ter der letzt­ge­nann­ten Kate­go­rie. „Cele­bra­ti­on Rock“ ist, wie Ste­phen Thomp­son bei „All Songs Con­side­red“ rich­tig bemerkt hat, das viel­leicht am pas­sends­ten beti­tel­te Album der Musik­ge­schich­te: Acht Songs in 35 Minu­ten, ein durch­ge­tre­te­nes Gas­pe­dal und Freu­de am eige­nen Lärm. In allen ande­ren Bes­ten­lis­ten taucht „The House That Hea­ven Built“ auf, bei mir eben „Fire’s High­way“. Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re, Sie ken­nen das Prin­zip.

02. Ben Folds Five – Away When You Were Here
Ich will ganz ehr­lich sein: Ich hat­te nicht damit gerech­net, dass „The Sound Of The Life Of The Mind“ über­haupt ein gutes Album wer­den wür­de. 13 Jah­re War­ten waren ein­fach zu viel. Dass es letzt­lich ein sehr gutes Album gewor­den ist, liegt an Songs wie „Away When You Were Here“: Die Melo­die klingt schon beim ers­ten Hören, als ken­ne man das Lied seit sei­ner Kind­heit, und dass Ben Folds ein Lied an einen ver­stor­be­nen Vater singt, wäh­rend sein eige­ner Vater noch leben­dig und bei bes­ter Gesund­heit ist, unter­mau­ert sei­ne Song­wri­ter-Qua­li­tä­ten. Jeder Depp kann besin­gen, was er fühlt oder sieht, aber mit fik­ti­ven Geschich­ten der­art zu Her­zen zu rüh­ren, das kön­nen nur weni­ge. Ben Folds kann es, natür­lich.

01. Rae Mor­ris – Don’t Go
Ich habe nicht vie­le TV-Seri­en kom­plett gese­hen. Wenn ich es dann doch aus­nahms­wei­se mal tue, sind die Abschluss­lie­der gleich mit beson­de­rer Bedeu­tung auf­ge­la­den. Das war mit Peter Gabri­els „The Book Of Love“ am Ende von „Scrubs“ so (die Unzu­mut­bar­kei­ten der neu­en Fol­gen ver­schwei­gen wir ein­fach) und so war es auch mit „Don’t Go“ am Ende von „Skins“. Dass auch die­se Serie jetzt noch einen Appen­dix bekommt (der hoffentlich/​mutmaßlich nicht so schlimm wird wie der von „Scrubs“), kön­nen wir an die­ser Stel­le getrost unter­schla­gen, so berüh­rend und emo­tio­nal ver­dich­tet ist die Mon­ta­ge zu die­sem Lied, das ich seit­dem rauf und run­ter gehört habe – obwohl das zunächst gar nicht so ein­fach war. Ein schlich­tes Lied einer jun­gen Singer/​Songwriterin aus Eng­land, aber auch ein sehr schö­nes.

Jetzt nach­hö­ren: Mei­ne Top 25 bei Spo­ti­fy.

Und weil ich hier eh schon so viel über die Alben geschrie­ben habe, gibt’s deren Bes­ten­lis­te dies­mal unkom­men­tiert.

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Musik Unterwegs

Luki Waits

Ich hab das Gefühl, ich hab das alles schon tau­send­mal erzählt:

Wie ich 1999, als ich Ben Folds Five gera­de für mich ent­deckt hat­te, nicht zur „Rol­ling Stone Road­show“ gefah­ren bin, weil ich dach­te, die Band wür­de schon dem­nächst mal wie­der nach Deutsch­land kom­men. Und wie sich die Band dann ein Jahr spä­ter auf­ge­löst hat­te.

Wie im Jahr 2001 das ers­te (offi­zi­el­le) Solo­al­bum von Ben Folds erschien und ich das Release­da­te schon Mona­te vor­her groß im Kalen­der mar­kiert hat­te: den 11. Sep­tem­ber.

Wie ich an einer Online-Peti­ti­on teil­nahm, die Ben Folds mit sei­nen dama­li­gen Begleit­mu­si­kern im Jahr 2005 end­lich wie­der nach Deutsch­land brach­te.

Wie Ben Folds Five im Sep­tem­ber 2008 tat­säch­lich ein ein­zel­nes Reuni­on-Kon­zert spiel­ten, das blö­der­wei­se in Cha­pel Hill, NC statt­fand. Und wie sie dann im ver­gan­ge­nen Jahr doch noch ankün­dig­ten, wie­der zusam­men ein Album auf­zu­neh­men und auf Tour zu gehen.

„The Sound Of The Life Of The Mind“ ist tat­säch­lich ein sehr gutes Album gewor­den, nicht nur gemes­sen an mei­nen (zuge­ge­be­ner­ma­ßen sehr nied­ri­gen) Erwar­tun­gen und mei­nem Fan­dom, son­dern ein­fach ein sehr gutes Album. Im Som­mer waren die ers­ten Fes­ti­val-Auf­trit­te der wie­der­ver­ein­ten Band auf You­Tube zu sehen, dann kamen die Tour-Ter­mi­ne raus – auf denen Deutsch­land fehl­te. Aber nach 13 Jah­ren War­ten haben Län­der­gren­zen, Kos­ten und abwe­gi­ge Ideen völ­lig ihre Bedeu­tung ver­lo­ren, so dass ich mir nur noch Beglei­tung suchen muss­te und dann Flug nach, Hos­tel in und Kon­zert­ti­ckets für Man­ches­ter gebucht habe.

Ben Folds Five im O2 Apollo Manchester

Man­ches­ter ist kei­ne Stadt, die einen mit Schön­heit über­wäl­tigt. Mit Häss­lich­keit aller­dings auch nicht. Je mehr ich in Deutsch­land und der Welt rum­kom­me, des­to mehr ver­schwim­men all die­ses Städ­te sowie­so vor mei­nem geis­ti­gen Auge zu einer bzw. zwei­en – einer deut­schen und einer inter­na­tio­na­len. In der inter­na­tio­na­len gibt es dann Läden wie HMV und Waterstone’s und in ihren Super­märk­ten kann man HP Sau­ce und Scho­ko­la­de von Cad­bu­ry kau­fen und was braucht der Mensch eigent­lich mehr?

Außer­dem waren wir ja eh pri­mär aus einem Grun­de in der Stadt. Ich war in den Tagen vor dem Kon­zert nicht auf­ge­regt, es war nicht so wie als Teen­ager, als ich Tage vor­her nur noch die CDs der auf­tre­ten­den Bands gehört habe und mit Herz­klop­fen in den Zug gestie­gen bin, selbst wenn es zum Kon­zert von Slut nach Dort­mund ging. Aber in der Nacht vor dem Kon­zert habe ich dann doch von zwei Ben-Folds-Five-Songs geträumt. So was war mir noch nie pas­siert.

Viel zu früh stan­den wir letzt­lich vor den noch ver­schlos­se­nen Toren des O2 Apol­lo, das sich gro­ße Mühe gege­ben hat­te, die tat­säch­li­chen Zeit­punk­te für Ein­lass und Kon­zert­be­ginn geheim zu hal­ten. Eine wei­te­re Stun­de fiel der Vor­band und Umbau­pau­se zum Opfer: Ich habe vor Ben Folds‘ Solo­kon­zer­ten bis­her immer nur Acts gese­hen, die bes­ten­falls okay waren, häu­fig auch sehr spe­zi­ell. Aber so anstren­gend wie Bit­ter Ruin war tat­säch­lich noch kei­ner von ihnen gewe­sen. Aber was sind 25 Minu­ten Gekrei­sche gegen 13 Jah­re?

Gut. Die­se ver­damm­ten 13 Jah­re bedeu­te­ten natür­lich auch, dass ich mir vor­her schon sicher sein konn­te, dass das Kon­zert mei­ne Erwar­tun­gen nicht wür­de erfül­len kön­nen. Also: Mei­ne Erwar­tun­gen von damals. Heu­te hat­te ich ja irgend­wie kei­ne mehr. Als Ben Folds, Robert Sledge und Dar­ren Jes­see die Büh­ne betra­ten, war das dann auch kein „Endlich!“-Moment mehr. Es war ein­fach der Beginn eines Kon­zer­tes. Aber eines guten.

Ben Folds Five im O2 Apollo Manchester

Die Set­list war klug zusam­men­ge­stellt, die Band defi­ni­tiv in Spiel­lau­ne. In ein­zel­nen Momen­ten droh­ten Songs rhyth­misch aus dem Leim zu gehen, obwohl die drei eigent­lich Top-Musi­ker sind, aber die Har­mo­nie­ge­sän­ge waren in jedem Moment gran­di­os und zähl­ten sicher zu Bes­ten, was es in dem Bereich seit Ende der Sech­zi­ger gege­ben hat. ((Ver­ges­sen Sie Mum­ford & Sons, ver­ges­sen Sie Fleet Foxes!)) Neue Songs (gleich sie­ben) wech­sel­ten sich mit alten Hits ab, aus Folds‘ Solo­pha­se gab es nur „Lan­ded“ zu hören, bei dem sich Bas­sist Robert Sledge und Schlag­zeu­ger Dar­ren Jes­see etwas zurück­hal­tend zeig­ten.

Als ich dann „Brick“ zum ers­ten Mal in mei­nem Leben live hör­te, stell­te sich tat­säch­lich ein klei­ner Gän­se­haut­mo­ment ein. So ein gestri­che­ner Kon­tra­bass wirkt qua­si direkt auf die klei­nen Här­chen auf den Armen und im Nacken und das ver­mut­lich schöns­te Lied, das je über eine Abtrei­bung geschrie­ben wur­de, tut natür­lich sein Übri­ges. Bei­na­he erwart­bar impro­vi­sier­ten die Drei spon­tan den Song „Rock This Bitch In Man­ches­ter“, des­sen Text so bescheu­ert war, dass sogar Folds beim Sin­gen lachen muss­te. Und die Blä­ser-Pas­sa­ge aus „Army“ kön­nen auf­merk­sa­me Kon­zert­be­su­cher inzwi­schen natür­lich im Schlaf mit­sin­gen.

Nach 113.976 Stun­den des War­tens und ziem­lich exakt zwei Stun­den Kon­zert war dann Schluss – für Ben-Folds-Ver­hält­nis­se etwas früh, aber – hey! – auch das ist Eng­land. Dann eben kein „Magic“, kein „Phi­lo­so­phy“, „Don’t Chan­ge Your Plans“, „Eddie Wal­ker“, „Lul­la­bye“ oder „Away When You Were Here“, der bes­te Song des neu­en Albums. Es war ein wirk­lich tol­les Kon­zert, aber wirk­lich beson­ders hat es sich für mich dann lei­der doch nicht ange­fühlt. So ist das also, wenn man sich die Spiel­zeug­ei­sen­bahn zum 50. Geburts­tag end­lich selbst kauft.

Am nächs­ten Tag zeig­te sich dann wie­der ein­mal, wie nutz­los das Inter­net sein kann: Wäh­rend wir in Man­ches­ter via Face­book-Time­line aus­führ­lich dar­über infor­miert wur­den, dass die Zeit­schrift „Bri­git­te“ irgend­et­was über Skate­boards geschrie­ben hat­te, ((Leu­te, jetzt mal im Ernst: Get. A. Fuck­ing. Life.)) war irgend­wie völ­lig an uns vor­bei­ge­gan­gen, dass Ben Folds am Mitt­woch sei­ne ein­zi­ge Foto­aus­stel­lung wäh­rend der gesam­ten Tour eröff­net hat­te. In Man­ches­ter. Mit Band. In einer Gale­rie, zwei Blocks vom Hos­tel ent­fernt.

Sto­ry of my life.

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You were the fighter, I was the kid against the world

An einem grau­en Novem­ber­nach­mit­tag des Jah­res 2000 erreich­te mich via Use­net die Nach­richt, dass sich Ben Folds Five auf­ge­löst hät­ten – jene Band, an die ich gera­de mit vol­ler Hin­ga­be mein jugend­li­ches Herz ver­schenkt hat­te. Es war nicht die ers­te Band, die auf­hör­te, als ich sie gera­de für mich ent­deckt hat­te (da waren schon die New Radi­cals und die Smas­hing Pump­kins gewe­sen) und es war natür­lich nicht die letz­te: es folg­ten unter ande­rem Vega 4, muff pot­ter., Oasis, a‑ha und R.E.M. Und doch hat mich die Auf­lö­sung von Ben Folds Five damals schwer trau­ma­ti­siert – wohl auch, weil ich im Jahr zuvor mit 16 die Chan­ce nicht genutzt hat­te, die Band in Köln live zu sehen.

Im letz­ten Jahr haben Ben Folds Five zum ers­ten Mal seit damals wie­der einen gemein­sa­men Song auf­ge­nom­men (das schreck­lich ega­le „House“ für Ben Folds‘ Retro­spek­ti­ve), die­ser Tage erscheint ihr neu­es Album. ((Genau genom­men war­te ich stünd­lich auf die E‑Mail mit dem Down­load­link, den ich als Co-Finan­zier von „The Sound Of The Life Of The Mind“ vor­ab erhal… Oh, mein Gott: Da ist er!!!!1)) Eine güns­ti­ge Gele­gen­heit für die nächs­te Lieb­lings­band, die Büh­ne zu ver­las­sen.

Und so kün­dig­te Andrew McMa­hon dann auch pünkt­lich ges­tern an, das Kapi­tel Jack’s Man­ne­quin nach einem letz­ten Kon­zert am 11. Novem­ber zu been­den.

Vor zehn Jah­ren wäre wie­der mal eine klei­ne Welt für mich zusam­men­ge­bro­chen, doch dies­mal blieb mein Herz stark. Es zwick­te kurz, weil ich es natür­lich auch wie­der nie geschafft hat­te, die Band live zu sehen, aber dies­mal ist alles nicht so schlimm.

Das liegt vor allem dar­an, dass Jack’s Man­ne­quin schon die zwei­te Band ist, der Andrew McMa­hon vor­stand: Some­thing Cor­po­ra­te haben mich durch mei­ne Stu­di­en­zeit beglei­tet, auf Jack’s Man­ne­quin war ich merk­wür­di­ger­wei­se erst vor drei Jah­ren gesto­ßen. Ihr Zweit­werk „The Glass Pas­sen­ger“ dürf­te „The Man Who“ von Tra­vis, „Auto­ma­tic For The Peo­p­le“ von R.E.M. und „Rockin‘ The Sub­urbs“ von Ben Folds locker auf die Plät­ze der meist gehör­ten Alben ver­wie­sen haben, obwohl die einen beträcht­li­chen zeit­li­chen Vor­sprung hat­ten.

Die Songs haben mich durch die letz­ten Jah­re beglei­tet wie sonst nur mei­ne bes­ten Freun­de: Sie waren immer da, egal, ob es mir gut ging oder schlecht. Ich habe schwers­te Stun­den damit ver­bracht, die Kern­aus­sa­ge von „Swim“ – „just keep your head abo­ve“ – man­tra­ar­tig vor mich hin zu sin­gen, und bin in Momen­ten größ­ter Eupho­rie zu „The Reso­lu­ti­on“ oder „Dark Blue“ wie ein Flum­mi durch Stra­ßen und Ver­gnü­gungs­lo­ka­le gehüpft.

Es ist eigent­lich unwahr­schein­lich, dass man sich mit über 25 noch mal der­art in eine Band ver­knallt, aber bei Jack’s Man­ne­quin war es so. Oder eigent­lich: Bei bei­den Bands von Andrew McMa­hon, denn auch die Alben von Some­thing Cor­po­ra­te zäh­len zu denen, die ver­mut­lich nie von mei­nem iPod flie­gen wer­den. In den Tex­ten fin­de ich so viel von mir und mei­nem Leben wie­der, dass selbst kett­car und Tom­te dage­gen alt aus­se­hen.

Und das ist auch der Grund, war­um mich das Ende von Jack’s Man­ne­quin so wenig trifft: Ich habe bei­de Bands immer haupt­säch­lich als „Andrew McMa­hon und ein paar ande­re Typen“ wahr­ge­nom­men, auch wenn in bei­den Bands die ande­ren Mit­glie­der durch­aus Anteil am Song­wri­ting hat­ten. So wie Andrew McMa­hon es jetzt for­mu­liert, ((Und auch vor­her schon ange­deu­tet hat­te.)) wird er sogar mit den glei­chen Leu­ten wei­ter Musik machen. Viel­leicht wird er bei zukünf­ti­gen Kon­zer­ten die bes­ten Songs bei­der Bands spie­len, was für mich natür­lich ein abso­lu­ter Traum wäre. ((Die Kon­zer­te soll­ten dann aller­dings min­des­tens drei Stun­den dau­ern, damit mei­ne per­sön­li­chen Favo­ri­ten grob abge­deckt wären.))

Andrew McMa­hon hat gesagt, dass das Pro­jekt Jack’s Man­ne­quin, das eigent­lich als Neben­pro­jekt zu Some­thing Cor­po­ra­te gestar­tet war, immer sehr eng mit sei­ner Leuk­ämie-Erkran­kung ver­knüpft war, die kurz vor der geplan­ten Ver­öf­fent­li­chung des Debüt­al­bums „Ever­y­thing In Tran­sit“ fest­ge­stellt wur­de. Andrew bekam eine Stamm­zel­len­trans­plan­ta­ti­on von sei­ner Schwes­ter und ver­öf­fent­lich­te die sehr bewe­gen­de Doku­men­ta­ti­on „Dear Jack“ über sei­ne Zeit im Kran­ken­haus und sei­ne Gene­sung. Fast alle Songs auf „The Glass Pas­sen­ger“ haben etwas mit die­ser Zeit zu tun und wenn er in „The Reso­lu­ti­on“ singt: „I’m ali­ve /​ But I don’t need a wit­ness /​ To know that I sur­vi­ve“, dann hat er allen Grund dazu. Und weil es ja manch­mal etwas absei­ti­ge Grün­de braucht, um Ver­nünf­ti­ge Din­ge zu tun, war Andrew McMa­hons Geschich­te für mich einer der Grün­de, mich end­lich mal bei der Deut­schen Kno­chen­mark­spen­der­da­tei erfas­sen zu las­sen, was ich Ihnen mit eini­ger respekt­vol­ler Bestim­mung auch ans Herz legen wür­de.

Es gibt also kei­nen Grund, jetzt einen Nach­ruf auf Jack’s Man­ne­quin und die Musik von Andrew McMa­hon zu ver­fas­sen, aber es ist – nach­dem ich sei­nen 30. Geburts­tag letz­te Woche ver­passt habe – eine gute Gele­gen­heit, die­sen inspi­rie­ren­den Mann und sei­ne groß­ar­ti­gen Songs an die­ser Stel­le mal ein biss­chen zu wür­di­gen.

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Ein Klavier, ein Klavier!

Vor ein paar Wochen ging ein Video durchs Inter­net, auf dem fünf Men­schen auf einer Gitar­re ein Lied spie­len. Das war kunst­hand­werk­lich recht beein­dru­ckend, aber das Lied war lei­der „Some­bo­dy That I Used To Know“ von Gotye, das sich in mei­ner per­sön­li­chen Gunst inzwi­schen von „mag ich nicht“ zu „has­se ich so sehr, dass ich noch mei­nen Kin­dern und Kin­des­kin­dern mehr­stün­di­ge Lita­nei­en über die Unzu­läng­lich­keit die­ses Mach­werks ange­dei­hen las­sen wer­de“ ver­schlech­tert hat. (Das ist viel­leicht etwas über­trie­ben. Ich will ja auch nicht zu viel Lebens­en­er­gie auf Sachen ver­wen­den, die ich nicht mag – gera­de, wo das Wet­ter gera­de so toll ist. Aber das Radio schal­te ich schon jedes Mal aus, wenn der Song läuft.)

JEDENFALLS: Fünf Leu­te und eine Gitar­re kann ja jeder. Drei Leu­te an einem Flü­gel, das ist doch mal was ande­res!

Enno Bun­ger haben offen­bar die Ben-Folds-Schu­le für Pia­no-Mani­pu­la­ti­on besucht, bevor sie bei „TV noir“ auf­tra­ten, um den Song „Regen“ von ihrem neu­en Album „Wir sind vor­bei“ dort auf­wen­dig zu inter­pre­tie­ren:

Gut, text­lich ist das Geschmacks­sa­che, aber schon toll, was man mit so einem Instru­ment alles anstel­len kann.

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Ich sang die ganze Zeit von Dir

Im Früh­jahr 2001 waren Ash groß. „Shi­ning Light“ lief auf Viva 2 rauf und run­ter und die Band spiel­te bei der guten alten Oster­rock­nacht in der Düs­sel­dor­fer Phil­ips­hal­le. Alan Bangs frag­te Sän­ger Tim Whee­ler damals, ob er eigent­lich noch mit der Frau zusam­men sei, über die er das Lied geschrie­ben habe, und Whee­ler ant­wor­te­te: Ja, das sei ja auch sonst komisch, den Song jeden Abend spie­len zu müs­sen. Inzwi­schen ist Tim Whee­ler mit Emmy The Gre­at zusam­men, die bei­den ver­öf­fent­li­chen in Kür­ze ein gemein­sa­mes Weih­nachts­al­bum. „Shi­ning Light“ spie­len Ash aber immer noch.

Man darf in der Musik wie in der Lite­ra­tur das Lyri­sche Ich nie mit dem Ver­fas­ser ver­wech­seln. John­ny Cash hat (nach allem, was wir wis­sen) nie einen Mann in Reno erschos­sen, nur um ihn ster­ben zu sehen. Und doch erwar­tet man beson­ders bei Lie­bes­lie­dern oft einen Zusam­men­hang zwi­schen Werk und Rea­li­tät – zumal, wenn der per­for­men­de Künst­ler sie selbst geschrie­ben hat.

Ande­rer­seits wird es natür­lich auch schnell unin­ter­es­sant, für wen ein Lie­bes­lied gedacht war, weil alle den Song auf ihren jeweils aktu­el­len Schwarm oder Part­ner pro­ji­zie­ren. Und irgend­wo in der Welt sitzt dann eine allein­er­zie­hen­de Mut­ter, die damit leben muss, dass ihr frü­he­rer Lebens­ge­fähr­te immer noch ein Hei­den­geld damit macht, sie zu besin­gen, obwohl er sie schon nach drei Mona­ten betro­gen hat, und für hun­dert­tau­sen­de Pär­chen ist ihr Lied (also das der Frau) jetzt „ihr Lied“ (also das der Pär­chen).

In Nick Horn­bys „High Fide­li­ty“ erklärt der Ich-Erzäh­ler Rob Flem­ming:

All my life I have wan­ted to go to bed with — no, have a rela­ti­onship with — a musi­ci­an: I’d want her to wri­te songs at home, and ask me what I thought of them, and may­be include one of our pri­va­te jokes in the lyrics, and thank me in the slee­ve notes, may­be even include a pic­tu­re of me on the insi­de cover, in the back­ground some­whe­re, and I could watch her play live from the back, in the wings (alt­hough I’d look a bit of a berk at the Lau­der, whe­re the­re are no wings: I’d be stan­ding on my own, in full view of ever­y­bo­dy).

Die Idee ist ver­mut­lich nur so lan­ge roman­tisch, wie die Bezie­hung noch intakt ist.

Auf sei­nem letz­ten Album erzählt Ben Folds in „Belin­da“ die Geschich­te eines altern­den Musi­kers, der jeden Abend sei­nen ein­zi­gen Hit spie­len muss, den er vor Jah­ren für sei­ne Ehe­frau geschrie­ben hat­te, bevor er sie für eine jün­ge­re Frau („big breasts /​ a nice smi­le /​ and no kids eit­her“) ver­ließ. Der Text zu „Belin­da“ stammt aus der Feder von Nick Horn­by und lan­ge dach­te ich, dass er damit auf eine ver­que­re Art Folds‘ per­sön­lichs­ten Text geschrie­ben hät­te.

Denn auch Folds spielt bei Kon­zer­ten immer noch „The Luckiest“. Als die­ses zau­ber­haf­te Lie­bes­lied vor zehn Jah­ren auf „Rockin‘ The Sub­urbs“ erschien, muss­te man anneh­men („I don’t get many things right the first time“), dass er das Lied für sei­ne drit­te Frau und die Mut­ter sei­ner Zwil­lin­ge („my col­la­bo­ra­tor, part­ner and wife“, wie er sie im Book­let bezeich­net) geschrie­ben hat­te. Im Jahr 2006 lie­ßen sich die bei­den schei­den.

In den Liner Notes zu sei­nem Retro­spek­ti­ve-Album „The Best Imi­ta­ti­on Of Mys­elf“ (auf dem auch drei neue Ben-Folds-Five-Songs sind, die ich hier sträf­li­cher­wei­se noch gar nicht gewür­digt habe) erklärt Folds nun, das Lied extra für einen Film geschrie­ben zu haben, in dem es dann doch kei­ne Ver­wen­dung fand.

Folds schreibt:

Any­way, I did­n’t under­stand com­ple­te­ly what I was wri­ting abaout until years later when I met my Fleur [sei­ne vier­te Ehe­frau].

Es erscheint auf den ers­ten Blick recht unglaub­wür­dig, dass aus­ge­rech­net so ein groß­ar­ti­ger Love­song „ein­fach so“ ent­stan­den sein soll­te. Ande­rer­seits ist das ja genau die Magie von Pop und womög­lich sind „I’ll Catch You“ (The Get Up Kids), „The Book Of Love“ (The Magne­tic Fields) oder „Balu“ (kett­car) in Wahr­heit auch für nie­mand spe­zi­el­len geschrie­ben. Dafür sind dann die Men­schen echt, die sich in „Song For The Dum­ped“ (Ben Folds Five) oder „Not Fair“ (Lil­ly Allen) ihre mensch­li­chen bzw. sexu­el­len Unzu­läng­lich­kei­ten vor­wer­fen las­sen müs­sen.

Jeden­falls hat Ben Folds die Geschich­te mit dem Film auch den Leu­ten vom „A.V. Club“ noch ein­mal erzählt, die ihn in sei­nem Stu­dio in Nash­ville, TN besucht haben. Den Song gespielt hat er bei der Gele­gen­heit auch:


Ben Folds dis­cus­ses and per­forms „The Luckiest“

„The Luckiest“ funk­tio­niert übri­gens auch sehr schön als Sam­ple in Novels „I Am“ und Ben Folds Five pla­nen, gemein­sam ein neu­es Album auf­zu­neh­men.

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Musik

Man müsste Klavier spielen können

Im Inter­net fin­det man ja die merk­wür­digs­ten Sachen.

Ross Lenn­ox zum Bei­spiel hat ein Video auf­ge­nom­men, in dem er die Intros von 26 Ben-Folds-(Five-)Songs anspielt. Braucht kein Mensch, find ich aber toll: