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Songs des Jahres 2020

Hier Ein­stiegs­text: Was für ein Jahr, Musik als Trost und Eska­pis­mus, streng sub­jek­tiv, Stand 16:04, viel Spaß!

25. Janou – Sweet Love
Was für ein Geschenk das ist, talen­tier­ten Men­schen dabei zuse­hen zu dür­fen, wie sie ihre Kunst ver­fei­nern! Ich ken­ne Janou jetzt schon seit fast zehn Jah­ren und habe erlebt, wie sie rumo­ren­de Knei­pen zum Schwei­gen brach­te, wenn sie ihre Stim­me zur Akus­tik­gi­tar­re erhob. Seit eini­ger Zeit bekommt sie dabei elek­tro­ni­sche Unter­stüt­zung und gleich die aller­ers­te Sin­gle des Duos klingt, als hät­te sie 1994 auf der „Pro­tec­tion“ von Mas­si­ve Attack die­ses merk­wür­di­ge „Light My Fire“-Cover erset­zen sol­len:

24. Hol­ly Hum­ber­stone – Deep End
Der Nach­teil, wenn einem Spo­ti­fy ein­fach so ein Lied vor­schlägt, in das man sich dann ver­liebt, ist ja, dass man ihn manch­mal ein Jahr lang hört, ohne irgend­et­was über die Per­son zu wis­sen, die ihn singt. Ande­rer­seits haben wir ja im Stu­di­um gelernt, Bio­gra­phie vom Werk zu tren­nen, und so kön­nen Formatradio-Moderator*innen ger­ne aus dem Wiki­pe­dia-Bei­trag von Hol­ly Hum­ber­stone vor­le­sen (als ob!) – ich blei­be ein­fach ganz ergrif­fen von die­sem tod­trau­ri­gen, aber irgend­wie auch opti­mis­ti­schen Song:

23. love­ly­the­band – Loneli­ne­ss For Love
Erin­nern Sie sich noch, als The Kil­lers neu waren und wahl­wei­se dafür geschol­ten oder geprie­sen wur­den, dass sie wie Joy Divi­si­on, New Order und Duran Duran klan­gen? Ich freue mich, Ihnen mit­tei­len zu kön­nen, dass wir es alle geschafft haben, so alt zu wer­den, dass jun­ge Bands wie The Kil­lers klin­gen! love­ly­the­band ist nun wirk­lich kein beson­ders gelun­ge­ner Band­na­me, ich habe kei­ne Ahnung, wie der Rest ihres Schaf­fens klingt, aber die­ser 80’s pop song (und beson­ders sein Syn­the­si­zer-Riff) ist schon sehr chic:

22. Dar­lings­ide – Green + Ever­green
„Fish Pond Fish“, das aktu­el­le Album von Dar­lings­ide, hat es knapp nicht in mei­ne Top 10 geschafft – ich möch­te es aber den­noch allen ans Herz legen, die opu­lent arran­gier­ten Folk-Pop lie­ben, bei dem trotz­dem kein Ton zu viel ist. Wer Fleet Foxes oder The Low Anthem mag, wird auch Dar­lings­ide zu schät­zen wis­sen!

21. Jacob Col­lier feat. Maha­lia and Ty Dol­la $ign – All I Need
Der Name Jacob Col­lier ist mir im letz­ten Jahr immer wie­der in unter­schied­lichs­ten Zusam­men­hän­gen unter­ge­kom­men: Als Song­wri­ter für u.a. Cold­play; als Tes­ti­mo­ni­al, das in den Wer­be­blö­cken auf CNN erzählt, wel­che Aus­wir­kun­gen der Lock­down auf Musiker*innen hat; und als Gast in US-Late-Night-Shows. Ob er auch in Deutsch­land im Radio läuft? Kei­ne Ahnung, ich hör ja kaum wel­ches (eine kur­ze Recher­che ergab aller­dings, dass er zumin­dest inner­halb der letz­ten Woche nicht auf 1Live gespielt wur­de). „All I Need“ ist ein R’n’B-Song, der immer wie­der Haken schlägt und in Rich­tun­gen geht, die man einen Beat zuvor nicht erwar­tet hät­te. Cool, mit Ver­wei­sen auf die Musik­ge­schich­te und eige­nem Sound. Zuge­ge­ben: Das ist zu viel fürs deut­sche For­mat­ra­dio!

20. Agnes Obel – Island Of Doom
„Kate Bush“. Da wir das jetzt hin­ter uns haben, kön­nen wir uns ganz auf die­sen … nun ja: äthe­ri­schen Pop­song ein­las­sen, in dem die Stim­me von Agnes Obel in vie­len Schich­ten über ein tän­zeln­des Kla­vier weht. Ein­fach mal durch­at­men war 2020 gar nicht so leicht, die­ser Song konn­te dabei hel­fen. Und: Ja, so coo­le Sachen bekom­men Sie im ARD-Mor­gen­ma­ga­zin zu sehen, für das ich unter ande­rem arbei­te!

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Ein Sommer in pink

Es gibt ja so Men­schen, die man trifft und sofort am Liebs­ten mit ihnen befreun­det wäre. (Oder in sel­te­nen Fäl­len: ver­hei­ra­tet.) Es gibt aber auch Men­schen, die man sich sofort als Kol­le­gen wünscht und dazu gehö­ren für mich die Leu­te von NPR Music. Die Musik­re­dak­ti­on des öffent­li­chen US-Radi­os macht erst­klas­si­gen Musik­jour­na­lis­mus (u.a. im Pod­cast „All Songs Con­side­red“), ist rich­tig breit auf­ge­stellt und ihre Mit­glie­der wir­ken alle unfass­bar fach­kun­dig und sym­pa­thisch.

Jetzt haben die­se tol­len Leu­te von NPR Music ein neu­es Musik­gen­re erfun­den (wobei „erfun­den“ eigent­lich nicht ganz stimmt, eher „gefun­den“): Rosé­wa­ve. Wer sich bei die­ser maxi­mal tref­fen­den Bezeich­nung noch nicht ganz vor­stel­len kann, um was es geht, soll­te an Acts wie HAIM, Car­ly Rae Jep­sen, Tegan And Sara und Vam­pi­re Weekend den­ken. Und an jun­ge Men­schen, die unter­be­zahlt viel zu vie­le Stun­den in Agen­tu­ren in der gro­ßen Stadt klop­pen und sich dann nach Fei­er­abend mit ihren Freun­den in öffent­li­chen Parks tref­fen, Musik aus Blue­tooth-Boxen hören und dabei … nun ja: Rosé trin­ken.

Mir war das Anfangs nicht klar, aber Rosé­wa­ve deckt als Gen­re wei­te Tei­le mei­nes eige­nen Musik­ge­schmacks ab (rea­lis­ti­scher­wei­se könn­te man auch sehr viel ESC-Musik dar­un­ter ein­sor­tie­ren). Und weil die Men­schen bei NPR Music nicht nur sehr sym­pa­thisch sind, son­dern auch sehr gewis­sen­haft, sind sie nach einem Auf­schlag im ver­gan­ge­nen Jahr jetzt so rich­tig bei der Sache mit einer eige­nen Fol­ge „All Songs Con­side­red“ und wöchent­lich neu­en Play­lists mit ver­schie­de­nen, ja: Schwer­punk­ten. Da geht es dann um die schöns­ten Rosé­wa­ve-Songs bei Lie­bes­kum­mer, die bes­ten Rosé­wa­ve-Sin­gle-Hym­nen und spe­zi­el­le Rosé­wa­ve-Tracks für Män­ner. Ich bin mir bei­na­he sicher, dass sie mit der gan­zen Num­mer ein biss­chen über­trei­ben — und fin­de es doch sen­sa­tio­nell toll. So toll, dass ich dann neu­lich im Super­markt tat­säch­lich Rosé gekauft habe. Wenn der Som­mer noch zwei Mona­te anhält, habe ich mich bis dahin bestimmt auch an den Geschmack gewöhnt.

Die­ser Text erschien ursprüng­lich in mei­nem News­let­ter „Post vom Ein­hein­ser“, für den man sich hier anmel­den kann.

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Song des Tages: Weezer – Back To The Shack

Zum ers­ten Mal gehört: Vor ein paar Wochen bei „All Songs Con­side­red“. Da woll­te ich es direkt hier ver­bra­ten, aber es gab nichts ver­link­ba­res – bis die­se Woche das offi­zi­el­le Video online ging.

Wer musi­ziert da? Die ame­ri­ka­ni­sche Alter­na­ti­ve-Rock­band Weezer, die das Kunst­stück schafft, seit 18 Jah­ren die (etwas über­trie­be­nen) Erwar­tun­gen ihrer Fans zu ent­täu­schen und die­se Fans den­noch bei der Stan­ge zu hal­ten. Also so ein biss­chen der VfL Bochum unter den Bands.

War­um gefällt mir das? Erst­mal mag ich sowie­so vie­le Weezer-Songs und war auch mit dem Grü­nen Album und „Radi­t­u­de“ recht zufrie­den. An „Back To The Shack“ gefällt mir aber vor allem die maxi­ma­le Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät in Musik und Text.

[Alle Songs des Tages — auch als Spo­ti­fy-Play­list]

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Song des Tages: Moon Hooch – Number 9

Zum ers­ten Mal gehört: Letz­tes Jahr im Herbst bei „All Songs Con­side­red“ (natür­lich), für extrem gut befun­den und dann ver­ges­sen. Vor ein paar Wochen kam bei „All Songs Con­side­red“ dann ein neu­er Song von Moon Hooch, ich erin­ner­te mich an „Num­ber 9“, kauf­te den Song bei iTu­nes – und stell­te dann fest, dass ich ihn (offen­bar durch das South-By-South-West-Down­load­pa­ket von NPR Music) schon auf der Fest­plat­te hat­te. (Noch mehr Moon-Hooch-Con­tent bei NPR Music: Das Tiny Desk Con­cert der Band.)

Wer musi­ziert da? Zwei Saxo­pho­nis­ten und ein Schlag­zeu­ger aus New York. Wenn das nicht mal eine coo­le Beset­zung ist.

War­um gefällt mir das? Der Song hat unglaub­li­chen Dri­ve, geht sofort ins Ohr und in die Füße – und die Beset­zung ist ja wohl mal … ach ja: cool.

[Alle Songs des Tages]

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Songs des Jahres 2013

Das neue Jahr ist auch schon wie­der zehn Tage alt, da wird es Zeit, die Alt­las­ten von 2013 abzu­tra­gen. In die­sem Fall: Mei­ne Songs des Jah­res. Die Aus­wahl ist wie immer völ­lig sub­jek­tiv, die Rei­hen­fol­ge im Moment ihrer Erstel­lung schon ver­al­tet und ver­mut­lich hab ich eh wie­der das Wich­tigs­te ver­passt.

25. Bos­se – Schöns­te Zeit
Ja, ja: Das ist schon sen­ti­men­ta­ler Quatsch, Kurt Cobain hul­di­gen zu wol­len mit so einem ver­gleichs­wei­se bana­len Pop­song, der im Text viel zu expli­zit durch dekli­niert, was er aus­drü­cken will. Aber was für ein Pop­song das dann eben doch ist! Und die­ses per­len­de Kla­vier, das die Instru­men­tal­stel­len zu einem der im Gebrauchs­fern­se­hen meist gespiel­ten Wer­ke des Jah­res gemacht hat! Doch, ich blei­be dabei: Ich mag die­sen Song!

24. Junip – Line Of Fire
Ich weiß defi­ni­tiv zu wenig über José Gon­zá­lez und sei­ne Band Junip, die zwar seit Jah­ren immer wie­der am äuße­ren Sicht­feld mei­nes Radars auf­tau­chen, aber es – außer mit Gon­zá­lez‘ Ver­si­on von „Heart­beats“ von The Kni­fe – nie wirk­lich in mei­ne Play­lis­ten geschafft haben. Aber die­sem hyp­no­ti­schen Song und vor allem dem dazu­ge­hö­ri­gen Video konn­te ich mich nicht ent­zie­hen. Wenn ich mehr Zeit mit dem Lied und dem dazu­ge­hö­ri­gen Album ver­bracht hät­te, wären bei­de ver­mut­lich deut­lich wei­ter oben in mei­ner Lis­te.

23. Elvis Cos­tel­lo & The Roots – Walk Us Upt­own
Die Idee, einen der viel­sei­tigs­ten Musi­ker der letz­ten Jahr­zehn­te mit einer der bes­ten Hip-Hop-Bands kol­la­bo­rie­ren zu las­sen, hat­te ein biss­chen was vom Clash der Kul­tu­ren. Schon beim Ope­ner stellt sich aber raus: Die Kom­bi­na­ti­on ist gar nicht so exo­tisch, son­dern eigent­lich erstaun­lich nahe­lie­gend. Wenn man nicht um die Hin­ter­grün­de wüss­te, wäre es ein­fach ein extrem coo­ler, tigh­ter Song.

22. Pet Shop Boys – Love Is A Bour­geois Con­s­truct
Bei Künst­lern, die schon seit Jahr­zehn­ten dabei sind, hat es immer eine gewis­se Wider­sprüch­lich­keit, wenn man ihnen nach­sagt, ein neu­er Song hät­te schon vor Jah­ren ver­öf­fent­licht wer­den kön­nen. Klar: „Love Is A Bour­geois Con­s­truct“ hät­te wun­der­bar auf „Very“ gepasst, die poli­ti­schen Anspie­lun­gen und See­manns­chö­re inklu­si­ve. Aber immer wie­der bricht das Arran­ge­ment auf und es kom­men Sounds zum Vor­schein, die man so zumin­dest bei den Pet Shop Boys noch nie gehört hat.

21. Bas­til­le – Pom­peii
Hur­ra, noch eine Indie­band mit Gitar­ren und Syn­the­si­zern! Geh mir weg! Dann aber: Die­se gran­dio­sen „Eh-oh“-Chöre (nicht zu ver­wech­seln mit „Alles nur geklaut“ von den Prin­zen) und vor allem die­ses Getrom­mel! Luft­gi­tar­re macht bei die­sem Lied kei­nen Sinn, Luft­ge­trom­mel bei aus­rei­chen­dem Sicher­heits­ab­stand durch­aus. Und man freut sich ja inzwi­schen schon über jeden Slot, der im Radio von etwas ande­rem als Robin Thi­c­ke oder den (Un)Toten Hosen besetzt wird!

20. Andrew McMa­hon – After The Fire
Ich bin da kein Stück objek­tiv: Andrew McMa­hon (Ex-Some­thing Cor­po­ra­te und Ex-Jack’s Man­ne­quin) ist für mich ein per­sön­li­cher Held. Mit sei­nen Tex­ten spricht er mir seit zehn Jah­ren aus der See­le und wahr­schein­lich hat es auch etwas damit zu tun, dass wir fast gleich alt sind. Jeden­falls: Sei­ne Solo-Debüt-EP „The Pop Under­ground“ ist mit ziem­li­cher Sicher­heit kei­ne musi­ka­li­sche Offen­ba­rung, aber sie ent­hält vier wun­der­ba­re Pop­songs (hier auch wie­der das Motiv: Chö­re und Trom­meln!) und „After The Fire“ ist mit sei­nem groo­ven­den Refrain der bes­te davon und muss des­halb die Top 20 eröff­nen.

19. Cold War Kids – Mira­cle Mile
Da zeich­net sich ein Mus­ter ab: Schon wie­der Chö­re und Trom­meln! Und natür­lich ein häm­mern­des Kla­vier. Mit ordent­lich Schwung star­ten die Cold War Kids in ihr Album „Dear Miss Lonely­he­arts“. Da schep­pern ganz viel Eupho­rie und Lebens­freu­de mit und dann fasst der Song die gan­zen Lebens­rat­ge­ber und Feuil­le­ton­tex­te der letz­ten Jah­re ganz sim­pel zusam­men: „Get out­side, get all over the world /​ You learn to love what you get in return /​ It may be a pro­blem and it may be peace of mind /​ But you have to slow down and brea­the one breath at a time /​ So ya come up for air“. Hal­lo!

18. Lily Allen – Hard Out Here
Lily Allen, die mir liebs­te Pop-Prin­zes­sin der letz­ten Jah­re, ist zurück. Das allein wäre schon ein Grund zu fei­ern, aber dann haut sie auch noch ein femi­nis­ti­sches Mani­fest aus, das dar­über hin­aus auch noch so ein char­mant schun­keln­der Pop­song ist. Natür­lich kön­nen wir über das Video dis­ku­tie­ren und über die Fra­ge, ob man Feu­er (oder in die­sem Fall eher: die Gül­le, die „Blur­red Lines“ von Robin Thi­c­ke nun mal ist und auf die Allens Video anspielt) mit Feu­er (Gül­le) bekämp­fen muss. Aber die Dis­kus­si­on ver­schafft dem The­ma „Sexis­mus im Pop“ noch mal mehr Auf­merk­sam­keit und tut dem Song kei­nen Abbruch.

17. Blau­d­zun – Ele­phants
Um ehr­lich zu sein, weiß ich qua­si gar nichts über die­sen nie­der­län­di­schen Sän­ger. Ich muss­te sogar sei­ne Natio­na­li­tät gera­de noch mal nach­schla­gen und habe auch sein Album „Hea­vy Flowers“ nur ein­mal gehört. Aber „Ele­phants“ hat mich von Anfang an begeis­tert, seit ich den Song zum ers­ten Mal bei „All Songs Con­side­red“ gehört habe. Auch hier wie­der: viel zeit­ge­nös­si­sches Getrom­mel, was nahe­legt, dass man „Ele­phants“ noch mal in der Wer­bung irgend­ei­nes Unter­hal­tungs­elek­tronik­her­stel­lers hören wird. Falls nicht: ein­fach auf „Repeat“ drü­cken.

16. Josh Rit­ter – Joy To You Baby
Josh Rit­ter hat mit „The Beast In Its Tracks“ das auf­ge­nom­men, was Musik­jour­na­lis­ten und emp­find­sa­me Hörer ein „Tren­nungs­al­bum“ nen­nen. Ganz vie­le Songs an die Adres­se der alten Flam­me, inkl. der Ver­si­che­rung, dass die neue Lie­be nur „in einem bestimm­ten Licht“ so aus­se­he wie die alte. Das alles kul­mi­niert in „Joy To You Baby“, das im Spek­trum „Wut/​Gelassenheit“ den gegen­über­lie­gen­den Platz von Ben Folds Fives „Song For The Dum­ped“ besetzt und damit das ver­söhn­lichs­te Abschieds­lied seit … äh … seit „Die Guten“ von muff pot­ter. ist. So unge­fähr.

15. Tra­vis – Whe­re You Stand
Liegt das an mei­ner neu­en Ste­reo­an­la­ge, oder wur­den 2013 die Bäs­se und Schlag­zeu­ge deut­lich wei­ter nach vor­ne gemischt als vor­her? Im Prin­zip auch egal, denn spre­chen wir über die­ses Lied, den Titel­track von Tra­vis‘ sieb­tem Album. Da ist wirk­lich alles drin, was man von Tra­vis erwar­tet, vor allem aber: viel Melan­cho­lie und Trost. Ein eher unspek­ta­ku­lä­rer Song, ver­gli­chen mit vie­len Hits der Band, aber das passt zu Tra­vis, die es sich in der Nische zwi­schen den über­gro­ßen Bands Radio­head (von denen Tra­vis beein­flusst wur­den) und Cold­play (die von Tra­vis beein­flusst wur­den) bequem gemacht haben.

14. Moby feat. Way­ne Coy­ne – The Per­fect Life
Wer ein­mal auf einem Kon­zert der Fla­ming Lips war, weiß, wie man auch als erwach­se­ner Mensch noch Eupho­rie bis in Kin­der­ge­burts­tags­sphä­ren hoch­schrau­ben kann. Also eine gute Wahl, dass sich Moby für die­se Endor­phin-Über­do­sis Fla­ming-Lips-Sän­ger Way­ne Coy­ne dazu hol­te, mit dem er dann im Video durchs son­nen­durch­flu­te­te LA mar­schiert. Und was für ein schö­nes Lie­bes­lied sie dabei sin­gen! Hach!

13. Mara­thon­mann – Die Stadt gehört den Bes­ten
Seit dem Ende von muff pot­ter. und Schrott­gren­ze und der Revol­ver­held-Wer­dung von Jupi­ter Jones ist der Platz für lau­te, hei­se­re Emo­tio­nen in mei­nem Musik­spek­trum unbe­setzt. Ich weiß, es gäbe da Dut­zen­de gute Bands, aber kei­ne von denen hat mich bis­her so gekickt, wie es jetzt Mara­thon­mann getan haben. Ich traf auf die­se Hym­ne in ihrem natür­li­chen Lebens­raum: einer von Piet Klo­cke mode­rier­ten Abend­sen­dung auf WDR 5. Ich fin­de es etwas ver­stö­rend, dass ich bei der Zei­le „Und wir steh’n auf uns’­ren Brü­cken“ aus­ge­rech­net die Köl­ner Hohen­zol­lern­brü­cke vor Augen habe, aber ande­rer­seits habe ich die in die­sem Jahr etli­che Male mit dem Zug über­quert und zwei­tens gibt es in Bochum auch gar nicht so vie­le Brü­cken, die ich mir hier pathe­tisch vor­stel­len könn­te. Ein wun­der­ba­res Brett mit ganz viel „Wir gegen den Rest der Welt“-Poesie und eine Hom­mage an Städ­te und Freun­des­krei­se.

12. Rhye – Open
Nach 20 Uhr kann man auch auf Eins­li­ve fei­ne Musik ent­de­cken. Mein Erst­kon­takt mit „Open“ fand jeden­falls beim Spü­len im Rah­men der Sen­dung „Plan B“ statt. Die Mode­ra­to­rin erklär­te mir vor­ab, was ich so direkt nicht geahnt hät­te, näm­lich dass die nun fol­gen­de Stim­me einem Mann namens Mike Milosh gehö­re. Ste­phen Thomp­son von NPR Music – der Mann, dem ich in Musik­fra­gen am Aller­meis­ten ver­traue – schrieb über den Song: „cat­chy but subt­le, soni­cal­ly rich but unclut­te­red, sexy but never vul­gar“. Im Fern­se­hen gehört „Open“ schon jetzt zum fes­ten Reper­toire der Lie­bes­ak­t­an­bah­nungs­be­schal­lung und viel­leicht wird der Song eines Tages als „Smooth Ope­ra­tor“ die­ser Gene­ra­ti­on gehan­delt wer­den.

11. Vol­ca­no Choir – Bye­go­ne
Jus­tin Ver­non will viel­leicht nie mehr mit sei­nem Pro­jekt Bon Iver Musik machen. Das wäre scha­de, aber ers­tens gibt es ja zwei phan­tas­ti­sche Alben, die uns kei­ner mehr neh­men kann, und zwei­tens macht Ver­non ja ein­fach immer wei­ter, auch mit ande­ren Pro­jek­ten. „Repa­ve“, das zwei­te Vol­ca­no-Choir-Album, hät­te er auch als Bon Iver ver­öf­fent­li­chen kön­nen, und „Bye­go­ne“ ist der Song, der sich dabei am Stärks­ten her­vor­tut.

10. Les­lie Clio – Let Go
„Told You So“, die Vor­ab-Sin­gle von Les­lie Cli­os Debüt­al­bum „Gla­dys“, hat­te es ja bereits 2012 auf mei­ne Lis­te geschafft, jetzt also noch ein Song. „Let Go“ ist deut­lich schlep­pen­der als „Told You So“ (oder auch das eben­falls famo­se „Could­n’t Care Less“) und ver­ur­sacht bei mir immer noch regel­mä­ßig Gän­se­haut. Ein schlich­tes, aber wir­kungs­vol­les Tren­nungs­lied, das Ade­le oder Amy Wine­house in nichts nach­steht.

9. James Bla­ke – Retro­gra­de
Apro­pos Gän­se­haut: James Bla­ke! Den Gesang muss man mögen, aber der Song dürf­te eigent­lich kei­nen kalt las­sen.

8. Biffy Cly­ro – Black Chan­de­lier
Ja, das ist Sta­di­on­rock – aber immer­hin nicht mit so ver­krampf­tem Rock­star­dom ver­bun­den wie der von Muse oder 30 Seconds To Mars. Schö­nes Gitar­ren­ge­schram­mel, gute Lyrics und ein Songauf­bau wie aus dem Lehr­buch – man kann alles für und gegen Biffy Cly­ro ver­wen­den, aber vom Jah­res­an­fang bis zum Jah­res­en­de war „Black Chan­de­lier“ die gan­ze Zeit dabei und hat auch am Ende immer noch funk­tio­niert.

7. Daft Punk feat. Phar­rell Wil­liams – Get Lucky
Ladies and gen­tle­men, bit­te erhe­ben Sie sich für den Kon­sens-Hit des Jah­res, ach was: der Deka­de! „Get Lucky“ ist das, was man instant clas­sic nennt – aus dem Stand ein Ever­green. Ein Song, der Gene­ra­tio­nen ver­eint („Sind das Stee­ly Dan?“ – „Nein, Papa!“), und per Gesetz in jeder ein­zel­nen Fern­seh­sen­dung des Jah­res 2013 gespielt wer­den muss­te. Und das, wo kaum noch jemand ernst­haft mit einem gro­ßen Come­back von Daft Punk gerech­net hat­te.

6. Cas­per – Im Asche­re­gen
Ich habe ja so mei­ne Zeit gebraucht, bis ich mit Cas­pers Musik warm wur­de. Inzwi­schen bin ich gro­ßer Fan und das Album „Hin­ter­land“ hat sei­nen Vor­gän­ger „XOXO“ noch mal getoppt. Der Ope­ner „Im Asche­re­gen“ klingt mit sei­nen Trom­meln, Chö­ren, Blä­sern und Glo­cken­spie­len mehr nach Arca­de Fire als Arca­de Fire selbst und text­lich habe ich in der deutsch­spra­chi­gen Musik 2013 kaum Bes­se­res gehört. Vom Nicken in Rich­tung kettcar/​Slime („ein Drit­tel Heiz­öl, zwei Drit­tel Ben­zin“) über „auf Nim­mer­wie­der­se­hen und Dan­ke für nichts“ bis hin zu „die Stadt muss bren­nen, bren­nen, bren­nen“: eine ein­zi­ge Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung, ein mis­si­on state­ment, ein Stin­ke­fin­ger.

5. Mar­cus Wie­busch – Nur ein­mal rächen
Apro­pos kett­car: Deren Sän­ger Mar­cus Wie­busch wagt sich nach fast 20 Jah­ren noch ein­mal auf Solo­pfa­de und macht mit „Nur ein­mal rächen“ alles rich­tig. Klu­ge Geschich­te, klu­ge Instru­men­tie­rung, gran­dio­se Hook­li­ne. Seit kett­car den Ver­such auf­ge­ge­ben haben, ein zwei­tes „Lan­dungs­brü­cken raus“ zu schrei­ben (also seit „Sylt“), gelin­gen ihnen immer wie­der neue Meis­ter­wer­ke (vgl. „Ret­tung“, 2012) und auf „Nur ein­mal rächen“ wirkt Wie­busch so ent­spannt wie schon lan­ge nicht mehr. Das für Mit­te April ange­kün­dig­te Debüt­al­bum zählt zu denen, auf die ich am gespann­tes­ten war­te.

4. CHVRCHES – The Mother We Share
Ich kann mir aber nicht vor­stel­len, wie man sich „The Mother We Share“, der Debüt-Sin­gle von CHVRCHES, ent­zie­hen kön­nen soll­te. Die­ser Syn­thie­pop ist zwar nicht wirk­lich neu, aber der Song ist musi­ka­lisch wie atmo­sphä­risch so gekonnt „dazwi­schen“ (nicht zu schnell und nicht zu lang­sam, nicht zu melan­cho­lisch und nicht zu eupho­risch, nicht zu kalt und nicht zu warm), dass er auch nach einem Jahr immer noch kickt.

3. Foxy­gen – San Fran­cis­co
Auf Foxy­gen bin ich (natür­lich) durch „All Songs Con­side­red“ auf­merk­sam gewor­den. Wie gekonnt die­se Band auf die letz­ten 50 Jah­re Musik­ge­schich­te ver­weist und wie gran­di­os das in „San Fran­cis­co“ kul­mi­niert. Die­ser Dia­log „I left my heart in San Fran­cis­co“ – „That’s okay, I was bored any­way“ – „I left my love in the room“ – „That’s okay, I was born in L.A.“ zählt defi­ni­tiv zum Cle­vers­ten, was ich im ver­gan­ge­nen Jahr gehört habe, und ist auch beim hun­derts­ten Hören immer noch lus­tig.

2. Kacey Mus­gra­ves – Mer­ry Go ‚Round
Es ist in Deutsch­land, wo Coun­try­mu­sik außer auf WDR 4 und in Fern­fah­rer­knei­pen kaum ein Zuhau­se hat, eini­ger­ma­ßen schwer ver­mit­tel­bar, dass das Gen­re auch jung, klug und wit­zig sein kann. Ent­spre­chend groß soll­te die Über­ra­schung über das Debüt­al­bum von Kacey Mus­gra­ves sein, wenn sich hier­zu­lan­de jemand dafür inter­es­sie­ren wür­de. „Mer­ry Go ‚Round“ erzählt vom All­tag in den länd­li­chen Gebie­ten der USA: „If you ain’t got two kids by 21 /​ You’­re pro­ba­b­ly gon­na die alo­ne /​ Least that’s what tra­di­ti­on told you“. Die Kri­tik an die­sem spie­ßi­gen und bigot­ten Leben ist in so zucker­sü­ße Musik gegos­sen, dass man sie zunächst über­hö­ren könn­te – und das macht sie so wir­kungs­voll.

1. The Front Bot­toms – Au Revoir (Adi­os)
109 Sekun­den, län­ger braucht mein Lied des Jah­res 2013 nicht. Aber die­se 109 Sekun­den sind voll­ge­packt mit Witz, Gehäs­sig­keit und Rock ’n‘ Roll. Ich könn­te es 109 mal hin­ter­ein­an­der hören und wür­de gern jeden Tag damit begin­nen.

Die gan­ze Play­list zum Nach­hö­ren bei Spo­ti­fy.

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I lost my mind on „San Francisco“

Ohr­wür­mer sind die eine Sache. Rich­tig schlimm sind Songs, die sich so weit in Hirn und Herz gefres­sen haben, dass man von ihnen träumt. Mehr­fach.

Genau das ist mir mit „San Fran­cis­co“ von Foxy­gen pas­siert, seit ich es bei „All Songs Con­side­red“ gehört habe:

Wirk­lich: Ich träu­me von die­sem Song – beson­ders von die­ser Frau­en­stim­me, die „That’s okay, I was bored any­way“ bzw. „That’s okay, I was born in LA“ singt. Was für ein phan­tas­ti­scher Song!

Über­haupt ist „We Are The 21st Cen­tu­ry Ambassa­dors Of Peace & Magic“ von Foxy­gen ein sehr fei­nes Album, das klingt, als hät­ten Bel­le & Sebas­ti­an den Wein­kel­ler geleert bevor sie ins Stu­dio gegan­gen sind: „No Des­truc­tion“ könn­te auch bei einer gemein­sa­men Jam-Ses­si­on der Rol­ling Stones mit Bob Dylan ent­stan­den sein, „On Blue Moun­tain“ bedient sich im Refrain mehr als nur ein biss­chen bei Elvis Pres­leys „Sus­pi­cious Minds“, „Oh No“ ent­schwebt zur dunk­len Sei­te des Mon­des.

Die ers­te Hälf­te des Albums ist gran­di­os, die zwei­te dann eher okay, den Album­ti­tel kann sich natür­lich kein Mensch mer­ken, aber dafür ist der Band­na­me ja toll und ein­präg­sam.

Foxygen - We Are The 21st Century Ambassadors Of Peace & Magic (Albumcover)
Foxy­gen – We Are The 21st Cen­tu­ry Ambassa­dors Of Peace & Magic
VÖ: 25. Janu­ar 2013
Label: Jag­ja­gu­war
Ver­trieb: Car­go Records

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Musik

Songs des Jahres 2012

Ich bin natür­lich viel zu spät dran. Ich habe inzwi­schen meh­re­re Songs im Radio oder in Gast­stät­ten gehört, die selbst­ver­ständ­lich noch auf die Lis­te gehört hät­ten, die ich aber schlicht­weg ver­ges­sen habe. Und ver­mut­lich habe ich die bes­ten Sachen eh wie­der nicht mit­be­kom­men.

Egal.

Hier sind mei­ne Songs des Jah­res 2012:

25.The Kil­lers – Runa­ways
„Batt­le Born“, das vier­te regu­lä­re Album der Kil­lers, hat nicht die Über­songs wie „Hot Fuss“, es ist kein geschlos­se­nes Meis­ter­werk wie „Sam’s Town“, aber auch nicht so unsor­tiert wie „Day & Age“. Kurz­um: Es ist ein völ­lig okayes Album – und es hat „Runa­ways“, die neu­es­te Springsteen-Hom­mage (Frau ken­nen­ge­lernt, schwan­ger gewor­den, gehei­ra­tet, Stim­mung im Arsch – man kennt das) aus dem Hau­se Flowers. „We can’t wait till tomor­row“!

24. Cal­vin Har­ris feat. Exam­p­le – We’ll Be Coming Back
Das Kon­zert von Exam­p­le in der Köl­ner Essig­fa­brik war eines der bes­ten und ener­gie­ge­la­dens­ten, die ich 2012 besucht habe. Lei­der wer­de ich mit dem neu­en Album „The Evo­lu­ti­on Of Man“ nicht rich­tig warm, aber die­se Kol­la­bo­ra­ti­on mit Cal­vin Har­ris, die auf den Alben bei­der Künst­ler ent­hal­ten ist, ist schon sehr ordent­lich gewor­den.

23. Frit­ten­bu­de – Zeit­ma­schi­nen aus Müll
Ein Plä­doy­er für den Spaß, die Par­ty, die Selbst­zer­stö­rung, ohne gleich­zei­tig gegen Spie­ßer­tum und Bau­spar­ver­trä­ge zu het­zen. Die Kern­aus­sa­ge „Jeder Tag ist der bes­te Tag eines Lebens“ ist viel­leicht nicht son­der­lich neu, aber sie run­det die­sen melan­cho­li­schen Car­pe-Diem-Pop­song wun­der­bar ab.

22. San­ti­gold – Dis­pa­ra­te Youth
Unse­ren jähr­li­chen Mobil­funk-Wer­be­song gib uns auch heu­te wie­der. Natür­lich haben die son­nen­durch­flu­te­ten Erleb­nis-Bil­der aus den Voda­fone-Spots die­sen ohne­hin gro­ßen Song noch ein biss­chen wei­ter mit Bedeu­tung auf­ge­la­den, aber auch nach der Dau­er­be­schal­lung im Fern­se­hen (und mehr noch: im Inter­net) hat das Lied nichts von sei­ner Schön­heit ver­lo­ren.

21. Ben­ja­min Gib­bard feat. Aimee Mann – Big­ger Than Love
Da ver­öf­fent­licht der Sän­ger von Death Cab For Cutie und The Pos­tal Ser­vice das ers­te rich­ti­ge Solo­al­bum unter eige­nem Namen („For­mer Lives“) und der bes­te Song ist wie­der mal eine Kol­la­bo­ra­ti­on. Nach „Big­ger Than Love“ wünscht man sich, Gib­bard und Mann hät­ten zusam­men ein kom­plet­tes Album auf­ge­nom­men, so groß­ar­tig har­mo­nie­ren ihre bei­den Stim­men und so schön ist das Ergeb­nis gewor­den.

20. The Gas­light Anthem – „45“
Ich wür­de sie ja ger­ne igno­rie­ren, die­se schreck­li­chen Krea­tio­nis­ten aus New Jer­sey, aber dafür machen sie lei­der immer noch viel zu gute Musik. „45“ ist eben lei­der ein groß­ar­ti­ger Ope­ner zu einem ziem­lich guten Album. Die Fra­ge, ob man guten Künst­lern nach­se­hen soll­te, dass sie offen­sicht­lich Idio­ten sind, klä­ren wir dann eben spä­ter.

19. Kid Kopp­hau­sen – Das Leich­tes­te der Welt
Seit dem 10. Okto­ber kann man Kid Kopp­hau­sen nicht mehr hören, ohne mit­zu­den­ken, dass Nils Koppruch, einer der zwei Köp­fe die­ser Band, starb, bevor es mit der Band rich­tig los­ge­hen konn­te. Hier singt nun die meis­te Zeit Gis­bert zu Knyphau­sen, der ande­re Kopf, und er singt so gran­di­os Zei­len wie „Denn jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur schei­ße ver­packt“. Das ist so mei­len­weit weg von den Acts, die jedes Jahr den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ unsi­cher machen, so sagen­haft gut, dass es wirk­lich kei­nes Todes­falls bedurft hät­te, um die­ses Album noch beson­de­rer zu machen. Aber so ist das Leben manch­mal.

18. Kendrick Lamar – Swim­ming Pools (Drank)
Es sind so vie­le Lobes­hym­nen über Kendrick Lamar und sein Debüt­al­bum „good kid, m.A.A.d city“ erschie­nen, dass ich kei­ner­lei Ambi­tio­nen habe, dem noch etwas hin­zu­zu­fü­gen. Es ist ein wahn­sin­nig klu­ges Album, das viel­leicht nicht im eigent­li­chen Sin­ne cat­chy ist, an dem wir aber ver­mut­lich auch in 20, 30 Jah­ren noch unse­re Freu­de haben wer­den. Und „Swim­ming Pools (Drank)“ ist der bes­te Song dar­auf. Viel­leicht.

17. Les­lie Clio – Told You So
Wäh­rend Thees Uhl­mann solo Kar­rie­re macht, hat der Rest der letz­ten Tom­te-Beset­zung umge­sat­telt und ist jetzt Back­ing Band (bzw. im Fal­le von Niko Pott­hoff auch noch Pro­du­zent) von Les­lie Clio, der – gro­ßer Gott, Musik­jour­na­lis­ten! – „deut­schen Ant­wort auf Ade­le“. „Told You So“ ist cle­ver, kna­ckig und ent­spannt und gemein­sam mit der Nach­fol­ge­sin­gle „I Could­n’t Care Less“ lässt das Gro­ßes für das im Febru­ar erschei­nen­de Debüt­al­bum „Gla­dys“ erwar­ten.

16. Frank Oce­an – Lost
Und noch so ein Album, das völ­lig zu Recht auf allen Bes­ten­lis­ten weit vor­ne gelan­det ist. Ich habe län­ger gebraucht, um mit „Chan­nel Oran­ge“ warm zu wer­den, aber es wird tat­säch­lich bei jedem Hören noch bes­ser. „Lost“ ist der … nun ja: ein­gän­gigs­te Song des Albums, der ein biss­chen schüch­tern vor sich hin groovt.

15. Cro – Easy
Ja, der Song hät­te auch schon 2011 auf der Lis­te ste­hen kön­nen. Ja, man kann das mit der Pan­da-Mas­ke albern fin­den. Ja, die stän­di­ge Medi­en­prä­senz (außer in der „WAZ“) nervt ein biss­chen. Aber bit­te: „Easy“ ist immer noch ein groß­ar­ti­ger Song. Die Zei­len mit „AC/​Deasy“ und „Washing­ton, Dea­sy“ zäh­len zum Cle­vers­ten, was im deutsch­spra­chi­gen Hip­hop je pas­siert ist – wobei die Kon­kur­renz da jetzt auch über­schau­bar ist.

14. Alex Cla­re – Up All Night
Kei­ne Ahnung, war­um die gro­ßen Hits von Alex Cla­re jetzt „Too Clo­se“ und „Tre­a­ding Water“ sind: „Up All Night“ hat doch viel mehr Ener­gie und ist viel abwechs­lungs­rei­cher. Ande­rer­seits dürf­ten die Aus­wir­kun­gen auf den Stra­ßen­ver­kehr auch ver­hee­rend sein, wenn so ein Lied plötz­lich im For­mat­ra­dio läuft. Ver­gli­chen mit dem Rest des Albums, der zwi­schen Soul und Dub­step schwankt, ist der Refrain von „Up All Night“ näm­lich ein regel­rech­tes Brett. Andrew W.K., mit dem Drum­com­pu­ter nach­emp­fun­den.

13. Buri­al – Loner
Von der Radio­va­ri­an­te zum Unter­grund­hel­den: Kaum ein Künst­ler­na­me passt so gut zur Musik wie der von Buri­al. Die Dop­pel-EP „Street Halo /​ Kind­red“ ist das, was Mas­si­ve Attack seit Jah­ren nicht mehr rich­tig hin­be­kom­men, und „Loner“ ist mit kna­cki­gen sie­ben­ein­halb Minu­ten noch das zugäng­lichs­te Stück in die­sem düs­te­ren Gewa­ber. Unbe­dingt mit Kopf­hö­rern und geschlos­se­nen Augen genie­ßen!

12. The Wall­flowers feat. Mick Jones – Reboot The Mis­si­on
Nach sie­ben Jah­ren Pau­se und zwei sehr guten Solo­al­ben von Jakob Dylan sind die Wall­flowers zurück – und klin­gen plötz­lich nach The Clash! Und, klar, wenn sie im Text Joe Strum­mer erwäh­nen, kön­nen sie für die Gitar­re und den Gesang im Refrain gleich auch noch Mick Jones ver­pflich­ten. Und ich bin so ein­fach gestrickt, dass ich es gran­di­os fin­de!

11. Kath­le­en Edwards – Chan­ge The Sheets
Ich glau­be, wenn ich alles zusam­men­zäh­le, ist Kath­le­en Edwards mei­ne Lieb­lings­sän­ge­rin: Die­se wun­der­schö­ne Stim­me, die­se Stim­mungs­vol­len Songs und die Bil­der, die ihre Musik ent­ste­hen lässt! Und dann ist „Voy­a­ge­ur“, ihr vier­tes Album, auch noch von Jus­tin Ver­non von Bon Iver pro­du­ziert und ent­hält Songs wie „Chan­ge The Sheets“! Toll!

10. Bob Mould – The Des­cent
Gut, Bob-Mould-Alben klin­gen immer gleich und viel Abwechs­lung gibt es auch auf „Sil­ver Age“ nicht. Aber als ein­zel­ner Song kann so etwas wun­der­bar funk­tio­nie­ren und was der Ex-Sän­ger von Hüs­ker Dü und Sugar da mit 52 aus dem Ärmel schüt­telt, krie­gen man­che Musi­ker unter 30 nicht auf die Ket­te. Die For­mel „Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re“ ist natür­lich denk­bar ein­fach, kriegt mich aber fast immer.

09. Cloud Not­hings – Stay Use­l­ess
Die­ser Song ist erst ganz spät auf mei­ner Lis­te gelan­det, als Ste­phen Thomp­son ihn in der Jah­res­bes­ten­lis­ten­show von „All Songs Con­side­red“ gespielt hat und ich fest­ge­stellt habe, dass ich ihn schon das hal­be Jahr über im Frei­beu­ter gehört hat­te. Natür­lich auch denk­bar ein­fach in sei­ner Wirk­mäch­tig­keit, aber ich find’s gut, wenn ich weiß, was ich will, und das auch bekom­me.

08. Car­ly Rae Jep­sen – Call Me May­be
Ich saß in Baku im Hotel­zim­mer, guck­te rus­si­sches Musik­fern­se­hen und sah die­ses Video. Als der Song zu Ende war, zapp­te ich wei­ter und sah das Video auf dem nächs­ten Kanal direkt noch mal von vorn. „Komi­sche Rus­sen“, dach­te ich, woll­te den Song bei Face­book pos­ten und stell­te dann fest, dass ich bis­her einen inter­na­tio­na­len Hit ver­passt hat­te. „Call Me May­be“ mag mitt­ler­wei­le ein ganz klei­nes biss­chen ner­ven, aber es ist einer der bes­ten Pop­songs, der in die­sem Jahr­tau­send geschrie­ben wur­de (über die Pro­duk­ti­on kön­nen wir uns strei­ten) und „Befo­re you came into my life I missed you so bad“ eine ganz rüh­ren­de Zei­le Teen­ager-Poe­sie. Pop­kul­tur­theo­re­tisch span­nend ist natür­lich auch die Erkennt­nis, dass die ganz gro­ßen Mega­hits („Some­bo­dy That I Used To Know“, „Gang­nam Style“ und eben „Call Me May­be“) inzwi­schen immer auch mit Web­phä­no­me­nen ein­her­ge­hen oder sogar aus ihnen ent­ste­hen.

07. Kraft­klub – Songs für Liam
Noch so ein Song, den nicht mal Eins­li­ve tot­spie­len konn­te. So cle­ver wur­de Pop­kul­tur in deutsch­spra­chi­gen Song­tex­ten sel­ten ver­han­delt, so wir­kungs­voll wur­den die Black Eyed Peas und Til Schwei­ger sel­ten gedisst, so gut wur­de der Wunsch, geküsst zu wer­den, sel­ten begrün­det. Außer­dem freut man sich ja über jede jun­ge Band, die sich mal nicht von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern hat beein­flus­sen las­sen.

06. First Aid Kit – Emmy­lou
… womit wir bei zwei schwe­di­schen Teen­agern wären, die maß­geb­lich von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern beein­flusst wur­den. Ich ver­eh­re First Aid Kit, seit ich sie vor vier Jah­ren auf dem By:Larm in Oslo gese­hen habe, und war etwas ent­täuscht, dass ihr Debüt­al­bum 2010 dann ver­gleichs­wei­se egal aus­fiel. Das haben sie jetzt mit „The Lion’s Roar“ aus­ge­gli­chen, dem wun­der­vol­len Nach­fol­ger. „Emmy­lou“ wirft mit text­li­chen und musi­ka­li­schen Refe­ren­zen nur so um sich und macht klar, dass sich Johan­na und Kla­ra Söder­berg so inten­siv mit der Mate­rie beschäf­tigt haben, dass sie statt die­ses Songs auch eine Habi­li­ta­ti­ons­schrift hät­ten anfer­ti­gen kön­nen. Die wäre aller­dings kaum so schön gewor­den.

05. kett­car – Ret­tung
Damit wäre jetzt auch nicht mehr zwin­gend zu rech­nen gewe­sen, dass kett­car zehn Jah­re nach ihrem gran­dio­sen Debüt­al­bum noch mal das bes­te Lie­bes­lied ver­öf­fent­li­chen wür­den, das je geschrie­ben wur­de. Doch, wirk­lich: Das muss man auch erst mal brin­gen, die besof­fen kot­zen­de Freun­din zu besin­gen und mit „Guten Mor­gen, Lie­be mei­nes Lebens“ zu schlie­ßen. „Lie­be ist das was man tut“, lehrt uns Mar­cus Wie­busch hier ganz prak­tisch. Und musi­ka­lisch ist das auch eine der bes­ten kett­car-Num­mern.

04. Mack­lem­ore & Ryan Lewis – Thrift Shop
Wenn 2012 nicht aus­ge­rech­net das ers­te Ben-Folds-Five-Album seit 13 Jah­ren erschie­nen und auch noch wahn­sin­nig gut aus­ge­fal­len wäre, wäre „The Heist“ von Mack­lem­ore & Ryan Lewis mein Album des Jah­res gewor­den. Auf der einen Sei­te gibt es dort unglaub­lich anrüh­ren­de Songs wie „Same Love“ und „Wing$“, auf der ande­ren so einen fun­keln­den Wahn­sinn wie „Thrift Shop“, der eigent­lich nie­man­den kalt las­sen kann. Unbe­dingt auch das Video anse­hen!

03. Japan­dro­ids – Fire’s High­way
Wie Sie gleich sehen wer­den, gab es 2012 für mich drei gro­ße Strö­mun­gen: Melan­cho­li­sche Kla­vier­bal­la­den, Hip­hop und Gara­gen­rock­bret­ter. Hier der best­plat­zier­te Ver­tre­ter der letzt­ge­nann­ten Kate­go­rie. „Cele­bra­ti­on Rock“ ist, wie Ste­phen Thomp­son bei „All Songs Con­side­red“ rich­tig bemerkt hat, das viel­leicht am pas­sends­ten beti­tel­te Album der Musik­ge­schich­te: Acht Songs in 35 Minu­ten, ein durch­ge­tre­te­nes Gas­pe­dal und Freu­de am eige­nen Lärm. In allen ande­ren Bes­ten­lis­ten taucht „The House That Hea­ven Built“ auf, bei mir eben „Fire’s High­way“. Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re, Sie ken­nen das Prin­zip.

02. Ben Folds Five – Away When You Were Here
Ich will ganz ehr­lich sein: Ich hat­te nicht damit gerech­net, dass „The Sound Of The Life Of The Mind“ über­haupt ein gutes Album wer­den wür­de. 13 Jah­re War­ten waren ein­fach zu viel. Dass es letzt­lich ein sehr gutes Album gewor­den ist, liegt an Songs wie „Away When You Were Here“: Die Melo­die klingt schon beim ers­ten Hören, als ken­ne man das Lied seit sei­ner Kind­heit, und dass Ben Folds ein Lied an einen ver­stor­be­nen Vater singt, wäh­rend sein eige­ner Vater noch leben­dig und bei bes­ter Gesund­heit ist, unter­mau­ert sei­ne Song­wri­ter-Qua­li­tä­ten. Jeder Depp kann besin­gen, was er fühlt oder sieht, aber mit fik­ti­ven Geschich­ten der­art zu Her­zen zu rüh­ren, das kön­nen nur weni­ge. Ben Folds kann es, natür­lich.

01. Rae Mor­ris – Don’t Go
Ich habe nicht vie­le TV-Seri­en kom­plett gese­hen. Wenn ich es dann doch aus­nahms­wei­se mal tue, sind die Abschluss­lie­der gleich mit beson­de­rer Bedeu­tung auf­ge­la­den. Das war mit Peter Gabri­els „The Book Of Love“ am Ende von „Scrubs“ so (die Unzu­mut­bar­kei­ten der neu­en Fol­gen ver­schwei­gen wir ein­fach) und so war es auch mit „Don’t Go“ am Ende von „Skins“. Dass auch die­se Serie jetzt noch einen Appen­dix bekommt (der hoffentlich/​mutmaßlich nicht so schlimm wird wie der von „Scrubs“), kön­nen wir an die­ser Stel­le getrost unter­schla­gen, so berüh­rend und emo­tio­nal ver­dich­tet ist die Mon­ta­ge zu die­sem Lied, das ich seit­dem rauf und run­ter gehört habe – obwohl das zunächst gar nicht so ein­fach war. Ein schlich­tes Lied einer jun­gen Singer/​Songwriterin aus Eng­land, aber auch ein sehr schö­nes.

Jetzt nach­hö­ren: Mei­ne Top 25 bei Spo­ti­fy.

Und weil ich hier eh schon so viel über die Alben geschrie­ben habe, gibt’s deren Bes­ten­lis­te dies­mal unkom­men­tiert.

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Digital Musik

Songs For The Dumped

Aus Anlass des heu­ti­gen Valen­tins­tags haben sich die Macher der bes­ten Musik­show der Welt, „All Songs Con­side­red“, mal was beson­de­res ein­fal­len las­sen: Nach­dem es im letz­ten Jah­re ein paar weni­ger bekann­te Lie­bes­lie­der gab, geht es dies­mal um break­up songs, also Lie­der rund um Bezie­hungs­en­den.

Sym­pa­thi­scher­wei­se ist es wie­der ein­mal eine Show in gro­ßer Run­de, das heißt neben Stan­dard-Mode­ra­tor Bob Boi­len sind auch Pro­du­zent Robin Hil­ton, sowie die Redak­ti­ons­kol­le­gen Ste­phen Thomp­son und Car­rie Brown­stein mit dabei. Wie immer, wenn die Vier gemein­sam eine Sen­dung schmei­ßen, sind die Dia­lo­ge und die zwi­schen­mensch­li­chen Necke­rei­en fast genau­so schön wie die Musik.

Die Song­aus­wahl schwankt zwi­schen nahe­lie­gend und abwe­gig. Die gan­zen wüten­den Abrech­nun­gen (s. Über­schrift) wur­den weg­ge­las­sen, dafür gibt es viel Herz­schmerz – und eine musi­ka­li­sche Band­brei­te, die von den Ramo­nes zu Jus­tin Tim­ber­la­ke, von Stars zu Vic Ches­nutt reicht. Dazwi­schen: Beck und The Repla­ce­ments.

Ein biss­chen posi­ti­ver geht es dage­gen beim Valen­tins-Geschenk von Enno Bun­ger wei­ter: Deren schmu­cke Sin­gle „Herz­schlag“ kann man heu­te (ganz ohne Anmel­dung) kos­ten­los her­un­ter­la­den.

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Musik

Born To Sing Along

Über das All-Songs-Con­side­red-Blog bin ich auf die­sen Ein­trag im Musik­blog I Am Fuel You Are Fri­ends auf­merk­sam gewor­den, der sehr pas­send mit „If you’ve ever won­de­red what pure, unfet­te­red joy looks like….“ beti­telt ist.

Man sieht dar­in ein Live­vi­deo von The Gas­light Anthem, die gemein­sam mit Bruce Springsteen ihren Song „The ’59 Sound“ beim Glas­ton­bu­ry Fes­ti­val spie­len:


the 59 sound – bruce springsteen & gas­light anthem( glas­to )
von runa­way­d­ream

Da dach­te ich noch „Na ja, könn­te man noch mal blog­gen, so nach einem Monat. Aber muss man auch nicht …“, aber dann fiel mir ein, wie vie­le Vide­os ich schon im Inter­net gese­hen hat­te, in denen Bruce Springsteen ander­erleuts Songs ver­edelt. Und dann dach­te ich, die kann man doch mal schön zusam­men­tra­gen:

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Musik

Listenpanik 06/​09

Him­mel hilf: Der Juli ist schon zur Hälf­te um und die Juni-Lis­te war bis eben immer noch unver­öf­fent­licht. Schie­ben wir es auf die schie­re Men­ge an Neu­ver­öf­fent­li­chun­gen und die gan­ze tol­le Musik, die sonst noch so da war:

Alben
The Pains Of Being Pure At Heart – The Pains Of Being Pure At Heart (Nach­trag)
Falls Sie es noch nicht mit­be­kom­men haben (so wie ich bis vor kur­zem): Das ist der Indiepop-Geheim­tipp der Sai­son. Fach­zeit­schrif­ten nen­nen die­ses New Yor­ker Quar­tett „eine ame­ri­ka­ni­sche Ver­si­on der Smit­hs“, was glei­cher­ma­ßen tref­fend wie irre­füh­rend ist. Mein inter­nes Kata­log­sys­tem führt die Band unter „irgend­wie kana­disch“, was an den Gitar­ren­sounds, Glo­cken­spie­len und wech­seln­den Sänger(inne)n lie­gen könn­te.

Fan­far­lo – Reser­voir (Nach­trag)
Noch ein Nach­trag, noch mal „irgend­wie kana­disch“, obwohl es sich doch um eine schwe­disch-eng­li­sche Band han­delt: Zuerst bei „All Songs Con­side­red“ ent­deckt, dann das Album für einen Euro gekauft. Bild­hüb­scher Indiepop mit Hang zum Orches­tra­len. Für einen Som­mer auf der Wie­se.

Regi­na Spek­tor – Far
Kom­men wir nun zur belieb­ten Rei­he „Acts, die jah­re­lang an mir vor­bei­ge­gan­gen sind“. In die­sem Fall so sehr, dass ich dach­te, Regi­na Spek­tor (die wirk­lich so heißt) hät­te irgend­was mit Phil Spec­tor (der auch wirk­lich so heißt) zu tun. Aber dann kam erst das letz­te Ben-Folds-Album, auf dem Regi­na Spek­tor bei „You Don’t Know Me“ mit­träl­ler­te, und dann kam „Laug­hing With“, das mich auf Anhieb begeis­ter­te (s.u.). Der Pia­no­pop auf „Far“ ist schon toll, aber über allem ste­hen die Tex­te – sel­ten habe ich bei einem eng­lisch­spra­chi­gen Album so früh so gründ­lich auf die Tex­te geach­tet und sie für so groß­ar­tig befun­den.

Wil­co – Wil­co (The Album)
Das mit Wil­co und mir war immer ein biss­chen schwie­rig: Ich bin mit „Yan­kee Hotel Fox­trott“ ein­ge­stie­gen, das eini­ge toll Songs hat­te, mich aber nie so ganz über­zeu­gen konn­te, dann habe ich mich vor fünf Jah­ren zufäl­lig in „Sum­mer­tee­th“ ver­liebt, ehe mich „A Ghost Is Born“ und „Sky Blue Sky“ etwas rat­los zurück­lie­ßen. Gut für mich, dass „Wil­co (The Album)“ ziem­lich genau da wei­ter­macht, wo „Sum­mer­tee­th“ auf­ge­hört hat: Leicht ver­spiel­ter Indie­rock, der aber nicht in rie­si­ge Sound­flä­chen aus­ufert, son­dern sich auf drei bis vier Minu­ten kon­zen­triert.

The Sounds – Crossing The Rubicon
Als vor sechs Jah­ren das Sounds-Debüt „Living In Ame­ri­ca“ in Deutsch­land erschien, wur­den die Schwe­den als „die neu­en Blon­die“ ver­mark­tet, was nicht völ­lig abwe­gig, aber eben auch „die neu­en Irgendwasse“-dämlich war. Zum Zweit­werk „Dying To Say This To You“ habe ich nie einen rich­ti­gen Zugang gefun­den, aber „Crossing The Rubicon“ spricht mich wie­der sehr stark an: Leicht über­dreh­te Rock­songs mit schram­meln­den Gitar­ren, tanz­ba­ren Beats und ver­gleichs­wei­se weni­gen Syn­the­si­zern. Und irgend­wie muss Maja Ivars­son Sin­gen gelernt haben – aber das macht ja nichts.

Pla­ce­bo – Batt­le For The Sun
Ich hat­te immer das Gefühl, alle Pla­ce­bo-Alben klän­gen im Wesent­li­chen gleich (und damit gleich gut), aber das stimmt gar nicht. Natür­lich gibt es auch dies­mal wie­der trei­ben­de Beats, wüs­tes Gitar­ren­ge­schram­mel und die alles domi­nie­ren­de Stim­me von Bri­an Mol­ko, aber eini­ges ist anders. Das kann zum Bei­spiel am neu­en Schlag­zeu­ger lie­gen (der, höf­lich gesagt, nicht ganz so fili­gran arbei­tet wie sein Vor­gän­ger) oder dar­an, dass Pla­ce­bo ernst­haft ein Feel­good-Album auf­neh­men woll­ten. Jetzt gibt es Strei­cher und Anklän­ge von Trom­pe­ten und Glo­cken­spie­len und vie­les klingt tat­säch­lich – im Pla­ce­bo-Rah­men – sehr uplif­ting. Das ist total anders als der düs­te­re Vor­gän­ger „Meds“, des­sen Qua­li­tät schwer­lich wie­der zu errei­chen war. Aber „Batt­le For The Sun“ ist ein soli­des Album, das sich von allen ande­ren der Band deut­lich unter­schei­det.

Moby – Wait For Me
Vor zehn Jah­ren war Mobys Kar­rie­re vor­bei. Dann ver­öf­fent­lich­te er „Play“ und wur­de zum Num­mer-Eins-Lie­fe­ran­ten für Wer­be­spots und Films­ound­tracks. Danach hat er ver­schie­de­nes aus­pro­biert, jetzt kehrt er fast kom­plett zum Sound von „Play“ zurück. Erstaun­li­cher­wei­se gelingt ihm damit sein bes­tes Album seit eben jenem „Play“. Gesun­gen wird wenig, getanzt kaum, und manch­mal nimmt man die Musik beim Neben­bei­hö­ren gar nicht mehr wahr, aber es ist ein atmo­sphä­risch dich­tes Album, des­sen Songs sicher bald wie­der Wer­be­spots und Films­ound­tracks zie­ren wer­den.

Eels – Hombre Lobo
Mein ers­tes kom­plet­tes Eels-Album. Was soll ich sagen? Ja, kann man sich auch über vier­zig Minu­ten anhö­ren. Eine schö­ne Mischung aus fili­gra­nen, fast Kin­der­lied-haf­ten Pop­songs und char­mant-knar­zi­gen Rock­num­mern.

Songs
Eels – That Look You Give That Guy
Ich hat­te das Lied ja hier schon aus­führ­lich gelobt. Seit­dem habe ich es mehr als zwan­zig Mal gehört und fin­de es immer noch ganz wun­der­bar. Nur eine Fra­ge beschäf­tigt mich die letz­ten Tage: Was ist eigent­lich das Gegen­teil von Eifer­sucht?

Regi­na Spek­tor – Laug­hing With
Eigent­lich kann man sich alle Aus­füh­run­gen zu die­sem Lied spa­ren: die Lyrics spre­chen für sich. Ich hör­te den Song erst­mals bei „All Songs Con­side­red“, am S‑Bahn-Gleis des Bochu­mer Haupt­bahn­hofs ste­hend. Alle Stör­ge­räu­sche ver­schwan­den, ich hör­te nur noch das Kla­vier und die­se leicht eigen­tüm­li­che Stim­me, die die­sen wun­der-wun­der­schö­nen Text sang. Es wäre unan­ge­mes­sen gewe­sen, an die­sem Ort los­zu­heu­len, aber es gibt weni­ge Songs, bei denen ich so kurz davor stand.

Wil­co – You And I
In einem nor­ma­len Monat wäre sowas ganz klar der Song des Monats gewor­den: Ein char­man­ter Pop­song mit anrüh­ren­dem Text und den Stim­men von Jeff Tweedy und Gast­sän­ge­rin Les­lie Feist. Nun: Es war kein nor­ma­ler Monat, wie Sie oben sehen, son­dern der Monat der über­le­bens­gro­ßen Songs mit phan­tas­ti­schen Lyrics. Aber es gibt hier ja sowie­so kei­ne Rang­lis­te mehr. (Das Lied habe ich übri­gens zum ers­ten Mal auf WDR 2 gehört und danach beschlos­sen, mir das Album zu kau­fen. So viel zum The­ma „das Radio hat als Mul­ti­pli­ka­tor aus­ge­dient“ …)

The Pains Of Being Pure At Heart – This Love Is Fuck­ing Right!
Die Län­ge von Band­na­men und Song­ti­tel machen es unmög­lich, die­sen Song auf ein Mix­tape zu packen – der Platz auf so einem Bei­pack­zet­tel ist ja lei­der nur begrenzt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Lied­text rich­tig ver­stan­den habe (mei­ne Inter­pre­ta­ti­on wäre in zahl­rei­chen Län­dern der Welt ille­gal), aber: Hey, es ist ein wun­der­schö­ner klei­ner Song und der Titel ein wun­der­ba­rer Slo­gan. (Über­haupt bräuch­te es mehr Song­ti­tel mit Aus­ru­fe­zei­chen am Ende.)

[Lis­ten­pa­nik, die Serie]

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Musik

Mr. Jones and me

Das zwei­te Rock­kon­zert, das ich in mei­nem Leben besuch­te, war ein Auf­tritt von Tom Jones in der Are­na Ober­hau­sen im Mai 2000. ((Das ers­te war ein Kon­zert der Prin­zen 1994, das drit­te – und da nähern wir uns dem Begriff „Rock­kon­zert“ – eines der Smas­hing Pump­kins.))

Jones tour­te damals mit sei­nem sehr guten Album „Rel­oad“, das mir unter ande­rem sei­ne Duett-Part­ner Ste­reo­pho­nics und The Divi­ne Come­dy näher­brach­te, und es war genau die Sor­te hoch­pro­fes­sio­nel­le, kom­pro­miss­lo­se Fami­li­en­un­ter­hal­tung, die ich spä­ter auch bei Rob­bie Wil­liams und den Kil­lers bewun­dert habe. ((Jones mach­te das damals mehr als 30 Jah­re, von Rob­bie Wil­liams hat man län­ger nichts gehört.))

Von sei­nen letz­ten Alben habe ich nicht mehr viel mit­be­kom­men, höchs­tens die Nach­richt, dass der wali­si­sche Tiger sein Haupt­haar nicht mehr färbt, war zu mir durch­ge­drun­gen. Aber jetzt war er bei den „Tiny Desk Con­certs“, einer inti­men Kon­zert­rei­he von „All Songs Con­side­red“-Macher Bob Boi­len zu Gast.

Eine etwas über­ra­schen­de Kom­bi­na­ti­on, wie auch Pro­du­zent Robin Hil­ton im Begleit­text zum Mit­schnitt zugibt:

When a publi­cist for Tom Jones cont­ac­ted us and said the sin­ger wan­ted to do a „Big Desk Con­cert“ for us, the thought of Jones‘ rather sub­stan­ti­al voice fil­ling our office left us laug­hing… and dying to do it.

Nur von sei­nem musi­cal direc­tor Bri­an Mon­ro­ney auf der Gitar­re beglei­tet, gibt Jones auch vor ein paar Dut­zend NPR-Mit­ar­bei­tern alles, so als wür­de er gera­de eine rie­si­ge Mehr­zweck­are­na bespie­len. Und doch ist vie­les anders: Statt ein­stu­dier­ter Moves weiß der Mann kaum, wohin mit sei­nen Hän­den; sei­ne Stim­me klingt zwar noch immer voll, bricht aber manch­mal ein biss­chen weg, und statt dem Las-Vegas-erprob­ten Damen­kränz­chen-Bespa­ßer, über den sich alle lus­tig machen, sieht man plötz­lich einen ech­ten Musi­ker vor sich.

Es lohnt sich, das Video mit den vier Songs anzu­se­hen. Vor allem „Green, Green Grass Of Home“ hat bei mir durch­aus für Gän­se­haut gesorgt.

Tom Jones bei den „Tiny Desk Con­certs“

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English Edition

National Public Radiohead

I real­ly like NPR’s „All Songs Con­side­red“ and their „Live In Con­cert“ pod­cast.

Right now you can lis­ten to (and if you sub­scri­be to the pod­cast: down­load) the show Radio­head gave at the end of their US tour on August 28th in San­ta Bar­ba­ra, CA.

Bob Boi­len, who cho­se Radio­head over Barack Oba­ma on that day, wri­tes:

When I think of the best con­certs I’ve seen, I always flash back to Pink Floyd in ear­ly 1972. […]

Radiohead’s show at the San­ta Bar­ba­ra Bowl came as clo­se for musi­ci­an­ship and crea­ti­vi­ty as any show I’ve seen in 37 years. I’ve seen a lot of shows.

Even though I did­n’t like Radiohead’s latest album „In Rain­bows“ that much, I’m alre­a­dy impres­sed by what was (among­st others) on the set list: „The­re The­re“, „Talk Show Host“, „Mor­ning Bell“, „No Sur­pri­ses“, „The Bends“, „Kar­ma Poli­ce“, „Para­no­id Android“, „Ever­y­thing in Its Right Place“, „Lucky“ and – the grand fina­le after more than two hours of songs – „Idio­te­que“.

Click here to lis­ten to Radio­head, live at San­ta Bar­ba­ra Bowl.

[via twit­ter]