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Furchtbar

Durch Umstän­de, die dies­mal nichts zur Sache tun, bin ich gera­de über eine rund zwei­ein­halb Jah­re alte Über­schrift auf bunte.de gestol­pert:

Kai Wiesinger: "Es ist furchtbar!"

Im Vor­spann steht:

Der Tod von Chan­tal de Freitas im Som­mer 2013 war über­ra­schend. Die damals 45-jäh­ri­ge Schau­spie­le­rin und getrennt leben­de Ehe­frau von Kai Wie­sin­ger starb plötz­lich und uner­war­tet. Zurück blie­ben ihre zwei Töch­ter – und ein trau­ern­der Kai Wie­sin­ger …

Und das kann man sich ja gut vor­stel­len, dass eine sol­che Situa­ti­on furcht­bar ist.

Allein – wenn man den dazu­ge­hö­ri­gen Arti­kel auf bunte.de kom­plett liest, stellt man fest, dass das Zitat in der Schlag­zei­le viel­leicht ein biss­chen … nen­nen wir es mal: aus dem Zusam­men­hang geris­sen ist:

"Es ist furchtbar, wie Medien ein falsches Bild von jemandem erschaffen können" Chantal de Freitas hinterließ zwei Töchter aus ihrer Ehe mit Kai Wiesinger. Im Interview mit dem Magazin "DONNA"​ spricht der 48-Jährige jetzt über die schwere Zeit. "Es ist furchtbar, wie Medien durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate ein falsches Bild von jemandem erschaffen können. Es ist sehr schwer, so etwas auszuhalten und dabei öffentlich keine Stellung zu beziehen."

Womög­lich braucht man gar nicht viel mehr als die­ses Bei­spiel, um das Wesen von Bou­le­vard­jour­na­lis­mus zu erklä­ren.

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Man hat sich entschuldigt

In unse­rer belieb­ten Rei­he „Öfter mal ‚man‘ sagen“ heu­te zu Gast: Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg, Ex-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter und Ex-Dok­tor.

In dem ohne­hin hoch­gra­dig ver­stö­ren­den Gespräch, das „Zeit“-Chefredakteur Gio­van­ni di Loren­zo mit Gut­ten­berg geführt hat, ereig­net sich unter ande­rem fol­gen­der Dia­log:

ZEIT: Wel­che Fra­gen sind es denn, die Ihnen die Wohl­mei­nen­den stel­len?

Gut­ten­berg: Es ist vor allem die Fra­ge, wie es bei jeman­dem, des­sen poli­ti­sche Arbeit man sehr geschätzt hat, zu einer so unglaub­li­chen Dumm­heit wie die­ser Dok­tor­ar­beit kom­men konn­te. Und ich hat­te noch nicht die Mög­lich­keit, die­se Fra­gen in aller Offen­heit zu beant­wor­ten.

ZEIT: Was kön­nen Sie denn jetzt in aller Offen­heit sagen?

Gut­ten­berg: Es steht völ­lig außer Fra­ge, dass ich einen auch für mich selbst unge­heu­er­li­chen Feh­ler began­gen habe, den ich auch von Her­zen bedaue­re. Das ist in die­ser sehr hek­ti­schen Zeit damals auch ein Stück weit unter­ge­gan­gen. Eben­so, wie man sich damals bereits ent­schul­digt hat.

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Rundfunk Gesellschaft

Man wird sprachlos

In der ARD läuft heu­te um 23.30 Uhr eine Doku­men­ta­ti­on über die letzt­jäh­ri­ge Love­pa­ra­de in Duis­burg, bei der bei einer Mas­sen­pa­nik 21 Men­schen gestor­ben sind und mehr als 500 ver­letzt wur­den. Der WDR bewirbt die­se Doku, indem er seit Tagen via Pres­se­mit­tei­lung ein­zel­ne O‑Töne von Ver­ant­wort­li­chen in die Ver­wer­tungs­ket­te gibt.

Ver­gan­ge­ne Woche warf er Zita­te des Duis­bur­ger Ober­bür­ger­meis­ters Adolf Sau­er­land unters Volk:

„Ich habe mir immer gesagt: Du musst so lan­ge durch­hal­ten, bist du allen zei­gen kannst, dass die­se Kata­stro­phe nicht durch dein Ver­hal­ten ent­stan­den ist“, erklärt Adolf Sau­er­land. Er habe am Anfang das Gefühl gehabt, wenn er sich ent­schul­di­ge, wer­de er auto­ma­tisch für das Unglück ver­ant­wort­lich gemacht. „Und das hat dazu geführt, dass man sprach­los wird.“

Ges­tern kam Rai­ner Schal­ler, Ver­an­stal­ter der Love­pa­ra­de, zu Wort:

Zum ers­ten Mal äußert sich Schal­ler im Film auch zur Pro­ble­ma­tik des Tun­nels als ein­zi­gem Ein- und Aus­gang zum Ver­an­stal­tungs­ge­län­de: „Man hat Mona­te geplant, und für mich ist es natür­lich ein Rät­sel, wie man das über Mona­te gemein­sam nicht hat sehen kön­nen. Das ist etwas, was ich mich bis heu­te fra­ge: Wie konn­te man das nicht sehen?“

Ist Ihnen an der Wort­wahl der bei­den Her­ren etwas auf­ge­fal­len?

Um mal Ben­ja­min von Stuck­rad-Bar­re zu zitie­ren:

Das ers­te, was einem ein Psy­cho­the­ra­peut bei­bringt: Sagen Sie nicht „man“, sagen Sie „ich“. Das ers­te, was man als Pro­fi­po­li­ti­ker wahr­schein­lich lernt: öfter mal „man“ sagen, dann kann nichts groß pas­sie­ren.

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Sport

Abseitige Klagen

„Das nicht gege­be­ne Tor war der Knack­punkt des Spiels. Das Spiel wäre ganz anders gelau­fen. Die Deut­schen haben ein gutes Team mit viel Qua­li­tät. Sie haben eine gute Chan­ce, die WM zu gewin­nen.“

Soweit der eng­li­sche Mit­tel­feld­spie­ler James Mil­ner laut „FR Online“.

Trai­ner Fabio Capel­lo äußer­te sich dem­nach wie folgt:

„Es wäre für uns sehr wich­tig gewe­sen, dass zwei­te Tor aner­kannt zu bekom­men. Ich ver­ste­he nicht, war­um wor in unser heu­ti­gen Zeit mit soviel Tech­no­lo­gie immer noch über sol­che Din­ge reden müs­sen. Ich glau­be, dass wir nach dem 1:2 gut gespielt haben. Es hät­te 2:2 ste­hen müs­sen. Was danach pas­siert, war ent­täu­schend auf­grund der Feh­ler. Die Deut­schen haben ihre Kon­ter sehr gut gefah­ren. Deutsch­land ist eine gro­ße Mann­schaft und hat gut gespielt, wir haben Feh­ler gemacht, aber der Schieds­rich­ter hat einen noch grö­ße­ren gemacht. Aber das ist Fuß­ball.“

Wer­fen wir nun einen Blick auf die „Stim­men zum Spiel“ auf der offi­zi­el­len Web­site des Fuß­ball­welt­ver­bands FIFA:

Dort sagt Mil­ner voll­stän­dig:

„Die Deut­schen haben ein gutes Team mit viel Qua­li­tät. Sie haben eine gute Chan­ce, die WM zu gewin­nen.“

Und Capel­lo doziert:

„Wir haben gut gespielt, Deutsch­land ist eine der größ­ten Mann­schaf­ten hier. Wir haben eini­ge Feh­ler gemacht, die haben sie mit Kon­tern aus­ge­nutzt. Die klei­nen Din­ge ent­schei­den immer über die Ergeb­nis­se. Nach dem drit­ten Gegen­tor waren wir etwas nie­der­ge­schla­gen. Der Feh­ler war, nach ein­ge­nem Frei­stoß den Kon­ter zum Tor zu bekom­men.“

Mit kei­nem Wort geht die FIFA auf das nicht gege­be­ne Tor für Eng­land ein und auch zum Spiel Argen­ti­ni­en gegen Mexi­ko gibt es auf fifa.com kei­ner­lei Kri­tik am Schieds­rich­ter, der ein Tor für Argen­ti­ni­en gege­ben hat­te, nach­dem er auf der Sta­di­on­lein­wand gese­hen hat­te, dass es ein­deu­tig Abseits war.

Offen­bar sieht die FIFA noch schlech­ter als die Schieds­rich­ter, die sie bei die­ser WM ein­setzt.

Mit Dank auch an Sebas­ti­an.

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Literatur Digital

Die Arroganz der Jungen, die Ignoranz der Alten

Wir müs­sen dann lei­der noch mal auf „Axolotl Road­kill“ zurück­kom­men, das lite­ra­ri­sche Hype-The­ma der Stun­de. Nicht, dass ich das Buch inzwi­schen gele­sen hät­te, aber: Das von der Lite­ra­tur­kri­tik auf Laut­stär­ke 11 gefei­er­te Werk von Hele­ne Hege­mann (17) weist in etli­chen Pas­sa­gen erstaun­li­che Ähn­lich­keit mit einem ande­ren Buch auf.

Deef Pir­ma­sens hat in sei­nem Blog Die Gefühls­kon­ser­ve eine Gegen­über­stel­lung von Text­stel­len aus „Axolotl Road­kill“ und aus dem Buch „Stro­bo“ des Ber­li­ner Blog­gers Airen ver­öf­fent­licht, das im ver­gan­ge­nen Jahr erschie­nen war. Um es vor­sich­tig aus­zu­drü­cken: Da kommt schon Eini­ges an Auf­fäl­lig- und Ähn­lich­kei­ten zusam­men.

Als gelern­ter Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler ste­he ich die­sen Ent­hül­lun­gen etwas schul­ter­zu­ckend gegen­über: Mon­ta­gen und Inter­tex­tua­li­tät gibt es seit kurz nach Erfin­dung der Schrift­spra­che – Georg Büch­ners Novel­le „Lenz“ ist knapp zur Hälf­te aus Auf­zeich­nun­gen des Pfar­rers Johann Fried­rich Ober­lin über­nom­men, Johann Wolf­gang von Goe­the hat sich mehr als ein­mal mas­siv von ande­ren Tex­ten inspi­rie­ren las­sen. Auf den Platz in der Lite­ra­tur­ge­schich­te hat­te das für die bei­den Her­ren kei­ne Aus­wir­kun­gen, aber über den ent­schei­det nahe­lie­gen­der­wei­se die Nach­welt und nicht der Zeit­ge­nos­se. Über­haupt gilt ja, was Oscar Wil­de zuge­schrie­ben wird, der gemei­ne Pop-Kon­su­ment (also ich) aber erst seit Toco­tro­nic weiß: „Talent bor­rows, geni­us ste­als“.

Als jemand, der mit dem Schrei­ben von Tex­ten sei­nen Lebens­un­ter­halt zu erwirt­schaf­ten ver­sucht, sehe ich es natur­ge­mäß kri­ti­scher, wenn jemand (mut­maß­lich) gutes Geld mit Inhal­ten ver­dient, die zumin­dest zu einem nicht ganz uner­heb­li­chen Teil aus dem Werk eines Ande­ren stam­men.

Die Gren­zen zwi­schen Zitat und Dieb­stahl geis­ti­gen Eigen­tums sind flie­ßend – der Unter­schied zwi­schen den Groß-Zitie­rern Quen­tin Taran­ti­no und Die­ter Wedel besteht letzt­lich auch nur dar­in, dass Taran­ti­nos Fil­me cool sind und Wedels spie­ßig. Und dass die Über­nah­me bestimm­ter Wor­te oder gan­zer Text­pas­sa­gen noch mal ein biss­chen was ande­res ist als das zufäl­li­ge Wie­der-Erstel­len einer bereits kom­po­nier­ten Melo­die (man erin­ne­re sich nur an die rund tau­send Songs, von denen Cold­play ihr „Viva La Vida“ samt und son­ders abge­pinnt haben sol­len), lässt sich einer­seits mit den unter­schied­li­chen Mate­ri­al­la­gen (zehn­tau­sen­de Wör­ter vs. zwölf Töne) erklä­ren, ist aber ande­rer­seits auch nur Geschmacks- und Defi­ni­ti­ons­sa­che.

Man könn­te also Hele­ne Hege­mann und Die­ter Wedel zu Peter Slo­ter­di­jk und Rüdi­ger Safran­ski ins „Phi­lo­so­phi­sche Quar­tett“ set­zen und eine Stun­de lang über Blues-Moti­ve und Bas­tard­pop, Wil­liams Shake­speare und Hei­ner Mül­ler dis­ku­tie­ren las­sen und hät­te am Ende viel­leicht ein biss­chen Erkennt­nis­ge­winn oder wenigs­tens was zum drü­ber auf­re­gen. Man wür­de sich womög­lich dar­auf eini­gen, dass Zita­te, Remi­xe und Mas­hups Teil unse­rer (Pop-)Kultur sind, es aber nur höf­lich wäre, wenigs­tens sei­ne Quel­len zu benen­nen und nicht Ander­erleuts Gedan­ken als eige­ne aus­zu­ge­ben.

Aber das sind phi­lo­so­phi­sche und kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Gedan­ken all­ge­mei­ner Art. Der „Fall Hege­mann“ dage­gen ist lei­der der Super-GAU der öffent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung, weil er sich genau an der (lei­der immer noch von vie­len Men­schen auf bei­den Sei­ten ima­gi­nier­ten) Ver­wer­fung zwi­schen ana­lo­ger und digi­ta­ler Welt ereig­net hat: Da hat also so eine Ber­li­ner Künst­ler­toch­ter abge­schrie­ben – und zwar bei einem Blog­ger! Hur­ra, der Klas­sen­kampf beginnt erneut, auf die Bar­ri­ka­den!

Jetzt krie­gen die Lite­ra­tur­kri­ti­ker, denen man sicher vie­les vor­wer­fen kann, ernst­haft um die Ohren gehau­en, sie hät­ten ja mal Goo­geln kön­nen.

Goo­geln. Einen Roman! Dabei erzählt Deef Pir­ma­sens, dem die gan­zen text­li­chen Par­al­le­len als Ers­tem auf­ge­fal­len waren, im Inter­view mit sueddeutsche.de, dass ihm bei der Lek­tü­re von „Axolotl Road­kill“ bestimm­te Wor­te bekannt vor­ge­kom­men sei­en – weil er „Stro­bo“ gele­sen hat­te. Beim Erken­nen von unge­nann­ten Quer­ver­wei­sen hilft es also offen­bar immer noch, das Ori­gi­nal zu ken­nen. Dass lan­ge Zeit nie­man­dem auf­ge­fal­len ist, dass eine ande­re Text­stel­le aus dem Song „Fuck U“ von Archi­ve über­nom­men wur­de, spricht dann eben lei­der nicht für die Popu­la­ri­tät der Band.

Der Kampf der Wel­ten endet in Sät­zen wie die­sen:

In Wirk­lich­keit scheint sich als Abwehr­hal­tung des Feuil­le­tons her­aus­zu­kris­tal­li­sie­ren: Es ist nicht so schlimm, von einem weit­ge­hend unbe­kann­ten Medi­um aus dem Web geklaut zu haben – Hege­mann kann zur Not noch als Tran­skri­bis­tin vom Inter­net ins Buch gefei­ert wer­den.

Es ist jener pas­siv-aggres­si­ve Ton, gepaart mit dem Hin­weis, dass das Inter­net immer noch etwas ande­res sein soll als der Rest der Welt, der den genau­so ver­bohr­ten Men­schen im Kul­tur­be­trieb dann wie­der als Vor­la­ge dient, wenn es dar­um geht, über die Mecke­rei­en und das merk­wür­di­ge Selbst­be­wusst­sein (bzw. offen­sicht­lich des­sen Feh­len) der Blog­ger zu läs­tern. Ich fra­ge mich, ob die Geschich­te in der deutsch­spra­chi­gen Netz­welt genau­so hohe Wel­len geschla­gen hät­te, wenn der „beraub­te“ Autor nicht gleich­zei­tig Blog­ger wäre, und lie­fe­re mir die Ant­wort gleich selbst: „Ver­mut­lich nicht“. Statt sich also auf den kon­kre­ten Vor­gang zu kon­zen­trie­ren, wird mal wie­der das übel rie­chen­de Fass „wir Blog­ger gegen die Nichts­bli­cker bei den Tot­holz­me­di­en“ auf­ge­macht und es grenzt an ein Wun­der, dass sich die „#fail„s bei Twit­ter bis­her in Gren­zen hal­ten.

Der Ver­le­ger von „Stro­bo“ klingt da im Gespräch mit Spree­blick wesent­lich ent­spann­ter. Der glei­che Ver­le­ger übri­gens, der mun­ter erzählt, wann Vater Hege­mann das Buch für sei­ne Toch­ter gekauft hat:

Wäh­rend Hege­mann sagt, dass sie das Buch nicht ken­ne, kann der Ver­lag SuKuL­Tur einen Beleg vor­wei­sen, aus dem her­vor­geht, dass Carl Hege­mann den Roman Airens am 28. August 2009 über Ama­zon Mar­ket­place bestellt und an sei­ne Toch­ter Hele­ne hat lie­fern las­sen.

[via otterstedt.de]

Wenn’s um die gute eige­ne Sache geht, ist das mit dem Daten­schutz – sonst die Domä­ne der Netz­ge­mein­de – offen­bar auch nicht mehr ganz so wich­tig.

Die Über­schrift die­ses Ein­trags, übri­gens, die stammt von Vir­gi­nia Jetzt!

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Rundfunk Gesellschaft

Staatsakt

Wenn Sie der Mei­nung sind, die Ver­an­stal­tung zum 20. Jah­res­tag des Mau­er­falls heu­te Abend im ZDF sei irgend­wie wür­de­los, albern oder kla­mot­tig gewe­sen, dann haben Sie ganz sicher den Fest­akt zur Wie­der­eröff­nung des Bran­den­bur­ger Tors am 3. Okto­ber 2002 ver­ges­sen ver­drängt.

Aber da kann ich Ihnen viel­leicht kurz mit einem zeit­ge­nös­si­schen Zitat von Mar­tin Hoefs aus de.rec.tv.misc wie­der auf die Sprün­ge hel­fen:

Wenn mir jemand vor­her gesagt hät­te: „Zur Fei­er der 12jährigen Ein­heit wird ein ält­li­cher Mode­schöp­fer an einem Heli­um­bal­lon übers Bran­den­bur­ger Tor flie­gen, der­weil eine dick­li­che Opern­sän­ge­rin auf einem Hub­stap­ler vor einem Schild „Kan­dier­te Früch­te“ Film­me­lo­dien von Peter Tho­mas zum bes­ten gibt. Anschlie­ßend öff­net der flie­gen­de Mann vor dem 42ten Prä­si­den­ten der USA und ande­rer Pro­mi­nenz sei­nen (Werbe-)Reißverschluss. Nena singt als Gute-Nacht-Lied eine Cover­ver­si­on von ’99 Luft­bal­lons‘ in hal­ber Geschwin­dig­keit.“ …ich hät­te es nicht geglaubt.
[For­ma­tie­rung ange­passt]

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Mit Dir sind wir vier

Gar nicht mal so sel­ten (im Sin­ne von: „Wenn ich über­haupt mal etwas gefragt wer­de, dann …“) wer­de ich gefragt, wie man eigent­lich so ein „Medi­en­blog­ger“ wird.

Das ist eigent­lich ganz ein­fach: Eine Zeit lang muss man sehr auf­merk­sam durch die Welt gehen und allen Quatsch auf­schrei­ben, der einem in die Fin­ger kommt. Dann hat man irgend­wann sei­ne Leser, sei­nen Freun­des­kreis und sei­ne Fami­lie der­art für die klei­nen und gro­ßen Feh­ler der Medi­en sen­si­bi­li­siert, dass man mit Ein­sen­dun­gen über­häuft wird und sie nur noch auf­schrei­ben muss.

Ein­ge­sandt von mei­ner Mut­ter:

Ein anderer Trompeter begeisterte ebenfalls: Julian Wasserfuhr, der im Quartett mit seinem Bruder Roman am Piano auch Stücke aus dem gerade erschienenen, fantastischen gemeinsamen Album "Upgraded In Gothenburg" spielte. Die beiden noch jungen Musiker haben die Jazztradition begriffen und überführten sie behutsam in ihre eigene Musik, meist mit wundervollem Understatement.
(Neue Rhein/​Ruhr Zei­tung vom 22. Sep­tem­ber 2009)

Das erin­nert natür­lich fatal an die von Fritz Wal­ter d.J. über­lie­fer­te Sen­tenz:

Der Jür­gen Klins­mann und ich sind schon ein tol­les Trio, …äh Quar­tett.

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Digital Politik

Internet Gaga

Wer sich zag­haft der ganz eige­nen Welt von Poli­ti­kern annä­hern will, soll­te fol­gen­de Wor­te ein paar Mal im Kopf hin- und her­schie­ben:

Ich hal­te es für falsch und nicht mach­bar, im Inter­net unlieb­sa­me Inhal­te durch Sper­ren oder das Kap­pen von Ver­bin­dun­gen zu unter­drü­cken.

Das hat nicht etwa irgend­ein Kri­ti­ker der vor einer Woche beschlos­se­nen Inter­net­sper­ren gegen Kin­der­por­no­gra­phie gesagt, son­dern Dr. Mar­ti­na Krog­mann, Ver­hand­lungs­füh­re­rin der CDU/​CSU bei genau die­sem Gesetz.

Aller­dings jetzt und zu einem etwas ande­ren The­ma.

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Politik

Der neue Hitler

Vor ein paar Wochen hat­te ich geschrie­ben, Kin­der­por­no­gra­phie habe Ter­ro­ris­mus als … äh: Tot­schlag­ar­gu­ment bei der Ein­schrän­kung von Rech­ten abge­löst.

Kin­der­por­no­gra­phie ist aber nicht nur der neue Osa­ma, sie ist auch der neue Hit­ler.

Den Ein­druck könn­te man zumin­dest bekom­men, wenn man sich anhört, welch beein­dru­cken­de Ver­gleichs­ket­te Bay­erns Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann ges­tern aus dem Hut zau­ber­te:

Kil­ler­spie­le wider­spre­chen dem Wer­te­kon­sens unse­rer auf einem fried­li­chen Mit­ein­an­der beru­hen­den Gesell­schaft und gehö­ren geäch­tet. In ihren schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen ste­hen sie auf einer Stu­fe mit Dro­gen und Kin­der­por­no­gra­fie, deren Ver­bot zurecht nie­mand infra­ge stellt.

[Zitiert nach golem.de]

Mir fällt lei­der beim bes­ten Wil­len nichts ein, womit ich die­sen Unfug ver­glei­chen könn­te.

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Musik

Die Kilians-Festspiele 2009 sind eröffnet

Kilians beim Haldern Pop 2008.

Das groß­ar­tigs­te Urteil, das ich je über die Kili­ans gehört oder gele­sen habe, ist die­ses hier:

Das ist die lang­wei­ligs­te auf­ge­setz­te Lan­ge­wei­le die ich seit lan­gem gese­hen UND gehört habe.

Immer­hin passt das Video in sei­ner auf­ge­styl­ten rough­ness, die die ange­schraub­te Weh­mut die­ser jam­mer­lap­pi­gen Luschen unter­streicht zur Seie­rig­keit des Songs.
Trotz­dem: Why?
Nie­mand wird gezwun­gen, Musik zu machen und es gibt vie­le Wege, die schmerz­haf­te Abwe­sen­heit von Per­sön­lich­keit, Cha­ris­ma und Talent zu kom­pen­sie­ren.
Macht doch was mit Holz oder im sozia­len Bereich oder betrinkt euch. Habt Sex, bloggt, wech­selt mal den Stadt­be­zirk oder den Arzt oder, der Song­ti­tel legt es nah: geht nach Hau­se!

Die­se Wor­te ent­stam­men einem Kom­men­tar von Tan­ja Haeus­ler bei Spree­blick und obwohl ich mich ihr natür­lich nicht anschlie­ßen kann, fin­de ich die­sen klei­nen Aus­bruch sehr sym­pa­thisch. Allein schon, weil Tan­ja die Band offen­bar ein­fach so doof fand und sie nicht den Umweg über Dins­la­ken, Thees Uhl­mann oder die Strokes gehen muss­te.

Ich kann mich in kei­ner Wei­se objek­tiv über die Kili­ans äußern: Ich ver­eh­re die Band län­ger, als ich mit ihren Mit­glie­dern befreun­det bin, ich war schon mal mit auf Tour und ich habe dar­über­hin­aus auch noch die Band­in­fo zum neu­en Album geschrie­ben. (Es ist übri­gens eine sehr inter­es­san­te Erfah­rung, eige­ne For­mu­lie­run­gen plötz­lich in den Mel­dun­gen irgend­wel­cher Musik­ma­ga­zi­ne zu lesen.)

Ges­tern Vor­mit­tag habe ich die neue Sin­gle „Said And Done“ zum ers­ten Mal im Radio gehört (natür­lich auf CT das radio), ges­tern Nach­mit­tag war dann Video­pre­mie­re (sowas fin­det mitt­ler­wei­le im Inter­net statt) und jetzt ist das Video auch schon offi­zi­ell bei You­Tube online:

Ja, das ist durch­aus pop­pi­ger gewor­den. Klingt wie die klei­ne, nied­li­che Schwes­ter von „When Will I Ever Get Home“. Mich erin­nert der Song auch ein wenig an die Shout Out Louds, Star­sail­or und Fee­der. Auch das Video ist noch eine Spur opu­len­ter aus­ge­fal­len als die bis­he­ri­gen – Occi­dent-Bas­sist Ben­ja­min Klimc­zak fühl­te sich glatt an den Clip zu „Novem­ber Rain“ erin­nert, was mich aller­dings ein biss­chen rat­los zurück­lässt.

Ver­su­chen wir es trotz­dem für einen Moment mit der Objek­ti­vi­tät: Ja, das ist ein tol­ler Song, der auch bei jeder ande­ren Band toll gewe­sen wäre. Und nach allem, was ich bis­her vom neu­en Album gehört habe (natür­lich unter den übli­chen Sicher­heits­vor­keh­run­gen und Straf­an­dro­hun­gen), bin ich mir sicher: da wird auch eini­ges gehen.

Charts? War­um nicht? Am 27. März erscheint die Sin­gle, am 3. April das Album „They Are Cal­ling Your Name“.

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Print Politik

Ich bin nur zugezogen, holt mich hier raus!

Die pein­li­che Absa­ge der Love­pa­ra­de, die die­ses Jahr eigent­lich in Bochum statt­fin­den soll­te, bestimmt in den letz­ten Tagen die Lokal­pres­se:

Nein, von einem Image­scha­den kön­ne kei­ne Rede sein, gab Stadt­rat Paul Aschen­bren­ner (SPD) zu Pro­to­koll. „Weil wir eine ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Ent­schei­dung getrof­fen haben.“

(„Ruhr­nach­rich­ten“)

Gut, dass Bochum kein Image hat, was zu Scha­den kom­men könn­te. Und wen inter­es­sie­ren schon jun­ge Men­schen, die Krach hören und Rausch­gift kon­su­mie­ren?

Die SPD jeden­falls nicht:

So hat­te etwa der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me, der schon Wolf­gang Cle­ment poli­tisch weit­ge­hend über die Klin­ge sprin­gen ließ, einen Antrag für den Rat vor­be­rei­tet, wegen dro­hen­der Ver­mül­lung der Anlie­ger­stra­ßen vom Raver-Tanz­ver­gnü­gen ganz abzu­las­sen.

In dem Antrag vom 31. Juli 2008 heißt es wört­lich: „Der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me sieht in der Aus­rich­tung der Love­pa­ra­de 2009 in Bochum kei­nen kul­tu­rel­len bzw. nach­hal­ti­gen Bei­trag zur Ver­bes­se­rung des Images des Ruhr­ge­bie­tes bzw. für das Kul­tur­haupt­stadt­jahr 2010. Die im Rah­men der Orga­ni­sa­ti­on ent­ste­hen­den Kos­ten und Nach­fol­ge­schä­den ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zum Nut­zen die­ser Ver­an­stal­tung und sind öffent­lich nicht ver­tret­bar.” Bochum sol­le des­halb die Ver­an­stal­tung zurück­ge­ben.

(„WAZ“)

Aber die sehr end­li­che Kom­pe­tenz der SPD mani­fes­tiert sich bis ins kleins­te Detail:

Im Som­mer 2008 ver­ab­schie­de­te der Orts­ver­ein den Antrag an den Rat, die Love­pa­ra­de in Bochum abzu­bla­sen, wegen Gefahr der Ver­mül­lung und ande­rer Schä­den. Zwar wur­de der Antrag nie abge­schickt, doch in den SPD-Gre­mi­en wie Rats­frak­ti­on und Unter­be­zirks­par­tei­tag sicker­te die Ableh­nung gleich­wohl durch.

(Noch mal die „WAZ“)

Ent­spre­chend gut lässt sich die­ser Eier­tanz kom­men­tie­ren:

Wie eine Nach­ge­burt kom­men nun Ein­schät­zun­gen zu Tage, die dar­auf hin­wei­sen, dass die Macher der Bochu­mer Poli­tik mit der Love­pa­ra­de wenig am Hut hat­ten. Statt­des­sen ging die Sor­ge um, das The­ma spal­te und kön­ne im Super­wahl­jahr 2009 Wäh­ler­stim­men kos­ten.

Das aller­dings ist nicht von der Hand zu wei­sen. Zu auf­fäl­lig, wie ein­drucks­voll und wort­mäch­tig sich Bochu­mer Poli­ti­ker über Kon­zert­haus­bau, Cross-Bor­der-Deal und Gott und die Welt ver­brei­tet haben, das The­ma Love­pa­ra­de aber fast gänz­lich mie­den. […]

Und dann die Kos­ten: 130 000 Euro allein durch den Ein­satz der Feu­er­wehr und Ret­tungs­diens­te. Ganz zu schwei­gen von hun­der-ten Extrabus­sen. Und der befürch­te­ten Ver­mül­lung. Das wirkt doch sehr wie ein run­des bestell­tes Gut­ach­ten. Von Leu­ten, die nicht wirk­lich wol­len.

(Kom­men­tar in der „WAZ“)

Ins­ge­heim dürf­ten spä­tes­tens seit dem Erfolg der Love­pa­ra­de in Essen klar gewe­sen sein: Bochum ist dem nicht gewach­sen. Da das nie­mand sagen will, fehl­te nur ein Grund für die Absa­ge.

Zum Glück gibt es die Gleis­bau­ar­bei­ten der Bahn.

(Kom­men­tar in den „Ruhr Nach­rich­ten“)

Der publi­zis­ti­sche Todes­stoß kam aller­dings aus der alten Hei­mat der Love­pa­ra­de. Ein Pro­vinz­por­trät in zwei­ein­halb Sät­zen:

Her­bert Grö­ne­mey­er hat Bochum groß gemacht, aber nicht groß genug. Die Love­pa­ra­de – Älte­re wer­den sich erin­nern – kann dort in die­sem Jahr man­gels Kapa­zi­tät nicht statt­fin­den: Bahn­hof zu klein, Miet­toi­let­ten aus­ge­bucht, zu wenig Papier­kör­be, so etwa.

(„Der Tages­spie­gel“)

Der SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Bochu­mer Stadt­rat wird von der „WAZ“ übri­gens wie folgt zitiert:

Es wur­de der Ein­druck erweckt, als wären nur Dep­pen am Werk.

Wie jetzt? „Ein­druck“? „als“?

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Verunglückte Vergleiche (317)

Nun wucher­ten Anfein­dun­gen und Intri­gen wie Fuß­pilz auf alten Bulet­ten.

Der Arti­kel von Lydia Har­der auf Sei­te 4 wirft heu­te unbe­ab­sich­tigt die Fra­ge auf, wie es eigent­lich in der Kan­ti­ne der „Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Sonn­tags­zei­tung“ (online nur kos­ten­pflich­tig ver­füg­bar) aus­sieht.

[Ein­ge­sandt von Mut­ti.]