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Literatur

Die Feuerwehr Bochum stoppt Robert Frost im Weitmarer Holz

Wenn es geschneit hat, sollte man besser nicht in den Wald gehen — das gilt auch für gefeierte Dichter:

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Gesellschaft

Bist Du noch wach? — 5. Was bringt Dich zum Lachen?

In der fünften Folge „Bist Du noch wach?“ sprechen Sue und Lukas über Tannenbäume, Tiervideos und lebenswerte Städte.

Lukas verrät exklusiv den lustigsten Witz der Welt und die Schönheit des Ruhrgebiets — außerdem lachen wir sehr viel und es geht sehr viel um Nudeln.

Wenn Ihr uns schreiben wollt (zum Beispiel, weil Ihr eigene Fragen habt), könnt Ihr das unter bistdunochwach@coffeeandtv.de tun!

Shownotes:

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Leben

Another Decade Under The Influence: 2016

Dieser Eintrag ist Teil 7 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2016. Silvesterfeuerwerk gucken auf dem Dach der Dortmunder Oper. Mal wieder renovieren und Fußboden verlegen. Plötzlich wieder alleine frühstücken tut weh, aber das Kind wohnt ja die Hälfte der Zeit hier. In meinem Wikipedia-Eintrag steht kurzzeitig, dass ich eine IKEA-Küche erfolgreich aufgebaut habe (keine Ahnung, warum das wieder gelöscht wurde). Ich schreibe tausend ungenutzte Gags für die Panellisten beim „Comedy Clip Club“ und werde zum Maxi-Gstettenbauer-Fan. Benjamin von Stuckrad-Barre is back — da kann man doch mal entspannt auf drei Lesungen gehen! It’s a long way to happiness / A long way to go / But I’m gonna get there, boy / The only way I know. Dating & Crushes. ESC in Stockholm: Ganz viel Lakritzschokolade, wir sehen Björn von ABBA und Justin Timberlake live! So viele Ausflüge zum Hauptbahnhof und zum Kemnader See. We got the wind in our sail / Like Darwin on the Beagle / Or Mendel experimenting with a pea. Ich lackiere Möbel neu, die seit Jahrzehnten im Familienbesitz sind. Ich fahre zum ersten Mal Wasserski: Macht voll Bock, ich habe aber ein Jahr lang Muskelkater. Post von der Königin für meine Omi. Den halben Sommer im Planschbecken verbracht. There’s just something about the light / That lets all of us think that their problems aren’t our problems. Mein kleiner Bruder heiratet. Das Kind kommt in den Kindergarten. Mit meiner ganzen Familie nach Holland. Der Idiot wird tatsächlich zum US-Präsidenten gewählt. When I wake in the morning / I’ve forgotten what it is to cope. Einmal Elbphilharmonie gucken, in Bochum eröffnet das Musikforum. Kekse backen und verzieren. Ich drehe „Rückwärts“, meine erste ganz eigene Sendereihe für den MDR (na gut: fürs Internet). Die Weihnachtszeit beginnt am 23. Dezember um 17.32 Uhr.

Ein Jahr, um erstmal wieder auf die Beine zu kommen. Das Leben ist ein bisschen so wie früher, aber trotzdem ganz anders. Es sterben gefühlt alle Prominenten, aber irgendwie haben wir überlebt. Ich hab eine schöne neue Wohnung mit Garten, in der wir es uns gemütlich machen.

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Musik Leben Gesellschaft

Another Decade Under The Influence: 2010

Dieser Eintrag ist Teil 1 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

Heute in zehn Wochen ist Silvester — und mit dem Jahr endet auch das Jahrzehnt. Vor zehn Jahren habe ich das zum Anlass genommen, hier im Blog eine zehnteilige Serie zu veröffentlichen, in der ich sehr, sehr länglich auf jedes einzelne Jahr, seine popkulturellen und persönlichen Momente zurückgeblickt habe. Ich hab nicht mehr so viel Zeit und Nerven, 10.000 Zeichen zu verballern, Ihr nicht mehr die Zeit und Aufmerksamkeitsspanne, das zu konsumieren — also gibt’s für jedes Jahr ein Foto und ein paar Stichworte. Say hello to #anotherdecadeundertheinfluence!

2010. Meine erste Wohnung, ganz für mich allein. Eine unglaublich aufwendige Renovierung (mein Papa hat mal eben neuen Estrich gegossen, bevor wir den Fußboden verlegt haben) und das Gefühl, endlich wieder ein Zuhause zu haben. So viele neue Freund*innen, so viele gute Gespräche, so viele Abende (und Nächte) im Freibeuter (wo ich nur in diesem Jahr, grob überschlagen, einen vierstelligen Betrag zurückgelassen, aber immerhin mehrere Musikquizze gewonnen habe). Zwei Winter wie auf Hoth und ein constructive summer. Ein legendäres Haldern-Festival, eine kaum minder legendäre Geburtstagsfeier, bei der die Leute auf den Tischen getanzt haben, bevor sie umfielen. (Die Tische. Und die Leute. Natürlich alles im Freibeuter.) Ein Kulturhauptstadtjahr mit gesperrter A40 und Loveparade-Katastrophe. Knutschen und Rauchen. Meine ersten Einsätze als DJ (die Leute ham getanzt, die Leute ham geschrien). Dienstreisen nach Oslo (mit Stefan Niggemeier und Lena Meyer-Landrut), London (mit meinem Onkel Thomas) und Rom. Mein neuer Job als BILDblog-Chefredakteur mit Auftritten im Fernsehen und Radio. Ein Jahr mit durchgetretenem Gaspedal (und das, obwohl ich, hahaha, vermutlich nicht mehr als 300 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt habe) und exquisitem Soundtrack. And my head told my heart / Let love grow / But my heart told my head / This time no / This time no. You’re a beautiful girl and you’re a pretty good waitress / But Jesse I don’t think I’m the guy. Hallo, ich bin Lukas, 27, ich komme aus Bochum und das ist mein sogenanntes Leben. Ein Jahr, in dem selbst die leisen Momente laut waren. Da ist es gut, wenn man einen Platz hat, an den man sich zurückziehen kann (zum Schlafen und zum Arbeiten, denn was hab ich da wohl sonst noch gemacht?), und an dem einen keine Mitbewohner stören. Endlich wieder ein Zuhause, endlich angekommen und sofort aufgebrochen ins Leben.

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Diese Serie läuft parallel hier im Blog und auf Instagram.

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Leben

Wochenendspaß mit der WAZ (1)

Am Morgen (oder, genauer: Vormittag) nach der “1Live Krone” durchweht den Bochumer Hauptbahnhof immer ein entfernter Hauch von Jetset und Glamour: Musikindustriemitarbeiter, leicht zu erkennen an der Kombination “Jogginganzug/Louis-Vuitton-Weekender” und der Baseballkappe auf dem Kopf, warten auf ihre Züge, die sie zurück nach Hamburg, Berlin oder … äh, ja: nach Hamburg oder Berlin bringen.

Ich habe gestern kurz den Schluss der Veranstaltung im WDR Fernsehen gesehen und bekam das wohlige Gefühl, es mir gerade exakt in dem Lebensabschnitt bequem machen zu können, wo ich 90% der dort vertretenen Leute nicht mehr bzw. noch nicht kennen muss.

Das bringt aber auch gewisse Schwierigkeiten mit sich, wenn man sich über Verlauf und Ausgang der Veranstaltung bei WAZ.de (ehemals Der Westen) informieren will.

Oder können Sie mir sagen, wie viele Personen die folgende Aufzählung umfasst?

Mark Foster, Silbermond, die Katze, Daniela Katzenberger mit ihrem Mann, Felix Jaehn, die Rapper von Bonez MC & Raf Camora.

Meine Lieblingsstelle in dem Artikel, die bei mir wildestes Kopfkino ausgelöst hat, ist aber diese hier:

Nach dem Ende der Veranstaltung aber hat [Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD)] dann ein anderes Problem. Er müsste dringend auf die Toilette, die Halle füllt sich nur langsam.

Und wo wir einmal auf der “Bochum”-Seite von WAZ.de sind, möchte ich Ihnen noch zwei weitere aktuelle Highlights mit an die Hand geben: Diese Bildergalerie, die beweist, dass man im Ruhrgebiet wirklich zu feiern weiß (und zwar alles), und diesen Blaulichtmeldung über einen Mann, der mit 2,8 Promille im Blut einen Notarztwagen in Wattenscheid mit Butter beworfen hatte, weil ihn dessen Martinshorn störte.

So weit, so normal. Spektakulär wird die Meldung durch diesen Satz:

Spontan entriss der 46-Jährige seiner ebenfalls betrunkenen Begleiterin zwei Päckchen Butter, wie die Polizei berichtete.

Laut Pressemitteilung der Polizei Bochum waren es übrigens sogar “zwei zuvor gekaufte Pakete Butter und ein Kunststoffteil, das aus einer Baustellenabsperrung stammte”.

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Musik Gesellschaft Kultur

Re: Elbphilharmonie

Ich war Anfang dieser Woche beruflich in Hamburg und habe mir ein paar Stunden Zeit genommen, um ganz doof touristisch an den Landungsbrücken auszusteigen und zu Fuß bis zum Hauptbahnhof zurück zu latschen. Es war trocken (ich habe in Berlin übrigens bedeutend mehr Regen und schlechtes Wetter erlebt als in Hamburg) und schön und ich war schon nach wenigen Metern wieder schwer verliebt in diese Stadt.

Ich mag Wasser ungeheuer gerne (zu meinen Lieblingsorten in Bochum gehört deshalb auch vor allem der Kemnader See, das einzige halbwegs ernstzunehmende Wasser im Stadtgebiet) und man kann die Landungsbrücken ja völlig zurecht als gruseligen Touristennepp mit homöopathischen Anteilen von Seefahrerromantik, also mithin als deutschen Pier 39, abtun und man kann die ganzen Aufhübschungen und Leuchtturmprojekte und die ganze Gentrifizierung kritisieren, aber das hat mich in dem Moment nicht interessiert: Ich konnte die Freiheit der großen, weiten Welt einatmen.

Ich bin dann weitergegangen Richtung Speicherstadt, wo ich feststellte, dass die Elbphilharmonie nicht nur fertig ist (kurz nach dem Bochumer Musikzentrum, aber immerhin), sondern man da bereits zum Gucken reinkann — und zwar sofort und kostenlos.

Elbphilharmonie Hamburg (Foto: Lukas Heinser)

Es folgen meine Gedanken in Echtzeit:

“Urgs, die Elbphilharmonie! Völlig überteuerter Protzbau für die hanseatische Elite. Brauch ich nicht! Das Musikzentrum ist eh viel cooler und überhaupt, blablabla, Hafenstraße, Punk, pubertäres Ichwilldanichtrein!”
“… sagt der Vollidiot, der in New York war und weder aufs Empire State Building, noch aufs Rockefeller Center wollte, weil die Schlangen zu lang waren oder das umgerechnet zwei CDs gekostet hätte und zehn Jahre später kannst Du immer noch allen erzählen, dass Du in New York warst, aber es nur aus Straßenhöhe gesehen hast!”
“Okay, ich geh da jetzt rein! Dann kann ich’s ja auch viel besser begründet doof finden!”

Was soll ich sagen: Ich hab’s versucht, aber das, was ich gesehen habe, ist wirklich, wirklich beeindruckend. Jedes einzelne Detail ist völlig unnötig kompliziert (Eine Rolltreppe, deren Steigungsgrad zwischendurch variiert! Riesige, geschwungene Glasscheiben, die in einem Drehtürmechanismus an einer unebenen Decke verankert sind!), es ist wie Math Rock mit Texten von Adalbert Stifter. Fuck yeah, Herzog & de Meuron!

Elbphilharmonie Hamburg (Foto: Lukas Heinser)

Alles, wirklich alles, ist eine knallige Antwort auf die Fragen der Leserbriefschreiber, der “Mario Barth deckt auf”-Zuschauer und des Bundes der Steuerzahler, ob “wir” “das” “jetzt” “wirklich” “brauchen”: “Nein, brauchen wir nicht. Wir brauchten auch keinen Kölner Dom, keine Alte Oper, kein Brandenburger Tor und kein Neuschwanstein. Und jetzt lasst mich endlich mit Eurem kleingeistigen Vorgartendenken in Frieden! Ich bin ein Baudenkmal für die Ewigkeit!”

Wenn man auf den Kaispeicher A einen riesigen, von Jeff Koons gestalteten Mittelfinger montiert hätte, wäre die Botschaft vergleichbar gewesen, aber die Akustik und der praktische Nutzen deutlich geringer. Die Ästhetik sowieso.

Da stand ich jetzt in 37 Metern Höhe auf der “Plaza” (Gut, an dem Namen hätte man noch arbeiten können, damit er weiniger nach Food Court im Einkaufszentrum klingt!), genoss die phantastische Aussicht und die gute Stimmung unter den Leuten, die, so nahm ich einfach mal an, je zur Hälfte Touristen und Einheimische waren. “Es ist einfach die schönste Stadt der Welt”, sagte ein Mann leicht seufzend zu seiner Begleiterin und für eine Sekunde hatte ich San Francisco, Wien, Amsterdam und Stockholm vergessen und dachte: “Jau!”

Elbphilharmonie Hamburg (Foto: Lukas Heinser)

Im Oktober war ich bei der Eröffnung des Anneliese Brost Musikforum Ruhr in Bochum (das übrigens auch ganz toll geworden ist, aber auf einem völlig anderen Level) und es war eine sehr ähnliche Atmosphäre: Wenn so ein Bauwerk erstmal fertig ist, interessieren die Kosten (egal, ob jetzt 15 oder … äh: 866?!?! Okay: 866 Millionen Euro. Hui!) nur noch die Untersuchungsausschüsse, die Haushaltsprüfer und die Journalisten. Die Menschen freuen sich über das neue Wahrzeichen, über die Kultur und – im Fall von Bochum sicherlich stärker als im Fall von Hamburg – über die überregionale Aufmerksamkeit und selbst die meisten Oppositionspolitiker und Kritiker sind, wenn’s erst mal toll geworden ist, immer schon dafür gewesen.

Dieser Text erschien ursprünglich in meinem Newsletter “Post vom Einheinser”, für den man sich hier anmelden kann.

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Leben Film

Cinema And Beer: “Junges Licht”

Ein Sommer im Ruhrgebiet: In den 1960er Jahren eine heiße, mehrwöchige Phase, in der Heranwachsende nicht wussten, wie sie die Zeit totschlagen sollten und was mit ihnen und um sie herum passiert; im Jahr 2016 ein einzelner schöner Abend vor einer Kneipe im Bochumer Ehrenfeld.

Letzteres reicht aber aus, um ersteres zu besprechen, und so widmen sich Tom Thelen und Lukas Heinser in ihrer beliebten Podcastreihe dem Film “Junges Licht” von Adolf Winkelmann und auch dem Ruhrgebiet an sich. Begleitet natürlich von einem kühlen Getränk aus Bochum (und aus Liebe).

Junges Licht (Offizielles Filmplakat)

Cinema And Beer: “Junges Licht”
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Gesellschaft Politik

Lucky & Fred: Episode 9

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Am Anschlag auf Charlie Hebdo und die Pressefreiheit führt auch bei uns kein Weg dran vorbei: Wir diskutieren, was Satire darf, und fragen uns, wie man Salafist wird, während Lucky überraschend sein Mitgefühl für Karnevalisten entdeckt.
Über einen Umweg nach Wien gelangen wir nach Griechenland und zur Geldmaschine Olympische Spiele.
Fred hält einen Nachruf auf Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Lucky freut sich auf die Oberbürgermeisterwahl in Bochum.

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Film

Cinema And Beer: “Finsterworld”

Nach knapp vier Monaten Pause ist endlich mal wieder Podcastzeit: Tom Thelen und Lukas Heinser haben sich “Finsterworld” von Frauke Finsterwalder (Drehbuch: Christian Kracht) angesehen und meditieren ein wenig über diese Meditation.

Ihr Fazit: “Da können sich viele Leute anschließend die Birnen heiß reden, wenn sie wollen.”

Finsterworld (Offizielles Filmplakat)

Cinema And Beer: “Finsterworld”
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Musik Gesellschaft

Bochum, ein bisschen

Die Veranstalter des Bochumer Volksfests “Bochum Total” haben heute in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, ab dem nächsten Jahr nicht mehr mit der örtlichen Brauerei Moritz Fiege (indirekt bekannt aus unseren “Cinema And Beer”-Podcasts) zusammenzuarbeiten, sondern die Getränke für ihre Großveranstaltung von der Duisburger König-Brauerei zu beziehen. Das war theoretisch schon bekannt, seit vor einigen Wochen ein (inzwischen wieder gelöschtes) Plakat mit “Köpi”-Schriftzug auf der Facebook-Seite von “Bochum Total” aufgetaucht war, aber vielleicht darf man von Lokaljournalisten auch nicht zu viel erwarten.

Jetzt ist die Nachricht jedenfalls offiziell in der Welt und es bahnt sich das an, was sie im Internet einen “Shitstorm” nennen, weswegen ich die Gelegenheit nicht ungenützt verstreichen lassen möchte, für diesen Zweck den/die/das Hashtag “Saufschrei” vorzuschlagen.

Die Empörung ist nachvollziehbar und zielt zugleich weitgehend ins Leere: Die Annahme, ein Volksfest dieser Größenordnung hätte irgendwas mit dem Volk zu tun, wäre naiv. Natürlich geht es bei “Bochum Total”, dem Münchener “Oktoberfest”, dem Hamburger “Hafengeburtstag” und womöglich selbst beim Karneval heutzutage vor allem ums Geld. Zwar würden sie beim Oktoberfest vermutlich eher nicht auf die Idee kommen, das Bier aus dem Umland zu beziehen, aber so viel Tradition hat “Bochum Total” dann auch noch nicht anhäufen können. Selbst wenn alle Lokalpatrioten, die die ausrichtende Agentur “Cooltour” gerade auf Facebook beschimpfen, im kommenden Jahr tatsächlich zuhause blieben, dürfte das bei den vielen hunderttausend Besuchern, die sich alljährlich durch die Bochumer Innenstadt schieben, kaum ins Gewicht fallen. Vielleicht kommen sogar wieder ein paar mehr, um sich das banale Musikprogramm, das oft wie direkt von Plattenfirmen und Medienpartnern zusammengestellt aussieht, die Bratwurstbuden und – dann neuen – Bierstände anzuschauen.

Die Veranstalter beeilten sich, sogleich noch ein Statement der mutmaßlich geschassten Fiege-Brauerei zu veröffentlichen, in dem der Inhaber Hugo Fiege den – für meinen Geschmack etwas zu sehr an gefeuerte Fußballtrainer erinnernden – Satz sagt, es sei “es an der Zeit, neue Perspektiven zu suchen und zu finden”. Das klingt ehrlich gesagt nicht sehr überzeugend, kann aber auch völlig ernst gemeint sein.

Partnerschaften auf diesem Gebiet gehen oft genug mit dem Adjektiv “strategisch” einher. Das darf man nicht mit Tradition verwechseln: Auch beim Haldern Pop Festival wird seit 2012 König Pilsener ausgeschenkt und damit die mehr als 15 Jahre währende “niederrheinische Freundschaft” zwischen dem Festival und der Diebels-Brauerei beendet. Diebels kommt theoretisch aus Issum, gehört aber zum global player Anheuser-Busch InBev und wer weiß, was dessen Controller von “niederrheinischer Freundschaft” verstehen.

Auch die Veranstalter des Haldern Pop zeigten sich ein Stück weit flexibel und erklärten:

Bier ist Heimat. Und so musste es ‘das König der Biere’ aus dem nahen Duisburg-Beek sein.

Eine Kernzielgruppe von “Bochum Total” sind – überspitzt gesagt – Jugendliche, die mit etwas Glück schon legal Bier trinken dürfen und dies vermutlich eher nicht an Bierständen tun — die sind eher für eine andere Kernzielgruppe: die Familien und Vereine, für die die überfüllte Innenstadt ein beliebtes Ausflugsziel ist. Wenn beide jetzt bei Facebook ihrem Ärger Luft machen, zeigen sie damit ein Verständnis für Traditionen, das es andernorts schon nicht mehr gibt. So kann man das sehen.

Man könnte aber auch sagen: Die Leute sind so unflexibel wie jene Leserbriefschreiber, die mit Abo-Kündigung drohen, wenn ihre Tageszeitung nach zehn Jahren mal wieder ein neues Layout bekommen hat. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, heißt es dann, aber er gewöhnt sich auch erstaunlich schnell um.

Fiege schmeckt mir trotzdem bedeutend besser als “Köpi”.

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Digital

Tränen lügen nicht

In Bochum beginnen sie nun nach langem Hin und Her endlich mit dem Bau des Musikzentrums. Nachdem ein (wie üblich viel zu spätes) Bürgerbegehren dagegen vergangene Woche spektakulär gescheitert war, wurden am Montag die ersten Bäume am Bauplatz in der Innenstadt gefällt.

Wenn man dem “Westen” glauben darf, war es eine extrem feucht-traurige Veranstaltung:

Bochum. Tränen flossen, als zu Wochenbeginn die Platanen an der Marienkirche fielen. Für die Urbanatix-Familie markiert die umstrittene Fällung den Abschied von ihrer Trainingsstätte. Und neue Probenräume sind derzeit nicht in Sicht. Tränen flossen, als zu Wochenbeginn die Platanen an der Marienkirche fielen. Tränen flossen, als zu Wochenbeginn die Platanen an der Marienkirche fielen. Für die Urbanatix-Familie markiert die umstrittene Fällung den Abschied von ihrer Trainingsstätte. Und neue Probenräume sind derzeit nicht in Sicht.

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Musik Print

Baby guck mich an, ich bin ein Rockstar

Die gute Nachricht: Auch nach fünf Jahren intensiverer Beschäftigung mit den eher unschönen Seiten des Journalismus glaube ich offenbar immer noch an das Gute in der Branche.

Die schlechte Nachricht: Deswegen habe ich gestern Unfug geschrieben.

In meinem Cro-Konzertbericht hatte ich behauptet, dass wegen des Foto-Verbots für Presse-Fotografen in der Lokalpresse keine Konzertrezensionen erschienen sind. Das war blauäugig.

Die “Ruhr Nachrichten” beenden ihren Artikel mit einer kritischen enttäuschten Anmerkung zum Foto-Verbot:

Wenig nachvollziehbar war indes, dass das Management des Künstlers kurzfristig alle Fotografen vom Konzert ausgeschlossen hatte. Etwa drei Stunden vor der Show wurde mitgeteilt, dass keine Fotos von externen (Presse-)Fotografen angefertigt werden dürfen. Lediglich die vom Management freigegebenen Bilder durften im Nachgang der Show benutzt werden. Ob solche Extra-Würste tatsächlich von Nöten sind, darf bezweifelt werden. Immerhin profitiert auch der Künstler selbst von der Arbeit der Fotografen und der Presse vor Ort.

Dafür wurden während des Konzerts tausende Handyfotos gemacht und Videos gedreht, die schon wenig später im Internet kursierten. Konsequenterweise hätte Cros Management auch alle Handys einkassieren lassen müssen – so bleibt ein fader Beigeschmack. Auch wenn das Konzert richtig gut war.

Es braucht schon sehr wenig Selbstachtung, um eine Konzertkritik, die so schließt, dann mit zwei der vom Management freigegebenen Bilder zu bebildern. Da kann man einem bockigen Kleinkind, das statt Gemüse lieber Fast Food möchte, den Burger auch gleich auf dem Silbertablett servieren.

Diese Merkwürdigkeit verblasst allerdings völlig gegen das Fass, das die “WAZ” gleichzeitig aufgemacht und zum Überlaufen gebracht hat.

Im überregionalen Kulturteil gab Georg Howahl Cro einen “kleinen Fototipp für Pandarapper” mit auf den Weg:

Lieber Cro, wenn Du dich demnächst, an einem einsamen, kalten Winterabend mal wieder selbst auf den einschlägigen Netzkanälen suchst: Wäre es da nicht schön, wenn du zur Abwechslung auch mal ein gutes Bild oder Video von dir fändest? Denk mal drüber nach!

“Zur Abwechslung”, weil es auf YouTube “zwölf (!) krächzende, unscharfe Wackelvideos” von Cros Auftritt in Bochum zu sehen gebe, was allerdings bei genauer Betrachtung erstaunlich wenig mit der Frage zu tun hat, ob Fotografen Fotos (also: Standbilder ohne Ton) von dem Auftritt machen durften.

Auf der gleichen Seite erklärte der Bochumer Lokalredakteur Jürgen Stahl:

Die WAZ hat sich entschlossen, auf eine Kritik des Cro-Auftritts zu verzichten. Keine Fotos, keine Konzertbesprechung.

Eine klare, nachvollziehbare Ansage, die nur leicht davon konterkariert wird, dass die “WAZ” nicht einen, nicht zwei, sondern gleich drei Konzertbesprechungen veröffentlicht hat.

Eine erschien im Lokalteil von Hattingen, eine im Lokalteil von Witten und eine im Lokalteil von Bochum.

Letztere geschrieben von dem Jürgen Stahl, der erklärt hatte, die “WAZ” werde keine Kritik des Konzertes veröffentlichen. Seinen WAZ-Kollegen Ingo Otto (in Bochum berühmt für seine besondere Gabe, bei wirklich jedem Thema und Motiv noch eine blonde junge Frau im Bild zu platzieren) zitiert Stahl mit den Worten, einen kompletten Ausschluss wie bei Cro habe er noch nie erlebt.

Stahl erklärt, dass die Organisatoren keine Schuld treffe, dann wiederholt er seine Ankündigung:

Auf weitere Informationen aus dem Sparkassenzelt müssen die WAZ-Leser verzichten. Die Redaktion hat sich entschlossen, über das 75-minütige Cro-Gastspiel nicht zu berichten. Keine Fotoerlaubnis, keine Konzertbesprechung.

Dann referiert er aber doch noch, dass “sämtliche 4200 jungen Besucher die Hitzeschlacht unbeschadet überstanden” haben, dass “etliche Kinder und Jugendliche (90 Prozent weiblich) schon Stunden vor Konzertbeginn auf Einlass” gewartet hatten, “um sich die begehrten Plätze direkt vor der Bühne zu sichern”, der “größte Teenie-Aufmarsch der letzten Jahre in Bochum” ohne besondere Zwischenfälle verlaufen sei und dass angesichts der Temperaturen im Zelt das Mitbringen eigener Getränke erlaubt war.

Gut: Kein Wort über die Musik, aber Stahl hat es trotzdem geschafft, mit dem Konzert, über das er kein Wort verlieren wollte, eine halbe Seite zu füllen. Das musste er natürlich auch, denn der Platz war ja vermutlich fest eingeplant, außerdem war der Redakteur ja auch extra vor Ort gewesen.

Also onkelt Stahl auch noch in einem Kommentar:

Wir Medienmenschen machen im Umgang mit Prominenten immer wieder eine Erfahrung: Je größer der Name, desto unkomplizierter die Zusammenarbeit. Im Musikgeschäft ist es besonders auffällig. Beispiel Zeltfestival 2012: Während die Rock-Legenden von Status Quo sofort und gerne zu einem WAZ-Lesertreffen bereit waren, ließ Newcomer Cro eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung lange unbeantwortet, um schließlich abzulehnen. Schade, aber bei weitem nicht so skandalös wie das Arbeitsverbot, dass der Jüngling kurzerhand offenbar willkürlich vor seinem Konzert “erließ”. Wer derart selbstherrlich mit Fans und Medien umgeht, wird alsbald wieder dort landen, wo er hergekommen ist: ganz unten.

Nun mögen Status Quo für Jürgen Stahl einen großen Namen haben, aber es geht ja um etwas ganz anderes als WAZ-Lesertreffen. Und beim Thema “exzentrische Wünsche bezüglich Konzertfotos” sind Künstler wie Linkin Park, Coldplay, Britney Spears, The Offspring, Tom Jones und Rammstein schon negativ aufgefallen. Große Namen, wahnsinnig komplizierte Zusammenarbeiten.

Auch ist Cro ja nicht “selbstherrlich mit Fans und Medien” umgegangen, sondern “nur” mit Medien. Dass die das nicht gut finden, ist klar und verständlich, aber es ist ja auch nicht der Untergang des Abendlandes oder der Pressefreiheit, nicht über ein Konzert berichten zu können. Denn was ist ein Konzert? Menschen bezahlen Geld dafür, damit sie anderen Menschen beim Musizieren zusehen können. Ob Dritte, die kein Geld bezahlt haben, hinterher drüber schreiben, ist da erst mal ziemlich zweitrangig.

Klar: Ohne Medien wäre kaum ein Popstar da, wo er heute ist. (Wobei: Wie viele Hörer mag Cro der “WAZ” und den “Ruhr Nachrichten” verdanken?) Wenn man sich dann aber den mühsam gefüllten Platz in der Zeitung und Jürgen Stahls billiges “ganz unten”-Gerumpel anschaut, stellt sich schon die Frage, wer hier eigentlich wen dringender braucht.

Die Antwort weiß Ed Sheeran, der passenderweise nächsten Dienstag beim Zeltfestival Ruhr spielt. Schauen wir mal, ob mit Fotografen und Lokalredakteuren oder ohne.