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Der neue Hitler

Vor ein paar Wochen hat­te ich geschrie­ben, Kin­der­por­no­gra­phie habe Ter­ro­ris­mus als … äh: Tot­schlag­ar­gu­ment bei der Ein­schrän­kung von Rech­ten abge­löst.

Kin­der­por­no­gra­phie ist aber nicht nur der neue Osa­ma, sie ist auch der neue Hit­ler.

Den Ein­druck könn­te man zumin­dest bekom­men, wenn man sich anhört, welch beein­dru­cken­de Ver­gleichs­ket­te Bay­erns Innen­mi­nis­ter Joa­chim Herr­mann ges­tern aus dem Hut zau­ber­te:

Kil­ler­spie­le wider­spre­chen dem Wer­te­kon­sens unse­rer auf einem fried­li­chen Mit­ein­an­der beru­hen­den Gesell­schaft und gehö­ren geäch­tet. In ihren schäd­li­chen Aus­wir­kun­gen ste­hen sie auf einer Stu­fe mit Dro­gen und Kin­der­por­no­gra­fie, deren Ver­bot zurecht nie­mand infra­ge stellt.

[Zitiert nach golem.de]

Mir fällt lei­der beim bes­ten Wil­len nichts ein, womit ich die­sen Unfug ver­glei­chen könn­te.

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Auf jeden Sieger zehn Verlierer

Stel­len wir uns für einen Moment bit­te Fol­gen­des vor: Ich habe Usain Bolt, den schnells­ten Mann der Welt, zu einem Wett­ren­nen über 100 Meter her­aus­ge­for­dert. Usain Bolt hat sich vor­her bei­de Bei­ne gebro­chen, tritt aber trotz­dem an. Durch die­ses Han­dy­cap läuft Bolt die Stre­cke in 12,5 Sekun­den, ich brau­che 29,2 Sekun­den und bin damit so lang­sam wie noch nie. Nach dem Ren­nen erklä­re ich mich zum kla­ren Sie­ger, weil Bolt ja nor­ma­ler­wei­se viel, viel schnel­ler ist und das muss man ja auch berück­sich­ti­gen.

Wenn Sie die­ser Argu­men­ta­ti­on fol­gen kön­nen (und nicht schon bei der Vor­stel­lung, ich könn­te 100 Meter gera­de­aus lau­fen lachend unter Ihrem Schreib­tisch ver­schwun­den sind), sind Sie ver­mut­lich in der SPD. Die hat näm­lich gera­de bei der bay­ri­schen Land­tags­wahl das schlech­tes­te Ergeb­nis ever ein­ge­fah­ren, was sie in der Selbst­wahr­neh­mung zum Sie­ger macht, weil die CSU (die 2,3 Mal so vie­le Stim­men erhal­ten hat) immer­hin seit 54 Jah­ren nicht mehr so schwach war.

Die gebro­che­nen Bei­ne von Usain Bolt hei­ßen Gün­ther Beck­stein und Erwin Huber und sie haben die Wahl natür­lich nur der­art vor die Wand gefah­ren, um Edmund Stoi­ber sei­nen 67. Geburts­tag zu ver­ha­geln. Dafür haben sie Stoi­ber (und ich fürch­te, Sie wer­den sich heu­te noch mit eini­gen schie­fen Bil­dern rum­schla­gen müs­sen) bei Tem­po 180 aus dem fah­ren­den Wagen gewor­fen, wäh­rend Horst See­ho­fer an der Hand­brem­se nes­tel­te und Gabrie­le Pau­li das Ver­deck ein­fah­ren woll­te. Aber für das füh­rer­lo­se und zer­trüm­mer­te Gefährt hät­ten sie immer­hin noch die vol­le Pend­ler­pau­scha­le bezie­hen kön­nen.

Die in jeder Hin­sicht beein­dru­cken­de Schlap­pe für die CSU, die fast ein Drit­tel ihrer Wäh­ler­stim­men ein­ge­büßt hat, wird aber in den Schat­ten gestellt von einer SPD, die das eige­ne Deba­kel ele­gant igno­riert (wohl Dank der Erfah­rung auf dem Gebiet) und allen Erns­tes Ansprü­che auf die Regie­rungs­bil­dung anmel­det.

Frank-Wal­ter Stein­mei­er, den sie in der Par­tei mitt­ler­wei­le ver­mut­lich für einen Albi­no-Barack-Oba­ma hal­ten, der aber bes­ten­falls ein ganz sicher nicht gefärb­ter Ger­hard-Schrö­der-Klon ist (was immer­hin schon mal bedeu­tend bes­ser ist als ein unra­sier­ter Gor­don-Brown-Klon), die­ser Frank-Wal­ter Stein­mei­er also stellt sich hin­ter ein Mikro­fon und sagt:

Und immer­hin: Es ist zum ers­ten Mal für vie­le Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler in Bay­ern vor­stell­bar und mög­lich gewe­sen, nicht mehr CSU zu wäh­len. Sie sind noch nicht gleich durch­ge­gan­gen zur SPD, aber es ent­steht eine Per­spek­ti­ve.

Na, hur­ra! Da könn­te ich ja auch in laut­star­ke Ver­zü­ckung gera­ten, weil Nata­lie Port­man nicht mehr mit Devan­dra Ban­hart zusam­men ist – und mich jetzt sicher end­lich hei­ra­ten wird.

Franz Maget, der aus­sieht wie Peter Zweg­at, aber SPD-Spit­zen­kan­di­dat in Bay­ern war, ver­spricht, den „hal­ben Weg“ beim „nächs­ten Mal“ nach­zu­ho­len, und die Wäh­ler nicht nur weg von der CDU, son­dern auch hin zur SPD zu holen. Das klingt, als steck­ten die Wäh­ler zwi­schen Vil­la­ri­ba und Vil­la­ba­jo (form­er­ly known as Not und Elend) auf hal­ber Stre­cke im Schlamm – und nicht, als hät­ten sie sich gera­de irgend­wo ganz anders ein gemüt­li­ches klei­nes Zelt­la­ger am war­men Herd von Gabi Pau­li errich­tet.

Um die Run­de voll­zu­ma­chen, trat auch noch Andrea Ypsi­lan­ti, die das Wort­paar „glaub­wür­di­ger Poli­ti­ker“ im Allein­gang zum Oxy­mo­ron stem­peln will, freu­de­strah­lend vor die Kame­ras und sprach von der zwei­ten Wahl, die „gründ­lich schief­ge­gan­gen“ sei für … die CDU/​CSU. Mit der ers­ten meint sie wohl ihre eige­ne in Hes­sen, die­sem armen Bun­des­land, dass seit einem hal­ben Jahr von einem geschäfts­füh­ren­den Minis­ter­prä­si­den­ten regiert wird, der auch noch Roland Koch heißt.

Denn das ist die eigent­li­che Sen­sa­ti­on der Wah­len in Hes­sen und Bay­ern: dass die Uni­on nicht wegen ihrer poli­ti­schen Geg­ner so dumm dasteht, son­dern wegen ihres eige­nen Füh­rungs­per­so­nals. Aber selbst dann schafft es die SPD nicht, wenigs­tens so vie­le Wäh­ler zu mobi­li­sie­ren, dass sie selbst die meis­ten Stim­men bekommt – was nach mei­nem Demo­kra­tie­ver­ständ­nis (Koch hin, Beck­stein her) irgend­wie drin­gend not­wen­dig wäre, um wasauch­im­mer zu regie­ren.

Aber ver­mut­lich weiß es der Wäh­ler zu schät­zen, wenn eine Par­tei, der er viel­leicht auch noch sei­ne Stim­me gege­ben hat, in ers­ter Linie durch Scha­den­freu­de über die Ver­lus­te des poli­ti­schen Geg­ners auf sich auf­merk­sam macht. Eigent­lich ist es da doch inkon­se­quent, nicht gleich noch einen Schritt wei­ter zu gehen, auf Öster­reich zu zei­gen und „wenigs­tens hat bei uns kei­ner das Nazi­pack gewählt“ zu rufen.

Dass auch ein in Bay­ern erwor­be­nes Abitur nicht zwangs­läu­fig für gro­ße Mathe­ma­tik­kennt­nis­se steht, bewies dann Clau­dia Roth, die Mut­ter Bei­mer der Grü­nen. Sie sieht „eine deut­li­che Mehr­heit jen­seits der CSU“, die sich in den abso­lu­ten Zah­len der Sitz­ver­tei­lung wohl vor allem dar­in nie­der­schlägt, dass alle ande­ren Par­tei­en zusam­men exakt drei Sit­ze mehr haben als besag­te CSU. Dar­aus lei­tet Frau Roth einen „Auf­trag“ zur Regie­rungs­bil­dung ab.

Es ist beein­dru­ckend, mit wel­cher Unbe­irrt­heit Poli­ti­ker gro­ße Deba­kel und mitt­le­re Ent­täu­schun­gen (die Grü­nen haben zwar als ein­zi­ge vor­her im Land­tag ver­tre­te­ne Par­tei hin­zu­ge­won­nen, sind aber nicht mal mehr dritt­stärks­te Frak­ti­on) in Sie­ge und Tri­um­phe umzu­wid­men ver­su­chen. Wie ein Wahl­er­geb­nis gedeu­tet wer­den soll, das eigent­lich nur den Schluss zulässt, dass die Wäh­ler die Schnau­ze voll haben von den bei­den gro­ßen Volks­par­tei­en, die die Bun­des­re­pu­blik seit drei Jah­ren in trau­ter Zwie­tracht regie­ren (und dabei noch jedes zwei­te Gesetz ver­fas­sungs­wid­rig gekriegt haben). Und wie die Läh­mung, die so ein Land durch unein­deu­ti­ge Macht­ver­hält­nis­se erfährt, gefei­ert wird.

Man war­tet eigent­lich nur noch auf den Tag, an dem irgend­ei­ne Par­tei (mut­maß­lich eine von Gui­do Wes­ter­wel­le geführ­te) auf die Idee kommt, bei Wahl­er­geb­nis­sen ana­log zur Ein­schalt­quo­te im Fern­se­hen eine „wer­be­re­le­van­te Ziel­grup­pe“ aus­zu­ru­fen und nur noch das Abstimm­ver­hal­ten der 14- bis 49-Jäh­ri­gen berück­sich­ti­gen zu wol­len.

Dabei sind die deut­schen Ver­tre­ter noch blass und harm­los gegen das Per­so­nal, das im US-Wahl­kampf ange­tre­ten ist, um das Amt zu erobern, das man nicht umsonst das wich­tigs­te der Welt nennt. Wir haben ja noch nicht mal eine Sarah Palin (obwohl ich glau­be, dass Gabrie­le Pau­li für die Rol­le not­falls zur Ver­fü­gung stün­de), von einem John McCain oder Joe Biden ganz zu schwei­gen.

Ande­rer­seits rei­chen Ronald Pofalla, Gui­do Wes­ter­wel­le und Oskar Lafon­taine für den Anfang völ­lig aus.

[Aus­ge­löst via twit­ter]

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Habemus Großeinsatz

Was bin ich froh, dass ich so sel­ten in Arzt­war­te­zim­mern sit­zen und Small­talk füh­ren muss. Sonst könn­te es viel­leicht pas­sie­ren, dass ich mei­nen Miss­fal­len zu die­sem oder jenem The­ma äuße­re und mir kurz dar­auf ein SEK die Bude ein­rennt.

Was? Nein, ich albe­re nicht schon wie­der rum. Ich bezie­he mich auf den Fall von Sieg­fried Lind­ner aus Ober­bay­ern. Der hat­te vor dem Papst­be­such im ver­gan­ge­nen Jahr im War­te­zim­mer einer Arzt­pra­xis zu einem ande­ren Pati­en­ten gesagt, dass die 40 Mil­lio­nen Euro für den Besuch bes­ser hät­ten ver­wen­det wer­den kön­nen. Und als dann ein paar Tage spä­ter Farb­beu­tel auf das Geburts­haus des katho­li­schen Ober­hir­ten gewor­fen wur­den, dach­te sich die Staats­an­walt­schaft offen­bar „Das ist unser Mann“, und schick­te Fami­lie Lind­ner ein Groß­auf­ge­bot vor­bei.

Die gan­ze eben­so absur­de wie beun­ru­hi­gen­de Geschich­te lief offen­bar am Mon­tag bei „Fakt“ in der ARD und man kann sie hier nach­le­sen.

[via Der Mor­gen]