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Miss American Pie

Die­ser Tage schaut die Welt noch mehr auf Ame­ri­ka, als sie es sowie­so schon tut. Die „Schick­sals­wahl unse­rer Gene­ra­ti­on“ steht an und es wirkt ein biss­chen so, als wer­de am Diens­tag zwi­schen Him­mel und Höl­le ent­schie­den.

Der Wahl­kampf zeigt ein­mal mehr die ekla­tan­ten Unter­schie­de zwi­schen den USA und Deutsch­land auf: Nicht nur, dass wir hier ein ande­res Wahl­sys­tem haben, auch kul­tu­rell sieht es hier ganz anders aus. Das Pathos, das Oba­mas halb­stün­di­gen Info­mer­cial durch­weht, wäre hier­zu­lan­de undenk­bar.

Viel­leicht liegt es dar­an, dass Schwarz, Rot und Gold kei­ne so schö­ne Farb­kom­bi­na­ti­on ist wie Rot, Weiß und Blau. Aber noch nicht mal eine geeig­ne­te Musik­un­ter­ma­lung wür­de man hier für so einen Wahl­wer­be­film fin­den: in Deutsch­land gibt es kei­ne Folk­lo­re, denn was es gab, wur­de vom „Musi­kan­ten­stadl“ in Grund und Boden gevolks­tü­melt.

Ich fin­de die­se Unter­schie­de nicht schlimm (auch wenn ich mir manch­mal wün­sche, dass sich jeder ein­zel­ne Deut­sche ein biss­chen mehr mit sei­ner Rol­le in der Gesell­schaft um ihn her­um – nicht mit dem abs­trak­ten Begriff der Nati­on – iden­ti­fi­zie­ren wür­den), aber die­se Unter­schie­de sind eben da. Des­we­gen soll­ten sich deut­sche Poli­ti­ker dafür hüten, Oba­mas ver­meint­li­che Erfolgs­re­zep­te nächs­tes Jahr 1:1 für den deut­schen Markt kopie­ren zu wol­len.

Die armen, armen Hes­sen, die im Janu­ar die soge­nann­te Wahl zwi­schen Roland Koch und Andrea Ypsi­lan­ti hat­ten, bekom­men am Diens­tag viel­leicht eine neue Minis­ter­prä­si­den­tin. Ja, an jenem Schick­sals­diens­tag, 4. Novem­ber. Und weil das so schön passt, hat sich Frau Ypsi­lan­ti heu­te Mor­gen auf einem SPD-Son­der­par­tei­tag in Ful­da dem wehr­lo­sen Barack Oba­ma ans Bein geschmis­sen und mit einem ein­zi­gen Satz die­se tie­fen kul­tu­rel­len Unter­schie­de, die­sen schma­len Grat zwi­schen anste­cken­dem Pathos und absto­ßen­der Pein­lich­keit zusam­men­ge­fasst:

Ich hof­fe, Genos­sin­nen und Genos­sen, dass die ame­ri­ka­ni­schen Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler am 4. Novem­ber in Ame­ri­ka sagen: „Yes, we can!“, und dass die hes­si­schen Abge­ord­ne­ten dann sagen kön­nen, mit Euch zusam­men in Hes­sen: „Yes, we do!“

[via WDR2-Nach­rich­ten]

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Auf jeden Sieger zehn Verlierer

Stel­len wir uns für einen Moment bit­te Fol­gen­des vor: Ich habe Usain Bolt, den schnells­ten Mann der Welt, zu einem Wett­ren­nen über 100 Meter her­aus­ge­for­dert. Usain Bolt hat sich vor­her bei­de Bei­ne gebro­chen, tritt aber trotz­dem an. Durch die­ses Han­dy­cap läuft Bolt die Stre­cke in 12,5 Sekun­den, ich brau­che 29,2 Sekun­den und bin damit so lang­sam wie noch nie. Nach dem Ren­nen erklä­re ich mich zum kla­ren Sie­ger, weil Bolt ja nor­ma­ler­wei­se viel, viel schnel­ler ist und das muss man ja auch berück­sich­ti­gen.

Wenn Sie die­ser Argu­men­ta­ti­on fol­gen kön­nen (und nicht schon bei der Vor­stel­lung, ich könn­te 100 Meter gera­de­aus lau­fen lachend unter Ihrem Schreib­tisch ver­schwun­den sind), sind Sie ver­mut­lich in der SPD. Die hat näm­lich gera­de bei der bay­ri­schen Land­tags­wahl das schlech­tes­te Ergeb­nis ever ein­ge­fah­ren, was sie in der Selbst­wahr­neh­mung zum Sie­ger macht, weil die CSU (die 2,3 Mal so vie­le Stim­men erhal­ten hat) immer­hin seit 54 Jah­ren nicht mehr so schwach war.

Die gebro­che­nen Bei­ne von Usain Bolt hei­ßen Gün­ther Beck­stein und Erwin Huber und sie haben die Wahl natür­lich nur der­art vor die Wand gefah­ren, um Edmund Stoi­ber sei­nen 67. Geburts­tag zu ver­ha­geln. Dafür haben sie Stoi­ber (und ich fürch­te, Sie wer­den sich heu­te noch mit eini­gen schie­fen Bil­dern rum­schla­gen müs­sen) bei Tem­po 180 aus dem fah­ren­den Wagen gewor­fen, wäh­rend Horst See­ho­fer an der Hand­brem­se nes­tel­te und Gabrie­le Pau­li das Ver­deck ein­fah­ren woll­te. Aber für das füh­rer­lo­se und zer­trüm­mer­te Gefährt hät­ten sie immer­hin noch die vol­le Pend­ler­pau­scha­le bezie­hen kön­nen.

Die in jeder Hin­sicht beein­dru­cken­de Schlap­pe für die CSU, die fast ein Drit­tel ihrer Wäh­ler­stim­men ein­ge­büßt hat, wird aber in den Schat­ten gestellt von einer SPD, die das eige­ne Deba­kel ele­gant igno­riert (wohl Dank der Erfah­rung auf dem Gebiet) und allen Erns­tes Ansprü­che auf die Regie­rungs­bil­dung anmel­det.

Frank-Wal­ter Stein­mei­er, den sie in der Par­tei mitt­ler­wei­le ver­mut­lich für einen Albi­no-Barack-Oba­ma hal­ten, der aber bes­ten­falls ein ganz sicher nicht gefärb­ter Ger­hard-Schrö­der-Klon ist (was immer­hin schon mal bedeu­tend bes­ser ist als ein unra­sier­ter Gor­don-Brown-Klon), die­ser Frank-Wal­ter Stein­mei­er also stellt sich hin­ter ein Mikro­fon und sagt:

Und immer­hin: Es ist zum ers­ten Mal für vie­le Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler in Bay­ern vor­stell­bar und mög­lich gewe­sen, nicht mehr CSU zu wäh­len. Sie sind noch nicht gleich durch­ge­gan­gen zur SPD, aber es ent­steht eine Per­spek­ti­ve.

Na, hur­ra! Da könn­te ich ja auch in laut­star­ke Ver­zü­ckung gera­ten, weil Nata­lie Port­man nicht mehr mit Devan­dra Ban­hart zusam­men ist – und mich jetzt sicher end­lich hei­ra­ten wird.

Franz Maget, der aus­sieht wie Peter Zweg­at, aber SPD-Spit­zen­kan­di­dat in Bay­ern war, ver­spricht, den „hal­ben Weg“ beim „nächs­ten Mal“ nach­zu­ho­len, und die Wäh­ler nicht nur weg von der CDU, son­dern auch hin zur SPD zu holen. Das klingt, als steck­ten die Wäh­ler zwi­schen Vil­la­ri­ba und Vil­la­ba­jo (form­er­ly known as Not und Elend) auf hal­ber Stre­cke im Schlamm – und nicht, als hät­ten sie sich gera­de irgend­wo ganz anders ein gemüt­li­ches klei­nes Zelt­la­ger am war­men Herd von Gabi Pau­li errich­tet.

Um die Run­de voll­zu­ma­chen, trat auch noch Andrea Ypsi­lan­ti, die das Wort­paar „glaub­wür­di­ger Poli­ti­ker“ im Allein­gang zum Oxy­mo­ron stem­peln will, freu­de­strah­lend vor die Kame­ras und sprach von der zwei­ten Wahl, die „gründ­lich schief­ge­gan­gen“ sei für … die CDU/​CSU. Mit der ers­ten meint sie wohl ihre eige­ne in Hes­sen, die­sem armen Bun­des­land, dass seit einem hal­ben Jahr von einem geschäfts­füh­ren­den Minis­ter­prä­si­den­ten regiert wird, der auch noch Roland Koch heißt.

Denn das ist die eigent­li­che Sen­sa­ti­on der Wah­len in Hes­sen und Bay­ern: dass die Uni­on nicht wegen ihrer poli­ti­schen Geg­ner so dumm dasteht, son­dern wegen ihres eige­nen Füh­rungs­per­so­nals. Aber selbst dann schafft es die SPD nicht, wenigs­tens so vie­le Wäh­ler zu mobi­li­sie­ren, dass sie selbst die meis­ten Stim­men bekommt – was nach mei­nem Demo­kra­tie­ver­ständ­nis (Koch hin, Beck­stein her) irgend­wie drin­gend not­wen­dig wäre, um wasauch­im­mer zu regie­ren.

Aber ver­mut­lich weiß es der Wäh­ler zu schät­zen, wenn eine Par­tei, der er viel­leicht auch noch sei­ne Stim­me gege­ben hat, in ers­ter Linie durch Scha­den­freu­de über die Ver­lus­te des poli­ti­schen Geg­ners auf sich auf­merk­sam macht. Eigent­lich ist es da doch inkon­se­quent, nicht gleich noch einen Schritt wei­ter zu gehen, auf Öster­reich zu zei­gen und „wenigs­tens hat bei uns kei­ner das Nazi­pack gewählt“ zu rufen.

Dass auch ein in Bay­ern erwor­be­nes Abitur nicht zwangs­läu­fig für gro­ße Mathe­ma­tik­kennt­nis­se steht, bewies dann Clau­dia Roth, die Mut­ter Bei­mer der Grü­nen. Sie sieht „eine deut­li­che Mehr­heit jen­seits der CSU“, die sich in den abso­lu­ten Zah­len der Sitz­ver­tei­lung wohl vor allem dar­in nie­der­schlägt, dass alle ande­ren Par­tei­en zusam­men exakt drei Sit­ze mehr haben als besag­te CSU. Dar­aus lei­tet Frau Roth einen „Auf­trag“ zur Regie­rungs­bil­dung ab.

Es ist beein­dru­ckend, mit wel­cher Unbe­irrt­heit Poli­ti­ker gro­ße Deba­kel und mitt­le­re Ent­täu­schun­gen (die Grü­nen haben zwar als ein­zi­ge vor­her im Land­tag ver­tre­te­ne Par­tei hin­zu­ge­won­nen, sind aber nicht mal mehr dritt­stärks­te Frak­ti­on) in Sie­ge und Tri­um­phe umzu­wid­men ver­su­chen. Wie ein Wahl­er­geb­nis gedeu­tet wer­den soll, das eigent­lich nur den Schluss zulässt, dass die Wäh­ler die Schnau­ze voll haben von den bei­den gro­ßen Volks­par­tei­en, die die Bun­des­re­pu­blik seit drei Jah­ren in trau­ter Zwie­tracht regie­ren (und dabei noch jedes zwei­te Gesetz ver­fas­sungs­wid­rig gekriegt haben). Und wie die Läh­mung, die so ein Land durch unein­deu­ti­ge Macht­ver­hält­nis­se erfährt, gefei­ert wird.

Man war­tet eigent­lich nur noch auf den Tag, an dem irgend­ei­ne Par­tei (mut­maß­lich eine von Gui­do Wes­ter­wel­le geführ­te) auf die Idee kommt, bei Wahl­er­geb­nis­sen ana­log zur Ein­schalt­quo­te im Fern­se­hen eine „wer­be­re­le­van­te Ziel­grup­pe“ aus­zu­ru­fen und nur noch das Abstimm­ver­hal­ten der 14- bis 49-Jäh­ri­gen berück­sich­ti­gen zu wol­len.

Dabei sind die deut­schen Ver­tre­ter noch blass und harm­los gegen das Per­so­nal, das im US-Wahl­kampf ange­tre­ten ist, um das Amt zu erobern, das man nicht umsonst das wich­tigs­te der Welt nennt. Wir haben ja noch nicht mal eine Sarah Palin (obwohl ich glau­be, dass Gabrie­le Pau­li für die Rol­le not­falls zur Ver­fü­gung stün­de), von einem John McCain oder Joe Biden ganz zu schwei­gen.

Ande­rer­seits rei­chen Ronald Pofalla, Gui­do Wes­ter­wel­le und Oskar Lafon­taine für den Anfang völ­lig aus.

[Aus­ge­löst via twit­ter]

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Y?

Nach der Wahl in Hessen 13.08.2008, 20:40 Uhr XXXXXX xxxxxxx xxxxxxxxxx

Gott, ja, das mit dem Blind­text kann ja mal pas­sie­ren.

Aber muss man das dann auch noch groß anteasern?

Thema: Nach der Wahl in Hessen XXXXXXXX XXXXXXXXX

Nach­trag, 14. August, 13:40 Uhr: End­lich hat’s jemand gemerkt und den „Bei­trag“ ent­sorgt.

Nach­trag, 18. August: zoomer.de-Geschäftsführer Peter Neu­mann hat sich in den Kom­men­ta­ren zu Wort gemel­det:

immer­hin – es steht nichts fal­sches da.

Immer­hin, ja.

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Florida Lady

3.595 Stim­men beträgt im vor­läu­fi­gen amt­li­chen End­ergeb­nis die Dif­fe­renz zwi­schen der CDU und der SPD in Hes­sen. Das ist weni­ger als die 6.027 Stim­men, die die SPD bei der Bun­des­tags­wahl 2002 vor der CDU/​CSU lag, aber bedeu­tend mehr als die 537 Stim­men Unter­schied zwi­schen Geor­ge W. Bush und Al Gore in Flo­ri­da (bei mehr als dop­pelt so vie­len abge­ge­be­nen Stim­men).

Ähn­lich span­nend wie damals in Flo­ri­da war es auch heu­te Abend. In der ARD bewies Infra­test dimap mal wie­der, dass man teu­re Wahl­um­fra­gen auch wun­der­bar durch wür­feln­de Affen erset­zen könn­te, denn am Ende waren alle wich­ti­gen Details anders als pro­gnos­ti­ziert: Um 18 Uhr lag die SPD bei 37,5%, die CDU bei 35,7%, Die Lin­ke wäre drau­ßen geblie­ben. Roland Koch wird sich also mor­gen trotz her­ber Ver­lus­te rüh­men kön­nen, man habe ihn zu früh abge­schrie­ben.

Ähn­lich wie damals in Flo­ri­da gab es offen­bar erheb­li­che Pro­ble­me und Unre­gel­mä­ßig­kei­ten mit Wahl­com­pu­tern, die der Cha­os Com­pu­ter Club in einer Pres­se­mit­tei­lung zusam­men­ge­fasst hat. Und in den Qua­li­täts­me­di­en fin­det sich dazu (anders als in Blogs) kein Wort.

Nach­trag 13:52 Uhr: Die Rhein-Main-Zei­tung hat einen Arti­kel zum The­ma online.

Nach­trag 20:14 Uhr: Eine Mel­dung zum The­ma hat’s sogar auf „Bild.de“ geschafft.

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Kultur

Kunst im Alltag: Roland Koch „Ohne Titel I“

Ypsi­lan­ti, al-Wazir
und die Kom­mu­nis­ten stop­pen!

Mit die­sem, auf den ers­ten Blick schlich­ten Zwei­zei­ler hat sich der bis­her unbe­deu­ten­de Nach­wuchs­li­te­rat Roland Koch ver­gan­ge­ne Woche in den Olymp der Polit­ly­rik kata­pul­tiert.

Die ers­te Zei­le besteht aus einem sel­te­nen Pai­on (mit Beto­nung auf der drit­ten Sil­be) und einem Ana­päst und klingt daher schon allein durch ihr Vers­maß exo­tisch. Die­se Wir­kung unter­streicht der Dich­ter mit der Ver­wen­dung zwei­er Fami­li­en­na­men aus dem süd­öst­li­chen Mit­tel­meer­raum und dem Gebiet der ara­bi­schen Halb­in­sel.

Der Name „Ypsi­lan­ti“ stammt aus dem Grie­chisch-Pha­na­rio­ti­schen und bezeich­ne­te schon grie­chi­sche Natio­nal­hel­den des 19. Jahr­hun­derts. Sein Klang erin­nert an den vor­letz­ten Buch­sta­ben des latei­ni­schen Alpha­bets, der erst im zwei­ten vor­christ­li­chen Jahr­hun­dert aus dem Grie­chi­schen über­nom­men wur­de und hier für etwas Unfer­ti­ges, Unbe­deu­ten­des steht. Der Name „al-Wazir“ lei­tet sich ab vom per­si­schen „wazir“ und bezeich­net ab dem 10. Jahr­hun­dert den mäch­tigs­ten Mann in einem Kali­fen­staat – die deut­sche Schreib­wei­se ist „Wesir“. Mit nur sie­ben Sil­ben gelingt es Koch so, eine Brü­cke über Vor­der­asi­en in den Ori­ent zu schla­gen.

Die zwei­te Zei­le beginnt mit einem Jam­bus, der auf eine deut­lich geord­ne­te­re Struk­tur hin­deu­tet, über­rascht dann aber mit einem wei­te­ren Pai­on und einem Tro­chä­us. Der in der ers­ten Zei­le gemach­te Aus­flug in frem­de Län­der wird nicht wei­ter aus­ge­führt – man erfährt nicht, wel­che Auf­ga­ben die der­art her­bei­zi­tier­ten Ent­schei­dungs­trä­ger frem­der Hoch­kul­tu­ren für den wei­te­ren Ver­lauf des Gedichts haben. Koch been­det die Auf­zäh­lung mit dem deut­lich unper­sön­li­che­ren Begriff „Kom­mu­nis­ten“, der durch den Zei­len­um­bruch und die Ver­wen­dung der Kon­junk­ti­on „und“ und des Arti­kels „die“ zusätz­lich deut­lich von den ers­ten bei­den Begrif­fen abge­grenzt ist. Statt einer Hand­lung inner­halb des Gedichts endet es mit einem Impe­ra­tiv, das Aus­ru­fe­zei­chen unter­streicht den appel­la­ti­ven Cha­rak­ter des Zwei­zei­lers.

Koch gelingt es, die­se sechs Wor­te mit einer immensen Bedeu­tung auf­zu­la­den. In einem fast fle­hent­li­chen Ton for­dert der nicht näher spe­zi­fi­zier­te Spre­cher einen unbe­kann­ten Adres­sa­ten zu einer Hand­lung („Stop­pen“) auf, wäh­rend er selbst weder aktiv noch pas­siv in Erschei­nung tritt. „Gestoppt“ wer­den sol­len die durch die Namen reprä­sen­tier­ten (vorder-)orientalischen Hoch­kul­tu­ren (wobei der Ver­weis auf Grie­chen­land auch für die Anti­ke und die Wie­der­auf­nah­me ihrer Idea­le in der Auf­klä­rung ste­hen kann) und „die Kom­mu­nis­ten“, die einen über­ra­schen­den poli­ti­schen Aspekt in das Gedicht brin­gen. Betrach­tet man die­se doch recht unter­schied­li­chen Grup­pie­run­gen und die Wer­te, für die sie ste­hen, und ihre offen­sicht­li­che Oppo­si­ti­on zum Spre­cher, so wird klar, dass die­ser ein christ­lich-kon­ser­va­ti­ves, mög­li­cher­wei­se anti-auf­klä­re­ri­sches Welt­bild ver­tre­ten soll. Das unge­wöhn­li­che, allen ästhe­ti­schen Regeln wider­spre­chen­de Vers­maß und der feh­len­de Reim spie­geln die inne­re Auf­ruhr des Spre­chers wie­der, die weib­li­che Kadenz am Ende der zwei­ten Zei­le drückt sei­ne Resi­gna­ti­on aus. Zwar feh­len wesent­li­che Infor­ma­tio­nen, da das Haupt­ge­sche­hen außer­halb des Gedichts statt­zu­fin­den scheint, aber die Inten­ti­on des Werks wird klar: es steht in der Tra­di­ti­on gro­ßer mit­tel­al­ter­li­cher Kampf- und Spott­schrif­ten und muss wie die­se unab­hän­gig von der poli­ti­schen Inten­ti­on für sei­ne lite­ra­ri­schen Qua­li­tä­ten wert­ge­schätzt wer­den.

Roland Koch ist ein aus­drucks­star­kes Gedicht vol­ler Bri­sanz gelun­gen, das gleich­zei­tig sehr viel­schich­tig ist und doch kei­ne kla­re Aus­sa­ge trifft. Es ist dem Dich­ter zu wün­schen, dass er in Zukunft noch mehr Zeit für sei­ne lyri­schen Arbei­ten fin­den wird.