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Komm, Welt, lass Dich umarmen

Der ers­te Spiel­tag der neu­en Bun­des­li­ga­sai­son ist rum, Glad­bach hat 1:0 gegen den 1. FC Köln gewon­nen.

Zeit, noch ein­mal nost­al­gisch an mei­ne aller­ers­te Sai­son als Fan zurück­zu­den­ken und an das Lied, das für mich auf ewig die Glad­ba­cher Tor­hym­ne sein wird:

Falls ich den Song jemals in vol­ler Län­ge gehört haben soll­te, ist das sicher über zwan­zig Jah­re her. Es ist natür­lich ein Song, des­sen natür­li­cher Lebens­raum schon bei Uwe Hüb­ner in der „ZDF-Hit­pa­ra­de“ liegt, aber man muss die­sen gan­zen Schla­ger­sän­gern der 1980er und 1990er gegen­über ja Abbit­te leis­ten, denn so viel schlim­mer als das Aller­meis­te, was aktu­ell im Radio läuft, war das ja nun wirk­lich nicht. Und die Stim­me ist schon geil, oder? (Sie kommt viel­leicht noch ein biss­chen bes­ser rüber in die­sem Auf­tritt, der auch noch kom­plett stil­echt von Die­ter-Tho­mas Heck anmo­de­riert und ‑gewun­ken wird.)

Mario Jor­dan (fra­gen Sie mich bit­te nicht, war­um mein Gehirn die­sen Namen sofort griff­be­reit hat­te!) hieß, wie ich der Wiki­pe­dia ent­neh­me, eigent­lich Mario Leh­ner und ist lei­der schon vor sie­ben Jah­ren gestor­ben.

Das Lied ken­nen Sie natür­lich auch, wenn Sie nie im Bökel­berg­sta­di­on waren, denn es war sei­ner­zeit auch der Wer­be­song einer sym­pa­thi­schen nie­der­rhei­ni­schen Braue­rei, die damals Tri­kot­spon­sor von Borus­sia Mön­chen­glad­bach war – und das Lied ver­mut­lich gleich mit­ge­bracht hat.

(Kur­zer Exkurs: Die Braue­rei Die­bels war bis zum Jahr 2011 auch Geträn­ke­part­ner des Hald­ern Pop Fes­ti­vals, was bedeu­te­te, dass man – sym­pa­thisch und nie­der­rhei­nisch hin oder her – dort lan­ge nur Alt­bier trin­ken konn­te. Ab 2005 brau­te Die­bels dann auch (wie­der) Pils, das aber seit 2010 schon nicht mehr in Fäs­sern ange­bo­ten wur­de. Die Web­site des Unter­neh­mens wirkt selt­sam ver­waist und der aktu­el­len Bericht­erstat­tung ent­neh­me ich, dass der welt­größ­te Brau­kon­zern Anheu­ser-Busch Inbev – „sym­pa­thisch“ und „nie­der­rhei­nisch“ – die Mar­ke offen­bar drin­gend los­wer­den will. Wenn also irgend­je­mand über­haupt nicht vom aktu­el­len Craft­beer-Trend pro­fi­tiert hat, dann das Alt-Bier. Und Haus­ge­tränk der soge­nann­ten Alt-Right-Bewe­gung will man ja auch nicht sein. Exkurs Ende.)

Die legen­dä­ren Die­bels-Wer­be­spots sind übri­gens auch der Grund dafür, war­um ich „Welch ein Tag“ auch jedes Mal im Ohr habe, wenn ich ein Ket­ten­ka­rus­sell sehe:

(Ich hat­te den Spot übri­gens so in Erin­ne­rung, dass da zwei Men­schen gemein­sam auf dem Karus­sell fah­ren und sich dort zupros­ten. Alter Roman­ti­ker, ich.)

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Musik

Bernd Begemanns Gewaltphantasien

Ich hat­te mich neu­lich ein wenig über deutsch­spra­chi­ge Gegen­warts­mu­sik empört. Ein paar Wochen spä­ter hab ich Kraft­klub live gese­hen und damit die ers­te neue Band mit deut­schen Tex­ten seit sie­ben Jah­ren, die mich gekickt hat. Hop­fen und Malz sind also noch nicht ganz ver­lo­ren.

Bernd Bege­mann, des­sen Musik ich auch eher nur zu Tei­len schät­ze, hat offen­sicht­lich auch ein Pro­blem mit dem, was man die­ser Tage so zu hören bekommt:

„Der nor­ma­le Indiero­cker hat die­se Akus­tik­gi­tar­re, fängt ein Lied in A‑Moll an und singt dar­über, dass sei­ne Freun­din nicht zurück­ruft, dass er ein biss­chen trau­rig ist, ein biss­chen besorgt ist wegen der Welt, weil er so sen­si­bel ist. Mei­ne Güte, die­se Typen müss­te man alle bei den Ohren packen und auf die Tisch­kan­te schla­gen.“

Gesagt hat er das in einem Inter­view mit Radio Dreyeck­land und man muss Bege­manns lei­ern­den Sprach­fluss schon ertra­gen kön­nen, um das 20 Minu­ten lang aus­zu­hal­ten. Aber dafür bekommt man ein paar char­man­te Kol­le­gen-Bas­hings, Bege­manns Unter­schei­dung zwi­schen Schla­ger und Pop, sowie sei­ne etwas eige­ne Defi­ni­ti­on des Begriffs „Pop“ zu hören, was die zeit­li­che Inves­ti­ti­on durch­aus recht­fer­tigt. (Ich woll­te erst „mehr recht­fer­tigt als ein hal­bes Tim-Bendz­ko-Album“ schrei­ben, aber die­se Aus­sa­ge wäre ja qua­si all­ge­mein­gül­tig.)

Bernd Bege­mann im Inter­view

[via taz Pop­b­log]

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Musik

Are we human or are we Freiheit?

Mei­ne Ver­bun­den­heit mit der Mün­che­ner Frei­heit hat­te ich ja schon mehr­fach the­ma­ti­siert. Nach­dem die Band ca. 15 Jah­re völ­lig von mei­nem Schirm ver­schwun­den, aber selbst­ver­ständ­lich nie „weg“ war, gibt es nun … äh … Nach­rich­ten: Am 1. Okto­ber erscheint das neue Album, das „Ohne Limit“ hei­ßen wird.

Wäh­rend die Band in den 1980er Jah­ren ja immer etwas zu Unrecht in die Schla­ger-Ecke gescho­ben wur­de (eine Erfah­rung, die Sil­ber­mond oder Phil­ipp Poi­sel irri­tie­ren­der­wei­se nicht machen müs­sen), scheint sie sich jetzt ihrem Schick­sal erge­ben und die Rol­le der altern­den Schla­ger­fuz­zi­es ange­nom­men zu haben. Die TV-Pre­mie­re zur neu­en Sin­gle „Seit der Nacht“ war jeden­falls vor­letz­te Woche im MDR-Fern­se­hen bei „Musik für Sie“.

Die­se Sin­gle hat es dann auch gleich in sich, denn sie ist gleich­zei­tig ein Angriff auf den König des Pop­schla­gers und den guten Geschmack Bands wie The Kil­lers und Scis­sor Sis­ters, die mein­ten, unge­straft im Dis­co­fox wil­dern zu dür­fen.

Stre­cken Sie Ihre Bei­ne durch, dre­hen Sie ihre PC-Laut­spre­cher ganz auf und legen Sie eine flot­te Soh­le aufs Par­kett – das Par­kett, in dem ich mich kurz ver­bis­sen hat­te, als ich den Song das ers­te Mal gehört habe:


Mün­che­ner Frei­heit – Seit der nacht – MyVi­deo

(Bit­te beach­ten Sie auch die „Human“-Keyboardmelodie bei 0:38, falls Sie es so weit geschafft haben.)

Wenn Ihnen danach ist, kön­nen Sie auf der Web­site der Band Aus­schnit­te aus allen 16 neu­en Songs hören. Im Herbst und im kom­men­den Früh­jahr ist die Mün­che­ner Frei­heit auf gro­ßer „30 Jahre“-Jubiläumstour.

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Musik Leben

Post von Semino Rossi

Was hab ich jetzt wie­der ange­stellt?

Post von Semino Rossi

Ande­rer­seits könn­te es natür­lich auch sein, dass ich nach mei­nen Sym­pa­thie­be­kun­dun­gen für Semi­no Ros­si (und mei­nem Lob­lied auf Bata Illic) ein­fach zur Ziel­grup­pe gehö­re.

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Musik Rundfunk Digital

Programmhinweis: Ein Liveblog für Moskau

Ein Eisbär schießt Konfetti ins Publikum. Eine riesige digitale MatrjoschkaSie wer­den es ver­mut­lich noch nicht mit­be­kom­men haben, aber mor­gen ist wie­der die Ver­an­stal­tung, die seit eini­gen Jah­ren „Euro­vi­si­on Song Con­test“ genannt wird und nie „Grand Prix d’Eurovision de la Chan­son“ hieß.

Im Gegen­satz zu den letz­ten bei­den Jah­ren, als Ste­fan Nig­ge­mei­er und ich uns bereits im Vor­feld durch alle Bei­trä­ge gekämpft haben, habe ich in die­sem Jahr kei­ne Ahnung, was mich beim Fina­le in Mos­kau erwar­tet: Ich habe kei­nes der Halb­fi­nals gese­hen und selbst den deut­schen Titel habe ich bis­her nicht (bewusst) gehört.

Das sind natür­lich die bes­ten Vor­aus­set­zun­gen für einen zünf­ti­gen Grand-Prix-Abend mit Käse­häpp­chen, Metigel und rus­si­schem Wod­ka (auf den ich aus per­sön­li­chen Grün­den aller­dings ver­zich­ten wer­de).

Das gro­ße Live­blog star­tet (wie schon 2007 und 2008) um kurz vor 21 Uhr. Bild und Ton ent­neh­men Sie bit­te dem Pro­gramm des Ers­ten Deut­schen Fern­se­hens oder eurovision.tv.

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Print Leben

Uschi Blum macht Lokalredakteure schwach

Hape Ker­ke­lings neue Komö­die „Ein Mann, ein Fjord“ läuft am 21. Janu­ar um 20:15 Uhr im ZDF. Für den Film hat der Komi­ker ein alte Rol­le reak­ti­viert, die auch schon in „Kein Par­don“ zu sehen war: die der Schla­ger­sän­ge­rin Uschi Blum.

Weil man das eben heut­zu­ta­ge so macht, bekam Uschi Blum eine Art Viral­kam­pa­gne spen­diert. Das ist zwar bei einem kos­tü­mier­ten Pro­mi­nen­ten ein wenig albern, aber mit eige­nem MySpace-Pro­fil, offi­zi­el­ler und Agen­tur-Web­site (vor dem Ankli­cken die Laut­spre­cher run­ter­dre­hen!) durch­aus auf­wen­dig und mit … äh: Lie­be zum Detail gemacht.

Natür­lich hat man auch an eine fik­ti­ve Bio­gra­phie gedacht und die besagt, dass Uschi Blum als Hil­de­gard Ster­c­zinski in Dins­la­ken gebo­ren wur­de, sie 1978 4. bei der Wahl zur „Miss Dins­la­ken“ war und sie eini­ge Jah­re das Hun­de-Nagel­stu­dio „Uschi’s Pföt­chen-Salon“ in der Din­kel­gas­se in Dins­la­ken betrieb.

Nun ist es offen gestan­den nur so mit­tel­ab­surd, ein Schla­ger­stern­chen aus­ge­rech­net aus Dins­la­ken kom­men zu las­sen, wenn doch schon der König des Pop­schla­gers dort zuhau­se ist. Aber als inof­fi­zi­el­ler Stadt­blog­ger Dins­la­kens habe ich natür­lich trotz­dem ver­sucht, über sein Manage­ment Kon­takt mit Hape Ker­ke­ling auf­zu­neh­men. Dass der im Moment flei­ßig Pro­mo macht und nicht auf die Anfra­gen jedes Feld‑, Wald- und Wie­sen­blog­gers reagiert, kann ich durch­aus ver­ste­hen. Offen­bar ist es aber auch den Kol­le­gen in der Lokal­re­dak­ti­on der „Rhei­ni­schen Post“ (für die ich frü­her geschrie­ben habe) nicht gelun­gen, eige­ne O‑Töne des belieb­ten Komi­kers zu bekom­men, wes­we­gen man dort den Helb­sei­ter, der wohl unbe­dingt in die Sams­tags­aus­ga­be soll­te, irgend­wie anders fül­len muss.

Sie kön­nen den Arti­kel ger­ne selbst mit der offi­zi­el­len „Bio­gra­phie“ und den wei­te­ren Pro­mo­tex­ten ver­glei­chen, ich hab Ihnen aber die wich­tigs­te Eigen­krea­ti­on des Autors hier mal kurz rüber­ko­piert:

Die [Inter­net­sei­te] von Uschi ist der Ham­mer.

Nun ist es viel­leicht etwas ande­res, ob man eine (fik­ti­ve) Künst­ler­bio­gra­phie in wei­ten Tei­len für einen redak­tio­nel­len Text über­nimmt, oder ein­fach Wer­be­tex­te für Unter­neh­men abschreibt (wie „RP Online“ das ja schon mal macht).

Trotz­dem hat der Arti­kel aus der „Rhei­ni­schen Post“ in mei­nen Augen wenig mit Jour­na­lis­mus zu tun. Sein Autor Ralf Schrei­ner ver­säumt es, auch nur ein Mal auf die Pres­se­info hin­zu­wei­sen. Nach einer Ein­lei­tung, in der Ker­ke­lings Ver­klei­dung erklärt, folgt über sechs Absät­ze der leicht modi­fi­zier­te Pro­mo­text. Sowas kann man machen, wenn man Kon­zer­te von Berg­ar­bei­ter­chö­ren oder Nach­wuchs­bands ankün­di­gen will – aber nicht, wenn man aus eige­nem Antrieb ein gro­ßes Por­trät für die Sams­tags­aus­ga­be schreibt.

Die „Neue Rhein Zei­tung“, das ande­re Blatt mit Dins­la­ke­ner Lokal­re­dak­ti­on, hat am Sams­tag eben­falls einen gro­ßen Arti­kel über Uschi Blum gebracht – der aller­dings im Super-Duper-Online­por­tal Der Wes­ten nicht zu fin­den ist. Dort steht im Wesent­li­chen das Sel­be drin (Dins­la­ken, „Miss Dins­la­ken“, „Uschi’s Pföt­chen-Salon“), aber wesent­lich kür­zer und sogar anmo­de­riert:

Außer­dem hat Uschi im Inter­net ihren lesens­wer­ten Lebens­lauf ver­öf­fent­licht. Dar­aus:

Auch dass die „NRZ“ bei der Kon­takt­auf­nah­me mit Ker­ke­ling geschei­tert ist, erfährt der Leser. Ver­packt in einen Info­kas­ten, der zumin­dest eine nähe­re Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Gegen­stand nahe­legt:

Warum ausgerechnet Dinslaken? Im vergangenen Jahr ließen ein Ehepaar, das sich mit einem anderen aus Dinslaken ein Hotelzimmer teilen musste und dafür Rabatt bekam (Cartoon "Hippenstocks Strategen", Süddeutsche Zeitung), ein weiterer Cartoon und eine Äußerung von Roger Willemsen die Frage aufkommen: Warum ausgerechnet Dinslaken? Hat Dinslaken einen lustigen Klang? Steht Dinslaken für etwas Besonderes? Für das Nirgendwo? Das Kleinstädtische? Das Geheimnisvolle? Oder für das Ende der Welt? Zumindest Hape Kerkeling konnte es uns nicht beantworten. Er sei bis Ende 2010 zu ausgebucht, um derartigen Anfragen nachzukommen, teilte sein Büro mit.

Ich glau­be, ich soll­te mich bei Roger Wil­lem­sen ent­schul­di­gen

Mit Dank auch an Micha­el M. für den Hin­weis und an mei­ne Mut­ter für den Scan!

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Musik Digital

Auswärtsspiel: Der große Grand-Prix-Führer 2008

Wir wis­sen auch nicht mehr war­um, aber Ste­fan Nig­ge­mei­er und ich, wir haben uns sämt­li­che 43 Titel, die die­ses Jahr in zwei Halb­fi­nals und einem Fina­le am Grand Prix teil­neh­men, ange­hört. Mehr­mals. Und dar­über geschrie­ben. Näm­lich hier.

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Musik

„Ich hab 29 Jahre dafür gearbeitet“: Interview mit Gregor Meyle

Am Sams­tag spiel­te Gre­gor Meyle, Zweit­plat­zier­ter bei Ste­fan Raabs Cas­ting­show „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“, im Bochu­mer Riff. Nach­dem der Sup­port­act, Ste­ve Sava­ge von den sehr emp­feh­lens­wer­ten Beggars For­tu­ne, schon vom Publi­kum begeis­tert gefei­ert wur­de, leg­ten Gre­gor Meyle und Band noch einen drauf und bescher­ten mir – im Ernst – eines der schöns­ten Kon­zer­te ever. Der Zwi­schen­ruf „Bes­ser als kett­car!“ war so abwe­gig nicht.

Dass Gre­gor Meyle nicht nur ein tol­ler Song­schrei­ber und Musi­ker, son­dern auch ein sehr sym­pa­thi­scher Gesprächs­part­ner ist, hat er vor dem Kon­zert bewie­sen, als er uns im Schat­ten des Bahn­damms ein Inter­view gab.

Und das kön­nen Sie jetzt hier sehen:

[Direkt­link]

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Fernsehen Rundfunk

Bata Man

Ges­tern hab ich mal wie­der „Das per­fek­te Pro­mi-Din­ner“ geguckt. Ich tue das sehr ger­ne, beson­ders, wenn ich wäh­rend­des­sen essen kann. Plötz­lich kam ein älte­rer Herr ins Bild und ich dach­te „Ach, guck mal da!“ Dann erst stell­te ich fest, dass ich Bata Illic streng genom­men gar nicht ken­ne, also jeden­falls nicht in einem Maße, das eine sol­che Freu­de und Über­ra­schung gerecht­fer­tigt hät­te.

Bis vor einem Monat wuss­te ich von Bata Illic gera­de mal, dass er vor vie­len Jah­ren einen Hit namens „Michae­la“ gehabt hat­te, dass er aus­sah wie Franz Josef Wag­ner, und dass er nicht an der Schuh­fir­ma Bata betei­ligt war.1 In der Zwi­schen­zeit aber war Bata Illic ins RTL-Dschun­gel­camp ein­ge­zo­gen und war dort bis zum letz­ten Tag ver­blie­ben. War er dort anfangs kaum auf­ge­fal­len, hat­te er mit sei­ner ers­ten Dschun­gel­prü­fung, bei der er mit Rat­ten sprach und die­se von sei­nen fried­vol­len Absich­ten zu über­zeu­gen ver­such­te, die Her­zen der Zuschau­er erobert. Ich habe von jun­gen Damen gehört, die ihn am liebs­ten als Opi mit­ge­nom­men hät­ten.

Über­haupt: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ dürf­te sich für die RTL-Redak­teu­re zum Super-GAU ent­wi­ckelt haben. Statt sich anzu­kei­fen und in Gra­ben­kämp­fe zu ver­fal­len, konn­te man den Pro­mi­nen­ten2 bei Selbst­fin­dung und Grup­pen­ku­scheln zuse­hen. Ross Ant­o­ny und Michae­la Schaf­frath waren mir vor­her unbe­kannt bis egal gewe­sen, aber es war schon ein Erleb­nis, dem anfangs völ­lig hys­te­ri­schen Ross bei der Über­win­dung sei­ner Ängs­te zuzu­se­hen oder eine Frau zu erle­ben, die mit ihrer inne­ren Ruhe und Güte die gan­ze Trup­pe zusam­men­hielt und so gar nicht dem Kli­schee des über­all apo­stro­phier­ten Ex-Por­no­stars ent­sprach. Die­se Staf­fel ent­wi­ckel­te sich dann auch ver­se­hent­lich zum Gegen­ent­wurf aller Cas­ting­shows, wo inner­halb weni­ger Wochen aus Nobo­dies Stars gemacht wer­den: Plötz­lich saßen da Stars, die vie­le nicht kann­ten, im Dschun­gel, rede­ten auf eine ganz eigen­ar­tig poe­ti­sche Art belang­lo­ses Zeug und mach­ten sich bei über­trie­be­nen Kin­der­ge­burts­tags­spie­len zum Affen. Der Unter­schied zu „Zim­mer frei!“ bestand teil­wei­se nur noch in den Mode­ra­to­ren und der Reak­ti­on der Öffent­lich­keit.

Und wäh­rend mich das For­mat „Rea­li­ty TV“ nor­ma­ler­wei­se über­haupt nicht inter­es­siert, weil ich schon nicht wis­sen will, wie falsch sich mei­ne Nach­barn ernäh­ren oder wie grau­en­haft sie ihre Woh­nung ein­ge­rich­tet haben, fin­de ich die Pro­mi­nen­ten-Able­ger davon meis­tens ganz groß­ar­tig. Es gibt kaum einen bes­se­ren Weg, Leu­te etwas über Leu­te zu erfah­ren, als ihnen beim Dschun­gel-Bewoh­nen oder Essen zuzu­se­hen. Danach braucht man kei­ne Papa­raz­zi mehr.

Die „Promidinner“-Redakteure hat­ten dann auch eine an „Lost“ erin­nern­de Akri­bie bei der Zusam­men­set­zung der gest­ri­gen Köche an den Tag gelegt: Neben Bata Illic waren John Jür­gens, Sohn der Schla­ger­le­gen­de Udo Jür­gens; Kriem­hild Jahn, Sopra­nis­tin und Ehe­frau von Schla­ger­pro­du­zen­ten­le­gen­de Ralph Sie­gel, sowie Heydi Núñez Gómez ver­tre­ten, die auch schon mal im RTL-Dschun­gel war und mit Ralph Sie­gel eine Plat­te auf­ge­nom­men hat­te. Und wäh­rend sich die ande­ren Kan­di­da­ten mit exqui­si­ten und exo­ti­schen Gerich­ten zu über­trump­fen ver­such­ten, ser­vier­te Bata Illic eine Roh­kost­plat­te mit liter­wei­se Mayon­nai­se, frit­tier­te Schnit­zel nach einem Rezept sei­ner „Schwie­ger­ma­ma“ und eine Rum­tor­te, deren Zucker­guss noch vor dem Fern­se­her Zahn­schmer­zen ver­ur­sach­te. Las er auf den Menü-Kar­ten der ande­ren Kar­ten etwas, was sei­ner Frau Olga gefal­len könn­te, woll­te er gleich eine dog­gy bag für sie ordern, und immer, wenn er für die Koch­küns­te der Ande­ren Punk­te ver­tei­len soll­te, tat er das mit den Wor­ten „Ich freue mich, ihm/​ihr zehn Punk­te geben zu dür­fen“, und man glaub­te ihm die­se Freu­de genau­so wie jedes ein­zel­ne „wun­der­schön“.3

Noch mehr als im Dschun­gel oder am Ess­tisch erfährt man über Men­schen nur, wenn man sieht, wie sie leben. Bata Illic und sei­ne Olga leben in einem Haus, das mit sei­nen ter­ra­cot­ta­far­be­nen Wän­den, run­den Türz­ar­gen, selbst geschrie­be­nen Iko­nen, baro­cken Kom­mo­den und eng­li­schen Club­ses­seln wie ein wüst, aber lie­be­voll zusam­men­ge­stell­tes Muse­um wirkt. Wer die bei­den mit­ein­an­der reden sieht, wird dem Mann jedes Wort jedes Schla­ger­tex­tes abneh­men. Bei Kriem­hild Jahn und Ralph Sie­gel zuhau­se gibt es einen glä­ser­nen Fahr­stuhl, die Küche liegt (wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe) im Kel­ler und der Ess­tisch steht in einem Raum, der aus­sieht wie die Lob­by eines Hotels in Las Vegas.

  1. Danach hat­te ihn Roger Wil­lem­sen vor fast eben­so vie­len Jah­ren bei „Wil­lem­sens Woche“ mal gefragt. []
  2. Ich fin­de es so unfair, die Dschun­gel-Cam­per als „Pro­mi­nen­te“ mit Anfüh­rungs­zei­chen zu bezeich­nen. Zumin­dest einem Teil der Bevöl­ke­rung dürf­te jeder Ein­zel­ne bekannt gewe­sen sein und wenn man „Pro­mi­nen­ter“ mal mit „jemand, von dem sich Men­schen gemein­sa­me Han­dy­fo­tos wün­schen“ über­setzt, soll­ten alle zehn als Pro­mi­nen­te durch­ge­hen. Außer­dem bin ich neu­lich ver­se­hent­lich in eine Auto­gramm­stun­de von Mar­tin Stosch hin­ein­ge­ra­ten, bei der es für die zahl­rei­chen Besu­che­rin­nen zwei „Abend­essen“ (mit Anfüh­rungs­zei­chen) mit dem Star zu gewin­nen gab. []
  3. Dass er sich strikt wei­ger­te, mit dem Essen zu begin­nen, bevor die Gast­ge­be­rin Platz genom­men hat­te, und er den Damen jedes­mal, wenn sie sich hin­set­zen woll­ten, umständ­lich den Stuhl ran­schie­ben woll­te, zeigt, dass sein Kom­men­tar im Dschun­gel zu (ich glau­be) DJ Tomekk „Wir zwei sind Gen­tle­men“ zumin­dest zur Hälf­te voll­kom­men rich­tig war. []
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Musik

Die Quotenfrau

Mir ist ent­ge­gen aller sta­tis­ti­schen Wahr­schein­lich­keit nie­mand bekannt, von dem ich weiß, daß er (oder sie) eine Andrea-Berg-CD besitzt. Dabei scheint die­se pseu­do­ver­ruch­te Schla­ger­ver­brei­tungs­un­we­sent­lich­keit doch mit elf Mal Gold und fünf Mal Pla­tin in jedem zwei­ten deut­schen CD-Schrank zu ste­hen – und damit die deut­sche Plat­ten­in­dus­trie im Allein­gang zu ret­ten. Dann mel­det der Musik­markt auch noch, daß die­se Frau einen ganz neu­en Charts­re­kord auf­ge­stellt hat:

Etwas mehr als sechs Jah­re nach der Ver­öf­fent­li­chung bricht Schla­ger­star Andrea Berg mit ihrem Album „Best Of“ einen his­to­ri­schen Rekord und setzt sich mit 313 Wochen Ver­weil­dau­er in den deut­schen Album-Charts an die Spit­ze der lang­le­bigs­ten Alben der Chart­ge­schich­te.

Respekt. Denn damit hat aus­ge­rech­net Frau Berg geschafft, was die For­de­run­gen der unsäg­li­chen Deutsch­quo­ten­an­hän­ger end­gül­tig fürs Klo qua­li­fi­ziert: Deut­sche Musik fin­det auch ohne Quo­ten statt. Dumm nur, daß damit die eigent­lich sehr vor­zeig­ba­re Lang­le­big­keits­bi­lanz der deut­schen Charts­ge­schich­te eher beschmutzt als ver­schö­nert wird:

Sie ver­weist damit den bis­he­ri­gen Spit­zen­rei­ter, Pink Floyds „Wish You Were Here“ (312 Wochen), auf Platz zwei. Es fol­gen die Beat­les mit den bei­den Alben „1962–1966“ (297 Wochen) und „1967–1970“ (285 Wochen) sowie das „Grea­test Hits“-Album von Simon & Gar­fun­kel (242 Wochen), die alle­samt in den Sieb­zi­ger Jah­ren in die Charts ein­stie­gen.

Frü­her war alles bes­ser. Oder so.

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Musik Print

Schlagerzeilen

So, jetzt hab ich mir doch mal (zum ers­ten Mal seit der Ent­de­ckung Ame­ri­kas, ver­mut­lich) den „Spie­gel“ gekauft. Noch nicht mal pri­mär, weil da das sagen­um­wo­be­ne Schäub­le-Inter­view drin ist, son­dern wegen … Micha­el Wend­ler!

Den hat­ten wir hier schon mal ken­nen­ge­lernt, als ich Dins­la­ken zur zukünf­ti­gen Musik­haupt­stadt Deutsch­lands erklär­te. Ganz so weit ist man beim „Spie­gel“ noch nicht, aber der Arti­kel von Tho­mas Schulz zählt zum Unter­halt­sams­ten, was ich in den letz­ten Mona­ten gele­sen habe (und man soll­te es beim „Spie­gel“ kaum für mög­lich hal­ten: das scheint sogar beab­sich­tigt gewe­sen zu sein).

„Der Wend­ler wird eine Hys­te­rie aus­lö­sen.“ Sagt der Wend­ler. „Der Wend­ler ist ein­fach geil.“ Sagt der Wend­ler. „Wenn ich nicht selbst der Wend­ler wäre, ich würd‘ mir die gan­ze Zeit zu mei­nen Kon­zer­ten hin­ter­her­fah­ren.“
Der Wend­ler, das ist Micha­el Wend­ler, 35, gelern­ter Spe­di­ti­ons­kauf­mann aus Dins­la­ken, Beruf: Schla­ger­star. Obwohl der Wend­ler das so nie sagen wür­de, genau wie er nie „der Micha­el“ sagt und sel­ten „ich“, son­dern immer nur „der Wend­ler“. Er wür­de sagen: König des Pop-Schla­gers. So steht es auf sei­nen Pla­ka­ten, sei­nem Fan-Maga­zin, sei­nen Plat­ten. Er hat sich den Begriff mar­ken­recht­lich schüt­zen las­sen.

Ich gebe zu, ich hät­te den Arti­kel nicht an der U‑Bahn-Sta­ti­on lesen sol­len, man wird ja doch immer schief ange­guckt, wenn man sich in der Öffent­lich­keit kaputt­lacht. Schon in der Ein­lei­tung steht „Ein Besuch in einer Par­al­lel­welt“, und genau das ist es: Schulz macht sich nicht über sein The­ma lus­tig, er beschreibt es nur mit dem dezent ungläu­bi­gen Blick, den man wohl drauf­ha­ben soll­te, wenn man im Auf­trag eines Ham­bur­ger Nach­rich­ten­ma­ga­zins Fest­zel­te, Dorf­dis­cos und den „Bal­ler­mann“ auf Mal­lor­ca auf­su­chen muss:

Es dau­ert nicht lan­ge, dann schlappt ein Mann her­an in knall­ro­ten Leder­ho­sen und abge­schnit­te­ner Jeans­ja­cke, er setzt sich an den Tisch, ein­fach so, und stellt sich vor: „Gestat­ten: Drews, Schla­ger­star, alternd“.

Die Schla­ger­bran­che, so der Tenor der Repor­ta­ge, erlebt gera­de mal wie­der ein Revi­val – aber dies­mal ohne die Hel­den von vor­ges­tern und abseits der Öffent­lich­keit:

Des­we­gen ist Andrea Berg wohl auch der unbe­kann­tes­te Star im Land. Ihr „Best of“-Album hielt sich 290 Wochen in den Charts. Ihr aktu­el­les Album war die meist­ver­kauf­te Plat­te des Musik­rie­sen Sony BMG in Deutsch­land im ver­gan­ge­nen Jahr. Sie kann inzwi­schen bis zu 30 000 Euro pro Auf­tritt neh­men. Aber das hat RTL nicht davon abge­hal­ten, ihren Auf­tritt bei der Ver­lei­hung des Deut­schen Musik­prei­ses Echo fast kom­plett her­aus­zu­schnei­den.

Es lohnt sich, den Arti­kel zu lesen, und es lohnt sich anschei­nend auch, sich mal so ein Micha­el-Wend­ler-Kon­zert aus der Nähe anzu­schau­en:

„Bei mei­nen Auf­trit­ten sind die Leu­te so ral­lig, die knal­len sich auf den Toi­let­ten.“

Nach­trag 20:25 Uhr: Wie mir mei­ne Mut­ter soeben per E‑Mail mit­teilt, ist der Arti­kel auch online ver­füg­bar. Das war er heu­te Nach­mit­tag, als ich zum Kiosk ging, noch nicht …

Nach­trag, 20. Juli: Jetzt ist der Arti­kel natür­lich wie­der off­line bzw. kos­ten­pflich­tig. Kön­nen die sich mal ent­schei­den?

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Musik Rundfunk

Grand-Prix-Liveblog

Weil die Vor­be­richt­erstat­tung in der ARD mich ein wenig irre gemacht hat, kam mir die Idee, doch noch ein ganz spon­ta­nes Grand-Prix-Live­blog zu star­ten. Wenn alles gut­geht, gibt’s also hier gleich die halb­her­zi­ge Neben­be­richt­erstat­tung.