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TV-Tipp: Der Wendler-Clan

Was fällt Ihnen alles zum The­ma „Dins­la­ken“ ein? Dal­li dal­li!

Micha­el „Der“ Wend­ler, selbst­er­nann­ter König des Pop­schla­gers und Bot­schaf­ter der Stadt Dins­la­ken in der Welt des Glit­zers und Gla­mours, hat jetzt end­lich sei­ne eige­ne TV-Serie über sich und sei­ne Fami­lie. Ich erwar­te eine Mischung aus „This Is Spi­nal Tap“ und „Die Fuss­broichs“ und freue mich, dass mei­ne Home­town gefühl­te 100 Jah­re nach „Nase vorn“ mal wie­der einen regel­mä­ßi­gen Sen­de­platz im deut­schen Fern­se­hen bekommt.

Ste­fan Nig­ge­mei­er hat die ers­te Fol­ge von „Der Wend­ler-Clan“ schon gese­hen und bremst ein wenig mei­ne Eupho­rie. Aller­dings kommt er ja auch nur aus Osna­brück …

Der Wend­ler-Clan
ab Sonn­tag, 3. Janu­ar 2010
jeden Sonn­tag um 19 Uhr auf Sat.1

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Schlagerzeilen

So, jetzt hab ich mir doch mal (zum ers­ten Mal seit der Ent­de­ckung Ame­ri­kas, ver­mut­lich) den „Spie­gel“ gekauft. Noch nicht mal pri­mär, weil da das sagen­um­wo­be­ne Schäub­le-Inter­view drin ist, son­dern wegen … Micha­el Wend­ler!

Den hat­ten wir hier schon mal ken­nen­ge­lernt, als ich Dins­la­ken zur zukünf­ti­gen Musik­haupt­stadt Deutsch­lands erklär­te. Ganz so weit ist man beim „Spie­gel“ noch nicht, aber der Arti­kel von Tho­mas Schulz zählt zum Unter­halt­sams­ten, was ich in den letz­ten Mona­ten gele­sen habe (und man soll­te es beim „Spie­gel“ kaum für mög­lich hal­ten: das scheint sogar beab­sich­tigt gewe­sen zu sein).

„Der Wend­ler wird eine Hys­te­rie aus­lö­sen.“ Sagt der Wend­ler. „Der Wend­ler ist ein­fach geil.“ Sagt der Wend­ler. „Wenn ich nicht selbst der Wend­ler wäre, ich würd‘ mir die gan­ze Zeit zu mei­nen Kon­zer­ten hin­ter­her­fah­ren.“
Der Wend­ler, das ist Micha­el Wend­ler, 35, gelern­ter Spe­di­ti­ons­kauf­mann aus Dins­la­ken, Beruf: Schla­ger­star. Obwohl der Wend­ler das so nie sagen wür­de, genau wie er nie „der Micha­el“ sagt und sel­ten „ich“, son­dern immer nur „der Wend­ler“. Er wür­de sagen: König des Pop-Schla­gers. So steht es auf sei­nen Pla­ka­ten, sei­nem Fan-Maga­zin, sei­nen Plat­ten. Er hat sich den Begriff mar­ken­recht­lich schüt­zen las­sen.

Ich gebe zu, ich hät­te den Arti­kel nicht an der U‑Bahn-Sta­ti­on lesen sol­len, man wird ja doch immer schief ange­guckt, wenn man sich in der Öffent­lich­keit kaputt­lacht. Schon in der Ein­lei­tung steht „Ein Besuch in einer Par­al­lel­welt“, und genau das ist es: Schulz macht sich nicht über sein The­ma lus­tig, er beschreibt es nur mit dem dezent ungläu­bi­gen Blick, den man wohl drauf­ha­ben soll­te, wenn man im Auf­trag eines Ham­bur­ger Nach­rich­ten­ma­ga­zins Fest­zel­te, Dorf­dis­cos und den „Bal­ler­mann“ auf Mal­lor­ca auf­su­chen muss:

Es dau­ert nicht lan­ge, dann schlappt ein Mann her­an in knall­ro­ten Leder­ho­sen und abge­schnit­te­ner Jeans­ja­cke, er setzt sich an den Tisch, ein­fach so, und stellt sich vor: „Gestat­ten: Drews, Schla­ger­star, alternd“.

Die Schla­ger­bran­che, so der Tenor der Repor­ta­ge, erlebt gera­de mal wie­der ein Revi­val – aber dies­mal ohne die Hel­den von vor­ges­tern und abseits der Öffent­lich­keit:

Des­we­gen ist Andrea Berg wohl auch der unbe­kann­tes­te Star im Land. Ihr „Best of“-Album hielt sich 290 Wochen in den Charts. Ihr aktu­el­les Album war die meist­ver­kauf­te Plat­te des Musik­rie­sen Sony BMG in Deutsch­land im ver­gan­ge­nen Jahr. Sie kann inzwi­schen bis zu 30 000 Euro pro Auf­tritt neh­men. Aber das hat RTL nicht davon abge­hal­ten, ihren Auf­tritt bei der Ver­lei­hung des Deut­schen Musik­prei­ses Echo fast kom­plett her­aus­zu­schnei­den.

Es lohnt sich, den Arti­kel zu lesen, und es lohnt sich anschei­nend auch, sich mal so ein Micha­el-Wend­ler-Kon­zert aus der Nähe anzu­schau­en:

„Bei mei­nen Auf­trit­ten sind die Leu­te so ral­lig, die knal­len sich auf den Toi­let­ten.“

Nach­trag 20:25 Uhr: Wie mir mei­ne Mut­ter soeben per E‑Mail mit­teilt, ist der Arti­kel auch online ver­füg­bar. Das war er heu­te Nach­mit­tag, als ich zum Kiosk ging, noch nicht …

Nach­trag, 20. Juli: Jetzt ist der Arti­kel natür­lich wie­der off­line bzw. kos­ten­pflich­tig. Kön­nen die sich mal ent­schei­den?

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Musik

Zwischen Indie, R’n’B und Pop-Schlager: Dinslaken, Rock City

Dins­la­ken hat rund 72.000 Ein­woh­ner, von denen schät­zungs­wei­se knapp die Hälf­te Musik machen. Ich hat­te mich hier bereits mehr­fach und über­schwäng­lich zu den Kili­ans geäu­ßert und dro­he hier schon mal für die Zukunft eine lose Serie an, in der ich sämt­li­che loka­len Bands, denen ich Poten­ti­al unter­stel­le, vor­stel­len wer­de.

Zuvor erfor­dert es aber die Aus­ge­wo­gen­heit, noch auf ein paar ande­re … äh: Acts ein­zu­ge­hen, die eben­falls aus der Stadt kom­men, in der ich die wei­tes­ten Tei­le mei­ner Kind­heit und Jugend ver­brach­te:

Urba­ni­ze
Deutsch­spra­chi­ges R’n’B-Pro­jekt, des­sen eine Hälf­te für meh­re­re Jah­re in mei­ner Jahr­gangs­stu­fe war. Schon damals hat er im elter­li­chen Kel­ler eige­ne Tracks zusam­men­ge­baut und hat dafür von sei­nen punk­so­zia­li­sier­ten Mit­schü­lern (also uns) Hohn und Spott geern­tet. Als er an der RTL-2-Cas­ting­show „Teen­star“ (die so sehr in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist, dass es noch nicht mal einen Wiki­pe­dia-Ein­trag zu ihr gibt) teil­nahm, war er für 15 Sekun­den der Star auf dem Schul­hof – dann schaff­te er es nicht in die nächs­te Run­de. Aber weder sol­che Rück­schlä­ge, noch die Bos­hei­ten sei­ner Kri­ti­ker konn­ten ihn auf­hal­ten. Mit der Aus­dau­er, mit der er über vie­le Jah­re hin­weg sei­nen Träu­men nicht nur nach­hing, son­dern auch aktiv an ihnen arbei­te­te, erkämpf­te er sich den Respekt der frü­he­ren Spöt­ter.
Mit­te April erschien „War­ten auf dich“ von Urba­ni­ze, eine … nun ja: zeit­ge­mä­ße, ein­ge­deutsch­te Bear­bei­tung von „Right Here Wai­ting“ von Richard Marx. Wer Oli P.s Ver­si­on von „Flug­zeu­ge im Bauch“ gut fand, und auf hoch­g­e­pitch­te Stim­men nicht mit kör­per­li­cher Abnei­gung reagiert, wird auch hier­an Gefal­len fin­den – und dass das nicht eben weni­ge sind, zeigt ein Blick auf die aktu­el­len deut­schen Sin­gle­charts:

Urbanize in den deutschen Singlecharts
(Screen­shot: mtv.de)

Micha­el Wend­ler
Seit vie­len Jah­ren hän­gen ein­mal jähr­lich Pla­ka­te in Dins­la­ken, die ver­kün­den, dass Wend­ler kom­me. Weil auch mei­ne Begeis­te­rung für Pop- und Mas­sen­kul­tur Gren­zen und blin­de Fle­cken kennt, inter­es­sier­te mich weder, wer „Wend­ler“ war, noch was er wo tue. Aus den Lokal­zei­tun­gen erfuhr ich spä­ter, dass es sich um den „König des Pop-Schla­gers“ han­de­le und die­ser bei sei­nen Kon­zert erst die Stadt­hal­le in Duis­burg-Wal­sum und dann die Are­na Ober­hau­sen mit begeis­ter­ten Fan­in­nen füll­te.
Seit letz­ter Woche hängt im Dins­la­ke­ner Bahn­hof ein Pla­kat, das die Ver­öf­fent­li­chung von Wend­lers Sin­gle „Sie liebt den DJ“ bei SonyBMG ankün­digt (mit Urba­ni­ze und Kili­ans kom­men wir somit auf drei deutsch­land­wei­te Sin­gle-VÖs Dins­la­ke­ner Künst­ler inner­halb von zehn Tagen – dodge this, Oma­ha, Nebras­ka!).
Mei­ne jour­na­lis­ti­sche Gründ­lich­keit erfor­dert es jetzt von mir, dass ich auch in die­sen Song mal rein­hö­re. Geht ja alles ganz ein­fach mit iTu­nes. Aaaal­so, hier und jetzt das 30-Sekun­de-Live-Hör­erleb­nis in einem Nicht-Live-Medi­um: öh, ja – „Pop-Schla­ger“ trifft es wohl ganz gut. Ich per­sön­lich grif­fe für mei­ne Par­ty­be­schal­lung zu The Smit­hs, bei denen der DJ nicht geliebt, son­dern gehängt wird, aber die Zei­ten, in denen ich kate­go­risch ein Ver­bot von allem for­der­te, was mir nicht gefiel, sind (wie all­ge­mein üblich) mit dem Ende mei­ner Puber­tät ver­gan­gen, so dass ich heu­te in aller Gelas­sen­heit sagen kann: „Bit­te, wem’s gefällt und wem es beim Erwerb guter Lau­ne auf Groß­ver­an­stal­tun­gen hilft, der soll bit­te auch sol­che Musik mit der glei­chen Hin­ga­be hören, wie ich gera­de Get Cape. Wear Cape. Fly. Aber bit­te in einer Laut­stär­ke, die kei­ne Nach­bar­schafts­pro­zes­se vor tat­säch­li­chen und TV-Gerich­ten nach sich zieht!“

Und nach­dem wir Dins­la­ken – ver­mut­lich zur gro­ßen Über­ra­schung sei­ner Ein­woh­ner – der­art als Kul­tur­stadt gefei­ert haben, müs­sen wir nur noch raus­krie­gen, wel­che genaue Bedeu­tung eigent­lich das Pro­mi­nen­ten­ren­nen auf der dor­ti­gen Trab­renn­bahn für die ZDF-Sen­dung „Nase vorn“ hat­te …