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Straßenschäden unter sich

Die Gesell­schaft für deut­sche Spra­che hat heu­te in einer – zuge­ge­be­ner­ma­ßen schön bebil­der­ten – Pres­se­er­klä­rung bekannt­ge­ge­ben, wie ihr „Wort des Jah­res 2024“ lau­tet: „Ampel-Aus“.

Gemeint ist damit das Schei­tern der Bun­des­re­gie­rung aus SPD (rot), FDP (gelb) und Grü­nen (nun …), die im soge­nann­ten Volks­mund als „Ampel-Koali­ti­on“ oder schlicht als „Ampel“ bekannt war.

Nun zöge­re ich als stu­dier­ter Lin­gu­ist, die GfdS (nicht zu ver­wech­seln mit dem „Ver­ein Deut­sche Spra­che“, einer Art Vor­feld-Orga­ni­sa­ti­on der AfD) zu kri­ti­sie­ren, aber ich bin der Mei­nung, dass mit die­ser Aus­zeich­nung eine zuneh­men­de Infan­ti­li­sie­rung der Polit-Kom­mu­ni­ka­ti­on gewür­digt und damit auch wei­ter vor­an­ge­trie­ben wird.

Bei dem legen­där-öden Pres­se­ter­min in der Baye­ri­schen Ver­tre­tung in Ber­lin, auf dem er Fried­rich Merz mit einem mit­tel-enthu­si­as­ti­schen „Ich bin damit fein“ zum Kanz­ler­kan­di­da­ten der Uni­on kür­te, sprach Mar­kus Söder mehr­fach vom „Ampel­scha­den“, als sei er ehren­amt­li­cher Bür­ger­meis­ter einer Klein­stadt, die über eine ein­zi­ge Kreu­zung ver­fügt. Dem Adjek­tiv „staats­tra­gend“ kam der baye­ri­sche Minis­ter­prä­si­dent damit so nahe wie der Wacht­meis­ter Dimpf­el­mo­ser, aber den wür­de Söders Kern­ziel­grup­pe, der Stamm­tisch (bzw. des­sen Bewoh­ner), wahr­schein­lich auch nach zwei Maß Bier noch freund­lich grü­ßen.

Ampel-Aus-Symbolbild (Foto: Lukas Heinser)

Die „Ampel“, das ist für Men­schen, die auf Social Media ger­ne erklä­ren, dass sie „selbst den­ken“, die Vor­stu­fe zu „rot-grün-ver­sifft“, zum „Kin­der­buch­au­tor“ Robert Habeck, zum müf­fe­li­gen Namens­witz „Gre­ta Thun­fisch“: eine ver­meint­lich ori­gi­nel­le For­mu­lie­rung, die man irgend­wo zwi­schen „Welt“-Kommentarspalte, Gabor Stein­garts Lebens­werk und Face­book auf­ge­le­sen hat, die man als Erken­nungs­zei­chen für Gleich­ge­sinn­te vor sich her­trägt und die ihre eige­ne Replik gleich mit­bringt: „Okay, Boo­mer!“

„Ampelz­off“ war schon 2023 unter den „Wör­tern des Jah­res“ gewe­sen, was eine gewis­se Fixie­rung auf Wör­ter der Duden-Kate­go­rie „ver­al­tend“ nahe­legt (Kun­den, die „zof­fen“ kauf­ten, inter­es­sier­ten sich auch für „pen­nen“, „fun­zen“ und „bum­sen“), ande­rer­seits spre­chen die meis­ten wei­te­ren Begrif­fe aus den Top 10 nicht dafür, dass sich die Gesell­schaft für deut­sche Spra­che an das Luther’sche Dik­tum hält, dem Volk aufs Maul zu schau­en: „Kli­ma­schön­fär­be­rei“, „kriegs­tüch­tig“, „Rechts­drift“, „gene­ra­ti­ve Wen­de“, „SBGG“, „Life-Work-Balan­ce“, „Mes­ser­ver­bot“, „angst­spa­ren“ und „Deckel­wahn­sinn“ wir­ken jeden­falls nicht, als könn­ten sie – um mal ein belie­bi­ges Wort zu ver­wen­den, das 2024 tat­säch­lich viel zu hören war – das popu­lar vote gewin­nen.

Von Gui­do Wes­ter­wel­le ist ein über­ra­schend poe­ti­scher (auch Joa­chim Rin­gel­natz und Ernst Jandl sind Poe­sie) Moment über­lie­fert, in dem er ein­mal erklär­te: „Wir gehen in kei­ne Ampel, Schwam­pel und ande­re Ham­pe­lei­en sind mit uns nicht zu machen.“ Das ist aller­dings so lan­ge her, dass der Fuß­ball­ver­ein, für den Kevin Kampl heu­te spielt, noch gar nicht gegrün­det war.

Die aller­ers­te Regie­rungs­ko­ali­ti­on der Bun­des­re­pu­blik aus CDU/​CSU, FDP und DP hat­te kei­nen Spitz­na­men, der sich bis heu­te erhal­ten hät­te, was auch dar­an gele­gen haben mag, dass man die Far­ben der Deut­schen Par­tei (schwarz-weiß-rot) jetzt viel­leicht nicht mehr als unbe­dingt nötig her­vor­he­ben woll­te. 1953 wur­de die­se Koali­ti­on noch um den Bund der Hei­mat­ver­trie­be­nen und Ent­rech­te­ten erwei­tert, wirk­lich in Erin­ne­rung blieb aber eh nur der Bun­des­kanz­ler: Kon­rad Ade­nau­er. Der konn­te von 1957 bis 1961 allei­ne (also: mit abso­lu­ter Mehr­heit für die Uni­on) regie­ren und saß ab 1961 einer Koali­ti­on vor, die man heu­te „schwarz-gelb“ nen­nen wür­de (oder, für die Teil­zeit-Komi­ker der Haupt­stadt­pres­se: „BVB“), damals aber nicht, weil die FDP Gelb erst seit 1972 ein­setzt. Ent­spre­chend regier­te sie mit der SPD zusam­men auch als „sozi­al-libe­ra­le Koali­ti­on“, was heu­te gera­de­zu rüh­rend aus­sa­ge­kräf­tig wirkt, wo man der­lei Inhalts­an­ga­ben nur noch in bizar­ren Schwund­stu­fen wie dem „Gute-Kita-Gesetz“ begeg­net. Die Regie­run­gen von 1966–1969, 2005–2009 und 2013–2021, die aus Uni­on und SPD bestan­den, nann­te man „gro­ße Koali­ti­on“, weil sie – zumin­dest anfangs – eine erheb­li­che Mehr­heit der Abge­ord­ne­ten abdeck­te.

In den 1980er Jah­ren begann das Far­ben­spiel. Das hat wenig mit dem gleich­na­mi­gen Album von Hele­ne Fischer zu tun, wohl aber mit ihrem Namens­vet­ter Josch­ka. Einer der vie­len unge­schrie­be­nen Arti­kel mei­nes Jah­res hät­te des­halb die Geschich­te die­ses Begriffs zurück­ver­fol­gen sol­len (denn ich lie­be wenig mehr an mei­ner jour­na­lis­ti­schen Arbeit, als mich stun­den­lang durch Archi­ve zu wüh­len, eine erstaun­li­che Men­ge Bei­fang mit mei­nen peers zu tei­len und dar­aus hin­ter­her einen Text zu schnit­zen, bei dem die Redak­ti­on kri­tisch eine Augen­braue hebt und sagt: „Das ist jetzt selbst für Dei­ne Ver­hält­nis­se extrem nerdig!“), bis in die frü­hen 1990er Jah­re und zu einem Mann namens Björn Eng­holm, der für kur­ze Zeit das war, was nach ihm vie­le waren: Der schnell ver­ges­se­ne Hoff­nungs­trä­ger der SPD.

Vor­bei die Zei­ten wie im Novem­ber 1992, als die „Süd­deut­sche Zei­tung“ schrieb:

Fer­tig ist sie, die ‚Ampel­ko­ali­ti­on‘, die wir des­halb in Gän­se­füß­chen set­zen, weil wir uns unter die­sem Gebil­de tech­nisch nichts vor­stel­len kön­nen.

Dass Natur­wis­sen­schaf­ten im öffent­li­chen Dis­kurs eher eine Neben­rol­le spie­len, wis­sen wir spä­tes­tens seit der Covid-19-Pan­de­mie, und zu den Din­gen, die über Eure Vor­stel­lungs­kraft gehen, gehört allen­falls eine Bob­mann­schaft aus, genau: Jamai­ka.

In der media­len Dau­er-Erre­gung schon lang ver­ges­sen ist das Wort „Schwam­pel“ (für: „schwar­ze Ampel“), das Jörg Schö­nen­born am Wahl­abend 2005 mit besorg­nis­er­r­gen­dem Ver­ve in den akti­ven Wort­schatz sei­ner Gesprächspartner*innen und Zuschauer*innen über­füh­ren woll­te. Es klingt, als wür­de es etwas sehr, sehr Ekli­ges beschrei­ben — mut­maß­lich das knor­pe­li­ge Stück Fleisch, das man beim Mit­tag­essen bei der „fei­nen“ Oma plötz­lich im Mund hat und sich nicht aus­zu­spu­cken traut (was, sei­en wir ehr­lich, ande­rer­seits nah dran ist an dem, was man von einer schwarz-gelb-grü­nen Koali­ti­on erwar­ten kann).

Dann hat irgend­je­mand den Flag­gen-Atlas sei­nes Kin­der­gar­ten­kin­des mit in irgend­ei­ne Redak­ti­on gebracht und nach inten­si­vem Stu­di­um und sicher­lich tage­lan­gen Kon­fe­ren­zen wur­de beschlos­sen, für­der­hin den Begriff „Jamai­ka-Koali­ti­on“ zu ver­wen­den. Heu­te könn­te man über die Gleich­set­zung der Begrif­fe „schwar­ze Ampel“ und „Jamai­ka“ noch mal gan­ze post-kolo­nia­le, ras­sis­mus­kri­ti­sche Dis­kur­se auf­sper­ren, aber der Gel­be Wagen, er ist inzwi­schen in jeder Hin­sicht wei­ter­ge­rollt, und es liegt eine fei­ne Iro­nie dar­in, dass die Can­na­bis-Lega­li­sie­rung eben nicht von einer Jamai­ka-Koali­ti­on beschlos­sen wur­de. (Als Led Zep­pe­lin einen Reg­gae-las­ti­gen Song auf­nah­men, nann­ten sie ihn „D’yer Mak’er“, was man [dʒəˈ­meɪkə] aus­spre­chen soll­te, also wie den Insel­staat, was The Hold Ste­ady in ihrem Song „Joke About Jamai­ca“ noch mal the­ma­ti­sie­ren, uns aber lei­der gera­de nir­gend­wo­hin bringt.)

Der Flag­gen-Atlas blieb in der Redak­ti­on und erwies sich als prak­tisch, als schwarz-rot-grü­ne Regie­rungs­bünd­nis­se gebil­det und benamt wer­den muss­ten: „Afgha­ni­stan“ hat­te einen in vie­ler Hin­sicht unglück­li­chen Bei­klang (und nach Gras auch noch Opi­um in die poli­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on ein­zu­füh­ren, hät­te viel­leicht auch merk­wür­dig gewirkt — eine „Kolumbien“-Koalition aus SPD, FDP und AfD scheint wenigs­tens erst­mal aus­ge­schlos­sen), wes­we­gen sich die Medi­en mehr­heit­lich auf „Kenia“ ver­stän­dig­ten.

Die wei­te­ren tek­to­ni­schen Ereig­nis­se in der Par­tei­en­land­schaft stel­len Redak­tio­nen und Par­tei­en vor immer neue Pro­ble­me: Für schwarz-rot-lila hat­te nicht­mal mehr Shel­don Coo­per eine Flag­ge parat, wes­we­gen sich Berich­te aus Thü­rin­gen nun um eine „Brom­beer-Koali­ti­on“ ran­ken. Und anstatt dass irgend­je­mand mal inne­hält und sich (und bes­ten­falls auch ande­re) fragt, ob das nicht lang­sam alles ein biss­chen albern wird, wird wahr­schein­lich schon wert­vol­le Arbeits­zeit mit der Fra­ge ver­schwen­det, was – zum Hen­ker – eigent­lich rot-grün-lila sein könn­te oder schwarz-gelb-lila (Men­schen mit Gas­tro-Erfah­run­gen wis­sen: Erbro­che­nes nach Weih­nachts­markt-Besuch).

Ange­sichts der angeb­li­chen Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft (auch hier hilft ein Blick in Zei­tun­gen von, sagen wir mal: 1968) und der damit ein­her­ge­hen­den Schwarz-Weiß-Ein­tei­lung bie­tet sich als nächs­te Eska­la­ti­ons­stu­fe viel­leicht eine „Pan­da-Koali­ti­on“ an. Oder ein­fach, denn jetzt ist auch alles egal: eine „Koa­la­li­ti­on“.

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Politik Gesellschaft

#2013

Vor zwei Wochen habe ich mir ange­schaut, wie die Sen­dung „30 Jah­re RTL“ pro­du­ziert wird. Die Auf­zeich­nung dau­er­te nicht ganz so lan­ge, wie der Titel ver­sprach (aber fast), und wird am 3. Janu­ar aus­ge­strahlt.

Deut­lich schnel­ler ging die Pro­duk­ti­on eines eher namen­lo­sen Pod­casts von­stat­ten, zu der ich mich ges­tern mit Fried­rich Küp­pers­busch getrof­fen habe: 99 Tage nach der Bun­des­tags­wahl und 101 Tage nach dem letz­ten Tages­schaum haben wir über das Jahr 2013 medi­tiert – und das Ergeb­nis kön­nen Sie sich schon jetzt anhö­ren!

Mit dabei: Ange­la Mer­kel, Edward Snow­den, Hash­tags und Omma & Oppa.

Kom­men Sie gut ins Neue Jahr!

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Volles Vertrauen, hier in Deutschland

In der letz­ten Zeit habe ich mit meh­re­ren Radio­leu­ten gespro­chen, die sich beklag­ten, dass vie­le Bands heut­zu­ta­ge kein Inter­view­trai­ning mehr von den Plat­ten­fir­men bekä­men und des­halb im Gespräch oft etwas kon­fus rüber­kä­men und kei­ne guten O‑Töne lie­fer­ten.

Nun könn­te man ein­wen­den, Musi­ker müss­ten ja nicht pri­mär gescheit daher reden, son­dern vor allem schö­ne Musik machen. Anders ver­hält es sich da schon bei Poli­ti­kern: Noch bevor die neue Bun­des­re­gie­rung im Amt ist, haben eini­ge Kabi­netts­mit­glie­der schon durch außer­ge­wöhn­li­che Pres­se­kon­fe­ren­zen von sich reden gemacht.

Der desi­gnier­te Außen­mi­nis­ter Gui­do Wes­ter­wel­le wei­ger­te sich, eine eng­lisch­spra­chi­ge Fra­ge eines BBC-Repor­ters anzu­hö­ren und belehr­te die­sen, dass er sich in Deutsch­land befin­de. Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel kan­zel­te einen nie­der­län­di­schen Repor­ter ab, der Zwei­fel an der Kom­pe­tenz Wolf­gang Schäubles als Finanz­mi­nis­ter wegen des­sen Ver­stri­ckung in die CDU-Par­tei­spen­den­af­fä­re äußer­te.

Bei­de Ant­wor­ten hät­ten sich vor weni­gen Jah­ren noch ver­sen­det – heut­zu­ta­ge wur­den sie inner­halb weni­ger Stun­den ein paar Tau­send Mal auf You­Tube ange­schaut und via Inter­net wei­ter­ver­brei­tet. Für vie­le User scheint sich zu bestä­ti­gen, was die Illus­trier­te „Der Spie­gel“ heu­te aus der Kris­tall­ku­gel berich­tet: Schwarz/​Gelb wird ein Desas­ter.

Ich habe Fritz Goer­gen, der frü­her Stra­te­gie­be­ra­ter füh­ren­der FDP-Poli­ti­ker war und heu­te als frei­er Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­ter arbei­tet, nach sei­ner Ein­schät­zung des The­mas gefragt und er war so freund­lich, einen klei­nen Gast­bei­trag zu ver­fas­sen:

Poli­tik? Bit­te inter­net­ter.

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Digital Politik Gesellschaft

Wir sind noch nicht so weit

Es gibt wohl mal wie­der Grund für Kri­tik an der Bun­des­re­gie­rung und jede Men­ge Auf­schreie aus der Blogo­sphä­re. Eini­ge Stim­men mei­nen gar, die Bun­des­re­gie­rung wol­le den Faschis­mus ein­füh­ren.

Ich hal­te das für Unsinn. Die­se Bun­des­re­gie­rung könn­te den Faschis­mus nicht ein­füh­ren, wenn sie es woll­te. Sie kann nur ver­se­hent­lich den Boden dafür berei­ten.

Denn wenn man sich die Pres­se­kon­fe­renz ange­se­hen hat, auf der Nicht-Wil­helm von Gut­ten­berg, Ursu­la von der Ley­en und Bri­git­te Zypries heu­te über die Inter­net­sper­ren gegen Kin­der­por­no­gra­phie gespro­chen haben, kann man nur zu einem Schluss kom­men: Die­se Men­schen wis­sen wirk­lich nicht, wovon sie reden. Es gilt das glei­che wie in den Debat­ten über Bun­destro­ja­ner und „Kil­ler­spie­le“: Ja, die Betei­lig­ten sind ahnungs­los – aber bös­wil­lig? Wohl kaum.

Don Dah­l­mann und Tho­mas Knü­wer haben schö­ne Tex­te geschrie­ben über die „Sys­tem­kämp­fe“ bzw. die „digi­ta­le Spal­tung“, die der Gesell­schaft dro­hen. Ich habe das vor einem Jahr auch schon mal an ganz pri­va­ten Bei­spie­len durch­ex­er­ziert.

Und bei aller ver­mut­lich sehr berech­tig­ten Kri­tik an den gan­zen Vor­ha­ben die­ser Ber­li­ner Dilet­tan­ten fra­ge ich mich immer wie­der, ob wir „Inter­net­ak­ti­vis­ten“, deren Zahl ich mal sehr groß­zü­gig auf 500.000 Men­schen schät­zen möch­te, nicht so eine Art digi­ta­le Auto­schrau­ber sind: Nerds mit einem schö­nen Hob­by, das aber gesell­schaft­lich nur bedingt rele­vant ist.

Die Mil­lio­nen­gro­ßen Nut­zer­zah­len von You­Tube, MySpace, Face­book und Stu­diVZ soll­ten nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass das Inter­net für die aller­meis­ten Nut­zer in Deutsch­land so etwas ähn­li­ches ist wie ein Auto (isch abe gar keins) für mich: Es ist prak­tisch, aber wie es funk­tio­niert und was damit noch mög­lich wäre, ist irgend­wie egal. Für die­se Men­schen ist Goog­le „das Inter­net“, und sie nut­zen es, um mit Freun­den zu kom­mu­ni­zie­ren, für die Uni zu recher­chie­ren und bil­li­ge Flug­rei­sen zu buchen. Eine Zen­sur von regie­rungs­kri­ti­schen Inter­net­sei­ten, wie sie immer wie­der an die Wand gemalt wird, hät­te für die­se Gele­gen­heits-User ver­mut­lich die glei­che Bedeu­tung wie ein Tem­po­li­mit für mich: Es wäre ihnen egal.

Selbst wenn wir eine Mil­li­on wären: Wir stün­den immer noch mehr als 80 Mil­lio­nen Men­schen gegen­über. Zwar ist Mas­se in den sel­tens­ten Fäl­len ein Beleg für die Rich­tig­keit von Ideen, aber über deren wah­re Bedeu­tung ent­schei­det immer noch der Ver­lauf der Geschich­te. Und so wird die Zukunft zei­gen, ob das Inter­net mit all sei­nen Chan­cen und Gefah­ren, mit all dem Tol­len und Abscheu­li­chen (das ich ja immer schon nur für eine digi­ta­le Abbil­dung der Lebens­wirk­lich­keit gehal­ten habe), wirk­lich in eine Rei­he mit den gro­ßen Errun­gen­schaf­ten der Mensch­heit (Feu­er, Rad, geschnit­ten Brot) gehört, oder ob es „nur“ ein sehr, sehr gutes Werk- und Spiel­zeug war.

Mich beschlei­chen immer wie­der Zwei­fel, ob das World Wide Web wirk­lich das gro­ße Demo­kra­tie-Instru­ment ist, als das es gefei­ert wird. Ich glau­be schon, dass da ein enor­mes Poten­ti­al vor­han­den ist, aber noch weiß kaum jemand davon. Die Deut­schen schimp­fen einer­seits seit Erfin­dung ihres Lan­des auf „die da oben“, sind aber ande­rer­seits in besorg­nis­er­re­gend hoher Zahl mit der „Arbeit“ von Ange­la Mer­kel zufrie­den. Die­sen Men­schen die Chan­ce auf Mit­be­stim­mung zu geben käme ver­mut­lich ähn­lich gut an, wie wenn man ihren Flie­sen­tisch zer­schlü­ge und ihnen „Du bist frei von den Fes­seln des Klein­bür­ger­tums!“ ent­ge­gen rie­fe.

PS: Per­sön­lich ent­täuscht bin ich von Ursu­la von der Ley­en, die ich bis­her immer für eine kom­pe­ten­te und erfri­schend pro­gres­si­ve Fami­li­en­mi­nis­te­rin gehal­ten habe. Ich weiß nicht, ob sie ein­fach schlech­te Bera­ter hat, oder ob ihr die Ber­li­ner Luft nicht bekommt. Aber letz­te­res wäre durch­aus ver­ständ­lich.

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Politik Digital

Was tun wenn’s brennt? Stopschilder aufstellen!

Hilft fast immer: Einfach die Augen schließen!

Es war ver­mut­lich rei­ner Zufall, dass Gün­ther Jauch aus­ge­rech­net ges­tern bei „Wer wird Mil­lio­när?“ die Fra­ge stell­te, was gemäß Arti­kel 5 des Grund­ge­set­zes in Deutsch­land nicht statt­fin­de. Wo doch gera­de am Vor­mit­tag die Ver­tre­ter von fünf Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men gemein­sam mit Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Ursu­la von der Ley­en einen Ver­trag unter­schrie­ben hat­ten, wonach sie ab Okto­ber ein­fach den Zugang zu Inter­net­sei­ten sper­ren, auf denen kin­der­por­no­gra­phi­sche Inhal­te lie­gen bzw. ver­mu­tet wer­den.

Man soll sich den ekel­er­re­gen­den Schwein­kram halt nicht mehr so leicht angu­cken kön­nen. Um auf Num­mer Sicher zu gehen, könn­te man natür­lich auch gleich alle Com­pu­ter beschlag­nah­men oder allen Bun­des­bür­gern die Augen aus­ste­chen – Tadaa! Schon kann das kei­ner mehr sehen. Unse­re Bun­des­re­gie­rung ist unge­fähr so kom­pe­tent wie der gefrä­ßi­ge Plap­per­kä­fer von Tra­al, der annimmt, dass er einen auch nicht sehen kann, wenn man ihn nicht sieht.

In Blogs und auf Nach­rich­ten­sei­ten erfreu­en sich Feu­er als Ver­gleichs­grö­ße gro­ßer Beliebt­heit:

Bei einem Wald­brand, um im Bild zu blei­ben, wür­de nie­mand auf die Idee kom­men, nur einen Para­vent davor zu stel­len, mit der Auf­schrift: Stopp, ab hier wird es heiß und gefähr­lich. Damit zufäl­lig vor­bei­kom­men­de Spa­zier­gän­ger die Flam­men nicht sehen – zumin­dest, solan­ge sie nicht um den Para­vent her­um­lau­fen.

Genau das aber geschieht beim Miss­brauch von Kin­dern. Statt die Ser­ver mit den Inhal­ten abzu­schal­ten, die Flam­men also zu löschen, wird nur ein Stopp­schild davor gehängt. Erreich­bar sind die Fotos und Fil­me wei­ter­hin. Zumin­dest für all jene, die sich die Mühe machen, um den Para­vent her­um­zu­ge­hen.

Das popu­lis­ti­sche Geham­pel der Minis­te­rin1 wird nur noch getoppt von Hans-Peter Uhl, einem mir bis­her unbe­kann­ten2 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten der CSU, der es (offen­bar ohne rot zu wer­den) fer­tig brach­te, fol­gen­des bei abgeordnetenwatch.de zu Pro­to­koll zu geben:

Für mich steht jedoch fest, dass z.B. das Frei­heits­recht eines Kin­des, nicht sexu­ell miss­braucht und Pädo­phi­len zur Schau gestellt zu wer­den, um eini­ges höher zu bewer­ten ist als eine ver­ab­so­lu­tier­te „Frei­heit des Inter­nets“ oder ande­res dum­mes Geschwätz. Die gan­ze pseu­do-bür­ger­rechts­en­ga­gier­te Hys­te­rie von Pseu­do-Com­pu­ter­ex­per­ten, man müs­se um jeden Preis ein „unzen­sier­tes Inter­net“ ver­tei­di­gen etc. – vgl. www.ccc.de -, fällt für mich in die Kate­go­rie: juris­tisch ohne Sinn und Ver­stand und mora­lisch ver­kom­men.

Nun krie­ge ich gene­rell bei Ver­wen­dung des Prä­fi­xes „Pseu­do“ ein ganz star­kes Zie­hen im Nacken und in der rech­ten Hand. Die Art, wie Uhl hier Beden­ken und Kri­tik von Leu­ten wie dem renom­mier­ten Rechts­pro­fes­sor Tho­mas Hoe­ren abbü­gelt, ist aber der­art ekel­er­re­gend und arro­gant, dass es mich schlicht fas­sungs­los zurück­lässt.

Was der Innen­ex­per­te tun möch­te, damit Kin­der nicht nur nicht „Pädo­phi­len zur Schau gestellt“ wer­den, son­dern auch schlicht nicht sexu­ell miss­braucht wer­den, ver­rät er lei­der nicht.

Der klei­ne, klei­ne Trost (der vor allem bei CSU-Abge­ord­ne­ten natür­lich weit­ge­hend wert­los ist): Auch pseu­doo­fe Leu­te wie Hans-Peter Uhl müs­sen sich einer Wie­der­wahl stel­len.

[via Eupho­rie­fet­zen]

  1. Auf die Idee muss man auch erst mal kom­men, poten­ti­el­len Kin­der­por­no­kon­su­men­ten ein Stop­schild (Ver­zei­hung: „Stopp“-Schild) unter die Nase zu hal­ten. []
  2. Offen­bar lohnt die Beschäf­ti­gung mit die­sem Mann: Er gilt als „Innen­ex­per­te“, redet ger­ne wir­res Zeug und for­dert die Über­wa­chung „ter­ror­ver­däch­ti­ger“ Zwölf­jäh­ri­ger. []
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Politik

Bailout Boy

Die Steu­er­zah­ler müs­sen die Mil­li­ar­den-Kos­ten für das ein­sturz­ge­fähr­de­te Atom­müll­la­ger im nie­der­säch­si­schen Asse über­neh­men. „Die Kos­ten für den Wei­ter­be­trieb und die Still­le­gung trägt der Bund“, heißt es in einem Koali­ti­ons­an­trag zur Novel­le des Atom­ge­set­zes, der der Ber­li­ner Zei­tung vor­liegt. Damit weicht die Koali­ti­on vom Grund­satz im Atom­ge­setz ab, dass die Ver­ur­sa­cher von Atom­müll für den Betrieb und die Still­le­gung von End­la­gern auf­kom­men.

So berich­tet heu­te die „Ber­li­ner Zei­tung“.

Mir fällt zu die­ser Bun­des­re­gie­rung nichts mehr ein. Außer viel­leicht das, was ich heu­te mor­gen (neben eini­gen Brot­kru­men) mei­nem Radio ent­ge­gen­ge­brüllt habe, als ich die Mel­dung hör­te: „Fickt Euch!“

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Print Politik

War was?

Wie es der Zufall so will, hat sich die gro­ße Koali­ti­on in Deutsch­land­üb­ri­gens ges­tern dar­auf ver­stän­digt, wie das BKA-Gesetz aus­se­hen soll. Der Weg zu heim­li­chen Online-Durch­su­chun­gen ist damit frei.

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Digital Leben

From Despair To Where

Weil’s ja in der gro­ßen Koali­ti­on im Moment mal wie­der am Kri­seln ist, dach­te man sich bei derwesten.de, dem Inter­net­por­tal der WAZ-Grup­pe: „Da machen wir doch mal ’ne Umfra­ge mit der soge­nann­ten Sonn­tags­fra­ge.“

Etwas über­rascht dürf­ten wohl nicht nur die Mit­ar­bei­ter vom bis­he­ri­gen Ver­lauf die­ser Abstim­mung sein:

Die Leser von derwesten.de wünschen sich eine linke Bundesregierung

[Screen­shot am 30. Mai 2008 um 14:15 Uhr]

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Digital

Rätselspaß mit n‑tv.de

Wir machen mal wie­der ein klei­nes Rät­sel:

Aus wie vie­len Arti­keln bei n‑tv.de habe ich die fol­gen­den Screen­shots zusam­men­ge­stellt?

Da haben wir ein Sym­bol­bild …

Gut gebrüllt, Löwen, aber es geht auch anders!

… ein Video …

Streit um Jugendstrafrecht: Koch rudert zurück

… und die­se Über­schrift:

Wer zusammen frühstückt liebt sich (doch)

Na, was glau­ben Sie? Wie vie­le Arti­kel waren das?

Drei? Sind Sie sich sicher?

Nun, die drei Screen­s­höt­te stam­men aus …

*Trom­mel­wir­bel*

… ein und dem­sel­ben Arti­kel.

Das ist Blöd­sinn, sagen Sie? Und fra­gen sich, wor­um es denn in einem Arti­kel gehen soll, der mit Löwen bebil­dert ist, ein Video von Roland Koch zeigt und in der Über­schrift von Lie­be und Früh­stück faselt?

Mein Gott, sind Sie phan­ta­sie­los: Um die Stim­mung in der gro­ßen Koali­ti­on, natür­lich!

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Gesellschaft

Schutzbehauptungen

Rauch (Symbolbild)

In der mor­gi­gen „FAZ“ fin­det sich eine Repor­ta­ge von Judith Lembke, die sich drei Mona­te nach der Ein­füh­rung des Rauch­ver­bots in Hes­sen in Frank­fur­ter Knei­pen umge­se­hen hat.

Auch wenn ich – wie bereits beschrie­ben – Nicht­rau­cher bin und sehr ent­schie­den etwas dage­gen habe, wenn frem­de Leu­te mei­ne Kla­mot­ten und mei­ne Gesund­heit rui­nie­ren wol­len, muss ich doch fest­stel­len, dass das Nicht­rau­cher­schutz­ge­setz offen­bar wie­der sämt­li­che Qua­li­tä­ten der gro­ßen Koali­ti­on ver­eint: Am Leben vor­bei, übers Ziel hin­aus­schie­ßend, allen­falls zur Hälf­te durch­dacht und (wie so oft) nicht so ganz mit der Ver­fas­sung ver­ein­bar:

Die Loka­le, die nur aus einem Schank­raum bestehen und kei­ne Mög­lich­keit haben, beson­de­re Rau­cher­zo­nen aus­zu­wei­sen, sind beson­ders stark vom Gäs­te­schwund betrof­fen. Da dort ein gene­rel­les Rauch­ver­bot herrscht, wei­chen die rau­chen­den Gäs­te auf Knei­pen aus, wo sie sich auch wei­ter­hin die Ziga­ret­te zum Fei­er­abend­bier geneh­mi­gen kön­nen. Und der Rau­cher, der sei­nem Stamm­lo­kal die Treue hält, trinkt weni­ger, weil er zum Rau­chen nicht in die Käl­te, son­dern lie­ber wie­der nach Hau­se geht.

Es sieht also so aus, dass die Wir­te klei­ner Eck­knei­pen, die in eini­gen Fäl­len sogar Besit­zer der Immo­bi­lie sein mögen, ihren Kun­den in ihren eige­nen vier Wän­den das Rau­chen ver­bie­ten müs­sen, wenn sie kei­nen abtrenn­ba­ren Neben­raum haben. Und das wol­len sich die meis­ten rau­chen­den Kun­den natür­lich nicht antun.

Sicher: Ich wür­de kei­ne Rau­cher­knei­pe auf­su­chen, aber das müss­te ich ja auch nicht, solan­ge es für mich Nicht­rau­cher­knei­pen gäbe. Die aller­dings hät­te es auf frei­wil­li­ger Basis schon lan­ge geben kön­nen und ich ken­ne bis heu­te kei­ne ein­zi­ge. Und damit befin­den wir uns mit­ten drin in einem Dilem­ma, das so undurch­schau­bar scheint, dass ich die Erstel­lung einer Pro- und Con­tra-Lis­te für ein pro­ba­tes Mit­tel erach­te:

Pro Rauch­ver­bot in Knei­pen

  • Rau­chen ist unge­sund. Wenn nur ein Mensch mit dem Rau­chen auf­hört, weil er sich den Gang vor die Tür nicht mehr antun will, ist das ein Gewinn. Auch für die Kran­ken­kas­sen, deren Finan­zie­rung immer­hin auch durch Nicht­rau­cher erfolgt.
  • Die Mit­ar­bei­ter müs­sen geschützt wer­den. In Deutsch­land gibt es Vor­schrif­ten zur Grö­ße von Schreib­ti­schen und der Beleuch­tung in Büros, da erscheint es drin­gend ange­zeigt, Ange­stell­te end­lich vor den Gefah­ren des Pas­siv­rau­chens zu schüt­zen.
  • Wo geraucht wird, muss häu­fi­ger reno­viert wer­den. In Extrem­fäl­len kann auch der Wert der Immo­bi­lie sin­ken. Rau­chen ist also eigent­lich unver­ant­wort­lich, wenn es nicht in den (im juris­ti­schen Sin­ne) eige­nen vier Wän­den pas­siert. Rauch­ver­bo­te wären dem­nach auch in Miet­woh­nun­gen und Rau­cher­zim­mern in gemie­te­ten Gast­stät­ten erfor­der­lich.
  • Es hat bis­her kaum Nicht­rau­cher­knei­pen auf frei­wil­li­ger Basis gege­ben – und das, obwohl der Markt mit Sicher­heit da wäre. Wenn sich der Markt nicht mehr selbst regu­lie­ren kann, soll­te der Staat über eine Inter­ven­ti­on nach­den­ken.

Con­tra gene­rel­les Rauch­ver­bot

  • Jeder erwach­se­ne Mensch soll­te selbst ent­schei­den kön­nen, was er mit sei­nem Kör­per macht: Mara­thon lau­fen, Puls­adern auf­schnei­den, Bart wach­sen las­sen, rau­chen, trin­ken, Dro­gen neh­men. Ich hiel­te eine unauf­ge­reg­te Grund­satz­dis­kus­si­on über die völ­li­ge Lega­li­sie­rung aller berau­schen­den Stof­fe für begrü­ßens­wert, bin mir aber sicher, sie zeit­le­bens und hier­zu­lan­de nicht mehr zu erle­ben.
  • In den meis­ten Eck­knei­pen bedie­nen ein Besit­zer und ein, zwei Ange­stell­te, die nicht sel­ten zur Fami­lie des Besit­zers gehö­ren. Einer per­sön­li­chen Erhe­bung nach wür­de ich sagen, dass sämt­li­che (dau­er­haf­ten) Bedie­nun­gen in sol­chen Knei­pen selbst rau­chen.
  • Es grenzt das Recht auf Berufs­frei­heit ein, wenn Gast­wir­te per Gesetz zu Nicht­rau­cher­gast­wir­ten gemacht wer­den. Mög­li­cher­wei­se ver­stößt es sogar wirk­lich gegen das Grund­ge­setz. Wer ent­schei­den darf, wie sei­ne Knei­pe aus­sieht, wel­ches Bier dort aus­ge­schenkt wird1 und wel­che Musik dort läuft, soll­te auch ent­schei­den dür­fen, was dar­in im Rah­men der gesetz­li­chen Gren­zen – wobei ich das Nicht­rau­cher­schutz­ge­setz natür­lich aus­ge­klam­mert wis­sen will – erlaubt ist und was nicht. Hät­te ich eine Knei­pe, gäbe es dort kei­ne „Gold“-Biere und kei­ne Musik von Bryan Adams oder Revol­ver­held.
  • Wenn die Nicht­rau­cher nicht Wil­lens oder in der Lage waren, sämt­li­che Gast­stät­ten, in denen geraucht wur­de, zu boy­kot­tie­ren (und dem Wirt das auch mit­zu­tei­len), müs­sen sie sich die Fra­ge gefal­len las­sen, wie wich­tig ihnen ihr Anlie­gen war. Nur spre­chen­den Men­schen kann gehol­fen wer­den und man kann es nie allen recht machen, wie mei­ne Groß­mutter schon immer sag­te.
  • Im Gegen­satz zu Zügen, Behör­den, Kon­zert­hal­len und Kinos kann man sich sei­ne bevor­zug­te Gast­stät­te selbst aus­su­chen. Nichts und nie­mand zwingt einen2, genau in eine Rau­cher­knei­pe zu gehen. 18 Jah­re nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung und in Zei­ten einer immer wei­ter aus­ein­an­der klaf­fen­den sozia­len Sche­re wäre eine Zwei-Klas­sen-Gesell­schaft im Nacht­le­ben nur kon­se­quent.
  • Rau­chen­de, laut schnat­tern­de Men­schen vor einer Knei­pe sind schlim­mer als rau­chen­de, laut schnat­tern­de Men­schen in der glei­chen Knei­pe – vor allem für die Anwoh­ner. Wer über dem Ein­gang einer Gast­stät­te wohnt, wird Dank des Nicht­rau­cher­schutz­ge­set­zes sein Fens­ter in die­sem Som­mer nachts geschlos­sen hal­ten müs­sen.
  • Zahl­rei­che Wir­te wol­len ihre Knei­pen jetzt zu Ver­eins­hei­men umwid­men und grün­den eigens dafür Rau­cher­clubs. Das Letz­te, was Deutsch­land braucht, sind aber noch mehr Ver­eins­mei­er und orga­ni­sier­te Wich­tig­tu­er. Das wird Ihnen jeder Finanz­be­am­te, der die ver­damm­ten Jah­res­rech­nungs­be­rich­te kon­trol­lie­ren muss, bestä­ti­gen.

Die höhe­re Anzahl an Con­tra-Argu­men­ten legt mir die Ver­mu­tung nahe, ich sei eher gegen ein gene­rel­les Rauch­ver­bot. Ganz sicher bin ich mir da aber auch nicht. Dafür weiß ich, dass ich jeder­zeit einen eige­nen Debat­tier­club nur mit mir grün­den könn­te. Mein Club­haus wäre selbst­ver­ständ­lich rauch­frei.

  1. Für mich auch ein wich­ti­ges Aus­schluss­kri­te­ri­um. Beson­ders in Bochum. []
  2. „zwin­gen“ ist in die­sem Fall eher meta­pho­risch gemeint. Schon das Kon­zert einer bestimm­ten Band wäre dem­nach ein zwin­gen­der Grund, eine bestimm­te Kon­zert­hal­le auf­zu­su­chen, die dann auch bit­te rauch­frei sein soll­te. []
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Klickbefehl (4)

Eine 17jährige Teil­neh­me­rin an einer Miss-Wahl oder ein Teil­neh­mer an einer Cas­ting­show, der Elvis nach­macht, wür­de also bereits unter den „Kin­der­por­no­gra­phie-Begriff“ fal­len. Nach juris­ti­scher Auf­fas­sung muss der/​die Darsteller/​in eines kin­der­por­no­gra­phi­schen Erzeug­nis­ses noch nicht ein­mal min­der­jäh­rig sein. Unter dem Begriff der „wirk­lich­keits­na­hen“ Dar­stel­lung wür­den auch fik­tio­na­le Dar­stel­lun­gen und den Ein­satz von „Schein­ju­gend­li­chen“, die voll­jäh­rig sind. Die lite­ra­ri­schen Wer­ke „Loli­ta“ von Nabo­kov und „Der Lieb­ha­ber“ von Mar­gue­ri­te Duras wäh­ren dem­nach eben­so kin­der­por­no­gra­phi­sche Schrif­ten, wie deren Ver­fil­mun­gen und unzäh­li­ge ande­re Wer­ke.

Der Spie­gel­fech­ter klärt über die umstrit­te­ne und erst ein­mal ver­scho­be­ne Neu­fas­sung des Sexu­al­straf­rechts auf, bei der die Bun­des­re­gie­rung mal wie­der auf dem bes­ten Weg ins Desas­ter ist.

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Nach dem Flop der Men­sa-Par­ty des All­ge­mei­nen Stu­die­ren­den Aus­schus­ses (AStA) der Ruhr-Uni zeich­net sich eine schwe­re finan­zi­el­le Kri­se des AStA ab. Die Rück­la­gen von 160 000 Euro zum Aus­gleich des Ver­lus­tes, die der zurück­ge­tre­te­ne Vor­sit­zen­de Fabi­an Fer­ber ins Spiel brach­te, sei­en als Fest­geld ange­legt, sagt René Voss, Vor­sit­zen­der des Haus­halts­aus­schus­ses im Stu­die­ren­den­par­la­ment (Stu­pa) – und damit gar nicht ohne wei­te­res zugäng­lich.

„Der­Wes­ten“ berich­tet über den AStA der Ruhr-Uni Bochum, der eine schwei­ne­teu­re Par­ty mit diver­sen Bands ver­an­stal­tet hat, zu der nicht genug Leu­te kamen, und nun ein erheb­li­ches Finanz­pro­blem hat.

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Hen­ri­co Frank hat die Chan­ce genutzt, die sich so gewal­tig vor ihm auf­tat, als wol­le sie ihn ver­schlin­gen. Er trägt jetzt die Haa­re kurz und einen Ring in der Nase; es ist sei­ne Ent­schei­dung – bei­des. Er erzählt, wie die Pres­se ihn und die krebs­kran­ke Mut­ter in Gotha bela­gert habe, und dass die­se sich nun „wie ein Schnee­kö­nig“ freue.

Die „Frank­fur­ter Rund­schau“ hat Hen­ri­co Frank, dem SPD-Chef Kurt Beck heu­te vor einem Jahr einen Fri­seur­be­such emp­fahl, an sei­nem nicht mehr ganz so neu­en Arbeits­platz besucht.

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Außer­dem: Der neue „Kloß & Spinne“-Film beim Schnip­sel­fried­hof.

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Politik Gesellschaft

Das ist Bahnsinn

Die Gewerk­schaft der Lok­füh­rer (GdL) möch­te von Mitt­woch bis Sams­tag im Güter‑, Nah- und Fern­ver­kehr strei­ken.

Aller­dings droh­te GDL-Chef Schell im Gespräch mit der „Pas­sau­er Neu­en Pres­se“: „Wir kön­nen einen Streik län­ger durch­hal­ten, als es die Bun­des­re­pu­blik ver­kraf­tet“, sag­te er, „und vor allem deut­lich län­ger, als der Bahn­vor­stand dies glaubt“.

Zitat: Welt.de

Äh, okay. Alles klar.

Leu­te, wenn Eure Streik­kas­sen so der­ma­ßen gefüllt sind, dass Ihr schon ver­bal Fuf­fies im Club schmeißt, wie wäre es dann, wenn Ihr ein­fach alle Gewerk­schafts­funk­tio­nä­re wür­det, Euch qua­si selbst durch­füt­tert und die Füh­rer­stän­de für Leu­te räumt, die Spaß am Zug­fah­ren hät­ten?

Viel­leicht könn­te man auch ein­fach in irgend­ei­nem Stadt­thea­ter einen schmu­cken Bal­kon räu­men, Schell und Meh­dorn dort in die Ses­sel tackern und den gan­zen Tag im Kin­der­pro­gramm grum­meln las­sen, wäh­rend Gewerk­schaft und Unter­neh­men von weni­ger dick­köp­fi­gen Men­schen geführt wer­den.

Mit einer Inter­ven­ti­on des Bahn-Eigen­tü­mers (das sind Sie und ich, ver­tre­ten durch die Bun­des­re­gie­rung) ist bis auf wei­te­res übri­gens auch nicht zu rech­nen, denn in Ber­lin hat man gera­de ande­re Sor­gen.

(Höl­le, Höl­le, Höl­le!)