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Rundfunk Politik

Ich bin ein Kalauer

Eines ist schon mal sicher: US-Prä­si­dent Barack Oba­ma wird heu­te Nach­mit­tag in Ber­lin eine his­to­ri­sche Rede hal­ten. Drun­ter geht nicht, sonst ist Kai Diek­mann ent­täuscht.

Es ist ein will­kom­me­ner Anlass, mich einem Trau­ma zu wid­men, das mich seit fast zwan­zig Jah­ren ver­folgt: Im Som­mer 1994 hat­ten mir mei­ne Eltern anläss­lich der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft in den USA erlaubt, wäh­rend der gro­ßen Feri­en einen Fern­se­her in mei­nem Kin­der­zim­mer auf­zu­stel­len. ((Die WM ist noch nicht das Trau­ma, aber nah dran.)) Da nicht die gan­ze Zeit Fuß­ball lief, ich den Fern­se­her wäh­rend der sechs Wochen aber aus­gie­big nut­zen woll­te, muss­te ich mich auch an die ande­ren Inhal­te der damals sechs frei emp­fang­ba­ren Pro­gram­me her­an­ar­bei­ten. Ich sah also alle Fol­gen der Wie­der­ho­lung der inzwi­schen völ­lig in Ver­ges­sen­heit gera­te­nen TV-Serie „Wenn die Lie­be hin­fällt“ mit Bri­git­te Mira, die RTL-Late-Night-Show von Tho­mas Koschwitz und auch ein eher tra­shi­ges ZDF-For­mat mit dem dama­li­gen In-ein-Bana­nen-Mikro­fon-Spre­cher und heu­ti­gen Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker Ken Jeb­sen, das offen­bar „Mond­schein­show“ hieß.

Ich erin­ne­re mich an weni­ge Inhal­te die­ser Sen­dung, aber ich erin­ne­re mich dun­kel, dass ich sie schon als Zehn­jäh­ri­ger ziem­lich doof fand. Fern­seh­pro­du­zen­ten wären also gut bera­ten, die alten Bän­der noch ein­mal raus­zu­su­chen – die glei­chen Inhal­te kann man ja heu­te sicher noch mal auf die Zuschau­er los­las­sen, wenn man sie nur mil­de über­for­dern will.

Jeden­falls fiel in die­sen Som­mer auch der Besuch von US-Prä­si­dent Bill Clin­ton in Ber­lin. Bei Koschwitz war ein Schü­ler­zei­tungs­re­por­ter zu Gast, der ein Inter­view mit Clin­ton geführt hat­te, und in der „Mond­schein­show“ alber­te sich Jeb­sen im Vor­feld durch Ber­lin und such­te nach deutsch­spra­chi­gen Sät­zen, die Clin­ton in der Tra­di­ti­on von Ken­ne­dys „Ich bin ein Ber­li­ner“ zum Bes­ten geben könn­te. ((Ich mer­ke gera­de: Die stets der Zukunft zuge­wand­ten Leu­te von der „Bild“-Zeitung haben sich offen­bar die alten Bän­der kom­men las­sen.))

Die Idee, mit der er am Ende selbst ankam, hat sich seit­dem in mei­nem Hirn fest­ge­fres­sen:

Ber­lin ist schön, so steht’s im Skript. Ich, Clin­ton, hab es nicht getippt!

Was macht eigent­lich Oli­ver Pocher heu­te?

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Ein Denkmal für Heiko Herrlich

Hei­ko Herr­lich war der Größ­te. Zumin­dest war er einer der ganz Gro­ßen in der gol­de­nen Bun­des­li­ga-Sai­son 94/​95, als Borus­sia Mön­chen­glad­bach nahe­zu alles gelang. Mit Mar­tin Dah­lin bil­de­te er den effek­tivs­ten Sturm der Liga und wur­de am Ende Tor­schüt­zen­kö­nig. Beim DFB-Pokal­fi­na­le gegen den VfL Wolfs­burg schos­sen die über­ra­gen­den Män­ner der Sai­son die Tore: Dah­lin, Ste­fan Effen­berg und natür­lich Hei­ko Herr­lich. Es war die Krö­nung einer groß­ar­ti­gen Sai­son und für einen elf­jäh­ri­gen Jun­gen im Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­on war klar, dass es der Auf­takt einer neu­en Ära für die Borus­sen sein wür­de. Wir wür­den um die Meis­ter­schaft mit­spie­len und ich wür­de spä­ter so von den Spie­lern spre­chen, wie es mein Paten­on­kel von Net­zer, Vogts, Heyn­ckes und Kleff tat.

Hei­ko Herr­lich war ein Ver­rä­ter. Das Pokal­fi­na­le war sein letz­tes Spiel für Glad­bach. Er woll­te weg, aus­ge­rech­net zur ande­ren Borus­sia, nach Dort­mund. Für einen Elf­jäh­ri­gen, der gera­de sei­ne ers­te Sai­son als Fan hin­ter sich gebracht hat­te, war es unvor­stell­bar, war­um man Mön­chen­glad­bach über­haupt ver­las­sen wol­len wür­de – geschwei­ge denn nach Dort­mund und unter die­sen Umstän­den. Dass sich Herr­lich und die Ver­eins­füh­rung vor Gericht wie­der tra­fen, sprach damals ein­deu­tig gegen den Spie­ler, der bestimmt eh nur auf Koh­le aus war. Dann ver­schwand er aus mei­nem Focus.

Als ich wie­der von ihm hör­te, war Hei­ko Herr­lich krank. Die ver­fick­te Arsch­loch­krank­heit Krebs. Am Tag nach­dem er kahl­köp­fig eine Pres­se­kon­fe­renz gege­ben hat­te, frag­te mich mei­ne Mut­ter, ob ich die Bil­der in der Zei­tung gese­hen hat­te. Ich hat­te Mit­leid mit Hei­ko Herr­lich und Respekt vor sei­nem Über­le­bens­wil­len. Men­schen­le­ben zäh­len dann eben doch viel, viel mehr als Fuß­ball.

Was wei­ter mit Hei­ko Herr­lich pas­sier­te, habe ich kaum mit­be­kom­men. Musik war wich­ti­ger gewor­den als Fuß­ball und dass Herr­lich sich im Trai­ning Nasen- und Joch­bein gebro­chen hat­te, erfuhr ich erst Jah­re spä­ter aus einer sehr berüh­ren­den SWR-Doku über den Spie­ler, der sich immer wie­der zurück­ge­kämpft hat­te, bis ihm nach vie­len Rück­schlä­gen die Moti­va­ti­on aus­ging und er statt­des­sen Trai­ner wur­de.

Im ver­gan­ge­nen Win­ter über­nahm Hei­ko Herr­lich den Trai­ner­pos­ten beim VfL Bochum und ich freu­te mich sogar ein biss­chen, dass ich wie­der mehr von ihm mit­be­kam. Die ers­ten Spie­le lie­fen her­vor­ra­gend, dann ging es berg­ab. Als ich vor zwei Wochen beim Spiel gegen den HSV im Sta­di­on war, wur­de der Name des Trai­ners bei der Mann­schafts­vor­stel­lung vor­sichts­hal­ber gar nicht erst auf­ge­ru­fen. Bochum kämpf­te, war aber abschluss­schwach, als stün­den Klo­se und Gomez im Sturm, und ver­lor letzt­lich unglück­lich mit 1:2. Noch nie zuvor hat­te ein Ver­ein, des­sent­we­gen ich im Sta­di­on war, ver­lo­ren.

Und dann letz­ten Mitt­woch die­se Pres­se­kon­fe­renz beim VfL: Hei­ko Herr­lich, wie­der eine Spur zu selbst­be­wusst und rea­li­täts­fern, teil­te in alle Rich­tun­gen aus. Und als der „Bild“-Reporter, der Herr­lich so kon­se­quent anduz­te, dass sich selbst Wal­di Hart­mann geschämt hät­te, dem Trai­ner Selbst­zwei­fel ein­re­den woll­te, leg­te Herr­lich los – nicht laut wie Gio­van­ni Tra­pat­to­ni oder Tho­mas Doll, son­dern ganz ruhig. Und jeder, der Eltern hat oder mal auf eine Schu­le gegan­gen ist, weiß: Das knallt viel mehr.

Hei­ko Herr­lich hat­te bei „Bild“ eh nichts mehr zu ver­lie­ren und griff die Zei­tung des­halb fron­tal an. Er erklär­te, war­um ihn „Bild“ sei­nes Erach­tens run­ter­schreibt (weil er nicht mit der Zei­tung reden woll­te, vgl. Jür­gen Klins­mann), er nahm gleich den nächs­ten Schritt vor­weg („Und ich weiß auch, dass es da viel­leicht ’nen Bume­rang gibt, ne?“) und er sag­te, er wer­de „auf­rich­tig“ blei­ben. Und dann ließ er noch so ganz neben­bei den Namen Gün­ter Wall­raff fal­len, was natür­lich wie­der so gar nicht zum Kli­schee des doo­fen Fuß­bal­lers pass­te.

Herr­lichs Nach­satz zum The­ma ist in Mar­mor zu mei­ßeln:

Und drü­cken Sie auf Auf­nah­me, dass ich’s mei­nen Kin­dern irgend­wann zei­gen kann: Euch gegen­über, Ihnen gegen­über bleib‘ ich auf­rich­tig. Die wer­den stolz sein auf mich, irgend­wann.

Es sind Momen­te wie die­se, in denen sonst die Musik anschwillt und in denen Men­schen auf Tische stei­gen und „Oh Käp­t’n, mein Käp­t’n“ skan­die­ren. Und es sind Momen­te, die bit­te, bit­te blei­ben sol­len, in Zei­ten, in denen Leu­te wie Miri­am Piel­hau oder Mat­thi­as Stei­ner in „Bild“ intims­te Momen­te nach Schick­sals­schlä­gen aus­brei­ten, und sich selbst Sibel Kekil­li, die vor sechs Jah­ren im Zen­trum einer „Bild“-Kampagne von his­to­ri­schem Aus­maß stand, mit dem Blatt ver­söhnt zu haben scheint.

Sport­lich sieht es nicht gut aus für Hei­ko Herr­lich (wofür man sich heu­te auch noch beim deut­schen Meis­ter VfL Wolfs­burg bedan­ken kann, der aus­ge­rech­net gegen den Bochu­mer Kel­ler­kon­kur­ren­ten SC Frei­burg ver­lie­ren muss­te), aber mensch­lich war sein Auf­tritt beein­dru­ckend. Hei­ko Herr­lich ist einer der Gro­ßen.

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Klickbefehl (25)

[…] Ich bin der Sohn eines Grie­chen, der wäh­rend der Mili­tär­dik­ta­tur nach Deutsch­land emi­griert ist, und nach dem Ende der Jun­ta in den grie­chi­schen Staats­dienst gegan­gen ist, weil er gelernt hat, dass Demo­kra­tie etwas ist, das man sich jeden Tag erar­bei­ten muss. Und ich habe in mei­nem gan­zen Leben noch nie einen Men­schen getrof­fen, der auch nur annä­hernd so viel arbei­tet wie mein Vater. Heu­te liest er offe­ne Brie­fe in der Bild-Zei­tung, im Stern und wo nicht noch alles, in denen Jour­na­lis­ten Deutsch­land zur rei­chen Tan­te fan­ta­sie­ren, die jetzt aber streng mit ihrem fre­chen Nef­fen sein muss, weil der so unver­ant­wort­lich mit ihrem Geld her­um­wirft. Ich bin selbst Jour­na­list und ich schä­me mich, wenn ich dar­an den­ke, dass mein Vater das liest. […]

Ich kann die Ver­ach­tung nicht in Wor­te fas­sen, die ich für die Kol­le­gen mit ihren offe­nen Brie­fen emp­fin­de, die sich ohne jede Recher­che einen demü­ti­gen­den Witz nach dem ande­ren aus den Fin­gern gesaugt haben, die sehen­den Auges Vor­ur­tei­le bis hin zum ras­sis­ti­schen Hass geschürt haben und die dabei nichts erreicht haben als den Zockern in den ent­spre­chen­den Invest­ment­ban­ken noch ein biss­chen in die Hän­de zu spie­len. […]

Mich­a­lis Pan­te­lou­ris, Ham­bur­ger Jour­na­list mit grie­chi­schen Vor­fah­ren, schreibt in sei­nem Blog Print Würgt über die media­le Het­ze von „Bild“ und Kon­sor­ten.

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Adam and Steve

Heu­te wird die Fir­ma „Apple“ (die mei­nen defek­ten iPod übri­gens nach nur zwei Mona­ten aus­ge­tauscht bekom­men hat) offen­sicht­lich ein Gerät vor­stel­len, das – wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe – über einen Flux-Kom­pen­sa­tor, einen Warp-Antrieb und ein Auto­ra­dio ver­fü­gen wird, das aus­schließ­lich gute Musik spielt. (Okay: Letz­te­res wird ver­mut­lich tech­nisch unmög­lich sein.)

Bevor es aber so weit ist, möch­te ich Ihnen zwei Tex­te zum The­ma emp­feh­len.

Der eine beschäf­tigt sich mit dem Ver­hält­nis zwi­schen Jour­na­lis­ten und Apple:

Der Jubel von heu­te abend ist seit Tagen bereits zu hören – er hat in den Blät­tern und Sen­dern längst begon­nen. Und wenn auch das in den Fan­blogs und Maga­zi­nen für Video­ga­mer nichts Neu­es ist: In der Tages- und Wochen­pres­se ist es zumin­dest in den aktu­el­len Aus­ma­ßen unge­wohnt, um nicht zu sagen ver­ant­wor­tungs­los.

„Ste­ve Jobs als Mes­si­as einer Bran­che“ von Peter Senn­hau­ser

Der ande­re stammt von einem Mann, der nicht gera­de oft durch eine beson­ne­ne und ver­nünf­ti­ge Kom­men­tie­rung der Welt auf­fällt. Aber er sorgt mit sei­ner ver­zerr­ten Wahr­neh­mung der Welt durch­aus für einen Moment des Inne­hal­tens:

Ich lie­be es, wenn der Post­bo­te bei mir läu­tet, mei­ne Abo-Hör­zu auf dem Fern­se­her liegt, mein Nach­bar mich fragt, wie es mir geht und ich die alte Dame im drit­ten Stock über den eis­glat­ten Geh­weg zum Gemü­se­tür­ken beglei­te

„Lie­ber Ste­ve Jobs (Mr. Apple)“ von Franz Josef Wag­ner

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Vom Apfel und der Schlange

Die Fir­ma Apple war mir lan­ge Zeit sym­pa­thisch, ein biss­chen so wie der Vol­vo unter den Com­pu­ter­fir­men.

Im Som­mer des letz­ten Jah­res kauf­te ich mir ein Mac­Book – weil ich mit Win­dows immer unzu­frie­den und bei vor­he­ri­gen Arbei­ten an Macs eini­ger­ma­ßen begeis­tert von der Über­sicht­lich­keit und Funk­ti­ons­wei­se die­ser Com­pu­ter gewe­sen war. Dass Apple längst eine Life­style-Fir­ma war – und in die­ser Funk­ti­on lang­sam aber sicher vom Guc­ci der Com­pu­ter­welt zum Ed Har­dy wur­de -, war mir ziem­lich egal: Ich woll­te einen Com­pu­ter, der ordent­lich arbei­tet, und das tat das Mac­Book.

Als ich mir einen MP3-Play­er kau­fen woll­te, war klar, dass es ein iPod wer­den wür­de. Mei­ne Apple-Bera­te­rin riet mir zum Modell „touch“, weil man damit auch via W‑Lan ins Inter­net kön­ne und über­haupt ganz vie­le tol­le Pro­gram­me dar­auf lie­fen.

Letz­tes Jahr zu Weih­nach­ten schenk­te ich mir zwei Drit­tel des iPods selbst, den Rest schenk­ten mei­ne Eltern. Nach einem hal­ben Tag mit dem Gerät woll­te ich ein iPho­ne haben, so begeis­tert war ich von dem Teil. Es wur­de mir ein treu­er Beglei­ter, spiel­te immer brav die Musik, die ich gera­de hören woll­te, und ver­kürz­te mir mit Sudo­kus, Fuß­ball­si­mu­la­tio­nen und ande­ren Spie­len so man­che Bahn­fahrt.

Im Sep­tem­ber dreh­te mein iPod selb­stän­dig sei­ne Laut­stär­ke auf Null. Er gab kei­ne (hör­ba­ren) Geräu­sche mehr von sich, was bei einem Gerät, das pri­mär als Musikab­spie­ler gekauft wur­de, wenig hilf­reich ist. Ich ging zu einem Bochu­mer Apple-Hän­der und rekla­mier­te das Teil. Nach einer Woche krieg­te ich es zurück: Es sei kein Feh­ler gefun­den wor­den. Dafür bekam ich neue Kopf­hö­rer, denn die hal­ten bei Apple in der Regel so lan­ge wie ein Fahr­rad­schlauch auf Dins­la­ke­ner Rad­we­gen (Anm.: Also nicht sehr lan­ge.)

Drei Wochen spä­ter tauch­te der­sel­be Feh­ler wie­der auf, ich brach­te den iPod wie­der in den Laden und konn­te eine Woche spä­ter ein neu­es Exem­plar abho­len.

Kei­ne drei Wochen spä­ter ging der neue iPod aus. „Haben Sie ver­sucht, ihn wie­der­her­zu­stel­len?“, frag­te der Mit­ar­bei­ter des Apple-Händ­lers am Tele­fon. Ich ver­such­te es, wobei der iPod der­art abstürz­te, dass er danach nicht ein­mal mehr von mei­nem Mac­Book erkannt wur­de. Ich brach­te ihn wie­der vor­bei.

Seit fast fünf Wochen ist mein iPod nun in Repa­ra­tur. Zufäl­li­ger­wei­se fiel das Ende der ein­jäh­ri­gen Garan­tie­pha­se genau in die­se Zeit. Angeb­lich dau­ert es so lan­ge, weil mein neu­er iPod (hof­fent­lich aus einer ande­ren Pro­duk­ti­ons­char­ge) noch gra­viert wer­den muss.

Ich bin also im Moment nur so mit­tel­gut auf die Fir­ma Apple zu spre­chen. Viel­leicht der rich­ti­ge Zeit­punkt, um fest­zu­stel­len, dass sich der iTu­nes Store in die­sem Jahr für sei­ne Akti­on „12 Tage Geschen­ke“ einen ganz beson­de­ren Koope­ra­ti­ons­part­ner aus­ge­sucht hat: Bild.de.

Inter­es­san­ter­wei­se fin­det sich bei Apple selbst kein Hin­weis auf Bild.de – im Gegen­zug ver­sucht „Bild“ aller­dings auch den Ein­druck zu erwe­cken, als ver­schen­ke die Zei­tung selbst ganz allei­ne jeden Tag einen Down­load an ihre Leser.

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Musik Rundfunk

Einmal Star und zurück

Da, wo Sex und Drogen lauern: backstage

Wenn die eige­ne Kar­rie­re im Pop-Busi­ness so rich­tig brach liegt, blei­ben Frau­en nur noch Nackt­fo­tos und Män­nern Ent­hül­lungs­bü­cher. Auf letz­te­ren ste­hen dann grif­fi­ge Ankün­di­gun­gen wie „Die Wahr­heit über DSDS, Pop­stars & Co.“ oder „Zwei Gewin­ner packen aus!“

Mar­kus Grimm und Mar­tin Kesi­ci (dem Sie einen gro­ßen Gefal­len täten, wenn Sie sei­nen Nach­na­men auf der zwei­ten Sil­be beto­nen) wis­sen, wie es wir­ken muss, wenn sie jetzt Jah­re nach ihren Sie­gen bei „Pop­stars“ (Grimm war 2004 in der extrem kurz­le­bi­gen, nur mit­tel­er­folg­rei­chen Kir­mes­go­thic­k­a­pel­le Nu Paga­di) und „Star Search“ (Kesi­ci gewann 2003 in der Kate­go­rie „Adult Sin­ger“) mit einem Buch ankom­men, auf dem „Die Wahr­heit über DSDS, Pop­stars & Co.“ und „Zwei Gewin­ner packen aus!“ steht. Und tat­säch­lich fin­den die bei­den ja plötz­lich wie­der in Medi­en statt, die jah­re­lang kei­ne Notiz von ihnen genom­men haben.

Aber Grimm und Kesi­ci haben nichts mehr zu ver­lie­ren. Gemes­sen dar­an ist ihr Buch mit dem auf­merk­sam­keits­hei­schen­den Titel „Sex, Drugs & Cas­ting­shows“ ziem­lich mode­rat aus­ge­fal­len: Es gibt kaum Namens­nen­nun­gen (an eini­gen Stel­len wie etwa bei einem Schla­ger­sän­ger, der von sich selbst nur in der drit­ten Per­son redet, ver­wen­den die Autoren statt Namen Pik­to­gram­me, was sich jetzt aller­dings viel spek­ta­ku­lä­rer anhört, als es sich im Kon­text dann tat­säch­lich liest), kaum schmut­zi­ge Wäsche und die titel­ge­ben­den Sex- und Dro­gen­an­ek­do­ten kann man auch in jedem Inter­view zum Buch nach­le­sen.

„Das Pop­mu­sik­busi­ness ist schlecht und die Leu­te, die damit zu tun haben, sind noch mal einen Grad schlech­ter“, schreibt Grimm an einer Stel­le (nur um eine hal­be Sei­te spä­ter zu erklä­ren, dass Schla­ger und volks­tüm­li­che Musik aber noch mal viel, viel schlim­mer sei­en), aber das Buch wid­met sich dann doch eher dem Busi­ness als den Leu­ten. Dass die Wahr­heit bei Cas­ting­shows ein fle­xi­bles Gut ist, dürf­te noch kaum jeman­den über­ra­schen. Etwas irri­tie­ren­der ist da schon das beschrie­be­ne Geba­ren von Plat­ten­fir­men, gera­de eta­blier­te Acts ein­fach abzu­sä­gen, weil das Nach­fol­ge­pro­dukt schon in den Start­lö­chern steht. Der Laie wür­de ja womög­lich sagen, dass zwei Pfer­de im Ren­nen die Gewinn­chan­cen erhö­hen. Aber des­we­gen füh­ren wir ja alle kei­ne Plat­ten­fir­men.

Etwas läng­lich und umständ­lich zeich­nen die Autoren ihren Weg in die Final­shows ihrer jewei­li­gen Sen­de­rei­hen nach. Auch dem däm­lichs­ten Leser – und, sei­en wir ehr­lich: ein Buch über Cas­ting­shows läuft Gefahr, ein paar däm­li­che Leser zu fin­den – soll klar wer­den, dass er es hier mit zwei boden­stän­di­gen, ehr­li­chen Musi­kern zu tun hat, die eher zufäl­lig zu Medi­en­stars wur­den. Und deren Namen heu­te noch so ver­brannt sind, dass kaum jemand mit ihnen zusam­men­ar­bei­ten möch­te. Kesi­ci schnod­dert sich durch sei­ne Pas­sa­gen und ver­mit­telt den Ein­druck, als gehe er inzwi­schen ganz sou­ve­rän mit sei­ner Geschich­te um. Bei Grimm hin­ge­gen hat man mit­un­ter das Gefühl, dass ein paar klä­ren­de Gesprä­che mit einem The­ra­peu­ten viel­leicht die bes­se­re Idee gewe­sen wären, als sich den gan­zen Frust von der See­le zu schrei­ben und das dann anschlie­ßend zu ver­öf­fent­li­chen.

Auch wenn die Geschich­ten über Mana­ger und Plat­ten­ver­trä­ge natür­lich alle Kli­schees bestä­ti­gen, die man als Außen­ste­hen­der so vom Musik­busi­ness hat­te (las­sen Sie mich alle guten Rat­schlä­ge auf zwei Wor­te her­un­ter­bre­chen: „NICHTS. UNTERSCHREIBEN.“), stellt man bei der Lek­tü­re fest: Cas­ting­shows haben sehr viel mehr mit Fern­se­hen zu tun als mit Musik. In sei­nem Nach­wort bemerkt Kesi­ci sehr klug, dass Musi­ker „auf die Büh­ne, on the road“ gehö­ren, aber nicht ins Fern­se­hen. Dort geht es näm­lich laut Autoren nur dar­um, Geschich­ten zu erzäh­len und das Publi­kum zu unter­hal­ten und nicht dar­um, Künst­ler auf­zu­bau­en – womög­lich noch lang­fris­tig.

Für das Erzäh­len von Geschich­ten gibt es gan­ze Ver­wer­tungs­ket­ten (RTL und Pro­Sie­ben bestrei­ten damit qua­si ihr gesam­tes Pro­gramm), zu denen natür­lich auch die Bou­le­vard­pres­se gehört. So berich­tet Kesi­ci bei­spiels­wei­se, wie sich ein „Bild“-Mitarbeiter (oder zumin­dest jemand, der sich als sol­cher aus­gab) bei ihm mel­de­te und mit der Ankün­di­gung, wenn Kesi­ci das Vier­tel­fi­na­le gewin­ne, wer­de man über sei­ne Vor­stra­fe wegen Dro­gen­be­sit­zes berich­ten, um ein Gespräch bat. Am Tag nach der Sen­dung mach­te „Bild“ dann mit „Darf so einer Deutsch­lands neu­er Super­star wer­den? Ver­ur­teilt wegen Dro­gen!“ auf.

Auch eine wei­te­re „Skandal“-Geschichte rund um „Star Search“ fand in „Bild“ ihren Anfang: Kesi­ci beschreibt, wie er und zwei wei­te­re Kan­di­da­ten weni­ge Tage vor dem gro­ßen Fina­le mit einer Limou­si­ne abge­holt wur­den, in der Repor­ter von „Bild“ und dem Sat.1‑Boulevardmagazin „Blitz“ war­te­ten. Gemein­sam fuhr man in eine Tab­le­dance-Bar, wo der „Bild“-Fotograf jene Fotos mach­te, die am dar­auf fol­gen­den Tag den Arti­kel „Dür­fen die­se Sex-Fer­kel neue Super­stars wer­den?“ bebil­dern soll­ten. Erstaun­lich ist dar­an viel weni­ger, dass „Bild“ invol­viert war, son­dern, dass Sen­der und Pro­duk­ti­ons­fir­ma der­ar­ti­ge Geschich­ten anschei­nend auch noch for­ciert haben.

Sex- und Dro­gen­par­ties in Pro­mik­rei­sen wer­den zwar erwähnt (Grimm schreibt sei­ten­lang über – Ach­tung! – „eine After-Show, denn sie hat­ten alle kei­ne Hosen an und zeig­ten ihren nack­ten Arsch und mehr“), aber zum gro­ßen Pro­mi­klatsch taugt das Buch nicht. Kesi­ci behaup­tet, „dass 70 Pro­zent der Leu­te aus die­ser Glit­zer- und Gla­mour­welt bei sol­chen Par­tys auf Dro­gen sind“, ent­täuscht aber zwei Sät­ze spä­ter die Erwar­tun­gen der ent­hül­lungs­gei­len Leser­schaft mit dem Hin­weis, dass er kei­ne Namen nen­nen wer­de. Es ehrt ihn als Men­schen, scha­det aber natür­lich der Ver­markt­bar­keit des Buchs.

So erfährt man statt­des­sen, wie es abläuft, wenn eine Plat­ten­fir­ma ein Band­mit­glied raus­schmeißt oder einen Künst­ler droppt. Der Leser bekommt schnell den Ein­druck, dass man bes­ser einen Ban­den­krieg unter süd­ame­ri­ka­ni­schen Dro­gen­kar­tel­len anzet­teln soll­te, als bei einer Major-Plat­ten­fir­ma zu unter­schrei­ben. Dafür gibt es im Anhang auch 50 Sei­ten (teil­wei­se geschwärz­te) Ori­gi­nal­ver­trä­ge, die man ohne meh­re­re juris­ti­sche Staats­examen natür­lich kaum durch­schaut. Wenn aller­dings das, was ich nicht ver­ste­he, genau soviel Quatsch ent­hält wie das, was ich ver­ste­he, dann ist das ganz schön viel Quatsch.

„Sex, Drugs & Cas­ting­shows“ ist letzt­lich War­nung vor den gan­zen Ver­stri­ckun­gen, die die Teil­nah­me an so einem Cas­ting mit sich bringt. Auch als Schil­de­rung zwei­er Lebens­we­ge, die von „Durch­schnitts­typ“ zu „Super­star“ und zurück füh­ren, funk­tio­niert das Buch eini­ger­ma­ßen gut. Es hät­te aller­dings gehol­fen, wenn das Manu­skript zumin­dest mal kurz­fris­tig in der Nähe von jeman­dem gele­gen hät­te, der sich mit dem Schrei­ben von Büchern aus­kennt.

Dass Teil­neh­mer und Zuschau­er glei­cher­ma­ßen ver­arscht wer­den, hat­te man sich ja immer schon gedacht. Bei der Lek­tü­re sieht man also vie­les bestä­tigt, was man sowie­so über die feh­len­de Wahr­haf­tig­keit sol­cher Sen­dun­gen geahnt hat­te, gewürzt mir ein paar fas­sungs­los machen­den Anek­do­ten. Aber die ver­spro­che­ne Abrech­nung, „die Wahr­heit“, das alles fällt letzt­lich ein biss­chen mager aus. Ja: Cas­ting­shows sind doof und gefähr­lich und jetzt wis­sen wir alle, war­um. Das auf mehr als 350 Sei­ten aus­ge­brei­tet zu krie­gen, ist ver­mut­lich immer noch ange­neh­mer, als die Ver­wer­tungs­ma­schi­ne­rie des Show­ge­schäfts selbst zu durch­lau­fen.

Mar­kus Grimm/​Martin Kesi­ci – Sex, Drugs & Cas­ting­shows
Riva, 428 Sei­ten
17,90 Euro

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Musik Gesellschaft

If anyone asks …

Ich hab län­ger über­legt, ob ich noch was über den media­len Over­kill schrei­ben soll, der Deutsch­land seit dem Tod von Robert Enke fest im Griff hat. Dar­über, wie ich mich ges­tern ange­sichts des „Bild“-Titels „Deutsch­land weint mit Frau Enke“ an die Zeit nach dem 11. Sep­tem­ber 2001 erin­nert fühl­te, als schon mal die Kol­lek­ti­vie­rung der per­sön­li­chen Emp­fin­dung völ­lig die tat­säch­li­che per­sön­li­che Aus­ein­an­der­set­zung ver­hin­der­te.

Am Mitt­woch­abend war ich in Düs­sel­dorf beim Kon­zert von Wea­k­erthans-Sän­ger John K. Sam­son. Bevor er den (wun­der­wun­der­schö­nen) Song „Pam­phle­teer“ anstimm­te, sprach Sam­son die „Elegy For Gump Wors­ley“ vom letz­ten Wea­k­erthans-Album. Gump Wors­ley war ein kana­di­scher Eis­ho­ckey­tor­wart, der unter Flug­angst litt und in der Sai­son 1968/​69 einen Ner­ven­zu­sam­men­bruch erlitt:

(Das Video ent­stand ein paar Tage vor­her im Kon­zert­haus Dort­mund.)

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Wüstenbeschimpfungen

Viel­leicht hat „Bild“ da am Don­ners­tag ver­se­hent­lich das eige­ne Gesamt­werk in 336 Zei­chen zusam­men­ge­fasst: Den gan­zen Sexis­mus, die gan­ze Into­le­ranz gegen­über ande­ren Mei­nun­gen, die gan­ze Scha­den­freu­de und das gan­ze Aus-nichts-eine-Mel­dung-machen-Müs­sen.

Und alles nur, weil sie Sahra Wagen­knecht zum „Ver­lie­rer“ machen woll­ten:

Ausriss: "Bild" vom 12. November 2009

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99 Kriegsminister

Falls Sie heu­te noch nicht am Kiosk waren: Las­sen Sie’s! Es lohnt sich nicht.

Fol­gen­des hät­te Sie in etwa erwar­tet:

Titelseite "Süddeutsche Zeitung", 13. November 2009

Titelseite "Frankfurter Allgemeine Zeitung", 13. November 2009

Titelseite "Der Tagesspiegel", 13. November 2009

Titelseite "Berliner Zeitung", 13. November 2009

Titelseite "Welt Kompakt", 13. November 2009

Titelseite "Braunschweiger Zeitung", 13. November 2009

Titelseite "Ruhr Nachrichten", 13. November 2009

Gut, es geht natür­lich auch … anders:

Titelseite "Bild", 13. November 2009

Titelseite "Hamburger Morgenpost", 13. November 2009

Titelseite "Berliner Kurier", 13. November 2009

Zwei Titel­ge­schich­ten zum Preis von einer bekom­men nur die Leser der „Abend­zei­tung“:

Titelseite "Abendzeitung", 13. November 2009

[Alle Titel­sei­ten via Mee­dia]

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Sprachlosigkeit: Die nächsten Tage

Edi­to­ri­sche Notiz: Die­sen Ein­trag habe ich ges­tern Nacht und heu­te Mor­gen kon­zi­piert. Als er fer­tig war, war er schon lan­ge über­holt. Ich ver­öf­fent­li­che ihn trotz­dem.

11. Novem­ber
Die ARD eröff­net ihren Abend mit einem „Brenn­punkt“ zum Tode Robert Enkes, es mode­riert Rein­hold Beck­mann. Weil die DFB-Pres­se­kon­fe­renz fast schon in gan­zer Län­ge in der „Tages­schau“ zu sehen war, unter­hält sich Beck­mann für den Rest der Sen­dung mit „Kicker“-Chefredakteur Rai­ner Holz­schuh. Zu Gast bei „Stern TV“ sind Ex-Natio­nal­tor­hü­ter Eike Immel, irgend­ein Psy­cho­lo­ge und „Super­nan­ny“ Katha­ri­na Saal­frank, die erklä­ren soll, wel­che Per­spek­ti­ven ein acht Mona­te altes Mäd­chen hat, deren Adop­tiv­va­ter sich gera­de umge­bracht hat. Gün­ther Jauch ver­spricht, dass man sich für die nächs­te Aus­ga­be um den Zug­fah­rer bemü­hen wer­de, der zur Zeit lei­der noch unter Schock ste­he. Zu Gast bei „Mar­kus Lanz“ ist Ex-Natio­nal­tor­hü­ter und ZDF-Exper­te Oli­ver Kahn, der zum The­ma „Sport­ler und Emo­tio­nen“ lei­der wenig bei­zu­tra­gen hat.

12. Novem­ber
„Bild“ macht mit einem ganz­sei­ti­gen Foto von der Pres­se­kon­fe­renz von Enkes Wit­we auf. Auf Sei­te 6 ist ein Fak­si­mi­le des Abschieds­briefs abge­bil­det, dar­über: „So sieht der BILD-Zeich­ner die letz­ten Sekun­den im Leben von Robert Enke.“ Die „ZDF-Repor­ter“ haben „aus gege­be­nem Anlass“ mal unter­sucht, wie leicht man eigent­lich auf so Bahn­glei­se gelan­gen kann. Bei „Harald Schmidt“ par­odiert man die Medi­en­hys­te­rie, indem man im Ver­lauf der Sen­dung gan­ze 19 Mal zu einem Repor­ter schal­tet, der neben dem Ein­gang zur Stu­dio­toi­let­te steht.

13. Novem­ber
„Enke tot, Schwei­negrip­pe und heu­te auch noch Frei­tag der 13.“, titelt „Bild“ etwas unge­lenk, aber in Hor­ror­film-Optik. Der NDR muss eine ande­re Fol­ge der „NDR-Quiz­show“ sen­den als vor­ge­se­hen, weil einem Redak­teur gera­de noch ein­ge­fal­len ist, dass es bei einer Fra­ge um den Tor­wart von Han­no­ver 96 geht. Bei „Aspek­te“ im ZDF hat man sich ent­schie­den, Peter Hand­kes „Die Angst des Tor­manns beim Elf­me­ter“ mit ein paar Ver­satz­stü­cken anti­ker Tra­gö­di­en zu kom­bi­nie­ren.

14. Novem­ber
Nach­dem „Bild“ den vier­ten Tag in Fol­ge mit Enke auf­macht, macht sich in Fan­fo­ren Empö­rung breit. Ein­zel­ne Kom­men­ta­to­ren rufen zum Boy­kott der Zei­tung auf. Statt des abge­sag­ten Län­der­spiels Deutsch­land – Chi­le zeigt das ZDF einen Film mit Vero­ni­ka Fer­res.

15. Novem­ber
Horst-Eber­hard Rich­ter ver­han­delt in der „Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Sonn­tags­zei­tung“ anhand der Bei­spie­le Robert Enke und Sebas­ti­an Deis­ler die Unmensch­lich­keit des Pro­fi­fuß­balls. Im „Dop­pel­pass“ des DSF sto­ßen Jörg Won­tor­ra und Udo Lat­tek auf das Andenken von Robert Enke an.

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Leben

Aaaah, Glückauf

Bochum im Frühling

Als BILD­blog­ger muss man regel­mä­ßig „Bild“ lesen. Um nicht als Vor­zei­ge-Leser zu gel­ten und irgend­wann nament­lich begrüßt zu wer­den, ver­su­che ich, mei­ne Zei­tung immer woan­ders zu kau­fen. Bei uns im Vier­tel gibt es eine Tank­stel­le, einen Aldi, eine Lot­to­an­nah­me­stel­le und ein Büd­chen, die „Bild“ im Sor­ti­ment haben. Ich ver­su­che mich an einem rotie­ren­den Sys­tem, gehe aber trotz­dem am liebs­ten zum Büd­chen.

Das liegt nicht nur am nächs­ten, es hat auch die schöns­te Atmo­sphä­re: Neben Bou­le­vard­zei­tun­gen wer­den dort auch Eis und gemisch­te Tüten ver­kauft. Da ich nicht weiß, ob letz­te­res außer­halb des Ruhr­ge­biets über­haupt bekannt ist, hier eine kur­ze Erklä­rung: In zahl­rei­chen Glas- oder Plas­tik­ge­fä­ßen lagern ver­schie­de­ne Süßig­kei­ten, die einem der Büd­chen-Besit­zer dann nach Wunsch („Drei Frö­sche, vier Sala­mi-Bre­zeln und drei Cola-Kra­cher“) oder nach Pau­scha­le („Eine gemisch­te Tüte für einen Euro, bit­te“) zusam­men­stellt. Das ist zwar teu­rer als im Super­markt, fühlt sich aber bes­ser an.

Schon die knapp 200 Meter zum Büd­chen sind wun­der­bar. An man­chen Com­pu­ter-inten­si­ven Tagen sind sie das ein­zi­ge, was ich von der Außen­welt sehe. Im Moment zeigt sich der Früh­ling von sei­ner knal­ligs­ten Sei­te (Büsche in pink und gelb leuch­ten am Weges­rand) und die Men­schen brin­gen ihre Bal­ko­ne und Vor­gär­ten in Ord­nung. Da wer­den Fens­ter geputzt, Rasen gemäht und Trep­pen geschrubbt.

Vor­hin sah ich eine alte Frau in Kit­tel­schür­ze, die sich mit einem Leder, des­sen Ober­flä­che zu mehr als 50% aus Löchern bestand, und einem Schrub­ber abmüh­te. Kin­der gin­gen von der nahen Grund­schu­le nach hau­se, sag­ten so klu­ge Kin­der­sät­ze wie „Die größ­te Win­ter­zeit war mal in Nor­we­gen. Da waren Minus neu­nen­neun­zich Grad!“ und ein Mäd­chen erin­ner­te mich unfrei­wil­lig an eines mei­ner größ­ten Kind­heits­trau­ma­ta: Mit dem Tor­nis­ter auf dem Rücken hin­fal­len und dann hilf­los wie ein Mai­kä­fer lie­gen blei­ben.

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Musik

You say party! We say Dinslaken!

Downtown Dinslaken

Wäh­rend Dins­la­kens größ­ter Sohn gera­de auf Sylt weilt, um sich dort zu ver­mäh­len (alles unter Vor­be­halt, es stand in „Bild“), wur­den die Kili­ans – wie ich erst jetzt fest­stell­te – schon vor mehr als einem Jahr wie­der aus dem Wiki­pe­dia-Arti­kel zur Stadt ent­fernt.

Es wird ihnen egal sein, denn in zwei Wochen wer­den die Kili­ans das (mut­maß­lich) größ­te Kon­zert spie­len, das die Stadt ohne Din­ge mit dem Eti­kett „Das muss man unbe­dingt gese­hen haben“ je erlebt hat.

Oder wie es der GHvC-News­let­ter noch eine Spur kryp­ti­scher aus­drückt:

Am 03.04. spie­len die Kili­ans (das ist klin­go­nisch für: „die coo­len Typen, die in der Schu­le rau­chen und sich dabei über Cunt, äh Kant unter­hal­ten!“) umsonst und drau­ßen auf dem Red Bull Bus!

Man kann nur auf Regen hof­fen, denn sonst könn­te das ein Ereig­nis von
epo­cha­ler Grö­ße wer­den für eine Kul­tur und Ästhe­tik lie­ben­de Stadt wie
Dins­la­ken:

19:30 Uhr Dins­la­ken, Hans-Böck­ler-Platz! Und danach gehen wir alle zusam­men in die KuKa zur After­show, wo uns das Kili­ans DJ Team zeigt, dass ihm auch die Plat­ten­tel­ler nicht fremd sind.

Am glei­chen Tag erscheint die Sin­gle „Said & Done“. Zufäl­le gibts, Wahn­sinn…

Wer immer schon mal nach Dins­la­ken woll­te, dazu aber bis­her (berech­tig­ter­wei­se) kei­nen Grund hat­te, soll­te die Gele­gen­heit nut­zen. Eine Cof­fee-And-TV-Dele­ga­ti­on wird eben­falls vor Ort sein und Bericht erstat­ten.