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Was tun wenn’s brennt? Stopschilder aufstellen!

Hilft fast immer: Einfach die Augen schließen!

Es war ver­mut­lich rei­ner Zufall, dass Gün­ther Jauch aus­ge­rech­net ges­tern bei „Wer wird Mil­lio­när?“ die Fra­ge stell­te, was gemäß Arti­kel 5 des Grund­ge­set­zes in Deutsch­land nicht statt­fin­de. Wo doch gera­de am Vor­mit­tag die Ver­tre­ter von fünf Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men gemein­sam mit Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Ursu­la von der Ley­en einen Ver­trag unter­schrie­ben hat­ten, wonach sie ab Okto­ber ein­fach den Zugang zu Inter­net­sei­ten sper­ren, auf denen kin­der­por­no­gra­phi­sche Inhal­te lie­gen bzw. ver­mu­tet wer­den.

Man soll sich den ekel­er­re­gen­den Schwein­kram halt nicht mehr so leicht angu­cken kön­nen. Um auf Num­mer Sicher zu gehen, könn­te man natür­lich auch gleich alle Com­pu­ter beschlag­nah­men oder allen Bun­des­bür­gern die Augen aus­ste­chen – Tadaa! Schon kann das kei­ner mehr sehen. Unse­re Bun­des­re­gie­rung ist unge­fähr so kom­pe­tent wie der gefrä­ßi­ge Plap­per­kä­fer von Tra­al, der annimmt, dass er einen auch nicht sehen kann, wenn man ihn nicht sieht.

In Blogs und auf Nach­rich­ten­sei­ten erfreu­en sich Feu­er als Ver­gleichs­grö­ße gro­ßer Beliebt­heit:

Bei einem Wald­brand, um im Bild zu blei­ben, wür­de nie­mand auf die Idee kom­men, nur einen Para­vent davor zu stel­len, mit der Auf­schrift: Stopp, ab hier wird es heiß und gefähr­lich. Damit zufäl­lig vor­bei­kom­men­de Spa­zier­gän­ger die Flam­men nicht sehen – zumin­dest, solan­ge sie nicht um den Para­vent her­um­lau­fen.

Genau das aber geschieht beim Miss­brauch von Kin­dern. Statt die Ser­ver mit den Inhal­ten abzu­schal­ten, die Flam­men also zu löschen, wird nur ein Stopp­schild davor gehängt. Erreich­bar sind die Fotos und Fil­me wei­ter­hin. Zumin­dest für all jene, die sich die Mühe machen, um den Para­vent her­um­zu­ge­hen.

Das popu­lis­ti­sche Geham­pel der Minis­te­rin ((Auf die Idee muss man auch erst mal kom­men, poten­ti­el­len Kin­der­por­no­kon­su­men­ten ein Stop­schild (Ver­zei­hung: „Stopp“-Schild) unter die Nase zu hal­ten.)) wird nur noch getoppt von Hans-Peter Uhl, einem mir bis­her unbe­kann­ten ((Offen­bar lohnt die Beschäf­ti­gung mit die­sem Mann: Er gilt als „Innen­ex­per­te“, redet ger­ne wir­res Zeug und for­dert die Über­wa­chung „ter­ror­ver­däch­ti­ger“ Zwölf­jäh­ri­ger.)) Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten der CSU, der es (offen­bar ohne rot zu wer­den) fer­tig brach­te, fol­gen­des bei abgeordnetenwatch.de zu Pro­to­koll zu geben:

Für mich steht jedoch fest, dass z.B. das Frei­heits­recht eines Kin­des, nicht sexu­ell miss­braucht und Pädo­phi­len zur Schau gestellt zu wer­den, um eini­ges höher zu bewer­ten ist als eine ver­ab­so­lu­tier­te „Frei­heit des Inter­nets“ oder ande­res dum­mes Geschwätz. Die gan­ze pseu­do-bür­ger­rechts­en­ga­gier­te Hys­te­rie von Pseu­do-Com­pu­ter­ex­per­ten, man müs­se um jeden Preis ein „unzen­sier­tes Inter­net“ ver­tei­di­gen etc. – vgl. www.ccc.de -, fällt für mich in die Kate­go­rie: juris­tisch ohne Sinn und Ver­stand und mora­lisch ver­kom­men.

Nun krie­ge ich gene­rell bei Ver­wen­dung des Prä­fi­xes „Pseu­do“ ein ganz star­kes Zie­hen im Nacken und in der rech­ten Hand. Die Art, wie Uhl hier Beden­ken und Kri­tik von Leu­ten wie dem renom­mier­ten Rechts­pro­fes­sor Tho­mas Hoe­ren abbü­gelt, ist aber der­art ekel­er­re­gend und arro­gant, dass es mich schlicht fas­sungs­los zurück­lässt.

Was der Innen­ex­per­te tun möch­te, damit Kin­der nicht nur nicht „Pädo­phi­len zur Schau gestellt“ wer­den, son­dern auch schlicht nicht sexu­ell miss­braucht wer­den, ver­rät er lei­der nicht.

Der klei­ne, klei­ne Trost (der vor allem bei CSU-Abge­ord­ne­ten natür­lich weit­ge­hend wert­los ist): Auch pseu­doo­fe Leu­te wie Hans-Peter Uhl müs­sen sich einer Wie­der­wahl stel­len.

[via Eupho­rie­fet­zen]

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Schaum vorm Mund

Bis vor eini­gen Tagen hat­te ich noch nie von Sebas­ti­an Edathy gehört, im Moment erlebt der SPD-Poli­ti­ker sei­ne fünf­zehn Minu­ten Ruhm in der Blogo­sphä­re, was immer­hin für fünf Mal Zäh­ne­put­zen reicht.

Mit­un­ter geht dabei unter, dass Edathy eigent­lich Kri­tik an der geplan­ten Video­über­wa­chung von Pri­vat­haus­hal­ten geäu­ßert hat­te – ande­rer­seits hat er selbst natür­lich in sei­nem mitt­ler­wei­le legen­dä­ren Radio-Eins-Inter­view die Gele­gen­heit ver­säumt, irgend­ei­nen Stand­punkt zu ver­tre­ten.

Jetzt wird Eda­tyh in sei­nem Gäs­te­buch und bei abgeordnetenwatch.de mit hämi­schen Fra­gen und Kom­men­ta­ren über­häuft, auf die er in sei­ner ganz eige­nen Art reagiert: er zitiert dpa-Mel­dun­gen, in denen er zitiert wird.

Ein Kom­men­ta­tor im Gäs­te­buch schreibt zum Tele­fon­in­ter­view inter­rup­tus:

Scha­de, dass Sie sich die­sem sehr wich­ti­gen The­ma auf die­se Wei­se ent­zie­hen. Es hät­te mich schon sehr inter­es­siert, wie Sie sich als SPD-Abge­ord­ne­ter und Vor­sit­zen­der des Innen­aus­schus­ses dazu posi­tio­nie­ren.

Und Edathy ant­wor­tet kan­zelt ihn ab:

Wenn Sie sich ein wenig kun­dig gemacht hät­ten, wüss­ten Sie, dass ich
mich zu die­sem The­ma in den letz­ten Tagen mehr­fach kri­tisch geäu­ßert habe.

Bei abgeordnetenwatch.de hat er fast exakt das glei­che geant­wor­tet.

Aber auch eine ande­re Geschich­te ist noch nicht aus­ge­stan­den: Edathy hat­te sich bei der Chef­re­dak­ti­on von „Zeit Online“ dar­über beschwert, dass eine freie Jour­na­lis­tin, die ihn für „Zeit Online“ inter­viewt hat­te, sei­ne Zita­te ein­fach für einen Text bei Tele­po­lis (oder wie Edathy es aus­drückt: „auf der Sei­te heise.de – einem pri­va­tem Forum“) ver­bra­ten hat­te. Über das Vor­ge­hen der Jour­na­lis­tin lässt sich sicher lan­ge dis­ku­tie­ren (s.a. die Stel­lung­nah­me von „Zeit Online“ und die Reak­ti­on im „Zeit Mecker­blog“), Edathy aber nutz­te die Situa­ti­on, um sich ziel­si­cher und an völ­lig fal­scher Stel­le zum Voll­horst zu machen, wobei er die Fol­gen sei­nes Auf­tritts in Jour­na­lis­mus und Blogo­sphä­re offen­sicht­lich unter­schätz­te.

Der Blog­ger Jochen Hoff schrieb Edathy eine reich­lich unver­schäm­te E‑Mail zu dem Fall, in der er neben einer Men­ge über­trie­be­ner Kri­tik auch fol­gen­den Absatz ein­bau­te:

Ach ja. Genie­ßen Sie bit­te jetzt die Auf­merk­sam­keit. Nach einem Sys­tem­wech­sel wer­den wir zwar eine sau­be­re Zel­le für sie fin­den, aller­dings wird es Ihnen nach ihrem Gerichts­ver­fah­ren, dort an Auf­merk­sam­keit doch eher feh­len.

Staats­män­ner von wah­rer Grö­ße hät­ten auf so einen puber­tä­ren Dünn­sinn gar nicht reagiert. Doch was tat Sebas­ti­an Edathy, dem es neben Grö­ße, Humor, Sou­ve­rä­ni­tät und Freund­lich­keit gegen­über Wäh­lern und Jour­na­lis­ten auch an Gespür dafür zu man­geln scheint, wann man redet und wann man bes­ser schweigt?

Er ant­wor­te­te:

Ihre Aus­sa­ge „Genie­ßen Sie bit­te jetzt die Auf­merk­sam­keit. Nach einem Sys­tem­wech­sel wer­den wir zwar eine sau­be­re Zel­le für Sie fin­den, aller­dings wird es Ihnen nach Ihrem Gerichts­ver­fah­ren dort an Auf­merk­sam­keit doch eher feh­len.“ reicht zwar bereits für eine Straf­an­zei­ge aus, die ich auch stel­len wer­de, viel­leicht könn­ten Sie Ihre Aus­füh­run­gen aber noch ein wenig kon­kre­ti­sie­ren bzw. illus­trie­ren, damit ich der Staats­an­walt­schaft ggf. ergän­zen­de Infor­ma­tio­nen über­mit­teln kann.

Dass sich ein Blog­ger der­art zum Affen macht, ist die eine Sache; dass ein Poli­ti­ker der­art dar­auf anspringt, ist in mei­nen Augen aber noch viel schlim­mer.