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Lucky & Fred: Episode 2

Es ist ganz schön was passiert in der Welt seit unserer ersten Folge: Die Krim-Krise regt Journalisten zu wilden Historien-Vergleichen an. Wir erklären, warum wir uns über einen Rücktritt von Innenminister Hans-Peter Friedrich mehr gefreut hätten als über den von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich.

Die Verurteilung von Uli Hoeneß ist der Startschuss für das Breitensportprojekt “Deutschland übt Kabarett”. Wir werfen einen Blick auf all das, was man ja wohl noch sagen dürfen können muss, und fordern Freiheit für Benjamin von Stuckrad-Barre.

Auf einer alltäglicheren Ebene sprechen wir über zu dicke Fliesenspiegel, gekühlte Supermärkte und Taxiteller:

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Schaum vorm Mund

Bis vor einigen Tagen hatte ich noch nie von Sebastian Edathy gehört, im Moment erlebt der SPD-Politiker seine fünfzehn Minuten Ruhm in der Blogosphäre, was immerhin für fünf Mal Zähneputzen reicht.

Mitunter geht dabei unter, dass Edathy eigentlich Kritik an der geplanten Videoüberwachung von Privathaushalten geäußert hatte – andererseits hat er selbst natürlich in seinem mittlerweile legendären Radio-Eins-Interview die Gelegenheit versäumt, irgendeinen Standpunkt zu vertreten.

Jetzt wird Edatyh in seinem Gästebuch und bei abgeordnetenwatch.de mit hämischen Fragen und Kommentaren überhäuft, auf die er in seiner ganz eigenen Art reagiert: er zitiert dpa-Meldungen, in denen er zitiert wird.

Ein Kommentator im Gästebuch schreibt zum Telefoninterview interruptus:

Schade, dass Sie sich diesem sehr wichtigen Thema auf diese Weise entziehen. Es hätte mich schon sehr interessiert, wie Sie sich als SPD-Abgeordneter und Vorsitzender des Innenausschusses dazu positionieren.

Und Edathy antwortet kanzelt ihn ab:

Wenn Sie sich ein wenig kundig gemacht hätten, wüssten Sie, dass ich
mich zu diesem Thema in den letzten Tagen mehrfach kritisch geäußert habe.

Bei abgeordnetenwatch.de hat er fast exakt das gleiche geantwortet.

Aber auch eine andere Geschichte ist noch nicht ausgestanden: Edathy hatte sich bei der Chefredaktion von “Zeit Online” darüber beschwert, dass eine freie Journalistin, die ihn für “Zeit Online” interviewt hatte, seine Zitate einfach für einen Text bei Telepolis (oder wie Edathy es ausdrückt: “auf der Seite heise.de – einem privatem Forum”) verbraten hatte. Über das Vorgehen der Journalistin lässt sich sicher lange diskutieren (s.a. die Stellungnahme von “Zeit Online” und die Reaktion im “Zeit Meckerblog”), Edathy aber nutzte die Situation, um sich zielsicher und an völlig falscher Stelle zum Vollhorst zu machen, wobei er die Folgen seines Auftritts in Journalismus und Blogosphäre offensichtlich unterschätzte.

Der Blogger Jochen Hoff schrieb Edathy eine reichlich unverschämte E-Mail zu dem Fall, in der er neben einer Menge übertriebener Kritik auch folgenden Absatz einbaute:

Ach ja. Genießen Sie bitte jetzt die Aufmerksamkeit. Nach einem Systemwechsel werden wir zwar eine saubere Zelle für sie finden, allerdings wird es Ihnen nach ihrem Gerichtsverfahren, dort an Aufmerksamkeit doch eher fehlen.

Staatsmänner von wahrer Größe hätten auf so einen pubertären Dünnsinn gar nicht reagiert. Doch was tat Sebastian Edathy, dem es neben Größe, Humor, Souveränität und Freundlichkeit gegenüber Wählern und Journalisten auch an Gespür dafür zu mangeln scheint, wann man redet und wann man besser schweigt?

Er antwortete:

Ihre Aussage “Genießen Sie bitte jetzt die Aufmerksamkeit. Nach einem Systemwechsel werden wir zwar eine saubere Zelle für Sie finden, allerdings wird es Ihnen nach Ihrem Gerichtsverfahren dort an Aufmerksamkeit doch eher fehlen.” reicht zwar bereits für eine Strafanzeige aus, die ich auch stellen werde, vielleicht könnten Sie Ihre Ausführungen aber noch ein wenig konkretisieren bzw. illustrieren, damit ich der Staatsanwaltschaft ggf. ergänzende Informationen übermitteln kann.

Dass sich ein Blogger derart zum Affen macht, ist die eine Sache; dass ein Politiker derart darauf anspringt, ist in meinen Augen aber noch viel schlimmer.

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Politik Gesellschaft

Im Bad mit Sebastian Edathy

Gäbe es einen Preis für den unsouveränsten Politiker, er ginge in diesem noch jungen Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit an Sebastian Edathy. Gäbe es im deutschen Fernsehen echte Satiresendungen und nicht nur den “Scheibenwischer” und das Dekolletee von Angela Merkel, müsste man sich auf Monate voller Zahnputz-Witze einstellen.

Was war passiert? Edathy, SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzender des Innenausschusses, wurde von den Moderatoren des Berliner Senders Radio 1 zum geplanten BKA-Gesetz befragt – oder besser: sollte befragt werden, denn sonderlich lang lief das Interview nicht, wie man bei Radio 1 nachhören kann:

[Das Gespräch wurde von zwei Moderatoren geführt, die ich aber stimmlich nicht auseinander halten kann. Für den Inhalt ist das auch unerheblich.]

Moderator: Morgen Herr Edathy!
Edathy: Morgen, grüß Sie!
Moderator: Guten Morgen! Wenn Sie sich morgens die Zähne putzen, sind Sie eigentlich nackt oder haben Sie Unterwäsche an?
Edathy: Ich, äh … Wieso?
Moderator: Die Frage ist Ihnen unangenehm oder warum?
Edathy: Ja, ich weiß nicht, was das mit der Sache zu tun hat, mit Verlaub, Herr …
Moderator: Ja, Sie machen das ja gemeinhin wahrscheinlich …
Edathy: Also, was solln der Scheiß? Entschuldigung, Wiederhören …
*klick*

Zugegeben: Keine Frage, die man unbedingt im Radio beantworten möchte, aber eine, die das diffuse Thema BKA-Gesetz in den konkreten Alltag der Menschen und Politiker runterbrechen kann, immerhin geht es in dem Gesetz um “geheimes Fotografieren, Filmen und Abhören, auch in Wohnungen”.

Folgende Antworten hätte ich an seiner Stelle für denkbar gehalten:

  • Die schlichte: “Darüber spreche ich nicht.”
  • Die schlicht-ranschmeißerische: “Das geht Sie nichts an, aber ich höre im Bad Radio 1.”
  • Die ausweichende: “Ich putze mir meine Zähne morgens nicht.”
  • Die verständnisvolle: “Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, deshalb putze ich mir im Dunkeln die Zähne.”
  • Die staatstragende: “Wo denken Sie hin? Ich bin Vorsitzender des Innenausschusses – im Anzug, natürlich!”
  • Die größenwahnsinnige: “Ich bin nackt, weil ich meinen gestählten Körper und mein mächtiges Glied im Spiegel sehen will.”

Herr Edathy aber, der sowieso ein Problem mit Journalisten zu haben scheint, sagte zu einer Zeit, zu der Kindergartenkinder mit ihren Eltern am Frühstückstisch sitzen könnten, “Scheiß” und legte auf.

Als er in seinem Gästebuch darauf angesprochen wurde, dass er das Interview nach der Eingangsfrage abgebrochen habe, antwortete Edathy zunächst, man habe ihm ja zwei Fragen gestellt (die nach dem Zähneputzen und die, ob ihm die erste unangenehm sei) und fügt hinzu:

Ich finde in der Tat, dass man sich als Interviewpartner nicht jede Frechheit bieten lassen muss und dass es diesbezüglich Grenzen gibt. Die waren in diesem Fall überschritten.

Das passt sehr schön zum übersetzen BKA-Gesetz, in dem es unter anderem heißt:

Das Bundeskriminalamt soll im Einzelnen die folgenden Mittel anwenden dürfen:

[…]

2. Personen befragen (diese sind verpflichtet, Auskunft zu geben)

Nun ist es mir wirklich egal, wann, wie und wo sich Herr Edathy die Zähne putzt. Ich würde mir als Wähler nur wünschen, das wäre seine einzige Tagesbeschäftigung.

Mehr dazu im redblog, bei Netzpolitik.org, Massenpublikum.de und Indiskretion Ehrensache.