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Brüste – Jetzt auch in Deutschland!

Face­book fin­det stil­len­de Müt­ter obs­zön und löscht Bil­der von Brust und Baby.

schrieb die „taz“ ges­tern. Aus­lö­ser war ver­mut­lich eine Pro­test­ak­ti­on von stil­len­den Müt­tern vor der Haupt­ver­wal­tung von Face­book, die von etwa 11.000 Men­schen online beglei­tet wur­de, indem die­se Still­fo­tos zu ihren User­bild­chen mach­ten. Face­book hat­te näm­lich immer mal wie­der Fotos, auf denen zu viel Brust zu sehen gewe­sen war, ein­fach gelöscht. Und in die­sem „immer mal wie­der“ liegt der Knack­punkt, den der „taz“-Artikel ver­schweigt.

Anders als bei­spiels­wei­se heise.de am 31. Dezem­ber 2008 schrieb, hat­te die Platt­form damit näm­lich nicht „im Herbst die­ses Jah­res ange­fan­gen“, son­dern bereits im Jahr 2007 – ein Blick in die Face­book-Grup­pe „Hey, Face­book, breast­fee­ding is not obs­ce­ne!“ hät­te da aus­ge­reicht.

Aber „taz“ und Hei­se sind nicht die ein­zi­gen deut­schen Medi­en, die erst durch die Berich­te eng­lisch­spra­chi­ger Medi­en über die Pro­test­ak­ti­on auf­ge­wacht sind: Stern.de, das „Netz­ge­flüs­ter“ der „Han­no­ver­schen All­ge­mei­nen Zei­tung“, der Medi­en­dienst Mee­dia, „RP Online“ natür­lich und Zoomer.de („Doch was sich die inter­ne Zen­sur des Online­netz­wer­kes jetzt geleis­tet hat, geht über­haupt nicht“) – sie alle tun so, als sei der Umstand, dass Face­book sol­che Bil­der löscht, eine Neu­ig­keit.

Bild.de, wo es natür­lich eine Bil­der­ga­le­rie mit stil­len­den Müt­tern gibt, schreibt:

Aus­ge­löst hat den Wir­bel Kel­li Roman (23) aus Kali­for­ni­en.

Gemeint ist damit jene Kel­li Roman, die das „Time“-Magazin kürz­lich zu der gan­zen Sache inter­viewt hat­te, und neben deren Foto die „Time“-Redakteure fol­gen­den Satz geschrie­ben hat­ten:

This pho­to­graph of Kel­li Roman breast­fee­ding her baby was remo­ved from Face­book a year and a half ago.

Und wenn Sie das Gefühl haben, über die­se gan­ze Face­book-löscht-Still­fo­tos-Num­mer schon mal vor län­ge­rer Zeit gele­sen zu haben: das kann natür­lich sein …

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Schaum vorm Mund

Bis vor eini­gen Tagen hat­te ich noch nie von Sebas­ti­an Edathy gehört, im Moment erlebt der SPD-Poli­ti­ker sei­ne fünf­zehn Minu­ten Ruhm in der Blogo­sphä­re, was immer­hin für fünf Mal Zäh­ne­put­zen reicht.

Mit­un­ter geht dabei unter, dass Edathy eigent­lich Kri­tik an der geplan­ten Video­über­wa­chung von Pri­vat­haus­hal­ten geäu­ßert hat­te – ande­rer­seits hat er selbst natür­lich in sei­nem mitt­ler­wei­le legen­dä­ren Radio-Eins-Inter­view die Gele­gen­heit ver­säumt, irgend­ei­nen Stand­punkt zu ver­tre­ten.

Jetzt wird Eda­tyh in sei­nem Gäs­te­buch und bei abgeordnetenwatch.de mit hämi­schen Fra­gen und Kom­men­ta­ren über­häuft, auf die er in sei­ner ganz eige­nen Art reagiert: er zitiert dpa-Mel­dun­gen, in denen er zitiert wird.

Ein Kom­men­ta­tor im Gäs­te­buch schreibt zum Tele­fon­in­ter­view inter­rup­tus:

Scha­de, dass Sie sich die­sem sehr wich­ti­gen The­ma auf die­se Wei­se ent­zie­hen. Es hät­te mich schon sehr inter­es­siert, wie Sie sich als SPD-Abge­ord­ne­ter und Vor­sit­zen­der des Innen­aus­schus­ses dazu posi­tio­nie­ren.

Und Edathy ant­wor­tet kan­zelt ihn ab:

Wenn Sie sich ein wenig kun­dig gemacht hät­ten, wüss­ten Sie, dass ich
mich zu die­sem The­ma in den letz­ten Tagen mehr­fach kri­tisch geäu­ßert habe.

Bei abgeordnetenwatch.de hat er fast exakt das glei­che geant­wor­tet.

Aber auch eine ande­re Geschich­te ist noch nicht aus­ge­stan­den: Edathy hat­te sich bei der Chef­re­dak­ti­on von „Zeit Online“ dar­über beschwert, dass eine freie Jour­na­lis­tin, die ihn für „Zeit Online“ inter­viewt hat­te, sei­ne Zita­te ein­fach für einen Text bei Tele­po­lis (oder wie Edathy es aus­drückt: „auf der Sei­te heise.de – einem pri­va­tem Forum“) ver­bra­ten hat­te. Über das Vor­ge­hen der Jour­na­lis­tin lässt sich sicher lan­ge dis­ku­tie­ren (s.a. die Stel­lung­nah­me von „Zeit Online“ und die Reak­ti­on im „Zeit Mecker­blog“), Edathy aber nutz­te die Situa­ti­on, um sich ziel­si­cher und an völ­lig fal­scher Stel­le zum Voll­horst zu machen, wobei er die Fol­gen sei­nes Auf­tritts in Jour­na­lis­mus und Blogo­sphä­re offen­sicht­lich unter­schätz­te.

Der Blog­ger Jochen Hoff schrieb Edathy eine reich­lich unver­schäm­te E‑Mail zu dem Fall, in der er neben einer Men­ge über­trie­be­ner Kri­tik auch fol­gen­den Absatz ein­bau­te:

Ach ja. Genie­ßen Sie bit­te jetzt die Auf­merk­sam­keit. Nach einem Sys­tem­wech­sel wer­den wir zwar eine sau­be­re Zel­le für sie fin­den, aller­dings wird es Ihnen nach ihrem Gerichts­ver­fah­ren, dort an Auf­merk­sam­keit doch eher feh­len.

Staats­män­ner von wah­rer Grö­ße hät­ten auf so einen puber­tä­ren Dünn­sinn gar nicht reagiert. Doch was tat Sebas­ti­an Edathy, dem es neben Grö­ße, Humor, Sou­ve­rä­ni­tät und Freund­lich­keit gegen­über Wäh­lern und Jour­na­lis­ten auch an Gespür dafür zu man­geln scheint, wann man redet und wann man bes­ser schweigt?

Er ant­wor­te­te:

Ihre Aus­sa­ge „Genie­ßen Sie bit­te jetzt die Auf­merk­sam­keit. Nach einem Sys­tem­wech­sel wer­den wir zwar eine sau­be­re Zel­le für Sie fin­den, aller­dings wird es Ihnen nach Ihrem Gerichts­ver­fah­ren dort an Auf­merk­sam­keit doch eher feh­len.“ reicht zwar bereits für eine Straf­an­zei­ge aus, die ich auch stel­len wer­de, viel­leicht könn­ten Sie Ihre Aus­füh­run­gen aber noch ein wenig kon­kre­ti­sie­ren bzw. illus­trie­ren, damit ich der Staats­an­walt­schaft ggf. ergän­zen­de Infor­ma­tio­nen über­mit­teln kann.

Dass sich ein Blog­ger der­art zum Affen macht, ist die eine Sache; dass ein Poli­ti­ker der­art dar­auf anspringt, ist in mei­nen Augen aber noch viel schlim­mer.

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Feigheit ist keine Nachricht

Wir müs­sen noch­mal auf die Erklä­rung der 26 SPD-Abge­ord­ne­ten zu spre­chen kom­men, in der die­se ihre ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken gegen­über dem Gesetz zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung aus­drück­ten, dann aber erklär­ten, die­sem trotz­dem zuzu­stim­men.

Nicht nur ix und Dr. Dean fra­gen sich, war­um es das The­ma eigent­lich über­haupt nicht in die Medi­en geschafft hat. Der Sache woll­te ich dann doch mal auf den Grund gehen.

Ich schrieb also eini­ge E‑Mails und rief in Redak­tio­nen an, wo man mich bat, wei­te­re E‑Mails zu schi­cken. Eine wirk­li­che Ant­wort habe ich bis­her nur vom ZDF bekom­men, wobei das eigent­lich auch kei­ne Ant­wort auf mei­ne Fra­ge war:

Da an die­sem Tag auch der Son­der­er­mitt­ler des Euro­pa­rats Dick Mar­ty sei­nen Bericht vor­stell­te, habe man die­sem Ansatz den Vor­zug gege­ben gegen­über einer eher inlands­ori­en­tier­ten Bericht­erstat­tung.

Offen­bar war die Erklä­rung der Abge­ord­ne­ten des­halb nir­gend­wo The­ma gewe­sen, weil außer den Redak­teu­ren bei heise.de nie­mand in das Pro­to­koll der ent­spre­chen­den Bun­des­tags­sit­zung geguckt hat­te. Die 26 Abge­ord­ne­ten hat­ten es also nicht nur geschafft, einem Gesetz zuzu­stim­men, dass sie selbst für ver­fas­sungs­wid­rig hiel­ten, sie hat­ten es auch noch fer­tig gebracht, dies in einer öffent­li­chen Erklä­rung zuzu­ge­ben, die nie eine brei­te­re Öffent­lich­keit erreicht hat (oder errei­chen soll­te). Dafür muss­ten sie nur eine Erklä­rung nach § 31 der Geschäfts­ord­nung des Deut­schen Bun­des­ta­ges abge­ben:

§ 31 Erklä­rung zur Abstim­mung

(1) Nach Schluß der Aus­spra­che kann jedes Mit­glied des Bun­des­ta­ges zur abschlie­ßen­den Abstim­mung eine münd­li­che Erklä­rung, die nicht län­ger als fünf Minu­ten dau­ern darf, oder eine kur­ze schrift­li­che Erklä­rung abge­ben, die in das Ple­nar­pro­to­koll auf­zu­neh­men ist. Der Prä­si­dent erteilt das Wort zu einer Erklä­rung in der Regel vor der Abstim­mung.

Damit ent­las­tet man sein Gewis­sen und kann hin­ter­her, wenn das Gesetzt kas­siert wur­de und mal wie­der alle auf der Bun­des­re­gie­rung rum­ha­cken, freund­lich lächelnd Anla­ge 4 her­vor­ho­len und „Wir ham’s ja schon immer gesagt“ mur­meln.

Eine ande­re Mög­lich­keit, dass die Öffent­lich­keit von der Erklä­rung erfah­ren hät­te, wäre natür­lich der Pran­ger der Oppo­si­ti­on gewe­sen. Also rief ich mal bei den drei Oppo­si­ti­ons­par­tei­en im Deut­schen Bun­des­tag an und frag­te, war­um man die­se Vor­la­ge aus Tei­len der SPD-Frak­ti­on denn nicht für eine öffent­li­che Bloß­stel­lung der 26 Abge­ord­ne­ten genutzt habe.

Bei der FDP hat­te man bis zu mei­nem Anruf noch nichts von der Erklä­rung gehört, war aber sehr inter­es­siert und sag­te mir, man wol­le „über Hand­lungs­mög­lich­kei­ten nach­den­ken“. Viel­leicht höre ich von denen also noch was.

Mark Sei­bert, Refe­rent im Büro des Die-Lin­ke-Abge­ord­ne­ten Jan Kor­te, nann­te die Erklä­rung eine „poli­ti­sche Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit“, die dem ohne­hin umstrit­te­nen Gesetz „die Kro­ne auf­ge­setzt“ habe. Aller­dings sei zu dem kon­kre­ten Fall im Moment nichts geplant, da „kein neu­er Nach­rich­ten­wert“ vor­han­den sei. Die Lin­ke und beson­ders Jan Kor­te sei­en aber in ver­schie­de­nen Initia­ti­ven gegen die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung orga­ni­siert und plan­ten wei­te­re Aktio­nen.

Auch bis zu Bünd­nis 90/​Die Grü­nen war der Inhalt von Anla­ge 4 noch nicht ganz durch­ge­drun­gen. Wolf­gang Wie­land, Spre­cher für Inne­re Sicher­heit der grü­nen Frak­ti­on, ließ mir aber nur weni­ge Stun­den nach mei­nem Anruf eine schrift­li­che Stel­lung­nah­me zukom­men, die ich (schon wegen ihrer Exklu­si­vi­tät) ger­ne wie­der­ge­be:

Dass man für ein Gesetz stimmt, weil man die Inhal­te über­zeu­gend fin­det, ist der Nor­mal­fall. Dass es weni­ge Geset­ze gibt, bei denen man als Abge­ord­ne­ter nicht auch eini­ge Aspek­te ver­zicht­bar gefun­den hät­te, gehört eben­falls dazu. Wer aber für ein Gesetz stimmt und dar­auf ver­traut, dass sei­ne unge­lieb­ten Tei­le sowie­so bald vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt kas­siert wer­den, der ver­sucht, aus einem Dilem­ma eine win-win-Situa­ti­on zu machen.

Tat­sa­che ist: Die Logik hin­ter der jüngst beschlos­se­nen Vor­rats­da­ten­spei­che­rung stellt Sicher­heit über Frei­heit. Tat­sa­che ist auch, dass sie sowohl euro­pa­recht­lich wie grund­ge­setz­lich auf wacke­li­gen Bei­nen steht. Das erken­nen die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen von der SPD ja auch, aber sie han­deln nicht danach. Das ist ent­täu­schend, denn es ist Auf­ga­be des Gesetz­ge­bers, ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken von vorn­her­ein aus­zu­räu­men und ent­spre­chen­de Geset­ze zu ver­ab­schie­den. Das Mot­to „Koali­ti­ons­frie­den wah­ren, Idea­le zitier­fä­hig ins Pro­to­koll schrei­ben, Karls­ru­he das Auf­räu­men über­las­sen“ darf nicht die Hand­lungs­ma­xi­me für Abge­ord­ne­te sein.

Für uns Blog­ger heißt das, dass wir einer­seits zwar ganz nah an den The­men sind, der Sprung die­ser The­men in die sog. „eta­blier­ten Medi­en“ und in eine brei­te­re Öffent­lich­keit aber ande­rer­seits noch über­haupt nicht funk­tio­niert.

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Leserbriefschreiber 2.0

Ich habe nie ver­stan­den, was für Leu­te das sind, die sich hin­set­zen und einer Zei­tung oder einem Maga­zin einen Brief schrei­ben, in dem sie den Redak­teu­ren mit­tei­len, dass die­se alle „auf Linie gebracht“ sei­en, Deutsch­land von unfä­hi­gen Irren regiert wer­de und die dann kurz aus­füh­ren, wie das in der Welt so wirk­lich lau­fe. Aber immer­hin: Die­se Men­schen haben sich die Zeit genom­men, sich hin­zu­set­zen, einen Brief zu for­mu­lie­ren, ihn zum Brief­kas­ten zu brin­gen und sie wür­den ihre Abon­ne­ments nie kün­di­gen, weil sie ja immer nach­se­hen müs­sen, ob ihr Brief auch bis aufs letz­te Kom­ma abge­druckt wird.

Im Inter­net ist das anders: Man liest auf der Web­sei­te einer Zei­tung oder eines Maga­zins einen Arti­kel, klickt auf „Arti­kel kom­men­tie­ren“ und noch ehe sich im Hirn Sät­ze bil­den konn­ten, hat man schon irgend­was in die Tas­ten gehäm­mert und auf „Abschi­cken“ geklickt.

Heu­te habe ich, weil Hei­se dar­auf ver­linkt hat­te, bei „Welt Online“ den Arti­kel „SPD plant Grund­recht auf Infor­ma­ti­ons­frei­heit“ gele­sen. Wir wol­len mal nicht dar­über spre­chen, dass aus­ge­rech­net die Par­tei, die ver­gan­ge­ne Woche noch mit Pau­ken und Trom­pe­ten für eine Aus­wei­tung der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung war, plötz­lich ein „Grund­recht auf Infor­ma­ti­ons­frei­heit im Inter­net“ im Grund­ge­setz ver­an­kern will. Über die­se Sor­te Logik-Pirou­et­te, die bei der SPD lang­sam in Mode zu kom­men scheint, sol­len sich ande­re aus­las­sen.

Reden wir lie­ber über das, was die Kom­men­ta­to­ren bei „Welt Online“ so kom­men­tiert haben: Los ging es mit dem, was „Ein Bür­ger“ so zu sagen hat­te.1

Ein Bür­ger meint:
17-11-2007, 13:46 Uhr
Wel­che Par­tei hat gera­de unter Frak­ti­ons­zwang für die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung gestimmt? Wel­che Par­tei hat unter Schrö­der heim­li­che Online­durch­su­chun­gen rechts­wid­rig ein­ge­führt?
Ach ja, die SPD!!!

Und jetzt will die­se Par­tei angeb­lich für bür­ger­li­che Frei­heits­rech­te und weni­ger Rech­te für die Staats­ge­walt kämp­fen?

Die machen sich doch lächer­lich und voll­kom­men unglaub­wür­dig.

In Wahr­heit will die SPD eine neue DDR und ver­sucht jetzt die „Mau­er“ die­ses Jahr­hun­derts (=tota­le Infor­ma­ti­ons- und Kommunikationskontrolle)als anti­fa­schis­ti­schen Schutz­wall (= SPD Initia­ti­ve: Grund­recht auf Infor­ma­ti­ons­frei­heit) zu tar­nen.

Wider­li­che Wort­akro­ba­tik!

Sie wer­den gleich mer­ken, dass die­se Aus­sa­ge in Sachen Para­noia noch zu den ver­nünf­ti­ge­ren Bei­trä­gen gehört – aber auch in Sachen Recht­schrei­bung und Gram­ma­tik ist das hier erst der Anfang.

Sil­ver­co­in meint:
17-11-2007, 14:31 Uhr
Infor­ma­tio­nen sind sowie­so nur für die jewei­li­gen Schich­ten der Bevöl­ke­rung vor­be­stimmt…
Wie soll der Staat ein Grund­recht auf Infor­ma­ti­on garan­tie­ren, wenn er es nicht ein­mal schafft die ande­ren Grund­rech­te, wie Pres­se­frei­heit und Post­mel­de­ge­heim­nis ein­zu­hal­ten.

Je län­ger ich die­ses Trei­ben in der Poli­tik ver­fol­ge, umso mehr wün­sche ich mir wie­der einen Kai­ser oder Ähn­li­ches.…
Auf die­se Art von Demo­kra­tie kann das Volk ver­zich­ten.….
Wir haben kei­ne Demo­kra­tie in Deutsch­land, son­dern eine Hypo­kra­tie.…

Und Sie glau­ben ja gar nicht, wie vie­le Staats­theo­re­ti­ker sich so an einem Sams­tag­nach­mit­tag im Kom­men­tar­be­reich von „Welt Online“ tum­meln:

ZWEIFLER meint:
17-11-2007, 15:20 Uhr
Das Sys­tem wird eh bald zusam­men­bre­chen. Dann kommt was Ande­res. So kann es nicht funk­tio­nie­ren. In Wirk­lich­keit regie­ren die Lob­by­is­ten, nicht das Volk.

Dabei weiß doch jedes Kind, wer Deutsch­land seit Erfin­dung der Stamm­ti­sche regiert: Natür­lich „die da oben“.

mavy meint:
17-11-2007, 16:12 Uhr
naja .. der wie­fel­spütz ist schon etwas glaub­wür­di­ger wie vie­le der ande­ren kas­per die da oben unse­re „eli­te“ bil­den sol­len

Aber hal­ten wir uns nicht mit den klei­nen Kas­pe­rei­en auf, wen­den wir uns den Rund­um­schlä­gen zu, der Ver­qui­ckung sämt­li­cher denk­ba­rer The­men, der ganz gro­ßen Ver­schwö­rung:

cor­vus albus meint:
17-11-2007, 17:56 Uhr
Dann soll­te es ‚Kom­mu­ni­ka­ti­ons­frei­heit ‘ lau­ten, weil Infor­ma­ti­on ein­sei­tig abge­ru­fen wird!
Aber zunächst soll­te die SPD mal die Bür­ger sel­ber infor­mie­ren, wie sie so zu tür­ki­schen Natio­na­lis­ten steht? Wäh­rend Beck die NPD ver­bie­ten las­sen will singt Stein­mei­er mit den tür­ki­schen Wöl­fen? Das Schwei­gen der SPD zu die­sen Vor­gang und der Medi­en ist ein­deu­ti­ger als lau­te Schreie lie­be Poli­ti­ker.… und der gan­ze Bun­des­tag schaut weg, weil es da um die deutsch-tür­ki­sche Freund­schaft geht? Lie­be Poli­ti­ker, unter ‚Freun­den‘ soll­te ein klä­ren­des Gespräch schon mög­lich sein, oder ist das etwa eine sol­che Freund­schaft, die uns der Ex-Kanz­ler Ger­hard mit Chi­na beschert hat?
Je mehr die Medi­en die­sen Fall beschwei­gen, um so mehr weiss der Büger, dass da etwas nicht stimmt im Hin­ter­grund! Hal­tet uns doch bit­te nicht für so blöd wie ihr uns ger­ne hät­tet !
Die Print-Medi­en sind schon zen­siert… soll nun per Gesetz auch noch das Inter­net zen­siert wer­den? Das scheint mir der wah­re Hin­ter­grund zu sein!

Geben Sie mir aber, bevor wir zu den Jesui­ten, den Außer­ir­di­schen und Hit­lers Tun­nel nach Tibet kom­men, noch kurz Gele­gen­heit, den popu­lärs­ten Irr­tum der deut­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te2 aus­zu­räu­men:

outface5 meint:
17-11-2007, 18:19 Uhr
.…die Ähn­lich­keit mit frü­he­ren „Sys­te­men“ Deutsch­lands wird immer deut­li­cher.

…denk ich an Deutsch­land in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. (Hein­rich Hei­ne 1797–1856)

In sei­nem Gedicht „Nacht­ge­dan­ken“ ist Hein­rich Hei­ne (1797–1856) näm­lich des­halb um den Schlaf gebracht, weil er außer­halb Deutsch­lands weilt und sich zur Mut­ter zurück­sehnt. Statt „mein Gott, wie geht die­ses Deutsch­land nur den Bach run­ter“ schrieb er sogar:

Deutsch­land hat ewi­gen Bestand,
Es ist ein kern­ge­sun­des Land,
Mit sei­nen Eichen, sei­nen Lin­den,
Werd‘ ich es immer wie­der­fin­den.

Nach Deutsch­land lechzt ich nicht so sehr,
Wenn nicht die Mut­ter dor­ten wär;
Das Vater­land wird nie ver­der­ben,
Jedoch die alte Frau kann ster­ben.

Nun, da Sie mit­hil­fe die­ses klei­nen lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen Exkur­ses dem Schwie­ger­va­ter bei der nächs­ten Debat­te am Ess­tisch das Maul stop­fen kön­nen, wol­len wir’s aber auch mal rich­tig irr wer­den las­sen:

Von Ber­li­chin­gen meint:
17-11-2007, 18:28 Uhr
Der Vor­stoß der SEPD kommt lei­der 60 Jah­re zu spät.
1968 hat die SEPD die Kur­ve nicht gekriegt.….und nun begin­nen die Rück­füh­rungs­ak­tio­nen. Mit den Deut­schen Hei­mat­ver­trie­be­nen hat­te auch kei­ner Mit­leid.
Aber wir wer­den unse­ren Gast­ar­bei­tern kein Haar krüm­men. So wahr uns Gott hel­fe!

Also, unter uns: Ich weiß auch nicht, was der Mann meint. Aber der Mann hat Zeit. Und irgend­ein erns­te­res Pro­blem:

von Ber­li­chin­gen meint:
18-11-2007, 05:03 Uhr
Ich brau­che weder von der SPD noch von den GRÜNEN ein Grund­recht auf Infor­ma­ti­ons­frei­heit.
Die­se Frei­heit mich umfas­send zu infor­mie­ren, habe ich mir seit mei­ner frü­hes­ten Jugend immer schon selbst genom­men.
Bevor es das Inter­net gab, habe ich mir Bücher, die in Deutsch­land nicht ver­legt wur­den und nur in eng­li­scher Spra­che publi­ziert wur­den über den Ame­ri­can Book­s­to­re in Frank­furt am Main bestellt oder auf Aus­lands­rei­sen gekauft.
Ich habe mei­ne Infor­ma­tio­nen z.B. nie aus dem Spie­gel-Maga­zin oder aus dem „Vor­wärts“ bezo­gen.
Von mir aus könn­te der Bun­des­tag ein Gesetz erlas­sen, das die­se Unsit­te der Lügen­pro­pa­gan­da-Pla­ka­te­kle­be­rei bei Wahl­kämp­fen end­lich ver­bo­ten wird. Das ist opti­sche und geis­ti­ge Umfeld­ver­schmut­zung und kos­tet Mil­lio­nen an Papier und Dru­cker­far­be. Für wie blöd hal­ten uns die­se Par­tei­en eigent­lich?
Hat die ARD und GEZ schon die neu­es­ten Umfra­ge­wer­te zur heu­ti­gen Sonn­tags­fra­ge ver­öf­fent­licht? Oder kommt das erst wie­der wenn der Wahl­kampf eröff­net ist?
Wer bezahlt eigent­lich für die­se Umfra­gen? Das macht doch ein „For­sa-Insti­tu­te“ nicht umsonst. Wer ist denn der Auf­trag­ge­ber, der sich da Umfra­ge­wer­te nach sei­nem Gut­dün­ken bas­teln lässt?
Sehen Sie, von der WELT-Redak­ti­on, ich mache von mei­nem Recht mich infor­mie­ren zu dür­fen Gebrauch und stel­le hier ein­fach mal dum­me Fra­gen.

Und weil in der Redak­ti­on von „Welt Online“ offen­bar nie­mand liest, was die Kom­men­ta­to­ren da so von sich geben, und des­halb auch nie­mand dum­me Ant­wor­ten auf sei­ne dum­men Fra­gen geben konn­te, schrieb „von Ber­li­chin­gen“ ein­fach mun­ter wei­ter:

von Ber­li­chin­gen meint:
18-11-2007, 11:50 Uhr
Ist es Infor­ma­ti­ons­frei­heit wenn einer auf die Idee kom­men wür­de zu fra­gen: Hat jemand die Toten der Ver­trei­bun­gen gezählt und hat der­je­ni­ge eine Namens­lis­te aller die­ser Toten? Gefal­le­ne gab es ja auf bei­den Sei­ten, da sie gezwun­gen wur­den, auf Leben und Tod gegen­ein­an­der zu kämp­fen. Bis zum letz­ten Mann. [ Frau­en und Kin­der und Grei­se und Ampu­tier­te waren für eine der bei­den Sei­ten damals unin­ter­res­sant. Das wur­de unter dem Begriff „Kol­la­te­ral­schä­den“ abge­hakt. Ab-Ge-Hakt. Haken­kreuz ] Da wur­de der Tod des eige­nen Vol­kes bewusst in Kauf genom­men, damit es nicht sovie­le Mit­es­ser gab.

Gut, für „Polit­cal­ly Incor­rect“ reicht’s noch nicht ganz und die Aus­füh­run­gen sind ver­mut­lich auch viel zu wirr, um dar­in etwas jus­ti­zia­bles zu fin­den, aber merk­wür­dig darf man den Bei­trag wohl min­des­tens fin­den.

Indes: Nicht so merk­wür­dig, wie der Kom­men­tar, den „Petra“ heu­te um 12:17 Uhr abge­ge­ben hat. Ihr eige­ner Bei­trag dazu besteht aus zwei Wör­tern:

Unse­re SPD.

Die rest­li­chen 38 Zei­len ihres Kom­men­tars bestehen aus einem Arti­kel der nicht unum­strit­te­nen Wochen­zei­tung „Jun­ge Frei­heit“. Dar­in wird die Behaup­tung auf­ge­stellt, an einem aktu­el­len Buch der baden-würt­tem­ber­gi­schen SPD-Poli­ti­ker Ute Vogt und Ste­phan Braun über die „Jun­ge Frei­heit“ hät­ten „Links­extre­mis­ten“ mit­ge­ar­bei­tet – das bele­ge „eine jetzt erschie­ne­ne Stu­die“ aus dem Ver­lag der „Jun­gen Frei­heit“. (Lesen Sie den Arti­kel doch selbst und über­se­hen Sie dabei auch nicht die Nen­nung der evan­ge­li­ka­len Pres­se­agen­tur idea als Quel­le.)

Die­ser kopier­te Arti­kel jeden­falls, der wenig bis gar nichts mit dem The­ma zu tun hat, steht seit fünf Stun­den im Kom­men­tar­be­reich von „Welt Online“.

1 Sie fin­den den Anfang ganz hin­ten, „Welt Online“ zieht es vor, sei­ne Leser­kom­men­ta­re umge­kehrt chro­no­lo­gisch anzu­zei­gen.
2 Der popu­lärs­te Irr­tum der eng­li­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te ist die Annah­me, „Fran­ken­stein“ sei der Name des Mons­ters in Mary Shel­leys Roman.

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Du bist Verfassungsbeschwerde

Mehr als 13.000 Bür­ger betei­li­gen sich schon an der Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen das Gesetz zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung. Einer davon bin ich.

Noch bis zum 24. Dezem­ber kann man der Ber­li­ner Kanz­lei Sta­ros­tik sei­ne Voll­macht ertei­len und damit an der „größ­ten Ver­fas­sungs­be­schwer­de aller Zei­ten“ teil­neh­men. Das tut nicht weh und kos­tet nicht mehr als die 55 Cent für die Brief­mar­ke (und Papier, Umschlag und etwas Dru­cker­tin­te).

Wenn vorratsdatenspeicherung.de nicht gera­de down ist (wegen Über­las­tung, wie ich hof­fen will), fin­det man dort das nöti­ge For­mu­lar zum Aus­fül­len und Aus­dru­cken, bei alltagskakophonie.de gibt es eine detail­lier­te Anlei­tung.

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Unwissenheit ist Stärke

Poli­ti­ker müs­sen kei­ne Ahnung haben, sie haben ja die Medi­en, die ihre dum­men Äuße­run­gen so lan­ge ver­brei­ten, bis jeder das Gere­de für bare Mün­ze nimmt und sich nie­mand mehr fragt, wovon er dort gera­de eigent­lich spricht.

So ver­mel­det Hei­se heu­te unter Beru­fung auf Reu­ters, der EU-Kom­mis­sar für Frei­heit, Sicher­heit und Recht, Fran­co Frat­ti­ni wol­le Such­ma­schi­nen davon abhal­ten, Ergeb­nis­se zu bestimm­ten Begrif­fen zu lie­fern:

„I do intend to car­ry out a clear explo­ring exer­cise with the pri­va­te sec­tor … on how it is pos­si­ble to use tech­no­lo­gy to pre­vent peo­p­le from using or sear­ching dan­ge­rous words like bomb, kill, geno­ci­de or ter­ro­rism,“ Frat­ti­ni told Reu­ters.

Die Such­ma­schi­nen­be­trei­ber sol­len also von staat­li­cher Sei­te auf­ge­for­dert wer­den, bestimm­te Inhal­te nicht mehr dar­zu­stel­len. Doch, das wäre end­lich mal eine Situa­ti­on, in der das Wort „Zen­sur“ gar nicht mehr so falsch wäre.

„to pre­vent peo­p­le from using […] dan­ge­rous words“ ist natür­lich sowie­so eine For­mu­lie­rung, bei der sich einem alles zusam­men­zieht. „Gefähr­li­che Wör­ter“ ist Vier­tel vor News­peak.

Die Mei­nungs- und Infor­ma­ti­ons­frei­heit sei indes nicht in Gefahr, ver­si­cher­te das Mit­glied der For­za Ita­lia:

Frat­ti­ni said the­re would be no bar on opi­ni­on, ana­ly­sis or his­to­ri­cal infor­ma­ti­on but ope­ra­tio­nal ins­truc­tions useful to ter­ro­rists should be blo­cked.

Wie genau das tech­nisch gehen soll, wird der gelern­te Jurist einer ver­mut­lich noch nicht mal erstaun­ten Welt­öf­fent­lich­keit dann wohl nächs­te Woche erklä­ren.

[via Spree­blick]