Kategorien
Digital

Potemkinsche Webseiten

Zu den großen Mysterien der Moderne gehört für mich der Berufs des Suchmaschinen-Optimierers. ((Zu den kleinen Mysterien gehört die – seit gestern beantwortete – Frage, warum meine Kekse so seltsam verpackt sind.)) Dieser optimiert nicht etwa Suchmaschinen, sondern er bastelt so lange an Internetseiten herum, bis diese in den Suchergebnissen der Suchmaschinen möglichst weit vorne auftauchen. Es erstaunt mich, dass es offenbar einen wachsenden Markt für Menschen mit diesen Fähigkeiten gibt, aber es gibt ja auch einen Markt für goldene Hundefutternäpfe und einen für getragene Unterhosen. ((Zumindest in Asien.))

Nun ist Suchmaschinen-Optimierung (oder knackig: SEO) an sich nichts schlimmes, wenn es nur darum geht, seine Inhalte möglichst gut zu platzieren. Zwar sollte man davon ausgehen, dass Google von alleine merkt, was für mich wirklich relevant ist, aber man kann da ja ruhig noch ein bisschen nachhelfen. ((Übrigens scheint kein “SEO-Papst” so gut zu sein, dass ich bei meinen hilflosen Google-Recherchen zu irgendwelchen technischen Problemen auf eine wirklich relevante Seite stoße.)) Im Extremfall liegen die von den Suchmaschinen-Optimierern betreuten Webseiten ein paar Monate auf Platz 1, ehe Google sich wieder was neues einfallen lässt. Richtig ärgerlich wird es aber da, wo es gar keine Inhalte gibt.

Auf meinem Schreibtisch liegt das neue Album von Ben Lee. ((Das ich sehr nett finde, aber dazu später mehr.)) Zu einem Song wollte ich gerne den Liedtext nachschlagen, weswegen ich lyrics “ben lee” “wake up to america” bei Google eingab. Dass das Album noch gar nicht veröffentlicht wurde und deshalb auch noch niemand die Liedtexte kennen sollte, wusste ich nicht — auf der beiliegenden Presseinfo war der 13. Februar als Veröffentlichungstermin vermerkt.

Trotzdem fand Google 467 Seiten zu dieser Suchanfrage. Die Top-Suchergebnisse sahen so aus:

Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 467 für lyrics "ben lee" "wake up to america".

Die üblichen Seiten, die man sonst so findet, wenn man nach Songtexten sucht.

Nur: Bei Nr. 1 sah der Songtext so aus:

These lyrics are missing. Could you please submit them? Did you know we give out free CDs every week to people who submit the most lyrics?

Nr. 2:

Wake Up To America: Add lyrics for this track

Nr. 3:

Track : Wake up to america. Lyrics not found. To add this lyrics

usw. usf.

Nirgendwo gab es die Texte (weil Ben Lee sie selber noch nicht online hat, was die einfachste Quelle wäre), aber überall gab es schon mal die fertige Seite mit Künstlernamen und Songtitel in der Pfadangabe und überall habe ich mindestens einen Klick generiert und jede Menge Werbung gesehen.

Entschuldigung, aber das ist für mich Verarschung hilfesuchender Menschen und Vermüllung des Internets.

Kategorien
Digital

Suchmaschinenoptimierung mit jetzt.de

Das Internet, das ist für die “Süddeutsche Zeitung” das, wo Kinderschänder mit illegalen MP3s das Ende des Qualitätsjournalismus hinaufbeschwören. Für die Macher von “sueddeutsche.de” hingegen ist das Internet das, wo man ein bisschen Text und ein paar Dutzend Bilder zu sogenannten Inhalten zusammengruppieren kann.

Für jetzt.de, das tragische Überbleibsel des einst außerordentlich guten, ja: mindestens eine Generation prägenden “jetzt!”-Magazins, ist das Internet das mit den nervigen Blogs und den arroganten Bloggern. Oder das, wo “alle” “scheinbar von nichts anderem” reden als von:

jetzt.de beim SEO

Stefan Winter schreibt in einem launigen Artikel:

“Natalie Portman nackt!” lautet eine beliebte Google-Suchanfrage, die in der Tat nicht auf schmierige Porno-Seiten, sondern auf Film-Blogs, Vanity Fair oder Bunte.

Auf die Idee, die “Beliebtheit” einer Suchanfrage mit einem Link auf die Google-Suche belegen zu wollen, muss man erst mal kommen. 9.630 Ergebnisse sind auch nicht so spektakulär wie … sagen wir: jetzt doof (613.000), aber egal. Natalie Portman ist nackt in einem Film zu sehen, das muss man zum Aufhänger machen, das muss man mit Screenshots aus dem Film belegen.

Sicher: Auch ich habe, als ich vor drei Monaten über “Hotel Chevalier” schrieb (“Alle anderen reden spätestens seit Beginn des Jahres scheinbar von nichts anderem mehr”), nicht unerwähnt gelassen, dass viele nicht unerwähnt lassen konnten, dass Natalie Portman in dem Film nackt zu sehen sei.

Bei jetzt.de sieht die Meta-Ebene so aus:

In jedem Fall wird über den kurzen Film berichtet.

[…]

Und ja, auch wir berichten über den Vorfilm, der sich neben der Nacktheit durch die Musik (Peter Sarstedt “Where Do You Go To (My Lovely)”) und durch die Tatsache auszeichnet, dass Schwartzman alias Jack hier einen Einblick in die Vorgeschichte seiner Reise gibt, die im Hauptfilm erzählt wird.

jetzt.de “berichtet” in fünf Absätzen, von denen sich fünf mit einer nackten Schauspielerin beschäftigen (soll vorkommen), bebildert das ganze mit vier Screenshots, von denen zwei Natalie Portman beim Entkleiden und Nacktsein zeigen (noch mal: man sieht nichts im Film, was über nackte Haut hinausginge), packt die Kernaussage auch noch in die Überschrift (Suchmaschinenoptimierung für Anfänger) und mokiert sich über den “Aufmerksamkeits-Fokus für eine bestimmte Zuschauerschaft”.

Was, bitte, soll denn das sein, wenn nicht billiges Aufmerksamkeitsheischen für eine bestimmte Leserschaft?

Kategorien
Digital

Restekichern

Das Jahr 2008, in dem ich Sie alle recht herzlich willkommen heißen möchte, begann mit der dichtesten Nebelwand, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Am sonst so schönen Niederrhein war es derart diesig (wie man hier sagt), dass man die Nachbarn auf der anderen Straßenseite nicht sehen konnte – von den Raketen, die in zwanzig, dreißig Metern Höhe explodierten, ganz zu schweigen. Allerdings wurde der Nebel durch den vielen Feinstaub im Feuerwerk noch dichter, so dass die Sichtweite um 00:15 Uhr noch ziemlich genau zehn Meter betrug (und das ist weder eine Übertreibung noch dem Alkohol oder meiner Kurzsichtigkeit geschuldet).

But now for something completely different: Die Veröffentlichung der schönsten Suchanfragen, mit denen Menschen auf coffeeandtv.de gestoßen sind, hatte im November zu einigermaßen großer Freude geführt.

Da will ich Ihnen die schönsten Suchanfragen für den Dezember 2007 natürlich nicht vorenthalten:

  • advent ankommen weggehen bahnhof
  • alles über bünde im dezember 2007
  • auf dem weihnachtsmarkt
  • bilder da wo vanessa ganz nackt ist
  • bill kaulitz aus hey
  • bustouren bochum – emden
  • coffee to go zunge verbrennen
  • cordsackos grösse 64
  • dickes mädchen zigarette
  • echte kontakte? fotohandy tv -test -flatrate
  • ehemann sitzt immer am pc
  • einmal in der woche ohne tv *island
  • eltern nacktbilder
  • geschlechtsakt
  • glatze schneiden lassen
  • größte führer aller zeiten
  • holländisch duschen coffie trinken
  • ich bin dr. jekyll und mr. hyde witzig
  • in der halle wellenreiten
  • interview hintergrundgeräusche
  • kein alkohol und zigarettenverkauf am sonntag
  • kinderspielzeug billig für arztpraxis
  • lebenslauf wolfgang schäuble töchter
  • lied danke für diesen guten morgen umtexten
  • lokaljournalismus nervig
  • mann abschleppen
  • margarete schreinemakers nacktfotos
  • meister prufung machen-ich bin automechaniker
  • “mirjam weichselbraun” zugenommen
  • mmmm mmmm
  • nackt vorher und nachher
  • namenswitze jens
  • “narren gefressen” nackt
  • pimp my weihnachtsbaum
  • polin für vollpflege
  • power point präsentation tv und radio deutschland
  • preise prostituierte in bremen
  • pulp fiction küchenquirl
  • raucherkino radevormwald
  • rechtsanwalt kenkel in gelsenkirchen berichte
  • sat1 burger game
  • schleimige frauen
  • sinnestäuschung bahn
  • southpark schlagzeug
  • sozietät frank schwabe
  • stinken geschichte mp3
  • tätowierer im duisburger hauptbahnhof
  • texte gegen alkohol
  • tradition definition berühmter personen
  • vanity fair reisetaschen
  • weihnachtsschmuck rock´n roll
  • wieviel stangen zigaretten seit dezember 2007 deutschland
  • wieviele stände weihnachtsmarkt bochum
  • you tube hitlerreden
  • zeitungen in deutschland wochenzeitung schundblatt
  • zigarettenautomaten knacken
  • zivildienst dinslaken gute stelle ?
  • zusatzzahlen 2007

Und dann sind da noch die Suchanfragen, die wirklich als Fragen an das große Google-Orakel formuliert wurden:

  • interessiert sich heute noch jemand für barockmusik
  • ist vanessa hudgens katholisch?
  • kann ich mir selbst finger brechen?
  • warum läßt man den klodeckel oben?
  • wer hat das advent erfunden
  • wer hat das datum erfunden
  • wer hat das television erfunden
  • wer hat fernsehen erfunden
  • wer hat ostern erfunden?
  • wie lange darf ein elfjähriger täglich vor den computer?
  • wie schreibt man eine gerichtsreportage
Kategorien
Digital

Franz Müntefering singt schleimige Emo-Songs (nackt)

Am Wochenende lief mal wieder “High School Musical” im Fernsehen, was dafür sorgte, dass zahlreiche Leute über die Suchanfrage “vanessa hudgens nackt” (oder artverwandtes) auf dieses Blog bzw. diesen Eintrag stoßen.

Unter den anderen Suchbegriffen der letzten Wochen findet sich zum Beispiel:

  • schleim im hals nach rauchen aufgeben
  • klaus kinski + familienbilder
  • folder mit bildern von sandwich und brötchen
  • text für ein schreiben verabschiedung in den ruhestand
  • wie kann ich mir den finger brechen
  • wo die weser einen großen bogen macht
  • alte männer
  • glatzköpfige frauen
  • walnussmarmelade
  • hape kerkeling kilians
  • das spiel lukas und das silberne pferd
  • totes pferd bild
  • katze ohnmacht “verwirrt
  • strassenstrich paderborn
  • nacktfotos mannheim
  • “16.august 2007” einsendeschluss
  • französische tastaturlayout
  • wie komme ich von duisburg nach paris zum eifelturm
  • zug von essen nach bochum heute
  • professor schlagzeug rheinische post august 2007
  • internationale lied or gesungen “franz müntefering”
  • waschbetonplatten wie macht man
  • suche interessante freizeitbeschäftigung
  • was muss man als jugendlicher beim angeln beachten
  • traurige emo bilder mit sprüchen drauf
  • the beatles wer sind die?
  • paul mccartney another day in paradise
  • reisetasche pulp
  • excel tabelle schwer beschädigt
  • claudia roth betrunken
  • eva hermann brüste
  • entstehung der frau aus der rippe
Kategorien
Digital Politik

Unwissenheit ist Stärke

Politiker müssen keine Ahnung haben, sie haben ja die Medien, die ihre dummen Äußerungen so lange verbreiten, bis jeder das Gerede für bare Münze nimmt und sich niemand mehr fragt, wovon er dort gerade eigentlich spricht.

So vermeldet Heise heute unter Berufung auf Reuters, der EU-Kommissar für Freiheit, Sicherheit und Recht, Franco Frattini wolle Suchmaschinen davon abhalten, Ergebnisse zu bestimmten Begriffen zu liefern:

“I do intend to carry out a clear exploring exercise with the private sector … on how it is possible to use technology to prevent people from using or searching dangerous words like bomb, kill, genocide or terrorism,” Frattini told Reuters.

Die Suchmaschinenbetreiber sollen also von staatlicher Seite aufgefordert werden, bestimmte Inhalte nicht mehr darzustellen. Doch, das wäre endlich mal eine Situation, in der das Wort “Zensur” gar nicht mehr so falsch wäre.

“to prevent people from using […] dangerous words” ist natürlich sowieso eine Formulierung, bei der sich einem alles zusammenzieht. “Gefährliche Wörter” ist Viertel vor Newspeak.

Die Meinungs- und Informationsfreiheit sei indes nicht in Gefahr, versicherte das Mitglied der Forza Italia:

Frattini said there would be no bar on opinion, analysis or historical information but operational instructions useful to terrorists should be blocked.

Wie genau das technisch gehen soll, wird der gelernte Jurist einer vermutlich noch nicht mal erstaunten Weltöffentlichkeit dann wohl nächste Woche erklären.

[via Spreeblick]