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Whisper words of wisdom

Jeden Frei­tag ver­öf­fent­licht Chris­toph Dal­lach eine Pop­mu­sik-Kolum­ne auf „Spie­gel Online“. Heu­te wid­met er sich zum Bei­spiel inhalt­lich miss­ver­stan­de­nen Lied­tex­ten:

Immer wie­der pas­siert es Men­schen, die des Eng­li­schen nicht ganz so mäch­tig sind, dass sie Lied­tex­te anders deu­ten, als die Autoren sie gemeint haben. Aber auch, wer Eng­lisch als Mut­ter­spra­che gelernt hat, bekommt mit­un­ter nicht mit, was ein Song wirk­lich bedeu­tet. Acht Para­de-Bei­spie­le für häu­fig falsch ver­stan­de­ne Lied­tex­te hat nun das Blog Divi­ne Caro­li­ne zusam­men­ge­tra­gen.

Fer­ner geht es um Paul McCart­neys Sohn James, der in einem Inter­view mit der BBC unvor­sich­ti­ger­wei­se gesagt hat­te, er kön­ne sich vor­stel­len, gemein­sam mit Sean Len­non, Dha­ni Har­ri­son und Jason Star­key Musik zu machen. Die Geschich­te ging als „Next Gene­ra­ti­on Beat­les“ um die Welt.

Dal­lach schreibt:

Dum­mer­wei­se ent­pupp­te sich auch die­ser Plan letzt­lich als Nie­der­la­ge: Von der Online-Aus­ga­be des „Guar­di­an“ befragt, ob Inter­es­se an so einer B‑Beat­les-Gang bestün­de, ant­wor­te­ten 82,8 Pro­zent der User: Nein dan­ke. Let it be!

Blöd, dass „Let It Be“ nicht bei den acht „Para­de-Bei­spie­len für häu­fig falsch ver­stan­de­ne Lied­tex­te“ dabei war, gilt es inzwi­schen doch als eini­ger­ma­ßen sicher, dass „let it be“ nicht im Sin­ne von „lass es blei­ben“, son­dern als „lass es gesche­hen“ gemeint ist.

Paul McCart­ney jeden­falls hat die Inspi­ra­ti­on zum Song wie folgt beschrie­ben:

One night during this ten­se time I had a dream I saw my mum, who’d been dead ten years or so. And it was gre­at to see her becau­se that’s a won­derful thing about dreams, you actual­ly are reu­ni­ted with that per­son for a second… In the dream she said, ‚It’ll be alright.‘ I’m not sure if she used the words ‚Let it be‘ but that was the gist of her advice, it was ‚Don’t worry too much, it will turn out okay.‘ It was such a sweet dream I woke up thin­king, ‚Oh, it was real­ly gre­at to visit with her again.‘ I felt very bles­sed to have that dream.

Aber es pas­siert halt immer wie­der Men­schen, die des Eng­li­schen nicht ganz so mäch­tig sind, dass sie Lied­tex­te anders deu­ten, als die Autoren sie gemeint haben.

Mit Dank an Phil­ip.

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We don’t know why /​ But we know it’s not right

Ich muss Ihnen nicht sagen, wel­ches Datum heu­te ist. Wenn Sie in den letz­ten Tagen einen Fern­se­her ein­ge­schal­tet haben, wis­sen Sie eh, wor­um es geht.

Frank-Wal­ter Stein­mei­er woll­te mir ja erzäh­len (aus der Rei­he „Sel­te­ne Sät­ze deut­scher Spra­che“), dass „die Tage, Woche und Mona­te nach dem 11.9.“ in Deutsch­land „ein biss­chen außer Gedächt­nis gera­ten sei­en. Ich hal­te das für Quatsch. Ich weiß noch genau, dass ich mich gefragt habe, ob ich mei­nen 18. Geburts­tag zwei­ein­halb Wochen spä­ter noch erle­ben wür­de, oder ob wir bis dahin schon alle von Ter­ro­ris­ten oder ame­ri­ka­ni­schen Gegen­schlä­gen getö­tet sein wür­den (was man als 17-Jäh­ri­ger halt so denkt).

Es sind vie­le, vie­le Songs geschrie­ben wor­den über die­se Zeit (unter ande­rem das gan­ze „The Rising“-Album von Bruce Springsteen), aber am Bes­ten zusam­men­ge­fasst wird das alles in einem Song, der unwahr­schein­li­cher­wei­se von den Fun­punk­pop­pern Gold­fin­ger, Good Char­lot­te und Mest stammt und irgend­wann im Herbst 2001 im Inter­net ver­schenkt wur­de. Ver­lust, Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit und Angst (auch dar­über, was fremd aus­se­hen­den Men­schen plötz­lich blüht) sind auf eine so unmit­tel­ba­re, nai­ve Art Gegen­stand des Tex­tes, dass man acht Jah­re spä­ter fast ein biss­chen pikiert dar­über ist. Aber Pop­mu­sik ist nun mal ger­ne ein unre­flek­tier­tes Zeit­do­ku­ment und des­halb auch meis­tens per­sön­lich packen­der als ein Geschichts­buch:

Das Video ist ein biss­chen quat­schig, aber ich woll­te nicht schon wie­der bren­nen­de Tür­me zei­gen.

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Schöner Heulen

Man hört ja lei­der viel zu sel­ten Dan Bern.

Beson­ders Die­ter Gor­ny und Hubert Bur­da (und all den ande­ren hun­gern­den Medi­en­futzis) möch­te ich aber sei­nen „Albu­quer­que Lul­la­by“ aus dem Jahr 2001 ans Herz legen.

Schon vor acht Jah­ren sang Bern da:

I have a fri­end
Sits in his office
Whe­re he’s had his big suc­cess
Now he cries all day
He says the Inter­net
Is ste­al­ing his royal­ties
Talks of his glo­ry days
I say no one cares about your glo­ry days

In die­sem Live­vi­deo ver­haut er zwar die ent­schei­den­de Zei­le, aber schön ist der Song trotz­dem:

[Direkt­link]

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Potemkinsche Webseiten

Zu den gro­ßen Mys­te­ri­en der Moder­ne gehört für mich der Berufs des Such­ma­schi­nen-Opti­mie­rers. ((Zu den klei­nen Mys­te­ri­en gehört die – seit ges­tern beant­wor­te­te – Fra­ge, war­um mei­ne Kek­se so selt­sam ver­packt sind.)) Die­ser opti­miert nicht etwa Such­ma­schi­nen, son­dern er bas­telt so lan­ge an Inter­net­sei­ten her­um, bis die­se in den Such­ergeb­nis­sen der Such­ma­schi­nen mög­lichst weit vor­ne auf­tau­chen. Es erstaunt mich, dass es offen­bar einen wach­sen­den Markt für Men­schen mit die­sen Fähig­kei­ten gibt, aber es gibt ja auch einen Markt für gol­de­ne Hun­de­fut­ter­näp­fe und einen für getra­ge­ne Unter­ho­sen. ((Zumin­dest in Asi­en.))

Nun ist Such­ma­schi­nen-Opti­mie­rung (oder kna­ckig: SEO) an sich nichts schlim­mes, wenn es nur dar­um geht, sei­ne Inhal­te mög­lichst gut zu plat­zie­ren. Zwar soll­te man davon aus­ge­hen, dass Goog­le von allei­ne merkt, was für mich wirk­lich rele­vant ist, aber man kann da ja ruhig noch ein biss­chen nach­hel­fen. ((Übri­gens scheint kein „SEO-Papst“ so gut zu sein, dass ich bei mei­nen hilf­lo­sen Goog­le-Recher­chen zu irgend­wel­chen tech­ni­schen Pro­ble­men auf eine wirk­lich rele­van­te Sei­te sto­ße.)) Im Extrem­fall lie­gen die von den Such­ma­schi­nen-Opti­mie­rern betreu­ten Web­sei­ten ein paar Mona­te auf Platz 1, ehe Goog­le sich wie­der was neu­es ein­fal­len lässt. Rich­tig ärger­lich wird es aber da, wo es gar kei­ne Inhal­te gibt.

Auf mei­nem Schreib­tisch liegt das neue Album von Ben Lee. ((Das ich sehr nett fin­de, aber dazu spä­ter mehr.)) Zu einem Song woll­te ich ger­ne den Lied­text nach­schla­gen, wes­we­gen ich lyrics „ben lee“ „wake up to ame­ri­ca“ bei Goog­le ein­gab. Dass das Album noch gar nicht ver­öf­fent­licht wur­de und des­halb auch noch nie­mand die Lied­tex­te ken­nen soll­te, wuss­te ich nicht – auf der bei­lie­gen­den Pres­se­info war der 13. Febru­ar als Ver­öf­fent­li­chungs­ter­min ver­merkt.

Trotz­dem fand Goog­le 467 Sei­ten zu die­ser Such­an­fra­ge. Die Top-Such­ergeb­nis­se sahen so aus:

Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 467 für lyrics "ben lee" "wake up to america".

Die übli­chen Sei­ten, die man sonst so fin­det, wenn man nach Song­tex­ten sucht.

Nur: Bei Nr. 1 sah der Song­text so aus:

These lyrics are missing. Could you please submit them? Did you know we give out free CDs every week to people who submit the most lyrics?

Nr. 2:

Wake Up To America: Add lyrics for this track

Nr. 3:

Track : Wake up to america. Lyrics not found. To add this lyrics

usw. usf.

Nir­gend­wo gab es die Tex­te (weil Ben Lee sie sel­ber noch nicht online hat, was die ein­fachs­te Quel­le wäre), aber über­all gab es schon mal die fer­ti­ge Sei­te mit Künst­ler­na­men und Song­ti­tel in der Pfad­an­ga­be und über­all habe ich min­des­tens einen Klick gene­riert und jede Men­ge Wer­bung gese­hen.

Ent­schul­di­gung, aber das ist für mich Ver­ar­schung hil­fe­su­chen­der Men­schen und Ver­mül­lung des Inter­nets.