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Bailout Boy

Die Steu­er­zah­ler müs­sen die Mil­li­ar­den-Kos­ten für das ein­sturz­ge­fähr­de­te Atom­müll­la­ger im nie­der­säch­si­schen Asse über­neh­men. „Die Kos­ten für den Wei­ter­be­trieb und die Still­le­gung trägt der Bund“, heißt es in einem Koali­ti­ons­an­trag zur Novel­le des Atom­ge­set­zes, der der Ber­li­ner Zei­tung vor­liegt. Damit weicht die Koali­ti­on vom Grund­satz im Atom­ge­setz ab, dass die Ver­ur­sa­cher von Atom­müll für den Betrieb und die Still­le­gung von End­la­gern auf­kom­men.

So berich­tet heu­te die „Ber­li­ner Zei­tung“.

Mir fällt zu die­ser Bun­des­re­gie­rung nichts mehr ein. Außer viel­leicht das, was ich heu­te mor­gen (neben eini­gen Brot­kru­men) mei­nem Radio ent­ge­gen­ge­brüllt habe, als ich die Mel­dung hör­te: „Fickt Euch!“

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What’s your name, what’s your number?

Mein Leben als Lukas Hein­ser ist vor­bei, seit heu­te bin ich eine elf­stel­li­ge Num­mer. Eine, in der noch nicht mal eine „42“ vor­kommt. Die Brie­fe des Bun­des­zen­tral­amts für Steu­ern haben Bochum erreicht.

Noch bin ich mir nicht ganz sicher, was ich davon hal­ten soll. Zen­tra­le Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mern gibt es in Län­dern wie den USA oder Schwe­den (bei­de eigent­lich bekannt für Bür­ger­rech­te und Libe­ra­li­tät) schon lan­ge und mir leuch­tet durch­aus ein, dass so eine zen­tra­le Erfas­sung Vor­tei­le mit sich brin­gen kann. Laut Anschrei­ben sind auch (bis­her) nur Daten über mich gespei­chert, die jeder von Ihnen inner­halb weni­ger Minu­ten bei Face­book und in die­sem Blog her­aus­fin­den könn­te. Aller­dings sehe ich durch­aus einen Unter­schied, ob ich die­se Daten frei­wil­lig in die Welt hin­aus­po­sau­ne, oder sie ein­fach so gespei­chert wer­den. Dar­über­hin­aus fin­de ich es etwas merk­wür­dig, dass das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern mei­ne Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit nicht gespei­chert haben will – wäre das ange­sichts der zu ent­rich­ten­den Kir­chen­steu­er nicht eine hilf­rei­che Infor­ma­ti­on?

Außer­dem kann sich Wolf­gang Schäub­le noch so auf den Stand­punkt stel­len, dass mei­ne Daten beim Staat sicher sei­en: fast wöchent­lich gibt es in den Nach­rich­ten eine Mel­dung dar­über, wo gehei­me Daten ver­schwun­den oder auf­ge­taucht sind. Dass die­se Mel­dun­gen fast immer aus Groß­bri­tan­ni­en kom­men, ist nicht beru­hi­gend: Bei den zwei Mög­lich­kei­ten (ent­we­der, die Bri­ten sind das ein­zi­ge Volk auf der Welt, denen sowas stän­dig pas­siert, oder sie sind das ein­zi­ge Volk, das wenigs­tens davon erfährt) spricht schon die rei­ne Wahr­schein­lich­keits­rech­nung für Opti­on 2. Ich möch­te nicht in einem Land leben, wo man sich mei­ne Daten nicht mehr zusam­men­su­chen, son­dern sie ein­fach nur aus dem zen­tra­len Mel­de­re­gis­ter klau­en muss – gemein­sam mit denen von bis zu 82 Mil­lio­nen ande­ren.

Bei der „Huma­nis­ti­schen Uni­on“ gibt es Mus­ter­kla­gen, mit deren Hil­fe man sich gegen die Zutei­lung der eige­nen Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer weh­ren kann. Die Erhe­bung der Kla­ge vor dem Finanz­ge­richt kos­tet aller­dings 200 Euro – das ist schon viel Geld, wenn man sich nicht mal sicher ist, ob man die Num­mer jetzt rich­tig schei­ße oder nur ein biss­chen doof fin­det.

Aber was ist das eigent­lich für ein Staat, der sei­ne Bür­ger zwingt, sich mit sol­chen Fra­gen zu befas­sen?

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Die Top-Themen von „RP Online“

… am 22. Mai 2008, kurz nach 18 Uhr:

Top-Themen bei “RP Online”

[Alle Screen­shots: „RP Online“, Zusam­men­stel­lung: Cof­fee And TV]

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Digital

Klickbefehl (8)

The Ger­man news media have repor­ted that no pro­mi­nent exe­cu­ti­ve from a Ger­man blue-chip com­pa­ny was impli­ca­ted in the scan­dal. If that turns out to be true, experts said, a reason may be that the­se exe­cu­ti­ves have more expe­ri­ence with the exi­gen­ci­es of glo­bal norms and ethics.

Wie­so muss ich eigent­lich immer erst Tex­te in der „New York Times“ lesen, bis ich das Gefühl habe zu ver­ste­hen, was in Deutsch­land los ist? Die­ser beleuch­tet den aktu­el­len Steu­er­skan­dal jeden­falls mal unauf­ge­regt aus einer ande­ren Rich­tung.

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Es ist kein ange­neh­mes Gefühl, in Unkennt­nis der genau­en Steue­rung eines Spiels von einem Neun­jäh­ri­gen umdrib­belt zu wer­den.

Es ist kein ange­neh­mes Gefühl, selbst mit f’ing Ronald­in­ho kei­nen Paß und kei­nen Schuß gegen einen Neun­jäh­ri­gen durch­zu­krie­gen.

Es ist kein ange­neh­mes Gefühl, einen Neun­jäh­ri­gen nur durch ein bru­ta­les Foul im inners­ten Straf­raum von einem siche­ren Tor abhal­ten zu kön­nen.

Andre­as C. Lazar berich­tet über sei­ne „Nah­tod­erfah­rung“ beim Kon­so­le-Spie­len in einem Elek­tronik­markt.

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Die deut­schen Sen­der scheu­en sich noch etwas davor, dies zu erken­nen. Man müss­te sich selbst zu unan­ge­neh­me Fra­gen stel­len, wenn eine Serie im DVD-Ver­kauf ver­hält­nis­mä­ßig erfolg­rei­cher ist als im eige­nen Pro­gramm. Es wür­de ent­lar­ven, dass es offen­bar im Sen­der zu ver­ant­wor­ten­de Feh­ler bei Pro­gram­mie­rung oder Bewer­bung gab oder der Zuschau­er die immer häu­fi­ge­ren Wer­be­ein­blen­dun­gen im lau­fen­den Pro­gramm ein­fach gezielt ver­mei­den will. So oder so kei­ne schö­ne Erkennt­nis. Sie wür­de den Sen­dern in sol­chen Fäl­len eine noch grö­ße­re Ver­ant­wor­tung für Quo­ten­flops beschei­ni­gen.

Bei dwdl.de beschäf­tigt man sich mit Seri­en­ab­set­zun­gen und ‑wie­der­auf­nah­men in den USA und in Deutsch­land und der Macht des Zuschau­ers (Kurz­zu­sam­men­fas­sung: In Deutsch­land hat er kei­ne).

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Politik

Vorgang wird bearbeitet

Viel­leicht brau­chen wir uns doch nicht so vie­le Sor­gen zu machen um mit­ge­le­se­ne E‑Mails, Vor­rats­da­ten­spei­che­rung und Gedan­ken­kon­trol­le.

Schließ­lich leben wir in einem Land, in dem es die Behör­den nicht mal auf die Rei­he krie­gen, 82 Mil­lio­nen Steu­er­num­mern in time zuzu­tei­len.

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Musik

Eine Leiche zum Dessert

Ver­gan­ge­ner Don­ners­tag, Gebäu­de 9. Die ers­te Deutsch­land-Tour­nee führ­te Mur­der By Death aus Bloo­ming­ton, India­na nach Köln. Und die­se Mischung aus düs­te­rem Punk, zicki­gem Rocka­bil­ly und dra­ma­ti­scher Ame­ri­ca­na begeis­ter­te das Publi­kum – trotz bis­wei­len schep­pe­ri­gem Sounds – vom ers­ten Moment. Die Spiel­freu­de der Band, beson­ders der grol­len­de Tenor von Sän­ger Adam Tur­la und das war­me Jau­len von Sarah Bal­liets Cel­lo, schubs­te sich von Höhe­punkt zu Höhe­punkt.

Und es gab akus­ti­sche Ver­gleichs­ver­su­che im fas­zi­nier­ten Publi­kum: Die einen woll­ten die White Stripes oder den Gun Club her­aus­ge­hört haben, die ande­ren dach­ten an 16 Hor­se­power oder Two Gal­lants, und noch jemand ver­glich Tur­la mit einem Bas­tard von John­ny Cash und Glenn Dan­zig. Stimmt alles, und ist doch kom­plett am Ziel vor­bei. Nicht jedoch so weit dane­ben, wie der immer noch nicht aus­ge­rot­te­te Zusam­men­hang mit dem Gen­red cal­led Emo, der damals ein­zig auf einer Label­zu­ge­hö­rig­keit beruh­te. Album­ti­tel wie „Like the exor­cist, but more break­dan­cing“ und „Who will sur­vi­ve, and what will be left of them“ sind tol­le Vor­bo­ten für noch tol­le­re Musik, und das lose an Dan­te Ali­ghie­r­is Gött­li­cher Komö­die aus­ge­rich­te­te „In boc­ca al lupo“ setzt dem Gan­zen die Kro­ne auf. Das ist das ganz gro­ße Rock’n’Roll-Dra­ma, und quält sich doch wie der Kojo­te aus dem Schwarz­weiß-Wes­tern Dei­ner Wahl. Und wer immer noch zwei­felt, höre ein­fach „Brot­her“ auf der Myspace-Sei­te nach (oder schaue das ent­spre­chen­de Video) – und ver­nei­ge sich inner­lich.

Gera­de ein­mal 10 Euro Ein­tritt für eins der fasznie­rends­ten Kon­zer­te der letz­ten Mona­te. Da mag das Lin­e­up z.B. der dies­jäh­ri­gen Pearl-Jam-Open­airs, die mit eben Pearl Jam, Inter­pol und den Future­heads wuchern dür­fen, „fet­ter“ wir­ken. Aber das Preis­leis­tungs­ver­hält­nis saugt tote Hams­ter durch Stroh­häl­me. Vor eini­gen Jah­ren kam auf der Mai­ling­lis­te Los­t­High­way­Ger­ma­ny anläß­lich einer Neil-Young-Solo­tour mit Ticket­prei­sen über 100 Euro­nen die Theo­rie auf, bei die­sen Prei­sen wäre eine Idio­ten­steu­er mit­in­be­grif­fen, die fäl­lig wür­de, sobald jemand bereit wäre, die­sen Preis zu zah­len. Herr Stein­brück, bit­te mit­schrei­ben!

PS: Die Über­schrift bezieht sich natür­lich auf die groß­ar­ti­ge Neil-Simon-Ver­fil­mung „Mur­der by death“ u.a. mit Peter Falk, David Niven, Alec Guin­ness, Peter Sel­lers, Mag­gie Smith, James Crom­well und Tru­man Capo­te. Gucken. Jetzt.