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Gesellschaft Unterwegs

Being Franz Josef Wagner

Liebe BVGler,

jetzt habt Ihr Euch also überraschend entschieden, heute doch nicht zu streiken. Ihr werdet also Euren Job tun, für den Ihr bezahlt werdet. Und das sollen wir jetzt als große Geste Eurer Gutmütigkeit feiern.

Einem Kind, das nicht zur Schule gehen will, gibt man Einen hinter die Löffel und bietet ihm nicht noch mehr Süßigkeiten an. Ihr geht jetzt weiter zur Schule, wollt aber noch mehr von dem Kuchen, der schon zu vielen kleinen Krumen zerfallen ist. Natürlich habt Ihr einen Teil dieser Krumen verdient, so wie jeder Mensch, der Teil unserer Gesellschaft ist, und so wie ich.

Von meinen Krumen muss ich zum Beispiel den Fahrschein bezahlen, der heute mal wieder teurer wird. In Euren U-Bahnen muss man Angst haben, selbst zu Krumen zerschlagen zu werden. Aber Ihr fahrt mich heute in meinem geliebten Berlin überall hin: ins Büro, zum Friseur und in die Kneipe. Ihr macht Euren Job, für den Ihr bezahlt werdet. Ich finde, dafür sollte man Euch auch mal danken.

Herzlichst …

Mit anderen Worten: Ich bin die nächsten Tage in Berlin.

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Politik Gesellschaft

Alle Räder stehen still

Gewerkschafter in San Francisco, CA

Heute brauche ich die Wohnung nicht zu verlassen, denn im Bochumer ÖPNV sieht es aus, als wären Weihnachten, das Fußball-WM-Finale Deutschland – Holland, ein Schneesturm, ein Stromausfall und eine Sonnenfinsternis auf einen Tag gefallen: Nichts geht mehr.

Glücklicherweise muss ich heute weder zur Uni noch mit irgendwelchen tollen Frauen in noch tollere Kinofilme, denn sonst wäre ich SEHR, SEHR ANGEKOTZT. Meine Solidarität und mein Mitgefühl werden nämlich nicht in einer Währung erkauft, die “mir auf die Nerven gehen” heißt. ((Größte Sympathien kann erwarten, wer mich in Frieden lässt. Die Weltpolitik sollte meinem Beispiel folgen.))

Streiken tun Ver.di und Komba, was nicht etwa lustige Figuren aus lehrreichen Serien beim KiKa sind, sondern Gewerkschaften. Gewerkschaften, das weiß ich seit meinem achten Lebensjahr, sind böse: Sie werden geführt von Menschen, die so lustige Namen wie Monika Wulf-Mathies oder Frank Bsirske tragen, und wenn sie mal schlecht gelaunt sind, wird der Müll wochenlang nicht abgeholt und es laufen Ratten über den Schulhof. Am 1. Mai, wenn normale Menschen ausschlafen, laufen sie mit selbstgemalten Transparenten durch die Straßen und wollen Geld.

Warum die Gewerkschaften das diesmal wollen, war mir bis gestern nicht so ganz klar. Jens musste es mir bei der pl0gbar erklären und war so freundlich, diese Erklärung gleich auch noch mal bei sich zu bloggen. Von Seiten der Gewerkschaften hatte ich bisher nur einen Zettel in der U-Bahn gesehen, auf dem stand, dass man als alleinstehender Straßenbahnfahrer zum Berufseinstieg einen Hungerlohn von 1.200 Euro netto bekomme, was für mich jetzt irgendwie nicht allzu dramatisch klang. Auch der Website von Ver.di oder dieser Kampagnenseite konnte ich allenfalls entnehmen, dass die Gewerkschafter mehr Geld wollen. Das will aber jeder, weswegen ich ein paar kleine Erklärungen ganz töfte gefunden hätte.

Deshalb fordere ich: PR-Berater in die Gewerkschaften!

Was ein Müllmann, ein Busfahrer, eine Bibliothekarin macht, weiß ich selbst – ich möchte wissen, warum sie mehr Geld wollen – und da finde ich “Weil sie in den letzten Jahren immer weniger Geld gekriegt haben”, schon eine ziemlich nachvollziehbare Begründung. Ich wette nur, wenn man heute Morgen einhundert entnervte Pendler befragt hätte: “Nennen Sie einen Grund, warum Sie heute nicht zur Arbeit gefahren werden!”, wäre “Reallohnverluste in den vergangenen Jahren” nicht die Top-Antwort gewesen.

Locker verteilte Warnstreiks sind nur ärgerlich: Wenn Montags die Kindergärtnerinnen streiken, Dienstags die Busfahrer und Mittwochs die Müllabfuhr, hat die Bevölkerung jeden Tag einen Grund sich zu ärgern und total unsolidarisch drauf zu sein. Wie wäre es denn mal mit einem ordentlichen, alles lähmenden Generalstreik? Man müsste sich keine Gedanken mehr machen, wer die Kinder versorgt und wie man zur Arbeit kommt, man könnte mit den Kleinen gemütlich zuhause sitzen, Kakao trinken und ihnen die Ratten in den Müllbergen im Vorgarten zeigen. Frankreich und Italien sind berühmt für ihre Generalstreiks und die Deutschen sind doch sonst immer so vernarrt in Merlot, Latte Matschiato und Brusketta, warum nicht mal einen schicken Generalstreik importieren? Danach wüssten alle, wo überall Menschen arbeiten, die mehr Geld verdient hätten, ((Ist es nicht völlig bizarr, dass man in der deutschen Sprache weniger Geld verdienen kann als man verdient hätte?)) und es wäre ein bisschen wie Urlaub mitten im Jahr. Die Straßen wären nicht verstopft (auch Gewerkschaften sollten sich dem Umweltschutz nicht verschließen) und alle würden einander mögen und toll finden.

Stattdessen: In Mülltüten gekleidete Schnauzbartträger, die hinter einem brennenden Fass stehen und in Trillerpfeifen blasen. So zwanzigstes Jahrhundert, so SPD, so nicht 2.0.

Natürlich kann es sein, dass dies ein überkommenes Klischee ist oder in Gewerkschaftskreisen als Folklore im Sinne von Karneval, Fußball oder Volksmusik gilt, aber es ist immer noch das bestimmende Bild in den Medien. Was letztlich auch daran liegen könnte, dass Medienkonzerne letztlich auch in Gewerkschaften organisierte Angestellte haben, und deshalb wenig Wert darauf legen, dass Streikende sympathisch rüberkommen.

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Politik Gesellschaft

Das ist Bahnsinn

Die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) möchte von Mittwoch bis Samstag im Güter-, Nah- und Fernverkehr streiken.

Allerdings drohte GDL-Chef Schell im Gespräch mit der “Passauer Neuen Presse”: “Wir können einen Streik länger durchhalten, als es die Bundesrepublik verkraftet“, sagte er, „und vor allem deutlich länger, als der Bahnvorstand dies glaubt“.

Zitat: Welt.de

Äh, okay. Alles klar.

Leute, wenn Eure Streikkassen so dermaßen gefüllt sind, dass Ihr schon verbal Fuffies im Club schmeißt, wie wäre es dann, wenn Ihr einfach alle Gewerkschaftsfunktionäre würdet, Euch quasi selbst durchfüttert und die Führerstände für Leute räumt, die Spaß am Zugfahren hätten?

Vielleicht könnte man auch einfach in irgendeinem Stadttheater einen schmucken Balkon räumen, Schell und Mehdorn dort in die Sessel tackern und den ganzen Tag im Kinderprogramm grummeln lassen, während Gewerkschaft und Unternehmen von weniger dickköpfigen Menschen geführt werden.

Mit einer Intervention des Bahn-Eigentümers (das sind Sie und ich, vertreten durch die Bundesregierung) ist bis auf weiteres übrigens auch nicht zu rechnen, denn in Berlin hat man gerade andere Sorgen.

(Hölle, Hölle, Hölle!)

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Digital Leben

Anti Pasta

Stellen Sie sich vor, wir würden heute mal komplett auf Eisbein und Sauerkraut verzichten!

Gut, auch wenn das Klischee etwas anderes sagt: Das wäre für die allermeisten Deutschen kein Problem. Aber stellen Sie sich mal vor, wir würden heute mal komplett auf Nudeln verzichten! Kinder, Studenten und Berufstätige müssten sich schon was einfallen lassen (wobei “was” vermutlich “Fischstäbchen”, “Pizza” oder “Butterbrote” hieße). Aber jetzt stellen Sie sich mal vor, die Italiener würden einen Tag auf Nudeln verzichten!!!!1

Lassen wir die Stereotypen beiseite und widmen uns den harten Fakten: Italienische Verbraucherverbände haben für den heutigen Donnerstag zum “Pasta-Streik” aufgerufen. Einen ganzen Tag sollen die Verbraucher auf ihr Nationalgericht verzichten (AP berichtet interessanterweise: “not against eating it, but against buying it”, was auch irgendwie auffälliger wäre), um gegen steigende Preise für Nudeln, Öl und Fahrkarten zu protestieren.

Stellen Sie sich also besser vor, wir würden heute mal komplett auf Autofahrten verzichten!

P.S.: sueddeutsche.de hat das Problem des Alles-bebildern-Müssens übrigens derart gelöst, dass man den Screenshot eines “Telegraph”-Artikels zum Thema, auf dem noch ein halbes Pasta-Symbolfoto zu erahnen ist, in den Artikel eingebaut hat. Als Meta-Symbolbild, sozusagen.

sueddeutsche.de zeigt telegraph.co.uk, die einen Teller mit Nudeln zeigen
Screenshot: sueddeutsche.de