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Wie Barack Obama Twitter am Laufen hielt

Bei den Pro­tes­ten, die der­zeit im Iran statt­fin­den, spielt Twit­ter eine wich­ti­ge Rol­le: Demons­tran­ten kön­nen sich dar­über koor­di­nie­ren und Bot­schaf­ten ins Aus­land abset­zen. Um die­sen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­weg auf­recht zu erhal­ten, hat Twit­ter am Mon­tag kurz­fris­tig seit lan­gem für ges­tern geplan­te War­tungs­ar­bei­ten auf einen Zeit­punkt ver­scho­ben, als im Iran eh gera­de Nacht war.

Ges­tern ver­brei­te­te Reu­ters die Nach­richt, das US-Außen­mi­nis­te­ri­um habe Twit­ter gedrängt, die War­tungs­ar­bei­ten zu ver­schie­ben:

The U.S. Sta­te Depart­ment said on Tues­day it had cont­ac­ted the social net­wor­king ser­vice Twit­ter to urge it to delay a plan­ned upgrade that would have cut day­ti­me ser­vice to Ira­ni­ans who are dis­pu­ting their elec­tion.

Twit­ter wider­sprach die­ser Dar­stel­lung schon kurz dar­auf im eige­nen Blog:

Howe­ver, it’s important to note that the Sta­te Depart­ment does not have access to our decis­i­on making pro­cess. Nevert­hel­ess, we can both agree that the open exch­an­ge of infor­ma­ti­on is a posi­ti­ve force in the world.

Das war heu­te Nacht um 00:21 Uhr deut­scher Zeit.

Um 03:15 Uhr ticker­te afp:

Twit­ter: War­tungs­ar­bei­ten nicht wegen US-Regie­rung ver­scho­ben

Der Kurz­nach­rich­ten­dienst Twit­ter pocht auf sei­ne Unab­hän­gig­keit: Die Ver­schie­bung von War­tungs­ar­bei­ten inmit­ten der dra­ma­ti­schen Ereig­nis­se im Iran sei nicht auf Bit­ten der US-Regie­rung erfolgt, teil­te Twit­ter-Mit­be­grün­der Biz Stone am Diens­tag mit.

Nun weiß man natür­lich nicht, ob Twit­ter da die Wahr­heit sagt. Aber die bis­he­ri­gen Fak­ten lau­ten: Das Außen­mi­nis­te­ri­um spricht von Kon­tak­ten, Twit­ter erklärt, die Ent­schei­dung selbst getrof­fen zu haben.

Bei Asso­cia­ted Press hat­te man von all dem offen­bar nichts mit­be­kom­men und so war aus der „Bit­te“ des Außen­mi­nis­te­ri­ums heu­te mor­gen um 08:36 Uhr das hier gewor­den:

Twit­ter-War­tung auf Wunsch des US-Außen­mi­nis­te­ri­ums ver­scho­ben

Um 11:04 ging eine wei­te­re AP-Mel­dung über die Ticker, in der unter ande­rem stand:

Wie in Washing­ton ver­lau­te­te, inter­ve­nier­te des­halb das US-Außen­mi­nis­te­ri­um und bat die Betrei­ber, die War­tung auf eine Zeit zu ver­schie­ben, wenn es im Iran Nacht ist. Twit­ter folg­te die­sem Wunsch.

Wäh­rend vie­le Medi­en immer­hin offen lie­ßen, ob Twit­ter dem Wunsch der US-Regie­rung „gefolgt“ sei, und „Focus Online“ expli­zit auf Twit­ters Gegen­dar­stel­lung ver­wies, waren Medi­en, die sich auf AP ver­lie­ßen, auf­ge­schmis­sen:

Wie in Washing­ton ver­lau­te­te, inter­ve­nier­te des­halb das US-Außen­mi­nis­te­ri­um und bat die Betrei­ber, die War­tung auf eine Zeit zu ver­schie­ben, wenn es im Iran Nacht ist. Twit­ter folg­te die­sem Wunsch.

(Handelsblatt.com)

Ange­sichts der Bedeu­tung der Online­me­di­en für die Infor­ma­ti­on der Welt­öf­fent­lich­keit über die Ereig­nis­se im Iran inter­ve­nier­te das US-Außen­mi­nis­te­ri­ums beim Kurz­nach­rich­ten­dienst Twit­ter. Die­ser ver­schob auf Wunsch des Außen­mi­nis­te­ri­ums geplan­te War­tungs­ar­bei­ten, wie meh­re­re Gewährs­leu­te am Diens­tag in Washing­ton berich­te­ten.

(heute.de)

Eine ganz eige­ne Her­an­ge­hens­wei­se fand Bild.de, wo statt Mit­ar­bei­tern des Außen­mi­nis­te­ri­ums gleich jemand ganz ande­res mit Twit­ter gespro­chen haben soll:

Auch der Ein­satz von US-Prä­si­dent Barack Oba­ma dürf­te bei der ira­ni­schen Regie­rung für Miss­mut gesorgt haben. Oba­ma hat­te Twit­ter gebe­ten, die ange­setz­ten War­tungs­ar­bei­ten aus­zu­set­zen, um die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Iran irgend­wie auf­recht zu erhal­ten.

Mit Dank auch an Dani S.

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Who Are You?

Knock, knock …

Schweinegrippe: Höchste Alarmstufe. Who* ruft Pandemie aus

Dr. Who oder The Who?

*Weltgesundheitsorganisation

Ach so …

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Digital Gesellschaft

Reinigendes Getwitter

Ich fin­de Twit­ter im Gro­ßen und Gan­zen ja ganz okay und den­ke, es kommt wie bei jedem Werk­zeug dar­auf an, wie man es ein­setzt. Eine gro­ße Gefahr besteht natür­lich dar­in, dass die­ses Werk­zeug so leicht zu bedie­nen ist und man des­halb oft schnel­ler tweetet als denkt.

Was? Das habe ich schon geschrie­ben? Ja, sicher. Aber wenn die Auf­merk­sam­keits­span­ne nur noch 140 Zei­chen beträgt, kann man sich ja mal wie­der­ho­len.

Am Sams­tag haben Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te aus der Bun­des­ver­samm­lung get­wit­tert, dass Horst Köh­ler die Bun­des­prä­si­den­ten­wahl im ers­ten Wahl­gang gewon­nen hat. Ich fin­de das eini­ger­ma­ßen respekt­los dem Bun­des­tags­prä­si­den­ten gegen­über, des­sen Auf­ga­be nun mal die Ver­kün­dung des Wahl­er­geb­nis­ses ist.

Mag sein, dass die Abge­ord­ne­ten das Ergeb­nis von Jour­na­lis­ten erfah­ren hat­ten, mag sein, dass – bis auf Ange­la Mer­kel – jeder im Reichs­tag Bescheid wuss­te – aber auch twit­tern­de Abge­ord­ne­te soll­ten ein biss­chen an die Außen­wir­kung den­ken. Und wenn es Auf­ga­be des Bun­des­tags­prä­si­den­ten ist, das Ergeb­nis zu ver­kün­den, dann soll­te es zumin­dest kein ande­res Mit­glie­der die­ses Ver­fas­sungs­or­gans sein, das ihm die­se Auf­ga­be abnimmt.

Am Diens­tag haben nun offen­bar ein­zel­ne Abge­ord­ne­te aus einer nicht-öffent­li­chen Sit­zung der SPD-Frak­ti­on get­wit­tert, wor­auf­hin Frak­ti­ons­chef Peter Struck eine Art Wut­an­fall bekom­men haben muss (bei dem ich ger­ne dabei­ge­we­sen wäre) und die SPD jetzt Kon­se­quen­zen zie­hen will.

Ich fin­de es schon erstaun­lich, dass man Volks­ver­tre­tern offen­bar erst ein­mal erklä­ren muss, was mit „nicht-öffent­lich“ gemeint sein könn­te – oder brin­gen die sonst Schwie­ger­müt­ter, Hun­de­fri­seu­re und Haupt­stadt­jour­na­lis­ten mit, weil die sowas auch mal von nahem sehen woll­ten? Wann kom­men die ers­ten Tweets aus den gehei­men Sicher­heits­aus­schüs­sen? („Hin­wei­se auf gepl. Anschlä­ge im Raum Ber­lin. Schmut­zi­ge Bom­be, BKA ist dran“)

Tho­mas Knü­wer geht davon aus, dass das Ergeb­nis der Bun­des­tags­wahl vor­ab via Twit­ter ver­ra­ten wer­den wird. Damit wäre Deutsch­land dann wohl noch hip­per als die USA, wo das Ergeb­nis der letzt­jäh­ri­ge Prä­si­dent­schafts­wahl mei­nes Wis­sens noch von den Fern­seh­sen­dern bekannt gege­ben wur­de.

Was mich aber beson­ders stört ist die Selbst­ver­ständ­lich­keit, mit der man­che Men­schen einen Frei­schein für Twit­ter for­dern: Muss man denn alles, was man weiß, in die Welt hin­aus­po­sau­nen, nur weil man es kann?

Was ist mit den Spiel­re­geln, auf denen unse­re Gesell­schaft beruht? Dass wir nicht aus dem Kino gehen und den War­ten­den erzäh­len, wie der Film aus­geht? Dass wir Wahl­er­geb­nis­se für uns behal­ten, bis die Wahl­lo­ka­le geschlos­sen haben? Dass wir uns nicht nackt aus­zie­hen, mit Exkre­men­ten ein­rei­ben und schrei­end durch die Innen­stadt ren­nen?

Nen­nen Sie mich kon­ser­va­tiv, aber ich fand die Zeit ganz gut, bevor die­ses post­mo­der­ne „any­thing goes“ über uns hin­ein­ge­bro­chen ist. Als man in klei­ner Run­de noch schlech­te Wit­ze machen konn­te, ohne Angst haben zu müs­sen, dass sie gleich im Inter­net ver­brei­tet wer­den.

[Auf­tritt Mike Skin­ner: „How the hell am I sup­po­sed to be able to do a line in front of com­ple­te stran­gers /​ When I know they’­ve all got came­ras?“]

Nun könn­te man natür­lich ein­wen­den: Man konn­te ande­ren Men­schen noch nie ver­trau­en, heut­zu­ta­ge ist es nur tech­nisch viel ein­fa­cher (und anony­mer), den Kram zu ver­brei­ten. Han­dy­ka­me­ras und Twit­ter zei­gen nur auf, dass wir ein Rudel bös­ar­ti­ger Wöl­fe sind, die dar­auf war­ten, über­ein­an­der her­zu­fal­len. Aber so pes­si­mis­tisch wäre ich ungern.

Die Fra­ge, die man sich beim Schrei­ben von Twit­ter­nach­rich­ten stel­len soll­te, ist nicht „Wür­dest Du das Dei­nem bes­ten Freund erzäh­len?“, son­dern „Wür­dest Du das Dei­ner Mut­ter, Dei­nem Part­ner, Dei­nem Chef und allen Men­schen im Ruhr­sta­di­on schrift­lich geben?“

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Digital

Understanding In A Car Crash

War­nung!

In die­sem Ein­trag wer­den Sei­ten ver­linkt, auf denen bru­ta­le und ver­stö­ren­de Fotos bzw. Vide­os zu sehen sind. Wenn Sie emp­find­lich auf sol­che Dar­stel­lun­gen reagie­ren oder es Ihnen reicht, sich vor­zu­stel­len, wie die Opfer eines Ver­kehrs­un­falls aus­se­hen, dann kli­cken Sie bit­te auf kei­nen die­ser Links!

Da hat man sich den Mund fus­se­lig dis­ku­tiert nach dem Amok­lauf von Win­nen­den, hat an jour­na­lis­ti­sche Ethik oder ein­fach nur an den gesun­den Men­schen­ver­stand appel­liert, wenn es um Gewalt­dar­stel­lun­gen in den Medi­en ging. Gera­de letz­te Woche hat­te ich mich und mög­li­che mit­le­sen­de Jour­na­lis­ten mal wie­der gefragt (da dürf­ten Sie jetzt drauf kli­cken, das ist nur ein Cof­fee-And-TV-Arti­kel), ob man eigent­lich alle Quel­len nut­zen müss­te, die einem so zur Ver­fü­gung ste­hen, um ein schreck­li­ches Ereig­nis auf­zu­be­rei­ten.

Aber letzt­lich braucht es wohl ein­fach nur genug Blut und in den Gehir­nen der Online-Redak­teu­re rei­ßen die letz­ten Syn­ap­sen ab.

Im nie­der­län­di­schen Apel­doorn ist bei der Para­de zum heu­ti­gen Köni­gin­nen­tag gegen 12 Uhr Mit­tags ein Auto in die Men­schen­men­ge gefah­ren und erst vor einem Denk­mal zum Ste­hen gekom­men. Im Moment geht man von vier Toten und min­des­tens 20 Ver­letz­ten aus.

Weil sich zumin­dest Tei­le die­ses Unfalls in der direk­ten Nähe des könig­li­chen Bus­ses abspiel­ten, wur­den die­se Bil­der live im Fern­se­hen über­tra­gen. Dass grau­sa­me Din­ge on air pas­sie­ren, gehört zu den Risi­ken einer Live-Über­tra­gung. Die Fra­ge ist, wie man in den nächs­ten Momen­ten damit umgeht.

Die Sen­der des nie­der­län­di­schen RTL haben Vide­os ins Inter­net gestellt, auf denen Men­schen über die Stra­ße geschleu­dert wer­den. Zuschau­er schrei­en ent­setzt (und gut hör­bar) auf, spä­ter sieht man Poli­zis­ten bei ver­zwei­fel­ten Wie­der­be­le­bungs­ver­su­chen. Ich weiß nicht, was davon live über den Sen­der ging und was „nur“ auf­ge­nom­men wur­de – ich bin mir nur ziem­lich sicher, dass die Betrach­tung die­ser bru­ta­len Bil­der kei­ne zwin­gen­de Vor­aus­set­zung für ein Ver­ständ­nis des Vor­gangs „Auto rast in Men­schen­men­ge“ dar­stellt.

In den nie­der­län­di­schen Fern­seh­sen­dern sind die Bil­der des Vor­falls immer wie­der zu sehen – auf man­chen nur die letz­ten Meter, bevor das Auto in die Umzäu­nung des Denk­mals kracht, auf den Sen­dern der RTL-Grup­pe auch noch mal ein paar Men­schen, die getrof­fen wer­den. Repor­ter der Pri­vat­sen­der ste­hen vor dem Auto-Wrack, wäh­rend im Bild­hin­ter­grund die abge­deck­ten Lei­chen lie­gen, die Öffent­lich-Recht­li­chen haben ihre Repor­ter inzwi­schen vor dem Königs­pa­last abge­stellt.

Aber die nie­der­län­di­schen Medi­en, die eh sehr viel libe­ra­ler sind im Umgang mit expli­zi­ten Dar­stel­lun­gen, sol­len uns hier nur am Ran­de und unter exo­ti­schen Aspek­ten inter­es­sie­ren. Wir haben ja unse­re eige­nen Medi­en, allen vor­an die im Inter­net.

Trash-Por­ta­le wie „Spie­gel Online“, Bild.de, focus.de und stern.de, aber auch FAZ.net zei­gen Bil­der­ga­le­rien, in denen man sich unter ande­rem dar­über infor­mie­ren kann, wie eigent­lich schwe­re Kopf­ver­let­zun­gen oder Mund-zu-Mund-Beatmun­gen aus­se­hen.

tagesschau.de zeigt als Auf­ma­cher­bild eine Tota­le (wie man sie auch in der „Net­zei­tung“ und der Klick­stre­cke von „RP Online“ fin­det) mit meh­re­ren Ver­let­zen, wäh­rend im Fern­seh­bei­trag haupt­säch­lich ent­setz­te Augen­zeu­gen (dar­un­ter ein wei­nen­des Kind) zu sehen sind.

Spe­ku­la­tio­nen schie­ßen (natür­lich) ins Kraut und Bild.de brauch­te nur weni­ge Zen­ti­me­ter, um aus einer Fra­ge …

Schock für Beatrix am Königinnentag in Holland: War es ein Anschlag? Autofahrer raste in Menschenmenge - vier Tote und fünf Schwerverletzte

… eine Tat­sa­che zu machen:

Anschlag auf Königin Beatrix: Der Bus mit der königlichen Familie – nur wenige Meter trennen ihn von der Stelle, an der der Suzuki in das Denkmal gerast ist. In der Mitte zu erkennen...

Beim Wes­ten war ver­mut­lich eher sprach­li­ches Unver­mö­gen als Zynis­mus Schuld an einer Bild­un­ter­schrift wie die­ser:

Begeistert warten die Zuschauer im holländischen Apeldoorn auf den Besuch der Königsfamilie, als ein Auto in die Menschenmenge rast.

(Unnö­tig zu erwäh­nen, dass das Foto natür­lich kei­ne begeis­ter­ten War­ten­den zeigt, son­dern in Bewe­gung befind­li­che Unfall­op­fer. Der Bild­aus­schnitt wur­de übri­gens spä­ter noch ver­än­dert, so dass nun weni­ger von den Kör­pern und mehr vom Auto zu sehen ist.)

Von allen gro­ßen Por­ta­len, die mir spon­tan ein­fie­len, kommt nur sueddeutsche.de ohne all­zu bru­ta­le Fotos und/​oder Bil­der­ga­le­rien aus. Aller­dings erhielt mei­ne zag­haf­te Erleich­te­rung einen Dämp­fer, als ich in den Kom­men­ta­ren zum Arti­kel erst Kri­tik an (offen­bar vor­her dort gezeig­ten) Bil­dern fand und dann das hier las:

 30.04.2009  14:29:35 Moderator (sueddeutsche.de): Liebe user, obwohl das von uns zunächst gezeigte Bild aus dokumentarischen Gründen auch in anderen Publikationen zu sehen war, haben wir uns aus Pietätsgründen dazu entschieden ein anderes Bild zu verwenden. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Moderator

Die obli­ga­to­ri­sche Gegen­pro­be beim Online-Auf­tritt des „Guar­di­an“ ergab: Ein zer­trüm­mer­tes Auto sagt auch viel aus.

Mit beson­de­rem Dank an unse­re Nie­der­lan­de-Kor­re­spon­den­tin Leo­nie.

Nach­trag, 23:55 Uhr: Zu früh gelobt: Der „Guar­di­an“ hat mit einer Bil­der­ga­le­rie und einem Video nach­ge­legt, wo Bil­der zu sehen sind, die mei­nes Erach­tens auch nicht nötig wären.

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Digital

Inzwischen, mittlerweile, neu

Auf der Plattform „Facebook” richteten Schweizer sogar ein Hass-Forum ein. Name: „Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren.” Das Forum hatte gestern bereits 4147 Mitglieder!

[Bild.de, 20. März 2009]

Die „Bild“-Zeitung berichtet, dass es auf der Internetplattform „Facebook“ mittlerweile eine Gruppe mit dem Titel „Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren“ gibt. Sie soll mehr als 4000 Mitglieder haben.

[„Welt Online“, 20. März 2009]

Kuno Hämisegger, Cheflobbyist der Schweizerischen Bankiervereinigung ruft zum Beitritt in eine neue Facebook-Gruppe auf.

[blick.ch, 22. März 2009]

Dafür hagelt es jetzt harte Kritik aus dem kleinen Nachbarland. Wie groß die Empörung über Steinbrück in der Schweiz inzwischen ist, zeigt eine Gruppe in der Internet-Community Facebook mit dem Namen "Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren!"

[express.de, 22. März 2009]

Wie groß die Aufregung um Steinbrücks umstrittene Äußerungen zur Schweiz ist, zeigt eine Gruppe auf der Internet-Plattform Facebook. Knapp 14 000 Mitglieder unterstützen das Gruppenmotto: "Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren!"

[suedkurier.de, 22. März 2009]

Fra­ge: Wann wur­de die Face­book-Grup­pe „Ich könn­te Peer Stein­brück pau­sen­los die Fres­se polie­ren!“ gegrün­det?

Ant­wort: Irgend­wann vor 11:42 Uhr am 29. Okto­ber 2008 – da wur­de näm­lich der ältes­te Kom­men­tar in der Grup­pe abge­ge­ben:

M*** (Switzerland) wrote
at 11:42 on 29 October 2008
gfrüüret doch mau aui dütschä guethabä uf schwiizerbankä i, mau luege wisech das uf di dütschi wirtschaft uswürkt.. oder mit sine wort: «den Geschäftsverkehr belasten».....

Aber das Alter von Face­book-Grup­pen ist erfah­rungs­ge­mäß ein biss­chen schwe­rer zu bestim­men.

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Print Digital

Deutschlands führende Nacktrichten-Portale

Frü­her galt es unter pro­mi­nen­ten Frau­en als der letz­te Ret­tungs­an­ker, sich (halb-)nackt für irgend­wel­che Her­ren­ma­ga­zi­ne ablich­ten zu las­sen, um noch ein biss­chen Geld und Auf­merk­sam­keit ein­zu­strei­chen.

Heu­te sind die Frau­en nicht mehr pro­mi­nent und sie ste­hen am Anfang, nicht am Ende einer Kar­rie­re, wenn sie sich aus­zie­hen. Aller­dings hat es den Anschein, als wür­den nicht pri­mär sie von sol­chen Fotos pro­fi­tie­ren, son­dern das jewei­li­ge Maga­zin, dass sich – wie bereits erwähnt – über jede Men­ge kos­ten­lo­ser Wer­bung freu­en kann:

 Topmodel in der FHM - Tessa: „Guter Sex kann kurz sein“
(express.de)

Heidis Topmodel Tessa zeigt die Brüste - Oberzicke Tessa strippt vor einer Kamera und erscheint in der aktuellen Ausgabe des Männermagazins FHM.
(hna.de)

GNTM: Topzicke Tessa zeigt sich hüllenlos. Die Topmodel-Kandidatin Tessa zeigt Ihren Traumkörper und verrät pikante Details aus ihrem Liebesleben. Die Bilder!
(oe24.at)

Weitaus niveauvoller, aber nicht minder heiß, sind die Unterwäschebilder, die Tessa im Männermagazin FHM zeigen.
(„Schwä­bi­sche Zei­tung“)

Und dann sind da natür­lich noch die übli­chen Trash-Por­ta­le:

Die Enthüllung der Tessa: Nachrichten, 06.03.2009, DerWesten. Tessa macht ernst: lange vor dem Ende der vierten Staffel von "Germany´s next Topmodel" hat sie ihr Cover-Shooting hinter sich gebracht.
(derwesten.de)

Topmodel-Zicke sexy in der FHM: Heidi, guck mal, das ist deine Tessa! Was die Model-Mama wohl zu diesen Bildern sagt? Topmodel-Kandidatin Tessa Bergmeier (19) – immer wieder für eine Überraschung gut! Ihr jüngster Coup: ein FHM-Shooting im Puff! Tessa lasziv in sexy Dessous, Tessa wie sie ihr eigenes Spiegelbild anschmachtet.
(Bild.de)

Tessa Bergmeier in einem Männermagazin
Da wird Heidi aber Augen machen. Düsseldorf (RPO). Was wäre
(„RP Online“)

Las­sen Sie sich von dem Wort „Män­ner­ma­ga­zin“ übri­gens nicht irri­tie­ren: „RP Online“ ver­rät den Namen des Maga­zins natür­lich noch und ver­linkt auch dar­auf. Und auf die eige­ne, dies­mal nur zehn­tei­li­ge Bil­der­ga­le­rie zum The­ma.

Ich habe die Leu­te von derwesten.de, die ihre sieb­zehn­tei­li­ge Klick­stre­cke via twit­ter ange­prie­sen hat­ten, gefragt, ob es eigent­lich ein Gesetz gebe, dass einen zur Bericht­erstat­tung über aktu­el­le FHM-Titel­bil­der ver­pflich­tet.

Die über­ra­schen­de Ant­wort:

@coffeeandtv Nein, kein Gesetz. Aliens vom Planeten Zargon sind in der Redaktion gelandet und zwingen uns mit vorgehaltener Laserwaffe dazu.

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Ja, Ihr könnt mich mal (12)

Ja ja, ich hat­te auch geglaubt, mit dem Howard-Car­penda­le-Schla­ger, den Ste­fan uns neu­lich freund­li­cher­wei­se ins Blog gekippt hat­te, wäre die Tal­soh­le der Oba­ma-Ran­schmis­se so lang­sam erreicht – zumin­dest musi­ka­lisch.

Wir alle haben Howard Car­penda­le Unrecht getan – sein Song zeig­te immer­hin noch, dass sich jemand Gedan­ken gemacht hat­te (Gos­pel!), und bei einem gebür­ti­gen Süd­afri­ka­ner ist es auch noch mal etwas ande­res, wenn er über einen schwar­zen Prä­si­den­ten singt.

Aber das hier, das geht wirk­lich nicht und unter gar kei­nen Umstän­den:

Frank Fari­an, des­sent­we­gen man immer ein biss­chen Angst haben muss­te, dass Geor­ge W. Bush Deutsch­land bom­bar­die­ren las­sen könn­te, hat das gemacht, was er seit 20 Jah­ren macht, und ver­sucht aus einer alten Idee noch ein paar Taler raus­zu­quet­schen, indem er sich auf den Zeit­geist stürzt wie sei­ne gan­zen Ex-Schütz­lin­ge ins Unglück.

Des­halb hat er den alten Boney‑M.-Schlager (ein Hit war das schon nicht mehr wirk­lich) „Feli­ci­dad“ wie­der auf­ge­wärmt und auf Barack Oba­ma gemünzt. Natür­lich hat er die Beleg­schaft dafür mal wie­der aus­ge­tauscht, aber wen inter­es­siert sowas?

Nun ja, Bild.de inter­es­siert es natür­lich, wes­we­gen das Video (der Zeich­ner der alten E‑Ro­tic-Musik­vi­de­os ist offen­bar auch wie­der in Lohn und Brot) dort exklu­siv zu besich­ti­gen ist. Ich rate aller­dings dazu, das Brow­ser­fens­ter spä­tes­tens nach zwan­zig Sekun­den zu schlie­ßen, weil blei­ben­de Schä­den sonst nicht aus­zu­schlie­ßen sind.

[Mit Dank an Björn für den Hin­weis]

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Film Print Gesellschaft

Komplexe Verhältnisse

Nächs­te Woche läuft „Der Baa­der Mein­hof Kom­plex“ (nur echt ohne Bin­de­stri­che) in den deut­schen Kinos an. Auch wenn mich das The­ma RAF seit vie­len Jah­ren inter­es­siert, weiß ich nicht, ob ich mir den Film anse­hen soll: die Hand­lung ist hin­läng­lich bekannt und außer­dem muss man den Film ja gar nicht sel­ber sehen – es schreibt je eh jeder drü­ber.

Beson­ders „Bild“ ist an vor­ders­ter Front mit dabei: schon seit Mona­ten schreibt das Blatt über jedes klei­ne biss­chen Infor­ma­ti­on, in den letz­ten Tagen dann mit immer stär­ke­rer Fre­quenz. Der Sohn von Hanns Mar­tin Schley­er hat sich den Film bereits für „Bild“ ange­se­hen, die Toch­ter von Ulri­ke Mein­hof eben­falls.

Bet­ti­na Röhl ist für „Bild“ eine wich­ti­ge Kron­zeu­gin, denn:

Bettina Röhl (Ihre Mutter war Ulrike Meinhof) über den RAF-Film  Martina Gedeck ist eine Fehlbesetzung!

Sie war also dabei. Genau­so wie „Bild“, möch­te man ein­wen­den, denn das Mas­sen­blatt des Axel-Sprin­ger-Ver­lags ist natür­lich untrenn­bar mit ’68 und allen sei­nen Fol­gen ver­bun­den.

Und da kommt ganz schnell so etwas wie Nost­al­gie auf, wenn Bild.de im tra­di­tio­nel­len Duk­tus fragt:

Kommt die Baa­der-Mein­hof-Ban­de zu Oscar-Ehren?

Auch beein­dru­ckend doof ist die­se Fra­ge:

Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek: Dürfen sympathische Stars Terroristen spielen?

Da schließt sich doch gleich die Fra­ge­stel­lung an, wie unsym­pa­thisch Stars sein müs­sen, damit sie nach Ansicht von Bild.de Ter­ro­ris­ten spie­len dür­fen. Müss­te ich Til Schwei­ger und Iris Ber­ben im Kino ertra­gen, damit mir Andre­as Baa­der und Ulri­ke Mein­hof nicht sym­pa­thisch erschei­nen?

Ein beson­de­rer Trep­pen­witz der Geschich­te ist es aller­dings, wenn Bild.de ein Foto von den Dreh­ar­bei­ten erklärt, bei denen gera­de die Kra­wal­le des 2. Juni 1967 nach­ge­stellt wer­den. Die ganz Alten wer­den sich erin­nern: an die­sem Tag war der Schah von Per­si­en auf Staats­be­such in Ber­lin, bei den Demons­tra­tio­nen gegen ihn kam es zu bei­der­sei­ti­gen Gewalt­es­ka­la­tio­nen, in deren Fol­ge der Stu­dent Ben­no Ohnes­org durch eine Poli­zei­ku­gel getö­tet wur­de.

„Bild“ beschrieb das damals so:

Ein jun­ger Mann ist ges­tern in Ber­lin gestor­ben. Er wur­de Opfer von Kra­wal­len, die poli­ti­sche Halb­star­ke insze­nier­ten.

31 Jah­re nach der „Todes­nacht von Stamm­heim“ kommt jetzt die zwei­te Gene­ra­ti­on zum Ein­satz: Nach­fah­ren von Tätern und Opfern erzäh­len „Bild“-Redakteuren, die damals allen­falls Schul­auf­sät­ze geschrie­ben haben, was sie von der fil­mi­schen Auf­be­rei­tung der Ereig­nis­se hal­ten.

Allein: Bet­ti­na Röhl ist eine ähn­lich zuver­läs­si­ge Zeit­zeu­gin wie „Bild“ selbst. Die Frau („Röhl muss es wis­sen, immer­hin ist Ulri­ke Mein­hof ihre Mut­ter!“) hat sich in den letz­ten Jah­ren in den Medi­en als eine Mischung aus Eva Her­man und Hen­ryk M. Bro­der (nur nicht ganz so sym­pa­thisch) prä­sen­tiert, die gegen ihre Eltern­ge­nera­ti­on und das Gen­der Main­strea­ming zu Fel­de zieht und in allem und jedem wahl­wei­se Geschichts­klit­te­rung oder Per­sön­lich­keits­rechts­ver­let­zun­gen sieht. Das ist ihr gutes Recht, aber es macht sie im dop­pel­ten Sin­ne befan­gen.

Frau Röhl kann sich natür­lich zu dem Film äußern, wie sie mag. Sie kann es sogar in „Bild“ tun, wenn sie das für eine gute oder wit­zi­ge Idee hält. Es bleibt aber eine irgend­wie merk­wür­di­ge Akti­on, die ande­rer­seits auch zeigt, wie viel sich in den letz­ten 40 Jah­ren geän­dert hat: „Bild“ macht mun­ter Pro­mo­ti­on für einen Film über die „Baa­der-Mein­hof-Ban­de“ und ist auch längst nicht mehr das Feind­bild, das sie damals war. Letzt­lich haben alle gewon­nen: die Ter­ro­ris­ten kom­men, wie jeder gro­ße Böse­wicht irgend­wann, zu Lein­wand­eh­ren und „Bild“ ist in der Mit­te der Gesell­schaft. Wir Spät­ge­bo­re­nen bli­cken erstaunt auf rie­si­ge Demons­tra­ti­ons­zü­ge, die „Ent­eig­net Sprin­ger!“ skan­die­ren, und las­sen uns vom Feuil­le­ton­chef der „Zeit“ Cha­rak­ter­lo­sig­keit vor­wer­fen. Für tat­säch­li­che Dis­kur­se sind wir sowie­so unge­eig­net.

Bernd Eichin­ger, der alte Geis­ter­bahn­be­trei­ber, ent­wi­ckelt sich der­weil lang­sam zum Gui­do Knopp des Kinos, der nach Hit­ler jetzt den zwei­ten deut­schen Dämon des 20. Jahr­hun­derts auf die Lein­wand bringt. Sein Sta­si-Film ist sicher schon in Vor­be­rei­tung.

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The Playboy Mention

Mal was ganz ande­res: Wel­chen Nach­rich­ten­wert hat es eigent­lich, wenn sich eine leid­lich bekann­te Blon­di­ne für ein Her­ren­ma­ga­zin aus­zieht und ein biss­chen über sich plau­dert?

Schöne Referendarin aus ARD-Hit "Die Stein": Ivonne Schönherr entblättert sich
(„RP Online“)

 Sexy Schauspielerin: Ivonne mag es verführerisch
(Express.de)

TV-Star Ivonne Schönherr im Playboy: "Beim Sex brauche ich Gefühl"
(Bild.de)

Bildergalerie: Ivonne Schönherr - Die Schauspielerin zieht sich für den Playboy aus
(welt.de)

"Eigentlich bin ich total schüchtern" MÜNCHEN – Ivonne Schönherr lässt die Hüllen fallen. Die Schauspielerin mit dem Schlafzimmerblick räkelt sich für den Playboy.
(blick.ch)

Im Oktober: TV-Star Ivonne Schönherr als sexy Playboy-Girl
(oe24.at)

Sexy Referendarin: "Die Stein"-Star Ivonne Schönherr im Playboy Oktober 2008
(de.msn.com)

Ivonne Schönherr im Playboy
(freenet.de)

Gute Grün­de, über das The­ma zu berich­ten, hat auch Bunte.de – immer­hin erscheint der „Play­boy“ im glei­chen Ver­lag:

Ivonne Schönherr stand nicht so auf Mathe & Physik

Eben­falls zu Hubert Bur­da Media gehört „Focus Online“. Auf deren Sei­te gibt es gleich meh­re­re Links zu playboy.de: ein­mal als Anzei­ge …

Anzeige: Playboy - Alles, was Männern Spaß macht. Special - Das Playmate des Monates. Playboy-Abo - Jetzt ein Geschenk sichern.

… und ein­mal als „Surf­tipp im Web“:

Surftipp im Web: Mehr schöne Frauen: Hier geht es zum Playboy

Die Fra­gen, wo die Unter­schie­de zwi­schen den bei­den Links lägen und ob das kei­ne unzu­läs­si­ge Ver­men­gung von Wer­bung und redak­tio­nel­lem Inhalt sei, konn­te man mir bei „Focus Online“ auf die Schnel­le nicht beant­wor­ten.

Auf die Spit­ze getrie­ben wird die Cross­pro­mo­ti­on inner­halb des Unter­neh­mens aller­dings von die­sem Arti­kel bei cinema.de, den ich hier der Ein­fach­heit hal­ber mal in vol­ler Län­ge, sowie inklu­si­ve aller Links und Bil­der wie­der­ge­ben möch­te:

Playboy: Ein Model in der Sauna. Die Schwäbin Alena Gerber arbeitet als Model in München. Abgelichtet wurde sie als Wiesn-Playmate im Wellness-Bereich eines Hotels in Südtirol. Die 19-Jährige wurde vor Jahren beim Einkaufen von einem Model-Scout angesprochen - wohl nicht zuletzt wegen ihrer Traummaße von 91-60-89. Sie mag schnelle Autos und Sushi und verreist gerne mit dem Motorrad. Mehr über das Playmate erfahren Sie hier. Auf dem Titel ist die Schauspielerin Ivonne Schönherr zu sehen.

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The news of FHM

Wel­chen Nach­rich­ten­wert hat es eigent­lich, wenn sich leid­lich bekann­te Blon­di­nen für ein Her­ren­ma­ga­zin aus­zie­hen und die­ses Maga­zin dazu eine kur­ze Pres­se­mit­tei­lung raus­haut?

Wie’s scheint einen ziem­lich hohen:

Aufnahmen für ein Männermagazin: Sarah Connor in erotischen Posen
(„RP Online“)


Sarah Connor: "Ich liebe meine Brüste"
(„Focus Online“)

Popsängerin Sarah Connor: "Ich liebe meine Brüste und meinen Körper"
(Bild.de)


Hier Beginnt der Inhalt: Die schüchterne "Anna" - ganz sexy in der FHM
(„tz online“)

Sexy Foto:
Jeanette Biedermann gar nicht bieder, Mann
(express.de)

Jeanette Biedermann - Sexy vs Schüchtern!
(viva.tv)

Prominente:
Jeanette Biedermann zeigt, dass sie nicht schüchtern ist
(„Der Wes­ten“)

Fotoshooting: Jeanette Biedermann zeigt sich gar nicht bieder
(„Ber­li­ner Mor­gen­post“)

Die schöne Jeanette Biedermann: Warum muss diese Frau nach der Liebe suchen?
(„RP Online“)

Sie findet ihren Körper schön: Jeanette Biedermann räkelt sich in Dessous
(„RP Online“)

Jasmin Schornberg: So schön kann Kanufahren sein
(„RP Online“)

PS: Und für die Bie­der­mann-Namens­wit­ze gehört Ihr gehau­en!

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20 Jahre Totalversagen

Jour­na­lis­ten lie­ben Jubi­lä­en. Im Gegen­satz zu tat­säch­li­chen, tages­ak­tu­el­len Ereig­nis­sen tre­ten die­se nicht über­ra­schend auf, man kann die The­men gründ­lich recher­chie­ren, mit Zeit­zeu­gen spre­chen und das Gesche­hen frei von Affek­ten in sei­nen his­to­ri­schen Kon­text ein­ord­nen. Ich wür­de nicht aus­schlie­ßen, dass die ers­ten Repor­ter am Abend des 11. Sep­tem­ber 2001 began­nen, ihre gro­ße „Ten years after“-Geschichte vor­zu­be­rei­ten.

Die­ser Tage jährt sich das Gei­sel­dra­ma von Glad­beck zum zwan­zigs­ten Mal. Ein im wahrs­ten Wort­sin­ne tra­gi­sches Ereig­nis, bei dem schlicht­weg alles schief ging, was schief gehen konn­te, und das inso­fern in einer Rei­he mit dem Olym­pia-Atten­tat von Mün­chen und der Schley­er-Ent­füh­rung steht. Eine Ver­ket­tung von Uner­fah­ren­heit und Inkom­pe­tenz auf Sei­ten der Behör­den, ein Total­ver­sa­gen der bericht­erstat­ten­den Pres­se.

Ich bin zu jung, um mich an die drei Tage im August 1988 erin­nern zu kön­nen, aber man kennt ja die Bil­der von Sil­ke Bisch­off mit der Pis­to­le an der Schlä­fe und Hans-Jür­gen Rös­ner mit der Pis­to­le zwi­schen den Zäh­nen. Und gera­de das Foto von Sil­ke Bisch­off macht die gro­ße Erin­ne­rungs­pa­ra­de, die schon seit eini­gen Wochen in den deut­schen Medi­en abge­hal­ten wird, zu einer Grat­wan­de­rung.

Bereits vor einem Monat brach­te „Bild“ im Zuge einer gro­ßen Glad­beck-Serie einen Arti­kel über Sil­ke Bisch­offs Mut­ter, der wie folgt über­schrie­ben war:

20 Jahre nach Gladbeck: Dieses Bild lässt die Mutter der toten Silke nie mehr los

Das Demons­tra­tiv­pro­no­men stand da natür­lich nicht ver­se­hent­lich, denn „die­ses Bild“ war dar­über natür­lich noch ein­mal rie­sen­groß abge­druckt.1

Fast ähn­lich bizarr ist der Spa­gat, den die „WAZ“ voll­bringt: auf derwesten.de ist ein Foto von Tätern, Waf­fen und Gei­sel zu sehen, nur weni­ge Zen­ti­me­ter über die­sem Absatz:

Dass es überhaupt dieses Bild gibt: der Täter, die Waffe, die Geisel. Und dann aus dem Off diese Frage, was für eine Frage! "Was fühlen Sie so, mit der Waffe am Hals?" Silke Bischoff guckt fast freundlich über das Mikrofon, es ist ihr bald so nah wie der Revolver. "Gut", sagt sie, sie habe bloß Angst, "dass jemand umgebracht wird oder so".

Da weiß man auch nicht, ob die fol­gen­de Pas­sa­ge Selbst­kri­tik oder Recht­fer­ti­gung sein soll:

Jour­na­lis­ten han­deln statt nur zu beob­ach­ten. Ange­se­he­ne Repor­ter sind unter ihnen, von öffent­lich-recht­li­chen Sen­dern und auch von der WAZ. Oft weiß die Pres­se mehr als die Poli­zei.

Es ist schwie­rig, über die Feh­ler der Pres­se von damals zu berich­ten, in der Pres­se von heu­te. Und es ist schwie­rig, die­se Fotos zu ver­wen­den. Einer­seits gibt es sie, sie sind jour­na­lis­ti­sche Fak­ten, die damals geschaf­fen wur­den und nicht rück­gän­gig gemacht wer­den kön­nen. Ande­rer­seits besteht die Gefahr, mit jedem Wie­der­ab­druck nicht nur das Leid der Ange­hö­ri­gen (s. o.) zu ver­grö­ßern, son­dern auch die Demü­ti­gung der dama­li­gen Opfer zu wie­der­ho­len. Wir haben es natür­lich mit Zeit­do­ku­men­ten zu tun, aber man kann sie heu­te nur zei­gen, weil die Medi­en damals ver­sagt haben. Und so ist es eini­ger­ma­ßen schi­zo­phren, das Medi­en­ver­sa­gen von damals mit genau die­sen Fotos zu bebil­dern.

Wenn man län­ger über die­sen Sach­ver­halt nach­denkt, befin­det man sich plötz­lich tief in einer ethi­schen Grund­satz­dis­kus­si­on. Wozu sind Bil­der wie die von der ver­ängs­tig­ten Sil­ke Bisch­off auf der Rück­bank oder von Hanns Mar­tin Schley­er im durch­ge­schwitz­ten Unter­hemd da? Sol­len sie mah­nen, dass sich das Gezeig­te nicht wie­der­ho­len dür­fe, sol­len sie Mit­leid erzeu­gen oder sol­len sie (aber­mals) die Sen­sa­ti­ons­gier befrie­di­gen?2 Sol­che Bil­der sind durch ihre stän­di­ge Wie­der­ho­lung irgend­wann mehr als nur die Abbil­dung von Ereig­nis­sen. Sie wer­den zu pop­kul­tu­rel­len Iko­nen, so wie die Ein­schlä­ge der Flug­zeu­ge am 11. Sep­tem­ber 2001, die bereits einen Tag spä­ter als Dau­er­schlei­fe Teil des On-Screen-Designs in den Son­der­sen­dun­gen von RTL waren. Sie waren aber genau genom­men auch nie nur die Abbil­dung von Ereig­nis­sen, gera­de die­se Bil­der waren selbst Teil der Ereig­nis­se.

Auch stellt sich die Fra­ge, ob es „gut“, „schlecht“ oder „egal“ ist, wenn sol­che Bil­der zu Iko­nen wer­den. Ver­mut­lich kommt es da unter ande­rem dar­auf an, ob man sich an die Täter oder an die Opfer erin­nert. Es lau­fen ja ernst­haft immer noch Men­schen mit dem Foto von Charles Man­son auf dem T‑Shirt her­um und Mari­lyn Man­son hat sich ja bewusst nach Mari­lyn Mon­roe und Charles Man­son benannt. Die Band 18 Sum­mers hieß übri­gens lan­ge Jah­re Sil­ke Bisch­off, was man ganz und gar geschmack­los fin­den, aber viel­leicht auch ver­ste­hen kann, wenn Sän­ger Felix Flau­cher erklärt, dass es ihm um das Schick­sal einer Ein­zel­per­son gehe, das viel stär­ker berüh­ren kann als das einer anony­men Men­ge.

Wenn wir als Schü­ler im Geschichts­un­ter­richt Fotos aus den frisch befrei­ten Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern gezeigt beka­men, war die Bot­schaft klar: So etwas darf nie wie­der pas­sie­ren, sorgt gefäl­ligst dafür! Was aber sol­len uns die Fotos von Glad­beck3 heu­te sagen? Für Jour­na­lis­ten schwingt da natür­lich ein „nie wie­der“ mit und die – zuge­ge­ben eher theo­re­ti­sche – Fra­ge, wie man sich eigent­lich selbst in einem sol­chen Fall ver­hal­ten wür­de. Aber Jour­na­lis­ten sind eine ziem­li­che Min­der­heit.

Ande­rer­seits rufen Medi­en in Groß­bri­tan­ni­en oder den USA schon län­ger ihre Zuschau­er bzw. Leser dazu auf, sich bei gro­ßen Ereig­nis­sen (also span­nen­den Kata­stro­phen) an der Bericht­erstat­tung zu betei­li­gen. So kam CNN im ver­gan­ge­nen Jahr an einen Teil sei­ner Bil­der vom Amok­lauf in Blacksburg, VA. Udo Röbel, der sich damals als Repor­ter des Köl­ner „Express“ beson­ders unrühm­lich her­vor­tat, als er zu den Tätern ins Auto stieg und sie aus der Stadt lots­te, sagt jetzt in einem sehr lesens­wer­ten Arti­kel der „Süd­deut­schen Zei­tung“:

„Aber was ich schon glau­be, ist, dass wir irgend­wann ein Glad­beck ande­rer Art krie­gen könn­ten. Inzwi­schen tum­meln sich ja Leu­te in der Medi­en­welt, die Jour­na­lis­mus gar nicht gelernt haben. Es gibt Mül­ler, Mei­er, Schul­ze, die mit dem Han­dy unter­wegs sind und jeder­zeit in Situa­tio­nen kom­men kön­nen, wo etwas pas­siert, was sie dann fil­men.“

Viel­leicht wür­de ein ähn­li­ches Ver­bre­chen heu­te unter der 1414 statt­fin­den.

Lan­ge wird die Erin­ne­rung an „Glad­beck“ und die Selbst­re­fle­xi­on aller­dings sowie­so nicht vor­hal­ten: am 28. August steht „20 Jah­re Ram­stein“ an.

  1. Dass das Foto inzwi­schen aus der Online-Ver­si­on des Arti­kels ent­fernt wur­de, hat wenig zu bedeu­ten – erfah­rungs­ge­mäß hat das bei Bild.de häu­fig mit Bild­rech­ten und sel­ten mit Anstand zu tun. []
  2. Der Fall Schley­er unter­schei­det sich vom Fall Bisch­off inso­fern, als die Ent­füh­rer die Fotos selbst gemacht haben – zum einen, um zu bewei­sen, dass sie Schley­er tat­säch­lich in ihrer Gewalt haben und er noch lebt, zum ande­ren sicher auch, um ihr Opfer zu demü­ti­gen. []
  3. „Glad­beck“ ist ja in die­sem Fall auch nur ein ver­ein­fa­chen­des Schlag­wort, Sil­ke Bisch­off wur­de ja in Bre­men als Gei­sel genom­men, die berühmt-berüch­tig­ten Fotos ent­stan­den auf der Dom­plat­te in Köln. []
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Stille Gefängnispost

Die fol­gen­de Geschich­te wird ein biss­chen kom­pli­ziert. Legen Sie also bes­ser schon mal Papier und Blei­stift bereit, wie Sie es beim Betrach­ten der „Lin­den­stra­ße“ oder beim Lesen von John-Gris­ham-Büchern tun, um den Über­blick zu behal­ten.

Josef Fritzl, das darf als gesi­cher­te Infor­ma­ti­on gel­ten, sitzt zur Zeit in der Jus­tiz­an­stalt St. Pöl­ten in Unter­su­chungs­haft. Der als „Inzest-Mons­ter aus Amstet­ten“ bekannt gewor­de­ne Mann war­tet dort auf sei­nen Pro­zess, der Ende des Jah­res begin­nen soll.

Der „Dai­ly Mir­ror“, eine die­ser gru­se­li­gen bri­ti­schen Bou­le­vard­zei­tun­gen, berich­te­te am Diens­tag, Fritzl habe den Gefäng­nis­arzt um Anti-Fal­ten-Creme gebe­ten. Noch am sel­ben Tag nahm Bild.de die Geschich­te dank­bar auf und erfand noch hin­zu, Fritzl habe „wohl kein Spiel“ der Fuß­ball-EM ver­passt.

Inzest-Drama von Amstetten: Josef Fritzl verlangt im Knast nach Anti-Falten-Creme

Fast zeit­gleich berich­te­te „Spie­gel Online“ über den „Mirror“-Artikel und war­te­te mit einem über­ra­schen­den Twist auf:

Der Gefäng­nis­spre­cher weiß nichts davon. Auf Nach­fra­ge von SPIEGEL ONLINE sag­te Huber-Günst­ho­fer, er habe nie mit dem „Dai­ly Mir­ror“ gespro­chen.

Er kön­ne sich nicht erklä­ren, wie die bri­ti­sche Zei­tung dazu kom­me, ihn zu zitie­ren.

An die­sem Punkt wäre es eine schö­ne Geschich­te fürs BILD­blog gewe­sen: „Bild.de schreibt eine Falsch­mel­dung des ‚Dai­ly Mir­ror‘ ab“.

So ein­fach aber war es nicht: der „Mir­ror“ war längst nicht das ein­zi­ge bri­ti­sche Medi­um, das über die Anti-Fal­ten-Creme berich­tet hat­te. Neben diver­sen Bou­le­vard­me­di­en fand sich die Mel­dung auch beim renom­mier­ten „Dai­ly Tele­graph“ – und die wer­den ja kaum unge­prüft aus dem „Mir­ror“ abschrei­ben.

Über­haupt stand ja schon bei „Spie­gel Online“:

Mit die­ser Aus­sa­ge kon­fron­tiert, teilt der „Dai­ly Mir­ror“ mit, man habe die Infor­ma­tio­nen „einer Agen­tur­mel­dung“ ent­nom­men.

Eine Nach­fra­ge beim „Tele­graph“ ergab: Die Agen­tur, die die­se Mel­dung ver­brei­tet hat­te, heißt „Cen­tral Euro­pean News“ (CEN) und sitzt in Wien. Kein deut­scher Jour­na­list hat je von ihr gehört. Dort war man sehr freund­lich und koope­ra­tiv und teil­te mir mit, die Nach­richt aus der öster­rei­chi­schen „Kro­nen­zei­tung“ zu haben.

Und dort stand am 12. Juli 2008:

Kurze Spaziergänge im Hof - Einziger Wunsch: Hautcreme - Häftling Fritzl verpasst keinen Bericht über seine Horrortaten!

„Der ein­zi­ge Extra­wunsch von Josef Fritzl war bis­her eine Haut­creme“, so Oberst­leut­nant Erich Huber-Günst­ho­fer von der Jus­tiz­an­stalt St. Pöl­ten.

Bevor CEN die Mel­dung an den „Dai­ly Mir­ror“ schick­te, habe man extra noch mal bei den Gefäng­nis­ver­ant­wort­li­chen nach­ge­fragt und sich die Zita­te bestä­ti­gen las­sen, so die Agen­tur. Ent­spre­chend über­rascht sei man des­halb auch über den Arti­kel bei „Spie­gel Online“ gewe­sen: zwar stimmt es ja wohl, dass der Gefäng­nis­spre­cher nicht mit dem „Dai­ly Mir­ror“ gespro­chen hat – aber das muss­te er ja auch nicht, weil es sich ja eigent­lich um eine Mel­dung der „Kro­nen­zei­tung“ gehan­delt hat­te. Und mit deren Repor­ter hat Oberst­leut­nant Huber-Günst­ho­fer dann schon gespro­chen, wie er mir auf Anfra­ge bestä­tig­te. Die viel­zi­tier­te Haut­creme habe er aller­dings schon im Gespräch mit der „Kro­nen­zei­tung“ eher bei­spiel­haft genannt, um auf die All­täg­lich­keit von Fritzls Wün­schen hin­zu­wei­sen.

Die Behaup­tun­gen („Kro­nen­zei­tung“, „Dai­ly Mir­ror“, „Bild“), dass Fritzl vor allem oder aus­schließ­lich Berich­te über sich selbst lese oder schaue, bezeich­ne­te Erich Huber-Günst­ho­fer im Übri­gen als über­trie­ben: Die Fern­se­her in den Zel­len ver­füg­ten über 22 Pro­gram­me und da es kei­ne 24-Stun­den-Über­wa­chung gebe, wüss­te auch die Gefäng­nis­ver­wal­tung nicht, was sich ein Gefan­ge­ner da genau anse­he. Glei­ches gel­te für Zei­tun­gen: „Ob er die Wit­ze­sei­te oder den Sport­teil liest, kann ich Ihnen nicht sagen.“

Es blei­ben frei­lich immer noch ein paar Fra­gen offen:

  • Wie­so muss eine Mel­dung der öster­rei­chi­schen „Kro­nen­zei­tung“ erst einen Umweg über Eng­land neh­men, ehe sie von „Bild“ auf­ge­grif­fen wird?
  • War­um hat „Spie­gel Online“ nicht nach der Agen­tur­mel­dung gesucht, auf die sich der „Dai­ly Mir­ror“ beru­fen hat?
  • Wie wur­de eigent­lich aus der „Haut­creme“ (Huber-Günst­ho­fer, „Kro­nen­zei­tung“) die „Anti-Fal­ten-Creme“ („Bild“)?

Ach, letz­te­res lässt sich ganz leicht durch einen klei­nen Über­set­zungs­feh­ler bei CEN erklä­ren, den der „Dai­ly Mir­ror“ ahnungs­los auf­ge­grif­fen und Bild.de eben­so ahnungs­los zurück­über­setzt hat:

Incest mons­ter Josef Fritzl is a fre­quent visi­tor to the pri­son doc­tor to com­plain about aches and pains and has asked for a sup­p­ly of anti aging face cream.

Meh­re­re Ver­su­che, mit den Ver­ant­wort­li­chen bei „Spie­gel Online“ Kon­takt auf­zu­neh­men, ver­lie­fen erfolg­los. Unter­des­sen hat Bild.de den Arti­kel off­line genom­men und CEN hat ange­kün­digt, sich wegen fal­scher Unter­stel­lun­gen bei einer ent­spre­chen­den Stel­le (falls es so etwas wie eine „Ger­man Press Asso­cia­ti­on“ gibt) über „Spie­gel Online“ beschwe­ren zu wol­len.

Mit Dank an die vie­len BILD­blog-Hin­weis­ge­ber!

Nach­trag, 18. Juli: Zur Stel­lung­nah­me von „Spie­gel Online“ bit­te hier ent­lang!