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Understanding In A Car Crash

War­nung!

In die­sem Ein­trag wer­den Sei­ten ver­linkt, auf denen bru­ta­le und ver­stö­ren­de Fotos bzw. Vide­os zu sehen sind. Wenn Sie emp­find­lich auf sol­che Dar­stel­lun­gen reagie­ren oder es Ihnen reicht, sich vor­zu­stel­len, wie die Opfer eines Ver­kehrs­un­falls aus­se­hen, dann kli­cken Sie bit­te auf kei­nen die­ser Links!

Da hat man sich den Mund fus­se­lig dis­ku­tiert nach dem Amok­lauf von Win­nen­den, hat an jour­na­lis­ti­sche Ethik oder ein­fach nur an den gesun­den Men­schen­ver­stand appel­liert, wenn es um Gewalt­dar­stel­lun­gen in den Medi­en ging. Gera­de letz­te Woche hat­te ich mich und mög­li­che mit­le­sen­de Jour­na­lis­ten mal wie­der gefragt (da dürf­ten Sie jetzt drauf kli­cken, das ist nur ein Cof­fee-And-TV-Arti­kel), ob man eigent­lich alle Quel­len nut­zen müss­te, die einem so zur Ver­fü­gung ste­hen, um ein schreck­li­ches Ereig­nis auf­zu­be­rei­ten.

Aber letzt­lich braucht es wohl ein­fach nur genug Blut und in den Gehir­nen der Online-Redak­teu­re rei­ßen die letz­ten Syn­ap­sen ab.

Im nie­der­län­di­schen Apel­doorn ist bei der Para­de zum heu­ti­gen Köni­gin­nen­tag gegen 12 Uhr Mit­tags ein Auto in die Men­schen­men­ge gefah­ren und erst vor einem Denk­mal zum Ste­hen gekom­men. Im Moment geht man von vier Toten und min­des­tens 20 Ver­letz­ten aus.

Weil sich zumin­dest Tei­le die­ses Unfalls in der direk­ten Nähe des könig­li­chen Bus­ses abspiel­ten, wur­den die­se Bil­der live im Fern­se­hen über­tra­gen. Dass grau­sa­me Din­ge on air pas­sie­ren, gehört zu den Risi­ken einer Live-Über­tra­gung. Die Fra­ge ist, wie man in den nächs­ten Momen­ten damit umgeht.

Die Sen­der des nie­der­län­di­schen RTL haben Vide­os ins Inter­net gestellt, auf denen Men­schen über die Stra­ße geschleu­dert wer­den. Zuschau­er schrei­en ent­setzt (und gut hör­bar) auf, spä­ter sieht man Poli­zis­ten bei ver­zwei­fel­ten Wie­der­be­le­bungs­ver­su­chen. Ich weiß nicht, was davon live über den Sen­der ging und was „nur“ auf­ge­nom­men wur­de – ich bin mir nur ziem­lich sicher, dass die Betrach­tung die­ser bru­ta­len Bil­der kei­ne zwin­gen­de Vor­aus­set­zung für ein Ver­ständ­nis des Vor­gangs „Auto rast in Men­schen­men­ge“ dar­stellt.

In den nie­der­län­di­schen Fern­seh­sen­dern sind die Bil­der des Vor­falls immer wie­der zu sehen – auf man­chen nur die letz­ten Meter, bevor das Auto in die Umzäu­nung des Denk­mals kracht, auf den Sen­dern der RTL-Grup­pe auch noch mal ein paar Men­schen, die getrof­fen wer­den. Repor­ter der Pri­vat­sen­der ste­hen vor dem Auto-Wrack, wäh­rend im Bild­hin­ter­grund die abge­deck­ten Lei­chen lie­gen, die Öffent­lich-Recht­li­chen haben ihre Repor­ter inzwi­schen vor dem Königs­pa­last abge­stellt.

Aber die nie­der­län­di­schen Medi­en, die eh sehr viel libe­ra­ler sind im Umgang mit expli­zi­ten Dar­stel­lun­gen, sol­len uns hier nur am Ran­de und unter exo­ti­schen Aspek­ten inter­es­sie­ren. Wir haben ja unse­re eige­nen Medi­en, allen vor­an die im Inter­net.

Trash-Por­ta­le wie „Spie­gel Online“, Bild.de, focus.de und stern.de, aber auch FAZ.net zei­gen Bil­der­ga­le­rien, in denen man sich unter ande­rem dar­über infor­mie­ren kann, wie eigent­lich schwe­re Kopf­ver­let­zun­gen oder Mund-zu-Mund-Beatmun­gen aus­se­hen.

tagesschau.de zeigt als Auf­ma­cher­bild eine Tota­le (wie man sie auch in der „Net­zei­tung“ und der Klick­stre­cke von „RP Online“ fin­det) mit meh­re­ren Ver­let­zen, wäh­rend im Fern­seh­bei­trag haupt­säch­lich ent­setz­te Augen­zeu­gen (dar­un­ter ein wei­nen­des Kind) zu sehen sind.

Spe­ku­la­tio­nen schie­ßen (natür­lich) ins Kraut und Bild.de brauch­te nur weni­ge Zen­ti­me­ter, um aus einer Fra­ge …

Schock für Beatrix am Königinnentag in Holland: War es ein Anschlag? Autofahrer raste in Menschenmenge - vier Tote und fünf Schwerverletzte

… eine Tat­sa­che zu machen:

Anschlag auf Königin Beatrix: Der Bus mit der königlichen Familie – nur wenige Meter trennen ihn von der Stelle, an der der Suzuki in das Denkmal gerast ist. In der Mitte zu erkennen...

Beim Wes­ten war ver­mut­lich eher sprach­li­ches Unver­mö­gen als Zynis­mus Schuld an einer Bild­un­ter­schrift wie die­ser:

Begeistert warten die Zuschauer im holländischen Apeldoorn auf den Besuch der Königsfamilie, als ein Auto in die Menschenmenge rast.

(Unnö­tig zu erwäh­nen, dass das Foto natür­lich kei­ne begeis­ter­ten War­ten­den zeigt, son­dern in Bewe­gung befind­li­che Unfall­op­fer. Der Bild­aus­schnitt wur­de übri­gens spä­ter noch ver­än­dert, so dass nun weni­ger von den Kör­pern und mehr vom Auto zu sehen ist.)

Von allen gro­ßen Por­ta­len, die mir spon­tan ein­fie­len, kommt nur sueddeutsche.de ohne all­zu bru­ta­le Fotos und/​oder Bil­der­ga­le­rien aus. Aller­dings erhielt mei­ne zag­haf­te Erleich­te­rung einen Dämp­fer, als ich in den Kom­men­ta­ren zum Arti­kel erst Kri­tik an (offen­bar vor­her dort gezeig­ten) Bil­dern fand und dann das hier las:

 30.04.2009  14:29:35 Moderator (sueddeutsche.de): Liebe user, obwohl das von uns zunächst gezeigte Bild aus dokumentarischen Gründen auch in anderen Publikationen zu sehen war, haben wir uns aus Pietätsgründen dazu entschieden ein anderes Bild zu verwenden. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Moderator

Die obli­ga­to­ri­sche Gegen­pro­be beim Online-Auf­tritt des „Guar­di­an“ ergab: Ein zer­trüm­mer­tes Auto sagt auch viel aus.

Mit beson­de­rem Dank an unse­re Nie­der­lan­de-Kor­re­spon­den­tin Leo­nie.

Nach­trag, 23:55 Uhr: Zu früh gelobt: Der „Guar­di­an“ hat mit einer Bil­der­ga­le­rie und einem Video nach­ge­legt, wo Bil­der zu sehen sind, die mei­nes Erach­tens auch nicht nötig wären.

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Leben Unterwegs

Behind the wheel

Wenn ich Früh­dienst habe, klin­gelt bei mir der Weckdas Mobil­te­le­fon ((IMHO die sinn­volls­te Ver­wen­dung eines „Han­dy“ über­haupt)) um Vier­tel nach fünf. Des­we­gen war ich letz­ten Sams­tag natür­lich über das Sturm­klin­geln nachts um halb vier sehr erfreut. Wenn einem die Nach­ba­rin etwas Schi­ckes geba­cken hat oder der Nach­bar wie­der mit net­ten Anwei­sun­gen bezüg­lich der Monats­en­d­rei­ni­gung der Müll­ton­nen ankom­men möch­te, wäre das zum Bei­spiel eine tol­le Zeit, lie­gen zu blei­ben. Igno­rie­ren ist aber nicht immer die bes­te Tak­tik, denn sie half in die­sem Fall nicht wei­ter. Es klin­gel­te wei­ter.

Als ich schlaf­trun­ken den Knopf der Wech­sel­sprech­an­la­ge drück­te, gab es kei­ne Ant­wort. ((Meis­tens hört man da sowie­so nur ein lau­tes Sur­ren.)) Also öff­ne­te ich das Küchen­fens­ter, um zu gucken, ob ich den Voll­pa­ti­en­ten sehe, der da erwei­ter­tes Klin­gel­männ­chen spiel­te. Die­ser Pati­ent trug grün und fuch­tel­te bedeut­sam mit einer Taschen­lam­pe her­um. Wenn ich der Herr Ding sei, möge ich mich bit­te nicht erschre­cken, sol­le aber trotz­dem Auto­schlüs­sel und Fahr­zeug­schein mit­brin­gen. ((Den Hin­weis, mir erst ein­mal etwas wär­men­des anzu­zie­hen, gab ich mir selbst.)) ((Toll übri­gens, dass die Beam­ten gleich den Rich­ti­gen wach­ge­klin­gelt haben, anstatt erst die Nach­barn durch­zu­pro­bie­ren.))

Wegen der Minus­gra­de trotz­dem dezent frös­telnd sah ich eine Grup­pe eben­falls Uni­for­mier­ter, die mei­ne Gara­ge umring­ten und mich baten, mei­nen klei­nen Roten aus der Gara­ge zu holen. Als ich die Gara­ge öff­ne­te, staun­te ich nicht schlecht, weil hin­ter mei­nem Auto noch ein zwei­tes Auto zu sehen war. Teil­wei­se. Denn nur die Front steck­te in der Rück­wand der Gara­ge. Dass eine durch die Gara­ge füh­ren­de Regen­rin­ne zer­bro­chen war, die u.a. auf eini­ge Kar­tons mit Büchern, CDs und DVDs tropf­te, mei­ne in der Gara­ge gela­ger­ten Som­mer­rei­fen ein Tänz­chen neben mein Auto gemacht hat­ten und der dort noch zwi­schen­ge­la­ger­te, funk­ti­ons­tüch­ti­ge Com­mo­do­re 1702 (Moni­tor mei­nes in den Acht­zi­gern heiß gelieb­ten Brot­kas­tens) eine unschö­nen Knacks bekom­men hat­te, stell­te ich fest, nach­dem der zer­beul­te Opel aus der Rück­wand gezo­gen war. Die Ver­mu­tung, dass mein Auto von mei­nem Fahr­rad geknutscht wor­den war, das vor­her fried­lich vor den Kar­tons gestan­den hat­te ((Mein Auto ist ziem­lich kurz, da war eigent­lich genug Platz.)), und diver­ses Mau­er­werk über mein Auto gebrö­ckelt war, konn­te ich erst bei Tages­licht veri­fi­zie­ren.

Was genau war pas­siert? Ein jun­ger Bur­sche, der kei­nen Füh­rer­schein hat­te, muss gewar­tet haben, bis Mama schlief. Dann nahm er sich den Auto­schlüs­sel, ging „Fei­ern“ (was bei der viel beschwo­re­nen Jugend von heu­te ((Ja, ich bin mitt­ler­wei­le ein „Alter Sack“ und geh auf die Vier­zig zu. Jeden­falls ist es län­ger her, dass ich eine Zwei vor­ne ste­hen hat­te, als es noch dau­ert, bis die Vier vor­ne steht.)) heut­zu­ta­ge anschei­nend grund­sätz­lich mit „Sau­fen“ Sams­tag zu über­set­zen ist) und fuhr mit ein paar Leu­ten im Auto in Rich­tung hei­mat­li­cher Woh­nung. Ein paar Mal abbie­gen müss­te ja mög­lich sein. Dumm nur, dass aus der geplan­ten 90°-Linkskurve in die Stra­ße, in der ich woh­ne, nur eine 45°-Linkskurve wur­de.

Zum Glück für die Insas­sen ver­fehl­te das Auto die Ver­kehrs­am­pel um ein paar Zen­ti- oder auch Mil­li­me­ter ((Das umge­nie­te­te Stra­ßen­schild wei­ter links war die bes­se­re Wahl, weil weni­ger sta­bil.)). Auch die Büsche am Stra­ßen­rand und das Stück­chen Wie­se hin­ter der Gara­gen­rei­he hiel­ten das Auto nicht auf. Also gibt es jetzt, ein paar Tage nach dem Crash, immer noch stau­nen­de Pas­san­ten und gaf­fen­de Auto­fah­rer, die für Mini-Staus und gele­gent­li­che Zusam­men­rot­tun­gen an der Ecke Kol­ber­ger Str./Feldstr. in Lever­ku­sen-Quet­tin­gen sor­gen ((Ansatz­wei­se ellip­ti­sche Löcher in Gara­gen­rück­wän­den sind ja sooo span­nend.)).

Dass mir die inzwi­schen her­bei­ge­ru­fe­ne Mut­ter des Bruch­pi­lo­tens vor­heul­te, dass sie das Auto doch brau­che, und von mir wis­sen woll­te, wie sie denn jetzt zur Arbeit im über­nächs­ten Orts­teil käme, war mir dann ziem­lich egal ((Dafür gibt es schließ­lich Ver­si­che­run­gen.)). Und nach­dem ich spä­ter sah, wie knapp der Wagen an der Ampel vor­bei­ge­don­nert ist, wur­de mir das noch ega­ler. Ihr ver­zo­ge­ner Sohn soll bloß froh sein, dass er jetzt nur ein Straf­ver­fah­ren wegen Fah­ren ohne Fahr­erlaub­nis und Trun­ken­heit im Ver­kehr am Hals und kei­nen Mit­fah­rer auf dem Gewis­sen hat.

Ich sehe übri­gens gnä­dig davon ab, das öffent­li­che Aus­peit­schen von Leu­ten zu for­dern, die mit Blut­al­ko­hol am Steu­er Ver­kehrs­un­fäl­le ver­ur­sa­chen. Ein lebens­lan­ges Fahr­ver­bot wür­de ja schon aus­rei­chen. Ach ja: Erwähn­te ich, dass ich bereits vor­her für 0,0 Pro­mil­le für sämt­li­che Ver­kehrs­teil­neh­mer war?