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Leben Unterwegs

Behind the wheel

Wenn ich Frühdienst habe, klingelt bei mir der Weckdas Mobiltelefon ((IMHO die sinnvollste Verwendung eines “Handy” überhaupt)) um Viertel nach fünf. Deswegen war ich letzten Samstag natürlich über das Sturmklingeln nachts um halb vier sehr erfreut. Wenn einem die Nachbarin etwas Schickes gebacken hat oder der Nachbar wieder mit netten Anweisungen bezüglich der Monatsendreinigung der Mülltonnen ankommen möchte, wäre das zum Beispiel eine tolle Zeit, liegen zu bleiben. Ignorieren ist aber nicht immer die beste Taktik, denn sie half in diesem Fall nicht weiter. Es klingelte weiter.

Als ich schlaftrunken den Knopf der Wechselsprechanlage drückte, gab es keine Antwort. ((Meistens hört man da sowieso nur ein lautes Surren.)) Also öffnete ich das Küchenfenster, um zu gucken, ob ich den Vollpatienten sehe, der da erweitertes Klingelmännchen spielte. Dieser Patient trug grün und fuchtelte bedeutsam mit einer Taschenlampe herum. Wenn ich der Herr Ding sei, möge ich mich bitte nicht erschrecken, solle aber trotzdem Autoschlüssel und Fahrzeugschein mitbringen. ((Den Hinweis, mir erst einmal etwas wärmendes anzuziehen, gab ich mir selbst.)) ((Toll übrigens, dass die Beamten gleich den Richtigen wachgeklingelt haben, anstatt erst die Nachbarn durchzuprobieren.))

Wegen der Minusgrade trotzdem dezent fröstelnd sah ich eine Gruppe ebenfalls Uniformierter, die meine Garage umringten und mich baten, meinen kleinen Roten aus der Garage zu holen. Als ich die Garage öffnete, staunte ich nicht schlecht, weil hinter meinem Auto noch ein zweites Auto zu sehen war. Teilweise. Denn nur die Front steckte in der Rückwand der Garage. Dass eine durch die Garage führende Regenrinne zerbrochen war, die u.a. auf einige Kartons mit Büchern, CDs und DVDs tropfte, meine in der Garage gelagerten Sommerreifen ein Tänzchen neben mein Auto gemacht hatten und der dort noch zwischengelagerte, funktionstüchtige Commodore 1702 (Monitor meines in den Achtzigern heiß geliebten Brotkastens) eine unschönen Knacks bekommen hatte, stellte ich fest, nachdem der zerbeulte Opel aus der Rückwand gezogen war. Die Vermutung, dass mein Auto von meinem Fahrrad geknutscht worden war, das vorher friedlich vor den Kartons gestanden hatte ((Mein Auto ist ziemlich kurz, da war eigentlich genug Platz.)), und diverses Mauerwerk über mein Auto gebröckelt war, konnte ich erst bei Tageslicht verifizieren.

Was genau war passiert? Ein junger Bursche, der keinen Führerschein hatte, muss gewartet haben, bis Mama schlief. Dann nahm er sich den Autoschlüssel, ging “Feiern” (was bei der viel beschworenen Jugend von heute ((Ja, ich bin mittlerweile ein “Alter Sack” und geh auf die Vierzig zu. Jedenfalls ist es länger her, dass ich eine Zwei vorne stehen hatte, als es noch dauert, bis die Vier vorne steht.)) heutzutage anscheinend grundsätzlich mit “Saufen” Samstag zu übersetzen ist) und fuhr mit ein paar Leuten im Auto in Richtung heimatlicher Wohnung. Ein paar Mal abbiegen müsste ja möglich sein. Dumm nur, dass aus der geplanten 90°-Linkskurve in die Straße, in der ich wohne, nur eine 45°-Linkskurve wurde.

Zum Glück für die Insassen verfehlte das Auto die Verkehrsampel um ein paar Zenti- oder auch Millimeter ((Das umgenietete Straßenschild weiter links war die bessere Wahl, weil weniger stabil.)). Auch die Büsche am Straßenrand und das Stückchen Wiese hinter der Garagenreihe hielten das Auto nicht auf. Also gibt es jetzt, ein paar Tage nach dem Crash, immer noch staunende Passanten und gaffende Autofahrer, die für Mini-Staus und gelegentliche Zusammenrottungen an der Ecke Kolberger Str./Feldstr. in Leverkusen-Quettingen sorgen ((Ansatzweise elliptische Löcher in Garagenrückwänden sind ja sooo spannend.)).

Dass mir die inzwischen herbeigerufene Mutter des Bruchpilotens vorheulte, dass sie das Auto doch brauche, und von mir wissen wollte, wie sie denn jetzt zur Arbeit im übernächsten Ortsteil käme, war mir dann ziemlich egal ((Dafür gibt es schließlich Versicherungen.)). Und nachdem ich später sah, wie knapp der Wagen an der Ampel vorbeigedonnert ist, wurde mir das noch egaler. Ihr verzogener Sohn soll bloß froh sein, dass er jetzt nur ein Strafverfahren wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr am Hals und keinen Mitfahrer auf dem Gewissen hat.

Ich sehe übrigens gnädig davon ab, das öffentliche Auspeitschen von Leuten zu fordern, die mit Blutalkohol am Steuer Verkehrsunfälle verursachen. Ein lebenslanges Fahrverbot würde ja schon ausreichen. Ach ja: Erwähnte ich, dass ich bereits vorher für 0,0 Promille für sämtliche Verkehrsteilnehmer war?