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Digital Politik

Sigmundsgewiss

Wenn Freud heu­te auf Express.de gin­ge, was wür­de er da wohl den­ken?

Neue Umfragen: Vorsprung von Schwarz-Geld schmilzt zusammen. Hamburg/Berlin - Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat Schwarz-Gelb seinen lange Zeit komfortablen Vorsprung eingebüßt.

Ein­ge­sandt von Man­fred H.

Nach­trag, 14:52 Uhr: Express.de hat die Über­schrift auf „Schwarz-Gelb“ geän­dert.

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Digital

Schräglich schrill

In unse­rer belieb­ten Serie „Krea­ti­ve Bild­un­ter­schrif­ten in Klick­stre­cken über bun­te Stra­ßen­um­zü­ge“ (Auf­takt hier) ist heu­te der Köl­ner „Express“ zu Gast:

Der kunterbunte CSD-Lindwurm hat sich in Gang gesetzt. Schrille und schräge Teilnehmer gehören natürlich dazu.

Nun wer­den Sie mög­li­cher­wei­se ein­wen­den, das sei doch eine recht ange­mes­se­ne Beschrei­bung für die Gescheh­nis­se bei so einem Chris­to­pher Street Day.

Aber urtei­len Sie nicht, bevor Sie nicht das Bild gese­hen haben, das der­art betex­tet wur­de:

Screenshot: express.de

Mit Dank an Ingo.

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Digital

Inzwischen, mittlerweile, neu

Auf der Plattform „Facebook” richteten Schweizer sogar ein Hass-Forum ein. Name: „Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren.” Das Forum hatte gestern bereits 4147 Mitglieder!

[Bild.de, 20. März 2009]

Die „Bild“-Zeitung berichtet, dass es auf der Internetplattform „Facebook“ mittlerweile eine Gruppe mit dem Titel „Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren“ gibt. Sie soll mehr als 4000 Mitglieder haben.

[„Welt Online“, 20. März 2009]

Kuno Hämisegger, Cheflobbyist der Schweizerischen Bankiervereinigung ruft zum Beitritt in eine neue Facebook-Gruppe auf.

[blick.ch, 22. März 2009]

Dafür hagelt es jetzt harte Kritik aus dem kleinen Nachbarland. Wie groß die Empörung über Steinbrück in der Schweiz inzwischen ist, zeigt eine Gruppe in der Internet-Community Facebook mit dem Namen "Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren!"

[express.de, 22. März 2009]

Wie groß die Aufregung um Steinbrücks umstrittene Äußerungen zur Schweiz ist, zeigt eine Gruppe auf der Internet-Plattform Facebook. Knapp 14 000 Mitglieder unterstützen das Gruppenmotto: "Ich könnte Peer Steinbrück pausenlos die Fresse polieren!"

[suedkurier.de, 22. März 2009]

Fra­ge: Wann wur­de die Face­book-Grup­pe „Ich könn­te Peer Stein­brück pau­sen­los die Fres­se polie­ren!“ gegrün­det?

Ant­wort: Irgend­wann vor 11:42 Uhr am 29. Okto­ber 2008 – da wur­de näm­lich der ältes­te Kom­men­tar in der Grup­pe abge­ge­ben:

M*** (Switzerland) wrote
at 11:42 on 29 October 2008
gfrüüret doch mau aui dütschä guethabä uf schwiizerbankä i, mau luege wisech das uf di dütschi wirtschaft uswürkt.. oder mit sine wort: «den Geschäftsverkehr belasten».....

Aber das Alter von Face­book-Grup­pen ist erfah­rungs­ge­mäß ein biss­chen schwe­rer zu bestim­men.

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Digital Print

Deutschlands führende Nacktrichten-Portale

Frü­her galt es unter pro­mi­nen­ten Frau­en als der letz­te Ret­tungs­an­ker, sich (halb-)nackt für irgend­wel­che Her­ren­ma­ga­zi­ne ablich­ten zu las­sen, um noch ein biss­chen Geld und Auf­merk­sam­keit ein­zu­strei­chen.

Heu­te sind die Frau­en nicht mehr pro­mi­nent und sie ste­hen am Anfang, nicht am Ende einer Kar­rie­re, wenn sie sich aus­zie­hen. Aller­dings hat es den Anschein, als wür­den nicht pri­mär sie von sol­chen Fotos pro­fi­tie­ren, son­dern das jewei­li­ge Maga­zin, dass sich – wie bereits erwähnt – über jede Men­ge kos­ten­lo­ser Wer­bung freu­en kann:

 Topmodel in der FHM - Tessa: „Guter Sex kann kurz sein“
(express.de)

Heidis Topmodel Tessa zeigt die Brüste - Oberzicke Tessa strippt vor einer Kamera und erscheint in der aktuellen Ausgabe des Männermagazins FHM.
(hna.de)

GNTM: Topzicke Tessa zeigt sich hüllenlos. Die Topmodel-Kandidatin Tessa zeigt Ihren Traumkörper und verrät pikante Details aus ihrem Liebesleben. Die Bilder!
(oe24.at)

Weitaus niveauvoller, aber nicht minder heiß, sind die Unterwäschebilder, die Tessa im Männermagazin FHM zeigen.
(„Schwä­bi­sche Zei­tung“)

Und dann sind da natür­lich noch die übli­chen Trash-Por­ta­le:

Die Enthüllung der Tessa: Nachrichten, 06.03.2009, DerWesten. Tessa macht ernst: lange vor dem Ende der vierten Staffel von "Germany´s next Topmodel" hat sie ihr Cover-Shooting hinter sich gebracht.
(derwesten.de)

Topmodel-Zicke sexy in der FHM: Heidi, guck mal, das ist deine Tessa! Was die Model-Mama wohl zu diesen Bildern sagt? Topmodel-Kandidatin Tessa Bergmeier (19) – immer wieder für eine Überraschung gut! Ihr jüngster Coup: ein FHM-Shooting im Puff! Tessa lasziv in sexy Dessous, Tessa wie sie ihr eigenes Spiegelbild anschmachtet.
(Bild.de)

Tessa Bergmeier in einem Männermagazin
Da wird Heidi aber Augen machen. Düsseldorf (RPO). Was wäre
(„RP Online“)

Las­sen Sie sich von dem Wort „Män­ner­ma­ga­zin“ übri­gens nicht irri­tie­ren: „RP Online“ ver­rät den Namen des Maga­zins natür­lich noch und ver­linkt auch dar­auf. Und auf die eige­ne, dies­mal nur zehn­tei­li­ge Bil­der­ga­le­rie zum The­ma.

Ich habe die Leu­te von derwesten.de, die ihre sieb­zehn­tei­li­ge Klick­stre­cke via twit­ter ange­prie­sen hat­ten, gefragt, ob es eigent­lich ein Gesetz gebe, dass einen zur Bericht­erstat­tung über aktu­el­le FHM-Titel­bil­der ver­pflich­tet.

Die über­ra­schen­de Ant­wort:

@coffeeandtv Nein, kein Gesetz. Aliens vom Planeten Zargon sind in der Redaktion gelandet und zwingen uns mit vorgehaltener Laserwaffe dazu.

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Ja, Ihr könnt mich mal (19–25)

Ich bin medi­zi­nisch nicht sehr bewan­dert, von daher weiß ich nicht, ob es ana­log zum Blind­darm-Durch­bruch auch einen Hirn-Durch­bruch gibt. Zumin­dest gibt es eine Art Damm­bruch (dies­mal nicht medi­zi­ni­scher, son­dern was­ser­bau­lich-meta­pho­ri­sche Natur), was die Ver­wen­dung von dum­men, kran­ken, nahe­lie­gen­den, anstren­gen­den und mehr­fach gebro­che­nen (auch nicht medi­zi­nisch, son­dern iro­nisch) Oba­ma-Anspie­lun­gen angeht.

Hier eine klei­ne Aus­wahl der aktu­ells­ten Kann­tas­tro­phen-Mel­dun­gen:

Change iT - Yes we can!

[HP-Anzei­ge, ein­ge­sandt von Ste­fan N.]

Japanische Obama-Puppe

[Japa­ni­sche Oba­ma-Pup­pe, ent­deckt von wes­tern­world]

 Yes, we camp! Gundis macht die Transen-Trösterin

[Der „Express“ über das RTL-Dschun­gel­camp, ent­deckt von mx]

Yes we can! Mit 3 Euro Budget Weltklasse aussehen

[Vom Cover der aktu­el­len „Instyle“, ent­deckt von Luzi]

Die Arbeiten am neuen Tocotronic-Album haben nun offiziell begonnen und wir müssen nun wieder in den Probenraum. Wir verabschieden uns mit einem herzlichen "Yes, we can!" Eure Tocotronic

[Iro­nie schützt vor Lis­te nicht: der aktu­el­le Toco­tro­nic-News­let­ter]

Liebe Leser! Mit Barack Obama wird alles besser! Was? Ihr könnt den Namen nach den letzten Tagen nicht mehr lesen? Würdet Ihr da lieber George W. Bush stehen sehen? Na also. Und vor allem: Was der neue US-Präsident nun 2009 schon alles bewegt hat! 
Er hat eine fliegerische Meisterleistung bei einer Notwasserung auf dem
Hudson River vollbracht! Er hat das neue Animal-Collective-Album veröffentlicht! Er hat den dunkelblauen Hintergrund von der angeblich besten deutschen Musik-Webseite verbannt! Er hat Lukas Podolski nach Köln zurückgeholt! Er hat Kate Winslet zwei Golden Globes verliehen! Und er hat Barack Obama zum Präsidenten vereidigt! Danke, Barack!
Vor allem aber hat Barack Obama http://www.plattentests.de/ gleich fünf 8/10-Neuveröffentlichungen beschert: das "Album der Woche" von unserem Lieblingsmannsweib Antony und seinen Johnsons. "Vom Feuer der Gaben" von Klez.E, die sich endgültig als deutsche Radiohead positionieren. Außerdem grandiosen HipHop von Dälek, famosen Indie von The Phantom Band und deutschen Tiefsee-Rock von Nihiling. Danke, Barack! Barack Obama hat auch das Amazon-Suchfeld auf http://www.plattentests.de/ erfunden. [...]

[… und so wei­ter und so fort: plattentests.de dreht im News­let­ter völ­lig frei]

No, we can’t: Neue Regierung trifft auf alte Technik

[macnotes.de, unse­re Kol­le­gin Kath­rin]

Und weil unse­re Bun­des­re­gie­rung doch so ger­ne Din­ge ver­bie­tet, for­de­re ich jetzt eine gesetz­li­che Rege­lung gegen die­sen Irr­sinn!

Wobei wir da ver­mut­lich bes­ser gleich Ange­la Mer­kel durch Barack Oba­ma ers…*AU!*

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Digital Print

The Playboy Mention

Mal was ganz ande­res: Wel­chen Nach­rich­ten­wert hat es eigent­lich, wenn sich eine leid­lich bekann­te Blon­di­ne für ein Her­ren­ma­ga­zin aus­zieht und ein biss­chen über sich plau­dert?

Schöne Referendarin aus ARD-Hit "Die Stein": Ivonne Schönherr entblättert sich
(„RP Online“)

 Sexy Schauspielerin: Ivonne mag es verführerisch
(Express.de)

TV-Star Ivonne Schönherr im Playboy: "Beim Sex brauche ich Gefühl"
(Bild.de)

Bildergalerie: Ivonne Schönherr - Die Schauspielerin zieht sich für den Playboy aus
(welt.de)

"Eigentlich bin ich total schüchtern" MÜNCHEN – Ivonne Schönherr lässt die Hüllen fallen. Die Schauspielerin mit dem Schlafzimmerblick räkelt sich für den Playboy.
(blick.ch)

Im Oktober: TV-Star Ivonne Schönherr als sexy Playboy-Girl
(oe24.at)

Sexy Referendarin: "Die Stein"-Star Ivonne Schönherr im Playboy Oktober 2008
(de.msn.com)

Ivonne Schönherr im Playboy
(freenet.de)

Gute Grün­de, über das The­ma zu berich­ten, hat auch Bunte.de – immer­hin erscheint der „Play­boy“ im glei­chen Ver­lag:

Ivonne Schönherr stand nicht so auf Mathe & Physik

Eben­falls zu Hubert Bur­da Media gehört „Focus Online“. Auf deren Sei­te gibt es gleich meh­re­re Links zu playboy.de: ein­mal als Anzei­ge …

Anzeige: Playboy - Alles, was Männern Spaß macht. Special - Das Playmate des Monates. Playboy-Abo - Jetzt ein Geschenk sichern.

… und ein­mal als „Surf­tipp im Web“:

Surftipp im Web: Mehr schöne Frauen: Hier geht es zum Playboy

Die Fra­gen, wo die Unter­schie­de zwi­schen den bei­den Links lägen und ob das kei­ne unzu­läs­si­ge Ver­men­gung von Wer­bung und redak­tio­nel­lem Inhalt sei, konn­te man mir bei „Focus Online“ auf die Schnel­le nicht beant­wor­ten.

Auf die Spit­ze getrie­ben wird die Cross­pro­mo­ti­on inner­halb des Unter­neh­mens aller­dings von die­sem Arti­kel bei cinema.de, den ich hier der Ein­fach­heit hal­ber mal in vol­ler Län­ge, sowie inklu­si­ve aller Links und Bil­der wie­der­ge­ben möch­te:

Playboy: Ein Model in der Sauna. Die Schwäbin Alena Gerber arbeitet als Model in München. Abgelichtet wurde sie als Wiesn-Playmate im Wellness-Bereich eines Hotels in Südtirol. Die 19-Jährige wurde vor Jahren beim Einkaufen von einem Model-Scout angesprochen - wohl nicht zuletzt wegen ihrer Traummaße von 91-60-89. Sie mag schnelle Autos und Sushi und verreist gerne mit dem Motorrad. Mehr über das Playmate erfahren Sie hier. Auf dem Titel ist die Schauspielerin Ivonne Schönherr zu sehen.

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Digital

The news of FHM

Wel­chen Nach­rich­ten­wert hat es eigent­lich, wenn sich leid­lich bekann­te Blon­di­nen für ein Her­ren­ma­ga­zin aus­zie­hen und die­ses Maga­zin dazu eine kur­ze Pres­se­mit­tei­lung raus­haut?

Wie’s scheint einen ziem­lich hohen:

Aufnahmen für ein Männermagazin: Sarah Connor in erotischen Posen
(„RP Online“)


Sarah Connor: "Ich liebe meine Brüste"
(„Focus Online“)

Popsängerin Sarah Connor: "Ich liebe meine Brüste und meinen Körper"
(Bild.de)


Hier Beginnt der Inhalt: Die schüchterne "Anna" - ganz sexy in der FHM
(„tz online“)

Sexy Foto:
Jeanette Biedermann gar nicht bieder, Mann
(express.de)

Jeanette Biedermann - Sexy vs Schüchtern!
(viva.tv)

Prominente:
Jeanette Biedermann zeigt, dass sie nicht schüchtern ist
(„Der Wes­ten“)

Fotoshooting: Jeanette Biedermann zeigt sich gar nicht bieder
(„Ber­li­ner Mor­gen­post“)

Die schöne Jeanette Biedermann: Warum muss diese Frau nach der Liebe suchen?
(„RP Online“)

Sie findet ihren Körper schön: Jeanette Biedermann räkelt sich in Dessous
(„RP Online“)

Jasmin Schornberg: So schön kann Kanufahren sein
(„RP Online“)

PS: Und für die Bie­der­mann-Namens­wit­ze gehört Ihr gehau­en!

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20 Jahre Totalversagen

Jour­na­lis­ten lie­ben Jubi­lä­en. Im Gegen­satz zu tat­säch­li­chen, tages­ak­tu­el­len Ereig­nis­sen tre­ten die­se nicht über­ra­schend auf, man kann die The­men gründ­lich recher­chie­ren, mit Zeit­zeu­gen spre­chen und das Gesche­hen frei von Affek­ten in sei­nen his­to­ri­schen Kon­text ein­ord­nen. Ich wür­de nicht aus­schlie­ßen, dass die ers­ten Repor­ter am Abend des 11. Sep­tem­ber 2001 began­nen, ihre gro­ße „Ten years after“-Geschichte vor­zu­be­rei­ten.

Die­ser Tage jährt sich das Gei­sel­dra­ma von Glad­beck zum zwan­zigs­ten Mal. Ein im wahrs­ten Wort­sin­ne tra­gi­sches Ereig­nis, bei dem schlicht­weg alles schief ging, was schief gehen konn­te, und das inso­fern in einer Rei­he mit dem Olym­pia-Atten­tat von Mün­chen und der Schley­er-Ent­füh­rung steht. Eine Ver­ket­tung von Uner­fah­ren­heit und Inkom­pe­tenz auf Sei­ten der Behör­den, ein Total­ver­sa­gen der bericht­erstat­ten­den Pres­se.

Ich bin zu jung, um mich an die drei Tage im August 1988 erin­nern zu kön­nen, aber man kennt ja die Bil­der von Sil­ke Bisch­off mit der Pis­to­le an der Schlä­fe und Hans-Jür­gen Rös­ner mit der Pis­to­le zwi­schen den Zäh­nen. Und gera­de das Foto von Sil­ke Bisch­off macht die gro­ße Erin­ne­rungs­pa­ra­de, die schon seit eini­gen Wochen in den deut­schen Medi­en abge­hal­ten wird, zu einer Grat­wan­de­rung.

Bereits vor einem Monat brach­te „Bild“ im Zuge einer gro­ßen Glad­beck-Serie einen Arti­kel über Sil­ke Bisch­offs Mut­ter, der wie folgt über­schrie­ben war:

20 Jahre nach Gladbeck: Dieses Bild lässt die Mutter der toten Silke nie mehr los

Das Demons­tra­tiv­pro­no­men stand da natür­lich nicht ver­se­hent­lich, denn „die­ses Bild“ war dar­über natür­lich noch ein­mal rie­sen­groß abge­druckt. ((Dass das Foto inzwi­schen aus der Online-Ver­si­on des Arti­kels ent­fernt wur­de, hat wenig zu bedeu­ten – erfah­rungs­ge­mäß hat das bei Bild.de häu­fig mit Bild­rech­ten und sel­ten mit Anstand zu tun.))

Fast ähn­lich bizarr ist der Spa­gat, den die „WAZ“ voll­bringt: auf derwesten.de ist ein Foto von Tätern, Waf­fen und Gei­sel zu sehen, nur weni­ge Zen­ti­me­ter über die­sem Absatz:

Dass es überhaupt dieses Bild gibt: der Täter, die Waffe, die Geisel. Und dann aus dem Off diese Frage, was für eine Frage! "Was fühlen Sie so, mit der Waffe am Hals?" Silke Bischoff guckt fast freundlich über das Mikrofon, es ist ihr bald so nah wie der Revolver. "Gut", sagt sie, sie habe bloß Angst, "dass jemand umgebracht wird oder so".

Da weiß man auch nicht, ob die fol­gen­de Pas­sa­ge Selbst­kri­tik oder Recht­fer­ti­gung sein soll:

Jour­na­lis­ten han­deln statt nur zu beob­ach­ten. Ange­se­he­ne Repor­ter sind unter ihnen, von öffent­lich-recht­li­chen Sen­dern und auch von der WAZ. Oft weiß die Pres­se mehr als die Poli­zei.

Es ist schwie­rig, über die Feh­ler der Pres­se von damals zu berich­ten, in der Pres­se von heu­te. Und es ist schwie­rig, die­se Fotos zu ver­wen­den. Einer­seits gibt es sie, sie sind jour­na­lis­ti­sche Fak­ten, die damals geschaf­fen wur­den und nicht rück­gän­gig gemacht wer­den kön­nen. Ande­rer­seits besteht die Gefahr, mit jedem Wie­der­ab­druck nicht nur das Leid der Ange­hö­ri­gen (s. o.) zu ver­grö­ßern, son­dern auch die Demü­ti­gung der dama­li­gen Opfer zu wie­der­ho­len. Wir haben es natür­lich mit Zeit­do­ku­men­ten zu tun, aber man kann sie heu­te nur zei­gen, weil die Medi­en damals ver­sagt haben. Und so ist es eini­ger­ma­ßen schi­zo­phren, das Medi­en­ver­sa­gen von damals mit genau die­sen Fotos zu bebil­dern.

Wenn man län­ger über die­sen Sach­ver­halt nach­denkt, befin­det man sich plötz­lich tief in einer ethi­schen Grund­satz­dis­kus­si­on. Wozu sind Bil­der wie die von der ver­ängs­tig­ten Sil­ke Bisch­off auf der Rück­bank oder von Hanns Mar­tin Schley­er im durch­ge­schwitz­ten Unter­hemd da? Sol­len sie mah­nen, dass sich das Gezeig­te nicht wie­der­ho­len dür­fe, sol­len sie Mit­leid erzeu­gen oder sol­len sie (aber­mals) die Sen­sa­ti­ons­gier befrie­di­gen? ((Der Fall Schley­er unter­schei­det sich vom Fall Bisch­off inso­fern, als die Ent­füh­rer die Fotos selbst gemacht haben – zum einen, um zu bewei­sen, dass sie Schley­er tat­säch­lich in ihrer Gewalt haben und er noch lebt, zum ande­ren sicher auch, um ihr Opfer zu demü­ti­gen.)) Sol­che Bil­der sind durch ihre stän­di­ge Wie­der­ho­lung irgend­wann mehr als nur die Abbil­dung von Ereig­nis­sen. Sie wer­den zu pop­kul­tu­rel­len Iko­nen, so wie die Ein­schlä­ge der Flug­zeu­ge am 11. Sep­tem­ber 2001, die bereits einen Tag spä­ter als Dau­er­schlei­fe Teil des On-Screen-Designs in den Son­der­sen­dun­gen von RTL waren. Sie waren aber genau genom­men auch nie nur die Abbil­dung von Ereig­nis­sen, gera­de die­se Bil­der waren selbst Teil der Ereig­nis­se.

Auch stellt sich die Fra­ge, ob es „gut“, „schlecht“ oder „egal“ ist, wenn sol­che Bil­der zu Iko­nen wer­den. Ver­mut­lich kommt es da unter ande­rem dar­auf an, ob man sich an die Täter oder an die Opfer erin­nert. Es lau­fen ja ernst­haft immer noch Men­schen mit dem Foto von Charles Man­son auf dem T‑Shirt her­um und Mari­lyn Man­son hat sich ja bewusst nach Mari­lyn Mon­roe und Charles Man­son benannt. Die Band 18 Sum­mers hieß übri­gens lan­ge Jah­re Sil­ke Bisch­off, was man ganz und gar geschmack­los fin­den, aber viel­leicht auch ver­ste­hen kann, wenn Sän­ger Felix Flau­cher erklärt, dass es ihm um das Schick­sal einer Ein­zel­per­son gehe, das viel stär­ker berüh­ren kann als das einer anony­men Men­ge.

Wenn wir als Schü­ler im Geschichts­un­ter­richt Fotos aus den frisch befrei­ten Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern gezeigt beka­men, war die Bot­schaft klar: So etwas darf nie wie­der pas­sie­ren, sorgt gefäl­ligst dafür! Was aber sol­len uns die Fotos von Glad­beck ((„Glad­beck“ ist ja in die­sem Fall auch nur ein ver­ein­fa­chen­des Schlag­wort, Sil­ke Bisch­off wur­de ja in Bre­men als Gei­sel genom­men, die berühmt-berüch­tig­ten Fotos ent­stan­den auf der Dom­plat­te in Köln.)) heu­te sagen? Für Jour­na­lis­ten schwingt da natür­lich ein „nie wie­der“ mit und die – zuge­ge­ben eher theo­re­ti­sche – Fra­ge, wie man sich eigent­lich selbst in einem sol­chen Fall ver­hal­ten wür­de. Aber Jour­na­lis­ten sind eine ziem­li­che Min­der­heit.

Ande­rer­seits rufen Medi­en in Groß­bri­tan­ni­en oder den USA schon län­ger ihre Zuschau­er bzw. Leser dazu auf, sich bei gro­ßen Ereig­nis­sen (also span­nen­den Kata­stro­phen) an der Bericht­erstat­tung zu betei­li­gen. So kam CNN im ver­gan­ge­nen Jahr an einen Teil sei­ner Bil­der vom Amok­lauf in Blacksburg, VA. Udo Röbel, der sich damals als Repor­ter des Köl­ner „Express“ beson­ders unrühm­lich her­vor­tat, als er zu den Tätern ins Auto stieg und sie aus der Stadt lots­te, sagt jetzt in einem sehr lesens­wer­ten Arti­kel der „Süd­deut­schen Zei­tung“:

„Aber was ich schon glau­be, ist, dass wir irgend­wann ein Glad­beck ande­rer Art krie­gen könn­ten. Inzwi­schen tum­meln sich ja Leu­te in der Medi­en­welt, die Jour­na­lis­mus gar nicht gelernt haben. Es gibt Mül­ler, Mei­er, Schul­ze, die mit dem Han­dy unter­wegs sind und jeder­zeit in Situa­tio­nen kom­men kön­nen, wo etwas pas­siert, was sie dann fil­men.“

Viel­leicht wür­de ein ähn­li­ches Ver­bre­chen heu­te unter der 1414 statt­fin­den.

Lan­ge wird die Erin­ne­rung an „Glad­beck“ und die Selbst­re­fle­xi­on aller­dings sowie­so nicht vor­hal­ten: am 28. August steht „20 Jah­re Ram­stein“ an.

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Gesellschaft Sport

Christoph Daums Bedenken

Am Mitt­woch, 28. Mai 2008, wird das Deut­sche Sport­fern­se­hen (DSF) eine Doku­men­ta­ti­on aus­strah­len, die sich mit dem immer noch größ­ten Tabu im Fuß­ball beschäf­tigt: der Homo­se­xua­li­tät.

Wenn es stimmt, was die Deut­sche Aka­de­mie für Fuß­ball­kul­tur vor­ab ver­mel­det, wird Chris­toph Daum, Trai­ner der Fahr­stuhl­mann­schaft 1. FC Köln, in die­sem Film fol­gen­de Wor­te sagen:

Da wird es sehr deut­lich, wie sehr wir dort auf­ge­for­dert sind, gegen jeg­li­che Bestre­bun­gen, die da gleich­ge­schlecht­lich aus­ge­prägt ist, vor­zu­ge­hen. Gera­de den uns anver­trau­ten Jugend­li­chen müs­sen wir mit einem so gro­ßen Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ent­ge­gen tre­ten, dass gera­de die, die sich um die­se Kin­der küm­mern, dass wir denen einen beson­de­ren Schutz zukom­men las­sen. Und ich hät­te da wirk­lich mei­ne Beden­ken, wenn dort von Theo Zwan­zi­ger irgend­wel­che Libe­ra­li­sie­rungs­ge­dan­ken ein­flie­ßen soll­ten. Ich wür­de den Schutz der Kin­der über jeg­li­che Libe­ra­li­sie­rung stel­len.

Das klingt erst ein­mal ziem­lich kon­fus, was sicher auch der frei­en Rede geschul­det ist. Aber es bedarf kei­ner beson­ders bös­wil­li­gen Inter­pre­ta­ti­on, um zu erah­nen, dass da wohl mal jemand Homo­se­xua­li­tät und Pädo­phi­lie durch­ein­an­der gebracht hat. Oder brin­gen woll­te.

Nun hal­te ich nor­ma­ler­wei­se nicht viel davon, Men­schen mög­li­che Ver­feh­lun­gen aus ihrer eige­nen Ver­gan­gen­heit immer wie­der vor­zu­hal­ten, aber an die­ser Stel­le soll­te nicht uner­wähnt blei­ben, dass sich da ein Mann um Jugend­li­che und „Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein“ sorgt, der vor acht Jah­ren nicht Fuß­ball­bun­des­trai­ner wur­de, weil ihm schwe­rer Koka­in­kon­sum nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. (Mei­net­we­gen kann jeder mit sei­ner Gesund­heit machen, was er will, aber hier geht es ja um die mora­li­sche Kom­po­nen­te der Geschich­te.) Dass Daum aus­ge­rech­net Trai­ner in der „schwuls­ten Stadt Deutsch­lands“ ist, ist da das Tüp­fel­chen auf dem i.

Ich bin gespannt, wie die Doku­men­ta­ti­on letzt­lich aus­se­hen wird, und ob Daums homo­pho­ber Aus­fall von der Öffent­lich­keit über­haupt wahr­ge­nom­men wird. Der Pro­fi­fuß­ball wird immer wie­der mit der katho­li­schen Kir­che in einem Atem­zug genannt, wenn es um die letz­ten Bas­tio­nen offe­ner Schwu­len­feind­lich­keit gilt. Das Fuß­ball­ma­ga­zin „Rund“ hat die­sem The­ma schon meh­re­re gro­ße Arti­kel gewid­met, die man hier und hier bei „Spie­gel Online“ nach­le­sen kann.

DFB-Chef Theo Zwan­zi­ger will jetzt „ein Kli­ma schaf­fen“ in dem auch offen homo­se­xu­el­le Fuß­bal­ler ent­spannt im Sta­di­on auf­lau­fen kön­nen. Das ist ihm hoch anzu­rech­nen, aber es wird ein schwe­rer Weg in einem Umfeld, in dem Fans geg­ne­ri­sche Spie­ler oder den Schieds­rich­ter immer noch als „schwul“ bezeich­nen und das durch­aus als Belei­di­gung mei­nen. Wie bei sei­nem Enga­ge­ment gegen Ras­sis­mus wird der DFB einen lan­gen Atem brau­chen und auch sei­ne eige­nen Ent­schei­dun­gen anpas­sen. So wur­de der Dort­mun­der Tor­wart Roman Wei­den­fel­ler im ver­gan­ge­nen Jahr für drei Spie­le gesperrt und muss­te 10.000 Euro Stra­fe zah­len, weil er sei­nen Gegen­spie­ler Gerald Asa­mo­ah belei­digt hat­te: angeb­lich wur­de Wei­den­fel­ler für die Wor­te „Du schwu­le Sau“ ver­ur­teilt – wenn er den dun­kel­häu­ti­gen Asa­mo­ah (wie zunächst behaup­tet wur­de) als „schwar­zes Schwein“ beschimpft hät­te, wäre die Stra­fe noch erheb­lich schwe­rer aus­ge­fal­len.

Zum aktu­el­len Fall Daum hat sich Moritz von hel­lo­jed. im offi­zi­el­len Web­fo­rum des 1. FC Köln umge­se­hen und prä­sen­tiert die schlimms­ten Kom­men­ta­re.

[via queer.de]

Nach­trag, 18:40 Uhr: Wie Moritz in einem wei­te­ren Ein­trag schreibt, hat sich Daum inzwi­schen gegen­über dem Köl­ner „Express“ erklärt – und dabei ein­drucks­voll unter Beweis gestellt, dass er den Unter­schied zwi­schen Homo­se­xua­li­tät und Pädo­phi­lie wirk­lich nicht kennt:

Grund­sätz­lich bin ich ein tole­ran­ter und libe­ra­ler Mensch. Ich habe kei­ner­lei Berüh­rungs­ängs­te zu homo­se­xu­el­len Men­schen. Auch in mei­nem Bekann­ten­kreis gibt es Eini­ge, die gleich­ge­schlecht­li­che Bezie­hun­gen leben.
Kin­der­schutz geht mir aber über alles. Kin­der müs­sen vor Gewalt und sexu­el­len Über­grif­fen, ganz gleich ob homo- oder hete­ro­se­xu­el­len Men­schen, geschützt wer­den. Des­we­gen arbei­te ich auch aktiv bei der Orga­ni­sa­ti­on Power-Child.

Wer beim Wort „schwul“ gleich an ekli­ge Män­ner denkt, die klei­nen Jungs an die Sport­ho­se wol­len, soll­te zumin­dest kurz über­le­gen, ob er die­ses ver­que­re Welt­bild auch noch der Öffent­lich­keit mit­tei­len muss.

Und wäh­rend der „Express“ noch recht neu­tral „Wir­bel um Daum-Aus­sa­ge“ titelt, gehen bild.de („Daum belei­digt Schwu­le“) und stern.de („Daum macht gegen Schwu­le mobil“) gleich in die Vol­len. Das muss ja auch nicht sein …

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Politik

Biegen und Brechen

NRW wird seit zwei Jah­ren von einer schwarz-gel­ben Lan­des­re­gie­rung regiert, die es bin­nen kür­zes­ter Zeit geschafft hat, dass sich die Bevöl­ke­rung die zuletzt ver­hass­te rot-grü­ne Vor­gän­ger­re­gie­rung zurück­wünscht. Wer nach dem Macht­wech­sel geglaubt hat­te, es kön­ne ja eigent­lich nur noch bes­ser wer­den, wur­de nega­tiv über­rascht. Redet man mit Men­schen, die ein biss­chen Ein­blick in das Inne­re die­ser Lan­des­re­gie­rung haben, möch­te man das Land danach so schnell als mög­lich ver­las­sen: Vom Minis­te­ri­al­rat bis zum Minis­ter schei­nen alle min­des­tens unfä­hig (aber wie und wo soll­ten die in 100 Jah­ren SPD-Regie­rung auch Erfah­rung sam­meln?) und von Minis­ter­prä­si­dent Jür­gen Rütt­gers heißt es, er sei selbst zum Vor­le­sen vor­ge­schrie­be­ner Reden nicht zu gebrau­chen.

Aber was ist schon eine desas­trö­se Bil­dungs- oder Bau­po­li­tik gegen äußerst frag­wür­di­ge (und unter­ir­disch schlecht ver­schlei­er­te) Tak­tie­re­rei­en?

Die „WAZ“ mel­det heu­te, die Lan­des­re­gie­rung wol­le die Kom­mu­nal­wahl 2009, die für den sel­ben Tag wie die Bun­des­tags­wahl vor­ge­se­hen war, ver­schie­ben:

Nach Infor­ma­tio­nen der WAZ haben die Gene­ral­se­kre­tä­re von CDU und FDP den Ver­ant­wort­li­chen im NRW-Innen­mi­nis­te­ri­um aber bereits dik­tiert, dass „aus poli­ti­schen Erwä­gun­gen“ eine Kopp­lung von Kom­mu­nal- und Bun­des­tags­wahl uner­wünscht sei.

Mei­nungs­for­scher rech­nen bei einer Dop­pel­wahl mit einer deut­lich höhe­ren Wahl­be­tei­li­gung, weil sie vor allem vie­le der wahl­mü­de gewor­de­nen SPD-Anhän­ger zurück an die Urnen holt. Das gute Abschnei­den von CDU und FDP bei der Kom­mu­nal­wahl 2004 wur­de auch mit der im Ver­gleich zur Bun­des­tags­wahl 2005 dra­ma­tisch nied­ri­ge­ren Betei­li­gung (54,4% Komm./ 81,3% Bund) erklärt.

Noch­mal: Die Gene­ral­se­kre­tä­re von CDU und FDP wol­len kei­ne gemein­sa­me Kom­mu­nal- und Bun­des­tags­wahl, weil dann mehr SPD-Anhän­ger zur Bun­des­tags­wahl gehen könn­ten und gleich­zei­tig ihrer Par­tei auch bei der Kom­mu­nal­wahl ihre Stim­me geben könn­ten. Und das soll das Innen­mi­nis­te­ri­um jetzt regeln.

Es geht aber nicht nur um die­ses leicht frag­wür­di­ge poli­ti­sche Tak­tie­ren, es geht auch knall­hart um etwa 42 Mil­lio­nen Euro, die zwei ent­kop­pel­te Wah­len mehr kos­ten wür­den. Von dem zusätz­li­chen Auf­wand für Wahl­hel­fer und Wahl­kämp­fer mal ganz zu schwei­gen.

[via Pott­blog]

Nach­trag 21. August: Auch heu­te berich­tet die „WAZ“ wie­der über das The­ma und lässt u.a. Oppo­si­ti­ons­po­li­ti­ker zu Wort kom­men, die die Idee natur­ge­mäß nicht so doll fin­den. Auch der WDR hat unter Beru­fung auf die „WAZ“ groß dar­über berich­tet, ein biss­chen klei­ner die „Ruhr Nach­rich­ten“, der „Köl­ner Stadt-Anzei­ger“, die „West­deut­sche Zei­tung“, die „Köl­ni­sche Rund­schau“ und das „West­fa­len-Blatt“.

Noch irgend­wel­che grö­ße­ren NRW-Medi­en ohne Fahr­schein? Ja: „Express“, „Bild“ und die „Rhei­ni­sche Post“.