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War was?

Wie es der Zufall so will, hat sich die gro­ße Koali­ti­on in Deutsch­land­üb­ri­gens ges­tern dar­auf ver­stän­digt, wie das BKA-Gesetz aus­se­hen soll. Der Weg zu heim­li­chen Online-Durch­su­chun­gen ist damit frei.

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Rundfunk Politik

Präsidiales Liveblog

00:00 Uhr: Jetzt geht’s lo-hos!

Blog­ger und Arbeits­platz sind bereit:

Ich gucke seit zehn Minu­ten ARD und bezweif­le jetzt schon, dass ich das wach über­ste­hen wer­de. Was schon mal ein Fort­schritt ist: vor vier Jah­ren saß in die­ser Maisch­ber­ger-Run­de Hen­ryk M. Bro­der.

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Politik

Programmhinweis

US-Präsident (Archivbild)

Ich hat­te die Käse­wür­fel schon klein geschnit­ten, den Pro­sec­co auf­ge­wärmt und klei­ne Län­der­fähn­chen gekauft – und dann fiel mir auf, dass heu­te gar kein Schla­ger-Grand-Prix statt­fin­det.

Ich wer­de aber trotz­dem ein Live­blog machen. Es wird sich statt­des­sen mit der gro­ßen Kri­se befas­sen, die mor­gen über den Jour­na­lis­mus hin­ein­bre­chen wird, und die auf den Namen „Oh mein Gott, wor­über sol­len wir jetzt schrei­ben?!“ hört. Es geht also (Sie ahn­ten es bereits und fan­den mei­ne Ver­su­che, Ross, Rei­ter und Kind nicht beim Namen zu nen­nen, eher so mit­tel) um die Prä­si­dent­schafts­wahl in den USA.

Ich weiß noch nicht, ob ich die gan­ze Nacht durch­hal­te, aber Kaf­fee und Fern­se­her (Es passt! End­lich mal eine Stel­le, an der es passt!) ste­hen bereit, um Sie und mich durch die Nacht zu brin­gen.

Das prä­si­dia­le Live­blog auf coffeeandtv.de
Ab Mit­ter­nacht des 5. Novem­ber 2008

Links
Bei Gaw­ker kön­nen Sie nach­le­sen, wann mit wel­chen Ergeb­nis­sen zu rech­nen ist.
Bei NPR kön­nen Sie die USA-Land­kar­te nach Ihren Wün­schen poli­tisch ein­fär­ben.
Die „New York Times“ hat den Wahl­kampf bis hier­her noch ein­mal zusam­men­ge­fasst.
In Ber­lin fin­det eine Wahl­par­ty im Salon Schmück statt.
Und Hen­drik aus dem Ohren­ses­sel wird eben­falls live blog­gen, sei­nen Medi­en­kon­sum aber auf das Radio beschrän­ken.

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Politik Gesellschaft

Miss American Pie

Die­ser Tage schaut die Welt noch mehr auf Ame­ri­ka, als sie es sowie­so schon tut. Die „Schick­sals­wahl unse­rer Gene­ra­ti­on“ steht an und es wirkt ein biss­chen so, als wer­de am Diens­tag zwi­schen Him­mel und Höl­le ent­schie­den.

Der Wahl­kampf zeigt ein­mal mehr die ekla­tan­ten Unter­schie­de zwi­schen den USA und Deutsch­land auf: Nicht nur, dass wir hier ein ande­res Wahl­sys­tem haben, auch kul­tu­rell sieht es hier ganz anders aus. Das Pathos, das Oba­mas halb­stün­di­gen Info­mer­cial durch­weht, wäre hier­zu­lan­de undenk­bar.

Viel­leicht liegt es dar­an, dass Schwarz, Rot und Gold kei­ne so schö­ne Farb­kom­bi­na­ti­on ist wie Rot, Weiß und Blau. Aber noch nicht mal eine geeig­ne­te Musik­un­ter­ma­lung wür­de man hier für so einen Wahl­wer­be­film fin­den: in Deutsch­land gibt es kei­ne Folk­lo­re, denn was es gab, wur­de vom „Musi­kan­ten­stadl“ in Grund und Boden gevolks­tü­melt.

Ich fin­de die­se Unter­schie­de nicht schlimm (auch wenn ich mir manch­mal wün­sche, dass sich jeder ein­zel­ne Deut­sche ein biss­chen mehr mit sei­ner Rol­le in der Gesell­schaft um ihn her­um – nicht mit dem abs­trak­ten Begriff der Nati­on – iden­ti­fi­zie­ren wür­den), aber die­se Unter­schie­de sind eben da. Des­we­gen soll­ten sich deut­sche Poli­ti­ker dafür hüten, Oba­mas ver­meint­li­che Erfolgs­re­zep­te nächs­tes Jahr 1:1 für den deut­schen Markt kopie­ren zu wol­len.

Die armen, armen Hes­sen, die im Janu­ar die soge­nann­te Wahl zwi­schen Roland Koch und Andrea Ypsi­lan­ti hat­ten, bekom­men am Diens­tag viel­leicht eine neue Minis­ter­prä­si­den­tin. Ja, an jenem Schick­sals­diens­tag, 4. Novem­ber. Und weil das so schön passt, hat sich Frau Ypsi­lan­ti heu­te Mor­gen auf einem SPD-Son­der­par­tei­tag in Ful­da dem wehr­lo­sen Barack Oba­ma ans Bein geschmis­sen und mit einem ein­zi­gen Satz die­se tie­fen kul­tu­rel­len Unter­schie­de, die­sen schma­len Grat zwi­schen anste­cken­dem Pathos und absto­ßen­der Pein­lich­keit zusam­men­ge­fasst:

Ich hof­fe, Genos­sin­nen und Genos­sen, dass die ame­ri­ka­ni­schen Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler am 4. Novem­ber in Ame­ri­ka sagen: „Yes, we can!“, und dass die hes­si­schen Abge­ord­ne­ten dann sagen kön­nen, mit Euch zusam­men in Hes­sen: „Yes, we do!“

[via WDR2-Nach­rich­ten]

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Literatur Politik

Präsidialer Buchclub

Gut, dass ich in Deutsch­land gebo­ren wur­de, denn so kann ich nie als US-Prä­si­dent kan­di­die­ren. Denn selbst wenn ich Par­tei­in­ter­ne Gra­ben­kämp­fe und Fern­seh­de­bat­ten über­stün­de und wider Erwar­ten genug Geld für mei­ne Kam­pa­gne gesam­melt bekä­me, an einer Stel­le wür­de ich furi­os schei­tern: bei der Nen­nung mei­ner Lieb­lings­bü­cher.

Denn was sagt es über mich als Men­schen aus, wenn ich in die­sem Zusam­men­hang „Per Anhal­ter durch die Gala­xis“ von Dou­glas Adams, „High Fide­li­ty“ von Nick Horn­by und „Gegen den Strich“ von Jor­is-Karl Huys­mans nen­ne? Eben: Dass ich ein sozio­pa­thi­scher Nerd bin, dem sei­ne CD-Samm­lung wich­ti­ger ist als alles ande­re. Die ein­zi­gen Stim­men, die ich bekä­me, kämen aus Staats­ge­fäng­nis­sen, Plat­ten- und Rol­len­spiel­lä­den.

Ich könn­te natür­lich auch ein biss­chen mogeln bei mei­ner Lis­te, so wie es angeb­lich alle tun und wie es mut­maß­lich auch John McCain und Barack Oba­ma getan haben. Die nann­ten näm­lich „For Whom the Bell Tolls“ von Ernest Heming­way, „Im Wes­ten nichts Neu­es“ von Erich Maria Remar­que und „The Histo­ry of the Decli­ne and Fall of the Roman Empire“ von Edward Gib­bon (McCain) bzw. „Song of Solo­mon“ von Toni Mor­ri­son, „Moby-Dick“ von Her­man Mel­ville und der Essay „Self-Reli­ance“ von Ralph Wal­do Emer­son (Oba­ma).

Ich habe von all die­sen Büchern nur „Im Wes­ten nichts Neu­es“ gele­sen und weiß so unge­fähr, was bei Heming­way und Mel­ville pas­siert, von daher kann ich zu den lite­ra­ri­schen Favo­ri­ten der Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten wenig sagen – aber dafür gibt es ja den „San Fran­cis­co Chro­nic­le“, der eine Rei­he von Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­lern, Schrift­stel­lern und sons­ti­gen Exper­ten befragt hat. Sie erklä­ren unter ande­rem, dass es ein wenig über­ra­sche, dass McCain gleich zwei Anti-Kriegs­ro­ma­ne nen­ne, es im Gegen­satz dazu aber ziem­lich nahe­lie­gend sei, dass Oba­ma das Buch von Toni Mor­ri­son mag, in dem sich ein jun­ger, schwar­zer Mann auf die Suche nach sei­ner Iden­ti­tät begibt.

Wo sie schon mal dabei sind, geben die glei­chen Leu­te auch noch Tipps, was der zukünf­ti­ge Prä­si­dent unbe­dingt lesen soll­te. Und da ist viel­leicht auch was für Leser dabei, die nie US-Prä­si­dent wer­den woll­ten.

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Börek Obhammer

In einer Woche wird in den USA ein neu­er Prä­si­dent gewählt.

Ob die deut­schen Jour­na­lis­ten bis dahin noch ler­nen wer­den, dass der Name des demo­kra­ti­schen Kan­di­da­ten [bəˈrɑːk oʊˈ­bɑːmə] aus­ge­spro­chen wird und nicht [‚bæræk o’bæmɑ]?

Nach­trag, 13:22 Uhr: Auf viel­fa­chen Wunsch gibt’s das Gan­ze jetzt auch audio­vi­su­ell:

[Direkt­link]

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Rundfunk Politik

„Outrageous double standards“

Falls Sie eine lus­ti­ge Fern­seh­sen­dung über Poli­ti­ker oder Medi­en machen wol­len: Sie müs­sen sich gar kei­ne Fri­su­ren­wit­ze aus­den­ken oder tau­send Mal irgend­ein alber­nes Video abspie­len. Es reicht völ­lig, wenn Sie ein gut sor­tier­tes Archiv haben:

[Direkt­link]

Die Fra­ge ist nur, ob das am Ende eigent­lich noch zum Lachen ist.

Und wenn Sie jetzt sagen: „Ja, so sind­se halt, die Amis, aber so beklopp­te Leu­te haben wir hier ja nicht“, dann sage ich: „Na ja. So sicher wäre ich mir da nicht …“

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Was der „Süddeutschen Zeitung“ heilig ist (und was nicht)

Wenn ich das damals im Kin­der­got­tes­dienst rich­tig ver­stan­den habe, sieht der lie­be Gott alles, petzt aber nicht. Für ihn gilt das wohl umfas­sends­te Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht und was man ihm erzählt, geht nie­man­den sonst etwas an. Wenn man ihm einen Brief schreibt, ist des­sen Inhalt dar­über hin­aus noch von so etwas Welt­li­chem wie dem Brief­ge­heim­nis geschützt.

Barack Oba­ma, der sich gera­de an so eini­ges gewöh­nen muss, konn­te sich also eigent­lich auf der siche­ren Sei­te wäh­nen, als er ver­gan­ge­ne Woche in Jeru­sa­lem ein schrift­li­ches Gebet in eine Rit­ze der Kla­ge­mau­er schob. Immer­hin hat­ten das schon Mil­lio­nen von Men­schen gemacht, dar­un­ter Papst Johan­nes Paul II.

Barack Oba­ma muss­te nicht unbe­dingt damit rech­nen, dass ein Reli­gi­ons­stu­dent (aus­ge­rech­net!) sei­nen Zet­tel aus der Mau­er por­keln und an die Zei­tung Maa­riv wei­ter­ge­ben wür­de – und dass die die­sen Brief dann abdru­cken wür­de.

Nicht, dass Oba­ma Schlim­mes geschrie­ben hät­te, es geht viel mehr um Ver­trau­en und ein uraltes reli­giö­ses Sym­bol. Ent­spre­chend kann man auch den Auf­schrei ver­ste­hen, der nun durch die Medi­en geht und auch die „Süd­deut­sche Zei­tung“ erfass­te:

Der markt­schreie­ri­schen Zei­tung Maa­riv aller­dings sind offen­bar nicht alle Bot­schaf­ten hei­lig. Am Wochen­en­de ver­öf­fent­lich­te das Blatt auf sei­ner Titel­sei­te die von Oba­ma hand­schrift­lich ver­fass­te Note – und lös­te damit erheb­li­che Empö­rung aus, vor allem bei der Kla­ge­mau­er-Ver­wal­tung. Sie sieht nun ihre Glaub­wür­dig­keit in Gefahr, beson­ders bei den Beten­den, die ihre Bot­schaf­ten faxen oder mai­len.

Wie „hei­lig“ der „Süd­deut­schen Zei­tung“ Oba­mas Bot­schaft war, kön­nen Sie frei­lich dar­an able­sen, dass sie die­se gleich zwei­mal druck­te: ein­mal ins Deut­sche über­setzt und ein­mal als Foto des Ori­gi­nal­b­riefs.

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Politik

Und ein Haken für Juli …

Gleich drei Ver­glei­che zum Preis von einem lie­fert die Büso-Che­fin, Ang­lo-hol­län­di­sche-Ver­schwö­rungs-Geg­ne­rin und Atom­strom­ak­ti­vis­tin Hel­ga Zepp-LaRou­che in ihrem aktu­el­len Kom­men­tar zu Barack Oba­mas Deutsch­land-Besuch. Der Füh­rer ist selbst­ver­ständ­lich mit dabei:

Das wirk­lich erschre­cken­de aber war nicht Oba­mas Rede, die inhalt­lich nichts brach­te, was er nicht schon vor­her gesagt hät­te, von eini­gen Bezü­gen auf die Luft­brü­cke ein­mal abge­se­hen, wor­auf jeder pro­fes­sio­nel­le Reden­schrei­ber kom­men muß­te. Viel beun­ru­hi­gen­der ist, daß die deut­schen Mas­sen anschei­nend nichts aus der Geschich­te gelernt haben, und bei bom­bas­tisch auf­ge­zo­ge­nen Mas­sen­ver­samm­lun­gen offen­sicht­lich eine fata­le Nei­gung haben, in Manien zu ver­fal­len. Dabei scheint es egal zu sein, ob es Hit­ler in Nürn­berg, Gor­by auf Deutsch­land­rei­se, der Dalai Lama oder eben jetzt das Souf­flé Oba­ma ist.

Auf eine etwas ande­re Art wit­zig (und zuge­ge­be­ner­ma­ßen näher an mei­nem Humor) ist da der Kom­men­tar von Jon Ste­wart in der „Dai­ly Show“:

[Direkt­oba­ma]

Eine unvoll­stän­di­ge Lis­te der schöns­ten Nazi-Ver­glei­che seit 1945 fin­den Sie nach wie vor hier.

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Musik

Meeting Ben Folds

Heu­te machen wir’s mal so rich­tig Dog­ma-mäßig: Auf Sie war­tet ein eng­lisch­spra­chi­ges Inter­view, unge­schnit­ten, gedreht in einer nicht wirk­lich ruhi­gen Hotel­lob­by, mit einem Cam­cor­der mit etwas ver­schmutz­ten Bild- und Ton­köp­fen.

War­um Sie sich das antun soll­ten? Nun, es ist ein Inter­view mit Ben Folds.

Teil 1:

[Direkt­link]

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Musik Gesellschaft

Born In The NRW

Eines mei­ner Lieb­lings­vi­de­os bei You­Tube ist die­ses hier:

[Direkt­link]

Das Video ent­stand bei den MTV Video Music Awards 1997 und zeigt die Wall­flowers bei der Auf­füh­rung ihres Hits „One Head­light“ mit ihrem Gast­sän­ger Bruce Springsteen. Zum einen mag ich, wie Springsteen mit sei­nem Gesang und sei­nem Gitar­ren­so­lo den ohne­hin tol­len Song noch mal zusätz­lich ver­edelt, zum ande­ren kann man aus die­sem Auf­tritt viel über die ame­ri­ka­ni­sche Pop­kul­tur und ihren Unter­schied zur deut­schen ablei­ten.

Auch wenn man nicht immer dar­auf her­um­rei­ten soll: der Sän­ger der Wall­flowers ist Jakob Dylan, Sohn von Bob Dylan, der seit mehr als vier Jahr­zehn­ten ein Super­star ist. Er singt dort gemein­sam mit Bruce Springsteen, der seit gut drei Jahr­zehn­ten ein Super­star ist. In Deutsch­land gibt es kei­ne Söh­ne berühm­ter Musi­ker, die selbst Rock­stars gewor­den wären, von daher kann man schon aus fami­liä­ren Grün­den kei­ne Ana­lo­gien bil­den, aber auch der Ver­such, ein Äqui­va­lent für Vater Dylan ((Sagen Sie bloß nicht „Wolf­gang Nie­de­cken“!)) oder Springsteen zu fin­den, wür­de schnell schei­tern.

Nun kann man natür­lich sagen, dass ich am fal­schen Ende suche: Dylan und Springsteen haben bei­de einen mehr (Dylan) oder weni­ger (Springsteen) vom Folk gepräg­ten Hin­ter­grund, man müss­te also in Deutsch­land im Volks­mu­sik- oder Schla­ger­be­reich suchen. Damit wür­de das Unter­neh­men aber end­gül­tig zum Desas­ter, denn das, was heu­te als volks­tüm­li­cher Schla­ger immer noch erstaun­lich gro­ße Zuhö­rer- und vor allem Zuschau­er­zah­len erreicht, hat mit wirk­li­cher Folk­lo­re weit weni­ger zu tun als Gangs­ta Rap mit den Skla­ven­ge­sän­gen auf den Baum­woll­fel­dern von Ala­ba­ma.

USA: Public Library, New York City

Die Net­zei­tung woll­te kürz­lich kett­car-Sän­ger Mar­cus Wie­busch zum deut­schen Springsteen erklä­ren, was ange­denk des neu­en kett­car-Albums gar nicht mal so abwe­gig ist, wie es sich erst anhört. Her­bert Grö­ne­mey­er kann ja nicht alles sein und die Posi­ti­on „einer von uns, der über unse­re Welt singt“ kann von einem noch so ver­dien­ten Wahl-Lon­do­ner nur schwer­lich besetzt wer­den. Was aber inhalt­lich halb­wegs pas­sen mag, sieht auf der Popu­la­ri­täts­ebe­ne schon wie­der anders aus: jemand, der für die Men­schen spricht, muss auch bei den Men­schen bekannt sein. Mar­cus Wie­busch ist weit davon ent­fernt, ein natio­na­ler Star zu sein, ganz zu schwei­gen vom inter­na­tio­na­len Super­star. ((Ich muss aller­dings zuge­ben, dass die Vor­stel­lung, Jan Fed­der könn­te mal als CDU-Bun­des­kanz­ler kan­di­die­ren und ver­su­chen, sei­nen Wahl­kampf mit „Lan­dungs­brü­cken raus“ auf­zu­hüb­schen, irgend­wie schon was hat.))

Im Grun­de genom­men ist schon die Suche nach einem deut­schen die­sen oder einem deut­schen jenen der fal­sche Ansatz: Mar­cus Wie­busch wird nie der deut­sche Springsteen sein und Til Schwei­ger schon gar nicht der deut­sche Brad Pitt. Harald Schmidt war nie der deut­sche David Let­ter­man und über­haupt wird es in Deutsch­land nie eine rich­ti­ge Late Night Show geben, schon weil die Zuschau­er mit einem ganz ande­ren kul­tu­rel­len Hin­ter­grund auf­ge­wach­sen und auch gar nicht in ver­gleich­ba­ren Grö­ßen­ord­nun­gen vor­han­den sind.

Es gibt aber auch genau­so wenig einen ame­ri­ka­ni­schen Goe­the, Schil­ler, Klop­stock, Schle­gel oder Beet­ho­ven – was unter ande­rem damit zusam­men­hän­gen könn­te, dass das unglaub­li­che Schaf­fen die­ser Her­ren in eine Zeit fiel, als sich die USA gera­de zu einem eigen­stän­di­gen Staa­ten­ver­bund erklärt und wich­ti­ge­res zu tun hat­ten, als ein kul­tu­rel­les Zeit­al­ter zu prä­gen. Sie muss­ten zum Bei­spiel die Demo­kra­tie erfin­den.

Womit wir direkt in der ame­ri­ka­ni­schen Poli­tik von heu­te wären: allen drei ver­blie­be­nen Kan­di­da­ten für das Amt des US-Prä­si­den­ten darf man Cha­ris­ma und inhalt­li­che Stär­ke auf min­des­tens einem Gebiet beschei­ni­gen. Egal, ob der nächs­te Prä­si­dent John McCain, Barack Oba­ma oder Hil­la­ry Clin­ton hei­ßen wird, er (oder sie) wird mehr Aus­strah­lung haben als das ver­sam­mel­te deut­sche Kabi­nett. Das liegt natür­lich nicht nur dar­an, dass man in den USA auf 3,75 Mal so vie­le Men­schen zurück­grei­fen kann wie in Deutsch­land, son­dern auch dar­an, dass die­se Poli­ti­ker ganz anders geschult wur­den und ein ganz ande­res Publi­kum anspre­chen. Jemand wie Kurt Beck könn­te es kaum zum stell­ver­tre­ten­den Nach­bar­schafts­vor­ste­her schaf­fen. ((Wobei Beck ein schlech­tes Bei­spiel ist, weil bei ihm ja nie­mand so genau weiß, wie er es zum Vor­sit­zen­den einer ehe­ma­li­gen Volks­par­tei hat schaf­fen kön­nen.))

Die kul­tu­rel­len Unter­schie­de zwi­schen Deutsch­land und den USA sind eben erheb­li­che und sie las­sen sich auch nicht durch eine ver­meint­li­che „Ame­ri­ka­ni­sie­rung“ unse­rer Kul­tur über­win­den: selbst wenn jeder deut­sche Mann sein Jung­ge­sel­len­da­sein mit viel Alko­hol und Strip­pe­rin­nen been­de­te ((Als ob das alle Ame­ri­ka­ner täten …)) wäre das ja nur eine Über­nah­me von Form und nicht von Inhalt. Deut­sche wer­den auf ewig ihr Früh­stücks­ei auf­schla­gen und als ein­zi­ges zivi­li­sier­tes Volk der Welt ihr Pop­corn gesüßt ver­spei­sen. Deut­sche wer­den wohl nie ver­ste­hen, wel­che Bedeu­tung es für Ame­ri­ka­ner hat, dass (fast) jeder eine Waf­fe tra­gen darf, obwohl sie selbst fast genau­so argu­men­tie­ren, wenn ihnen mal wie­der jemand ein Tem­po­li­mit vor­schlägt. ((Ich wäre übri­gens für eine Beschrän­kung des Waf­fen­rechts und für ein Tem­po­li­mit und wür­de mir in bei­den Län­der weni­ge Freun­de machen.))

Deutschland: Potsdamer Platz, Berlin

Wer sich ein­mal „alte“ Gebäu­de in den USA ange­schaut hat, dar­un­ter eini­ge, die vor 100 bis 120 Jah­ren gebaut wur­den, wird fest­stel­len, wie extrem man sich damals an archi­tek­to­ni­schen Sti­len ori­en­tier­te, die in Euro­pa längst der Ver­gan­gen­heit ange­hör­ten: wo es um gro­ßes Geld oder Hoch­kul­tur geht, stößt man auf Klas­si­zis­mus, Roman­tik oder Renais­sance. Die gro­ße Stun­de der USA schlug erst, als ihre Pop­kul­tur in Form des viel­zi­tier­ten Rock’n’Roll und Coca Cola das kul­tu­rel­le Vaku­um aus­füll­te, das nach dem zwei­ten Welt­krieg in Deutsch­land vor­herrsch­te. Seit­dem bemüht man sich hier, ame­ri­ka­nisch zu wir­ken, was sicher noch dazu führt, dass eines Tages jede Dorf­knei­pe mit Star­buck­si­ger Loun­g­eig­keit auf­war­ten wird.

Ich mag bei­de Län­der.

Mehr über die USA, Deutsch­land und die kul­tu­rel­len Unter­schie­de steht in fol­gen­den emp­feh­lens­wer­ten Blogs:
USA erklärt Ein Deutsch-Ame­ri­ka­ner in Deutsch­land erklärt die USA (deutsch)
Ger­man Joys Ein Ame­ri­ka­ner in Deutsch­land schreibt über Deutsch­land (eng­lisch)
Not­hing For Ungood Noch ein Ame­ri­ka­ner in Deutsch­land, der über Deutsch­land schreibt (eng­lisch)

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Thank God it’s fake!

Was pas­siert, wenn Gra­fi­ker die rich­ti­gen Dro­gen neh­men, zeigt das US-Maga­zin „Radar“ mit sei­nem aktu­el­len Titel­bild:

“Radar”-Titelbild November 2007

Wie bei jeder Par­odie gilt natür­lich auch hier: Es hilft, das Ori­gi­nal zu ken­nen …

[via The Fil­ter]