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Was der „Süddeutschen Zeitung“ heilig ist (und was nicht)

Wenn ich das damals im Kin­der­got­tes­dienst rich­tig ver­stan­den habe, sieht der lie­be Gott alles, petzt aber nicht. Für ihn gilt das wohl umfas­sends­te Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht und was man ihm erzählt, geht nie­man­den sonst etwas an. Wenn man ihm einen Brief schreibt, ist des­sen Inhalt dar­über hin­aus noch von so etwas Welt­li­chem wie dem Brief­ge­heim­nis geschützt.

Barack Oba­ma, der sich gera­de an so eini­ges gewöh­nen muss, konn­te sich also eigent­lich auf der siche­ren Sei­te wäh­nen, als er ver­gan­ge­ne Woche in Jeru­sa­lem ein schrift­li­ches Gebet in eine Rit­ze der Kla­ge­mau­er schob. Immer­hin hat­ten das schon Mil­lio­nen von Men­schen gemacht, dar­un­ter Papst Johan­nes Paul II.

Barack Oba­ma muss­te nicht unbe­dingt damit rech­nen, dass ein Reli­gi­ons­stu­dent (aus­ge­rech­net!) sei­nen Zet­tel aus der Mau­er por­keln und an die Zei­tung Maa­riv wei­ter­ge­ben wür­de – und dass die die­sen Brief dann abdru­cken wür­de.

Nicht, dass Oba­ma Schlim­mes geschrie­ben hät­te, es geht viel mehr um Ver­trau­en und ein uraltes reli­giö­ses Sym­bol. Ent­spre­chend kann man auch den Auf­schrei ver­ste­hen, der nun durch die Medi­en geht und auch die „Süd­deut­sche Zei­tung“ erfass­te:

Der markt­schreie­ri­schen Zei­tung Maa­riv aller­dings sind offen­bar nicht alle Bot­schaf­ten hei­lig. Am Wochen­en­de ver­öf­fent­lich­te das Blatt auf sei­ner Titel­sei­te die von Oba­ma hand­schrift­lich ver­fass­te Note – und lös­te damit erheb­li­che Empö­rung aus, vor allem bei der Kla­ge­mau­er-Ver­wal­tung. Sie sieht nun ihre Glaub­wür­dig­keit in Gefahr, beson­ders bei den Beten­den, die ihre Bot­schaf­ten faxen oder mai­len.

Wie „hei­lig“ der „Süd­deut­schen Zei­tung“ Oba­mas Bot­schaft war, kön­nen Sie frei­lich dar­an able­sen, dass sie die­se gleich zwei­mal druck­te: ein­mal ins Deut­sche über­setzt und ein­mal als Foto des Ori­gi­nal­b­riefs.