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Politik

Die Welt in drei Wörtern erklären

Am 30. August sind Kom­mu­nal­wah­len in NRW. Offen­bar seit die­sem Wochen­en­de dür­fen des­halb die Innen­städ­te mit unin­spi­rier­ten, ver­stö­ren­den, plum­pen, pein­li­chen oder ein­fach nur ega­len Pla­ka­ten zuge­stellt wer­den.

Ein Trend zeich­net sich jetzt schon ab: Vie­le Kan­di­da­ten ver­su­chen in einem Drei­klang auf sich auf­merk­sam zu machen. Dass man da schnell durch­ein­an­der gerät, liegt in der Natur der Sache.

Die fol­gen­de Lis­te von Bür­ger­meis­ter­kan­di­da­ten aus ganz Deutsch­land ist sicher unvoll­stän­dig:

Mut­maß­lich noch ein biss­chen kom­pe­ten­ter, sozia­ler und … äh: daer sind dann wohl die­se bei­den Her­ren:

  • Unab­hän­gig. Kom­pe­tent. Bür­ger­nah. Ver­läss­lich. (Oli­ver Wild, Ehrings­hau­sen, par­tei­los)
  • Sau­ber­keit. Sicher­heit. Recht. Ord­nung. (Hein­rich Müh­mert, Dins­la­ken, Offen­si­ve Dins­la­ken)
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Leben

The End Is The Beginning Is The End

Als ich noch über eine aka­de­mi­sche Kar­rie­re nach­dach­te, hielt ich es als begeis­ter­ter Varie­tä­ten­lin­gu­ist für eine gute Idee, mei­ne Dok­tor­ar­beit über Brot­enden zu schrei­ben (die Alter­na­tiv­idee hieß „Ficken, Bum­sen, Bla­sen – Eine Ety­mo­lo­gie der Sex-Spra­che“). Denn, so hat­te ich gelernt: Die­se Din­ger hei­ßen über­all anders.

Eine ansehn­li­che Lis­te mit Bezeich­nun­gen (sowie mit Namen für das Kern­ge­häu­se eines Apfels) hat­te ich schon begon­nen – und es steht Ihnen natür­lich frei, die­se in den Kom­men­ta­ren zu ergän­zen. Ich erfuhr, dass es sogar Dör­fer gibt, in denen der Anfang und das Ende eines Bro­tes unter­schied­li­che Bezeich­nun­gen haben. Da ist man dann schnell im Grenz­ge­biet von Lin­gu­is­tik und Phi­lo­so­phie.

Schwie­rig wür­de es da natür­lich bei so einem Kan­di­da­ten der kubis­ti­schen Pha­se:

Quadratisch, praktisch, Brot
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Was Killerchen nicht lernt …

Die Samm­lung „Die geschmack­lo­ses­ten Ein­lei­tungs­sät­ze aller Zei­ten“ wird zwar gera­de erst eröff­net, aber die „Chem­nit­zer Mor­gen­post“ dürf­te sich schon mal einen Platz in der ewi­gen Ruh­mes­hal­le erkämpft haben:

MÜHLAU - Früh übt sich, was ein Holzklotz-Killer werden will: Drei Tage nach Verurteilung des Oldenburgers Nicolai H. (31) warfen jetzt auf der A72 zwei Kinder von einer Brücke aus Steine auf die Fahrbahn. Eine Fahrerin (53) entkam dem Tode nur knapp.

Mit Dank an BILD­blog-Hin­weis­ge­ber Fabi­an H.

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Digital

69% aller Statistiken sind fehlerhaft

Es gibt Sät­ze, die liest man, dann stockt man, liest sie noch mal und wun­dert sich. Sol­che Sät­ze gehö­ren meist zu völ­lig irrele­van­ten Arti­keln und ste­hen in gefühlt zwei Drit­teln aller Fäl­le bei „RP Online“.

So auch die­ser:

Sta­tis­ti­ken bele­gen, dass 57 Pro­zent der Japa­ne­rin­nen unter 34 unver­hei­ra­tet sind.

Nun habe ich spon­tan kei­ne dezi­dier­te Sta­tis­tik gefun­den, wohl aber eine Bevöl­ke­rungs­py­ra­mi­de. Deren Zah­len stam­men zwar aus dem Jahr 2000 und bezie­hen sich jetzt auf die Japa­ne­rin­nen unter 35, aber mit ein biss­chen Gra­fik­spie­le­rei wird trotz­dem deut­lich, wie man sich „57 Pro­zent der Japa­ne­rin­nen unter 34“ unge­fähr vor­zu­stel­len hat (grü­ne Linie):

57% der Japanerinnen unter 34

Nach­trag für alle Rot-Grün-Blin­den:

57% der Japanerinnen unter 34

Da ich mal hof­fe, dass die Quo­te der unver­hei­ra­te­ten Japa­ne­rin­nen unter 15 bei 100% liegt, und da die­se Grup­pe schon rund ein Drit­tel der Unter-35-Jäh­ri­gen aus­macht, soll­te klar sein, dass 57% aller Frau­en unter 34 kei­ne auf­fal­lend hohe Zahl für Unver­hei­ra­te­te wäre – eher im Gegen­teil.

Das ein­zi­ge, was ich in die­ser Rich­tung an Sta­tis­ti­ken gefun­den habe, ist ein Satz aus einem „NZZ“-Artikel von 2007, der auch gleich zeigt, wie aus den Zah­len ein Braut­schuh wird:

Heu­te sind in Japan rund sech­zig Pro­zent aller Frau­en im Alter von 30 Jah­ren unver­hei­ra­tet, und bei den 34-Jäh­ri­gen haben noch immer rund vier­zig Pro­zent kei­nen Bund fürs Leben geschlos­sen.

Und wehe, Sie fra­gen jetzt, ob ich eigent­lich nichts bes­se­res zu tun habe!

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Gesellschaft

Von den Autoren von „Koreanische Gebrauchsanleitungen“

Studiengebühren sin sozial GERECHT & NICHT Steine können fliegen

Ich fra­ge das wirk­lich ungern, aber: Wie vie­le Semes­ter Ger­ma­nis­tik müss­te ich wohl noch stu­die­ren, um die­ses Trans­pa­rent an der Bochu­mer Uni-Biblio­thek sinn­ent­neh­mend lesen zu kön­nen?

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Digital Leben

Stilblümchensex

Alle paar Mona­te muss ich bei GMX.de vor­bei­schau­en um zu über­prü­fen, ob mei­ne dort vor über einem Jahr­zehnt ein­ge­rich­te­te E‑Mail-Adres­se noch exis­tiert. Es ist jedes Mal ein freud­lo­ser Akt, der einem zeigt, wie gut man es mit all den Funk­tio­nen von Goo­gle­mail tat­säch­lich hat.

Das Schlimms­te an GMX aber ist das ange­schlos­se­ne Por­tal, bei dem man dann auch tat­säch­lich jedes Mal auf irgend­wel­chen Quatsch drauf klickt und im Bezug auf die zu erwar­ten­de Boden­lo­sig­keit sel­ten ent­täuscht wird. So las ich heu­te ver­se­hent­lich einen Text, der offen­bar ursprüng­lich vom Her­ren­ma­ga­zin „Men’s Health“ stammt und das The­ma „Slow Sex“ behan­delt. Und selbst, wenn das The­ma Sie nicht inter­es­siert: Das soll­ten Sie gele­sen haben!

Los geht es mit ein paar All­ge­mein­plät­zen der Sor­te „Es hilft, wenn Sie min­des­tens zu zweit sind“:

Musi­ka­lisch soll­ten Sie’s zwar ruhig ange­hen las­sen, jedoch ruhig ein paar Drum-Akzen­te set­zen. Die frü­hen Alben von Mas­si­ve Attack oder Air sind dafür her­vor­ra­gend geeig­net.

Dann geht’s aber auch schon schnell zur Sache – zumin­dest was gro­tes­ke Kose­na­men angeht:

Las­sen auch Sie sich von ihr eben­so lang­sam aus­zie­hen. Wird sie dabei zu schnell, brem­sen Sie Ihre Gazel­le, indem Sie ihren Kopf in die Hän­de neh­men und sie küs­sen.

Und dass die „Gazel­le“ kein Aus­rut­scher war, son­dern Teil des Plans, wird schnell deut­lich. Machen Sie auch mal was Ver­rück­tes: Lesen Sie die fol­gen­den Zei­len und ver­su­chen Sie dabei, nicht zu lachen. Den­ken Sie immer dar­an, dass es hier um etwas ent­fernt Sinn­li­ches gehen soll:

Mit einer Hand hält sie sich an Ihrem Ret­tungs­an­ker fest, mit der Hand­flä­che der ande­ren reibt sie fort­wäh­rend und krei­send über Ihre Eichel – etwa so, als wür­de sie einen Apfel polie­ren. Klingt harm­los? Sie wer­den jodeln, Mann!

Jodeln wer­den Sie womög­lich auch, wenn Sie erfah­ren, dass das männ­li­che Geni­tal von den „Men’s Health“-Autoren nicht nur „Ret­tungs­an­ker“ genannt wird, son­dern auch „Ihr bes­ter Freund“, „der klei­ne Don Juan“, „der gute Don“, „Don­ny“, „Don J.“, „Don“ oder schlicht „er“. Für den weib­li­chen Kör­per reich­te die Phan­ta­sie dann nicht mehr, dort ist nur von „Lady K.“ die Rede.

Und wen es nicht abtörnt, sein Glied im Geis­te „Don“ zu nen­nen, der steht bestimmt auch auf syn­tak­tisch kor­rek­ten dir­ty talk:

Und noch ein klei­ner Tipp am Ran­de: Neh­men Sie beim Blo­wjob ihren Kopf nur dann zwi­schen Ihre Hän­de, wenn sie aus­drück­lich zu Ihnen sagt: „Nimm beim Blo­wjob mei­nen Kopf zwi­schen dei­ne Hän­de!“ Genau mit die­sen Wor­ten.

Fast wünscht man sich die Zei­ten zurück, in denen einem die „Bra­vo“ umständ­lich erklär­te, was „Pet­ting“ ist und dass man davon nicht schwan­ger wer­den kön­ne.

Dann kommt’s aber end­lich zum Höhe­punkt und „Men’s Health“ fackelt ein Feu­er­werk der sprach­li­chen Bil­der ab, das garan­tiert das Rücken­mark schä­digt:

Ehe Sie wie Nut und Feder inein­an­der glei­ten, soll­ten Sie die Zügel noch ein­mal stramm­zie­hen, die Geschich­te etwas abbrem­sen.

[…]

Bevor er in tiefs­te Tie­fen vor­dringt, soll er eine Zeit lang am Ein­gang ste­hen und mit der Dame plau­dern. Rei­ben Sie sei­nen Kopf an ihrem Knöpf­chen.

Und plötz­lich beginnt man, Wolf Wond­rat­schek zu schät­zen.

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Digital

„fast surreal-abgeschmackt“

Die gru­se­li­gen Details der Mord­nacht, beim ers­ten Pro­zess noch Schlag­zei­len­fut­ter, schie­nen dies­mal fast sur­re­al-abge­schmackt: die Bil­der von Spec­tors Burg­vil­la, deko­riert in pseu­do-baro­ckem Mega-Kitsch, die prall­vol­le Waf­fen­kam­mer neben dem Schlaf­zim­mer, das Etui mit den „Hal­lo Wach“-Pillen und Via­gra.

Der Schuld­spruch im Pro­zess gegen Phil Spec­tor soll­te Anlass genug sein, noch ein­mal auf einen Klas­si­ker im Cof­fee-And-TV-Archiv zu ver­wei­sen und Sie auch heu­te wie­der zum gemüt­li­chen Gerichts­re­por­ta­gen-Sauf­spiel (ein Schnaps für jedes Adjek­tiv) ein­zu­la­den:

„Bleich wie Moz­za­rel­la-Käse“

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Leben Digital

Blog am Bein

Writer's block

Kürz­lich wohn­te ich einer Dis­kus­si­on bei, bei der es um die (zuge­ge­be­ner­ma­ßen sehr neben­säch­li­che) Fra­ge ging, ob es eigent­lich „der Blog“ oder „das Blog“ hei­ße. Mein Stand­punkt war, dass ich zwar „das Blog“ sagen wür­de, aber beim bes­ten Wil­len nicht wüss­te, war­um. Viel­leicht, um Ver­wechs­lun­gen mit „der Block“ (damn you, Aus­laut­ver­här­tung!) zu ver­mei­den. Aber wozu hat man Ger­ma­nis­tik und Anglis­tik stu­diert und sei­ne B.A.-Arbeit über die Ver­än­de­run­gen in der Inter­net­spra­che geschrie­ben?

Bevor wir uns dem kon­kre­ten Fall nähern, müs­sen wir zwei grund­sätz­li­che Pro­ble­me erwäh­nen: Ers­tens gibt es im Deut­schen Unter­schie­de zwi­schen gram­ma­ti­schem (Genus) und bio­lo­gi­schem (Sexus) Geschlecht, die dazu füh­ren, dass sprach­lich alle Hun­de männ­lich, alle Kat­zen weib­lich und alle Mäd­chen säch­lich sind.1 Da die Arti­kel (bestimm­te wie unbe­stimm­te) vom gram­ma­ti­schen Geschlecht abhän­gen, muss man zu jedem Wort auch sei­nen Genus dazu­ler­nen. Dar­aus folgt auch, dass man zwei­tens für jedes Fremd- oder Lehn­wort ein gram­ma­ti­sches Geschlecht fest­le­gen muss. So sagt man „das Trot­toir“ (im Fran­zö­si­schen ein Mas­ku­li­num), „die Toi­let­te“ (im Fran­zö­si­schen auch Femi­ni­num) und „der Cap­puc­ci­no“ (im Ita­lie­ni­schen eben­falls Mas­ku­li­num).

Ver­su­chen wir, die Kur­ve Rich­tung „Blog“ zu krat­zen, und nähern uns der Welt von Com­pu­tern (mask.) und Inter­net (neu­tr.): So sagt man in Deutsch­land „die E‑Mail“, was sich damit erklä­ren lie­ße, dass die deut­sche Über­set­zung („E‑Post“) eben­falls femi­nin ist.2 In Öster­reich und der Schweiz heißt es aber „das E‑Mail“, womit wir den Salat end­gül­tig hät­ten.

Neh­men wir der Ein­fach­heit hal­ber trotz­dem mal für einen Moment an, die deut­sche Über­set­zung bestim­me allei­ne den Arti­kel. „Blog“ ist die Kurz­form von „Web­log“, was sich wie­der­um auf „log“ bezieht, wozu das „Oxford Eng­lish Dic­tion­a­ry“ Fol­gen­des zu berich­ten weiß:

log /​lɒg/​ n.¹ ME. [Ori­gin unknown] I 1 A bul­ky mass of wood; esp. an unhewn por­ti­on of a fel­led tree, or a length cut off for use as fire­wood. ME. b Sur­fing. A lar­ge or hea­vy surf­board. M20. 2 a A hea­vy pie­ce of wood, fas­ten­ed to the leg of a per­son or an ani­mal to impe­de move­ment. L16. b Mil. Hist. A form of punish­ment wher­eby a hea­vy weight was chai­ned to an offender‘s leg to be drag­ged or car­ri­ed around as the per­son moved. M19. 3 A pie­ce of quar­ried sla­te befo­re it is split into lay­ers. E18. 4 In pl. A jail, a lock-up. Aus­tral. slang. L19.

[…]

II 5 An appa­ra­tus for ascer­tai­ning the speed of a ship, con­sis­ting of a float atta­ched to a line wound on a reel. Also, any other appa­ra­tus for the same pur­po­se. L16. 6 a A book con­tai­ning a detail­ed dai­ly record of a ship‘s voya­ge; a log­book. E19. b A sys­te­ma­tic record of things done, found, expe­ri­en­ced, etc., as (a)a record of dis­co­veries or varia­ti­ons at suc­ces­si­ve depths in dril­ling a well; a graph or chart dis­play­ing this infor­ma­ti­on; (b) a record with details of jour­neys kept by a lor­ry dri­ver; (c) a record of what is broad­cast by a radio or tele­vi­si­on sta­ti­on; (d) Com­pu­ting a sequen­ti­al file of tran­sac­tions on a data­ba­se. E20. c A list or sum­ma­ry of claims for a wage increase etc. Freq. more ful­ly log of claims. Aus­tral. E20.

(The New Shorter Oxford Eng­lish Dic­tion­a­ry on his­to­ri­cal prin­ci­ples; Edi­ted by Les­lie Brown; Oxford, 1993.)

Wäre ich gezwun­gen, die­sem Ein­trag eine ein­zi­ge deut­sche Voka­bel zuzu­ord­nen, wür­de ich mich wohl für „Klotz“ ent­schei­den.3 Er deckt den Bereich I kom­plett ab und passt im Bereich II zumin­dest noch zur Num­mer 5. Außer­dem ist er ähn­lich schön laut­ma­le­risch.

Wer­fen wir auch noch einen (wenig auf­schluss­rei­chen) Blick ins mit­tel­eng­li­sche Wör­ter­buch („ME“ = „Midd­le Eng­lish“):

loglog(ge n. (1); lok n. (2); lough.

log(ge n. (1) [Cp. ML log­gum.] (a) An uns­haped pie­ce of wood, sta­ve, stick; (b) as sur­na­me.

(Midd­le Eng­lish Dic­tion­a­ry; Sher­man M. Kuhn, Edi­tor & John Rei­dy, Asso­cia­te Edi­tor; Ann Arbor, 1968.)

Das eng­li­sche Wort „web­log“ könn­te also mit eini­ger Berech­ti­gung als „Netz­klotz“ über­setzt wer­den, womit es ein Mas­ku­li­num wäre. Der Duden, über des­sen Rol­le man auch erst ein­mal strei­ten müss­te, lässt übri­gens „das“ und „der“ zu:

1. Blog, das, auch: der; -s, -s [engl. blog, gek. aus: weblog, →Weblog] (EDV Jargon): Weblog. ...

Ich bevor­zu­ge wie gesagt „das Blog„4 und fin­de „der Blog“ etwas merk­wür­dig, aber merk­wür­dig fin­de ich ja auch regio­nal­sprach­li­che Vari­an­ten wie „ein­ge­schal­ten“ statt „ein­ge­schal­tet“ oder „ich bin gestan­den“ statt „ich habe gestan­den“ und das macht sie ja auch nicht falsch.

Spra­che ist – da wie­der­ho­le ich mich ger­ne – etwas Leben­di­ges und die Mehr­heit hat immer Recht. Soll­te sich also „der Blog“ durch­set­zen, wür­de das zwar ver­mehrt zu Ver­wech­se­lun­gen von „der Blog“ und „der Block“ füh­ren, aber man müss­te es akzep­tie­ren, wenn man nicht gegen Wind­müh­len kämp­fen will.

Zu den Blog-nahen Sprach­ver­än­de­run­gen zäh­len auch „Blog“ als Syn­onym für „Blog­ein­trag“ (Mat­thi­as Matus­sek ver­öf­fent­licht ja regel­mä­ßig „neue Blogs“) und „Blog­ger“ als Bezeich­nung für Blog­le­ser und ‑kom­men­ta­to­ren. Das sind natür­lich schon erheb­li­che Bedeu­tungs­ver­schie­bun­gen bzw. ‑erwei­te­run­gen, aber sowas ist bei jun­gen The­men­ge­bie­ten Blogs völ­lig nor­mal.

Viel ent­schei­den­der als die Fra­ge, ob es „der Blog“ oder „das Blog“ heißt, ist doch die, was drin­steht wer mir die vier Stun­den Lebens­zeit ersetzt, die ich in der Uni-Biblio­thek ver­plem­pert habe.

  1. Beson­ders das mit den Mäd­chen ist ein unge­klär­tes Pro­blem, dem des­sen sich Sprach- und Gen­der­wis­sen­schaf­ten drin­gend anneh­men soll­ten. []
  2. Schlimm wird’s bei einem Wort wie „blog­ger“, das für weib­li­che wie männ­li­che Per­so­nen steht, für Deut­sche aber nach einer männ­li­chen Endung aus­schaut. Spä­tes­tens bei „girl­fri­end“ emp­fiehlt es sich, auf fremd­sprach­li­che Voka­beln zu ver­zich­ten und ein­fach den deut­schen Begriff „Freun­din“ zu ver­wen­den. []
  3. Der Spie­gel­fech­ter hat­te bei einer ähn­li­chen Dis­kus­si­on auf freitag.de ange­führt, das eng­li­sche Wort „log“ stam­me vom alt­is­län­di­schen und alt­nor­we­gi­schen „lag“ ab, was „umge­fal­le­ner Baum­stamm“ hei­ße – ich will nicht aus­schlie­ßen, dass er da tat­säch­lich mehr wuss­te als das Oxford Dic­tion­a­ry, hal­te die­se Infor­ma­ti­on aber auch eher für Bonus­wis­sen, das uns bei der kon­kre­ten Fra­ge­stel­lung nicht wei­ter­hilft. []
  4. Weil ich es sinn­voll fin­de, wenn sach­li­che Din­ge auch sach­li­che Arti­kel haben. []
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Alltägliche, aber allerliebste Alliterationen

Viel­leicht muss ich dem­nächst noch ein Toch­ter­blog auf­ma­chen: das für schö­ne Über­schrif­ten.

Nach­dem die Lokal­re­dak­teu­re aus Dins­la­ken letz­te Woche gut vor­ge­legt hat­ten, woll­ten die Zei­tungs­ma­cher einer ande­ren Stadt nicht hint­an­ste­hen:

Bald blühen bunte Blumen

Wo man der­art lieb­li­che Stab­rei­me mit „B“ aus dem Ärmel schüt­telt?

Na, in Bochum natür­lich!

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Rundfunk Radio Leben

I’m single bilingual

Ich war noch nicht ganz wach und hör­te nur mit einem hal­ben Ohr hin, als auf WDR 5 eine Repor­ta­ge über Sin­gles in Deutsch­land lief. Den­noch hin­ter­ließ die Frau, die tap­fer ver­kün­de­te, sie brau­che gar kei­nen Part­ner, bei mir blei­ben­den Ein­druck.

Den Grad ihrer inne­ren Ver­zweif­lung konn­te man dem Satz ent­neh­men, mit dem sie ihre Aus­füh­run­gen schloss:

Wenn ich total despe­ra­te wäre, viel­leicht.

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Musik Digital

Hundertmal zu dumm

Mein Ver­hält­nis zum Musik­jour­na­lis­mus ist ein gestör­tes. Ich habe lan­ge genug selbst in die­sem Metier gear­bei­tet und weiß um die men­schen­un­wür­di­gen Bedin­gun­gen, unter denen man nach ein­ma­li­gem Hören CDs von Revol­ver­held bespre­chen muss, wäh­rend einem die Pro­mo­ter im Nacken sit­zen.

Inso­fern freue ich mich ja auch, dass ich hier im Blog nur über Musik schrei­ben muss, wenn ich es auch will.

Aber trotz­dem: Was zum Hen­ker geht in Köp­fen vor, die Sät­ze wie die gleich fol­gen­den den­ken, aus­schrei­ben und mög­li­cher­wei­se auch noch abni­cken?

Kann sein, dass der Schlag­zeu­ger Sebas­ti­an Schmidt heißt, die Band aus Ber­lin kommt und sich dann auch noch Super 700 nennt. Aber ohne gleich wie einer die­ser ins Alter gekom­me­nen Rock­jour­na­lis­ten klin­gen zu wol­len, die stets hoch­er­freut sind, wenn sie irgend­wie „fri­scher“ oder „fre­cher“ deut­scher Musik aus dem Nach­bar­dorf „inter­na­tio­na­les Niveau“ beschei­ni­gen dür­fen: Die­ses Sep­tett ist genau genom­men hun­dert­mal zu gut, um aus Deutsch­land zu sein.

Wie­viel­leicht soll­te ich Jan Wig­ger fra­gen, der sich bei sei­nem Ver­such, für „Spie­gel Online“ pfif­fi­ge Meta-Rezen­sio­nen zu ver­fas­sen, mal wie­der selbst unter­kel­lert hat.

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Politik

Vergleichsweise originell

Der Nazi-Ver­gleich der Woche kommt von Hel­mut Schmidt, auch wenn es genau genom­men kei­ner ist.

Der Alt­kanz­ler hat­te der „Bild am Sonn­tag“ gesagt:

Aber wir sehen jetzt in Ame­ri­ka, wie ein jun­ger Mann, Barack Oba­ma, allein mit Cha­ris­ma zu einer natio­na­len Figur wird. Dabei darf man nicht ver­ges­sen, dass Cha­ris­ma für sich genom­men noch kei­nen guten Poli­ti­ker aus­macht. Auch Adolf Nazi war ein cha­ris­ma­ti­scher Red­ner. Oskar Lafon­taine ist es auch.

Zu sagen, dass drei ver­schie­de­ne cha­ris­ma­ti­sche Red­ner „cha­ris­ma­ti­sche Red­ner“ sind, macht den Absatz nicht zu einem Ver­gleich. Wenn Schmidt gesagt hät­te: „Ich mag mei­ne Frau. Auch Ziga­ret­ten mag ich. Die ‚Fünf­te‘ von Beet­ho­ven auch.“, hät­te er ja auch nicht Loki mit einer klas­si­schen Sym­pho­nie ver­gli­chen.

Aller­dings gibt es da natür­lich noch einen qua­li­ta­ti­ven Unter­schied zwi­schen Hit­ler und Beet­ho­vens „Fünf­ter“ – letz­te­re ist nicht dafür bekannt, die Tötung von Mil­lio­nen von Men­schen geplant und frem­de Län­der über­fal­len zu haben. Ziga­ret­ten wie­der­um dürf­ten, was die Opfer­zah­len angeht, sogar schlim­mer als Hit­lerTM sein.

Was ich aber eigent­lich sagen woll­te: Hit­ler­ver­glei­che sind nicht das schlimms­te rhe­to­ri­sche Mit­tel, aber das lang­wei­ligs­te. Man kann alles und jeden mit Hit­ler ver­glei­chen (schrieb der Mann, des­sen Name mit „H“ anfängt und mit „er“ auf­hört).

Das Dienst­leis­tungs­blog Cof­fee And TV prä­sen­tiert statt­des­sen eine Lis­te von Leu­ten, mit denen Schmidt Lafon­taine hät­te ver­glei­chen kön­nen, wenn er ein biss­chen ori­gi­nel­ler hät­te sein wol­len:

  • Erich Hon­ecker Eben­falls Saar­län­der mit Grö­ßen­wahn und vor­geb­lich „sozia­lis­ti­scher“ Par­tei.
  • Lyn­don Larou­che Neben dem fran­ko­pho­nen Namen eint die bei­den, dass sie erfolg­lo­se Kan­di­da­ten für ihre jewei­li­gen Par­tei­en (SPD und US-Demo­kra­ten) waren, dann belei­digt von dan­nen zogen und sich eine auf sie zuge­schnit­te­ne Orga­ni­sa­ti­on mit merk­wür­digs­ten Zie­len auf­bau­ten.
  • Kurt Beck Hät­te sich auch bes­ser nie in der Bun­des­po­li­tik ver­sucht.
  • Rudolf Schar­ping War auch mal Kanz­ler­kan­di­dat der SPD, bevor er sich bei einem ande­ren Ver­ein (Bund Deut­scher Rad­fah­rer) voll­ends lächer­lich mach­te.
  • Wolf­gang Schäub­le Auch ein Berufs­pol­ti­ker, der Opfer eines Atten­ta­tes wur­de und sich seit­dem merk­wür­dig benimmt.
  • Kurt Georg Kie­sin­ger War auch mal für drei­ein­halb Jah­re Vor­sit­zen­der einer gro­ßen Volks­par­tei.
  • Hil­trud Hen­sen Hat sich auch mal bes­ser mit Ger­hard Schrö­der ver­stan­den.
  • Mar­cel Reich-Rani­cki Ist auch kein Freund von Gün­ter Grass.
  • Otto Lili­en­thal Hat die glei­chen Initia­len und woll­te auch immer hoch hin­aus.
  • Karl-Heinz Ried­le Hat am glei­chen Tag (näm­lich heu­te) Geburts­tag, nur in einem ande­ren Jahr. Ried­le passt aller­dings nicht so ganz, weil der auch Erfol­ge hat­te (Welt­meis­ter 1990).
  • Brun­ner & Brun­ner Haben auch einen Namen mit Was­ser­be­zug.