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Stilblümchensex

Alle paar Mona­te muss ich bei GMX.de vor­bei­schau­en um zu über­prü­fen, ob mei­ne dort vor über einem Jahr­zehnt ein­ge­rich­te­te E‑Mail-Adres­se noch exis­tiert. Es ist jedes Mal ein freud­lo­ser Akt, der einem zeigt, wie gut man es mit all den Funk­tio­nen von Goo­gle­mail tat­säch­lich hat.

Das Schlimms­te an GMX aber ist das ange­schlos­se­ne Por­tal, bei dem man dann auch tat­säch­lich jedes Mal auf irgend­wel­chen Quatsch drauf klickt und im Bezug auf die zu erwar­ten­de Boden­lo­sig­keit sel­ten ent­täuscht wird. So las ich heu­te ver­se­hent­lich einen Text, der offen­bar ursprüng­lich vom Her­ren­ma­ga­zin „Men’s Health“ stammt und das The­ma „Slow Sex“ behan­delt. Und selbst, wenn das The­ma Sie nicht inter­es­siert: Das soll­ten Sie gele­sen haben!

Los geht es mit ein paar All­ge­mein­plät­zen der Sor­te „Es hilft, wenn Sie min­des­tens zu zweit sind“:

Musi­ka­lisch soll­ten Sie’s zwar ruhig ange­hen las­sen, jedoch ruhig ein paar Drum-Akzen­te set­zen. Die frü­hen Alben von Mas­si­ve Attack oder Air sind dafür her­vor­ra­gend geeig­net.

Dann geht’s aber auch schon schnell zur Sache – zumin­dest was gro­tes­ke Kose­na­men angeht:

Las­sen auch Sie sich von ihr eben­so lang­sam aus­zie­hen. Wird sie dabei zu schnell, brem­sen Sie Ihre Gazel­le, indem Sie ihren Kopf in die Hän­de neh­men und sie küs­sen.

Und dass die „Gazel­le“ kein Aus­rut­scher war, son­dern Teil des Plans, wird schnell deut­lich. Machen Sie auch mal was Ver­rück­tes: Lesen Sie die fol­gen­den Zei­len und ver­su­chen Sie dabei, nicht zu lachen. Den­ken Sie immer dar­an, dass es hier um etwas ent­fernt Sinn­li­ches gehen soll:

Mit einer Hand hält sie sich an Ihrem Ret­tungs­an­ker fest, mit der Hand­flä­che der ande­ren reibt sie fort­wäh­rend und krei­send über Ihre Eichel – etwa so, als wür­de sie einen Apfel polie­ren. Klingt harm­los? Sie wer­den jodeln, Mann!

Jodeln wer­den Sie womög­lich auch, wenn Sie erfah­ren, dass das männ­li­che Geni­tal von den „Men’s Health“-Autoren nicht nur „Ret­tungs­an­ker“ genannt wird, son­dern auch „Ihr bes­ter Freund“, „der klei­ne Don Juan“, „der gute Don“, „Don­ny“, „Don J.“, „Don“ oder schlicht „er“. Für den weib­li­chen Kör­per reich­te die Phan­ta­sie dann nicht mehr, dort ist nur von „Lady K.“ die Rede.

Und wen es nicht abtörnt, sein Glied im Geis­te „Don“ zu nen­nen, der steht bestimmt auch auf syn­tak­tisch kor­rek­ten dir­ty talk:

Und noch ein klei­ner Tipp am Ran­de: Neh­men Sie beim Blo­wjob ihren Kopf nur dann zwi­schen Ihre Hän­de, wenn sie aus­drück­lich zu Ihnen sagt: „Nimm beim Blo­wjob mei­nen Kopf zwi­schen dei­ne Hän­de!“ Genau mit die­sen Wor­ten.

Fast wünscht man sich die Zei­ten zurück, in denen einem die „Bra­vo“ umständ­lich erklär­te, was „Pet­ting“ ist und dass man davon nicht schwan­ger wer­den kön­ne.

Dann kommt’s aber end­lich zum Höhe­punkt und „Men’s Health“ fackelt ein Feu­er­werk der sprach­li­chen Bil­der ab, das garan­tiert das Rücken­mark schä­digt:

Ehe Sie wie Nut und Feder inein­an­der glei­ten, soll­ten Sie die Zügel noch ein­mal stramm­zie­hen, die Geschich­te etwas abbrem­sen.

[…]

Bevor er in tiefs­te Tie­fen vor­dringt, soll er eine Zeit lang am Ein­gang ste­hen und mit der Dame plau­dern. Rei­ben Sie sei­nen Kopf an ihrem Knöpf­chen.

Und plötz­lich beginnt man, Wolf Wond­rat­schek zu schät­zen.

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Nicht immer gut

Wer guckt sich eigent­lich die­se alber­nen Bil­der­ga­le­rien auf den Start­sei­ten diver­ser Web­mail-Diens­te an? Ich, zum Bei­spiel, wenn ich mich gera­de mal wie­der ver­klickt habe.

Und so stieß ich bei gmx.de auf eine Gale­rie, die wie folgt vor­ge­stellt wur­de:

GMX glaubt, dass manche Prominentenoutings der Karriere geschadet haben.
(Screen­shot: gmx.de)

Mal davon ab, dass auch hier mal wie­der mun­ter die Begrif­fe „Outing“ und „Coming-Out“ durch­ein­an­der gewor­fen wer­den, ist die Lis­te der Pro­mi­nen­ten (Hape Ker­ke­ling, Elton John, Pink, Peter Pla­te, Micha­el Sti­pe, Geor­ge Micha­el, Lilo Wan­ders, Tho­mas Her­manns, Klaus Wowe­reit, Melis­sa Ether­idge, Hel­la von Sin­nen, Jür­gen Domi­an, Dirk Bach, Vera Int-Veen und Ellen de Gene­res) unge­fähr so span­nend wie eine Fla­sche Pro­sec­co, die seit dem letzt­jäh­ri­gen Chris­to­pher Street Day offen rum­steht – man fragt sich eigent­lich nur, wer Georg Uecker und Maren Kroy­mann ver­ges­sen hat.

Natür­lich könn­te man sich jetzt fra­gen, bei wel­cher der genann­ten Per­so­nen sich das Coming-Out/Ou­ting denn als „nicht gut“ für die Kar­rie­re erwie­sen habe. „Na, für Ellen de Gene­res zum Bei­spiel“, ruft da gmx.de:

Als sie sich in einer Epi­so­de als lebisch outet, wird der Sen­der von Geld­ge­bern unter Druck gesetzt und setzt die Sen­dung ab.

Nein, ich weiß auch nicht, was „lebisch“ ist und ob sowas die Kar­rie­re zer­stö­ren kann. Aber wenn wir der Wiki­pe­dia trau­en kön­nen, schob man es bei ABC wohl auch eher auf die schwä­cheln­den Quo­ten und den Druck reli­giö­ser Orga­ni­sa­tio­nen nach de Gene­res‘ Coming-Out, als man „Ellen“ 1998 aus­lau­fen ließ.

Apro­pos Wiki­pe­dia: die scheint bei der Recher­che für den Arti­kel die Bild­be­gleit­tex­te eine wich­ti­ge Rol­le gespielt zu haben. So heißt es bei Ernie Rein­hardt (Lilo Wan­ders):

… im Zweifelsfall war’s die Wikipedia
(Screen­shot: gmx.de, Her­vor­her­bung: Cof­fee & TV)

Viel Arbeit war also offen­bar nicht von­nö­ten, um die Lis­te zu erstel­len und ein paar Fak­ten zusam­men­zu­tra­gen. Und trotz­dem kann man auch an so einer Auf­ga­be noch schei­tern:

Die meis­ten Men­schen ver­bin­den Elton John nur mit jener schwer ver­dau­li­chen Bal­la­de „Cand­le in the wind“, die 1997 zu Ehren der ver­stor­be­nen Lady Di in jedem Radio-Sen­der der Welt run­ter­ge­lei­ert wur­de. Trotz des Prä­di­kats „meist­ver­kauf­te Sin­gle aller Zei­ten“ muss sich der mitt­ler­wei­le geadel­te Sir Elton John für die­sen Schmacht­fet­zen auch heu­te noch Kri­tik gefal­len las­sen.

wird dem Leben ’n‘ Werk von Elton John jetzt viel­leicht nicht so ganz gerecht, ist aber harm­los ver­gli­chen mit dem, was bei Hape Ker­ke­ling steht:

Der 1964 gebo­re­ne Come­dy-Star oute­te sich Anfang der 90er-Jah­re als homo­se­xu­ell

Ist das jetzt nur unglück­lich for­mu­liert oder bewuss­tes Ver­schlei­ern der Tat­sa­che, dass Ker­ke­ling (wie auch Alfred Bio­lek) 1991 von Regis­seur Rosa von Praun­heim in der RTL-Sen­dung „Explo­siv – Der hei­ße Stuhl“ geoutet wur­de? Eine Pra­xis, die unter ande­rem der Bund les­bi­scher und schwu­ler Jour­na­lis­tIn­nen ver­ur­teilt.

Aber was soll so ein Para­dies­vo­gel-Sam­mel­al­bum unter dem Titel „Pro­mi­nen­te auf dem CSD? Die­se Stars könn­ten Sie dort tref­fen“ über­haupt? Und wer guckt sich die­se alber­nen Bil­der­ga­le­rien auf den Start­sei­ten diver­ser Web­mail-Diens­te eigent­lich an?

Gerüch­ten zufol­ge „könn­te“ man auf „dem CSD“ (gemeint ist ver­mut­lich der Chris­to­pher Street Day in Ber­lin am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de, Köln kommt aber z.B. auch noch) auch hete­ro­se­xu­el­le Pro­mi­nen­te tref­fen. Und homo- oder bise­xu­el­le Nicht-Pro­mi­nen­te. Und hete­ro­se­xu­el­le Nicht-Pro­mi­nen­te. Und und und …