Kategorien
Unterwegs

Via con me

Mein Groß­va­ter war nach einem ärzt­li­chen Behand­lungs­feh­ler und einer Nah­tod­erfah­rung immer noch nicht aus dem Kran­ken­haus ent­las­sen, wes­we­gen die zwei Plät­ze einer seit lan­gem geplan­ten Pil­ger­rei­se in der Kar­wo­che an mei­nen Vater und mich fie­len. Am 7. April 2001 flo­gen wir von Düs­sel­dorf nach Rom-Fiumici­no, am nächs­ten Mor­gen stan­den wir auf dem Peters­platz, um einer der letz­ten Palm­sonn­tags­mes­sen von Papst Johan­nes Paul II. bei­zu­woh­nen. Ich bin das Kind einer Misch­ehe: evan­ge­lisch getauft und kon­fir­miert, aber durch mei­nen väter­li­che Linie auch immer wie­der in der katho­li­schen Kir­che gewe­sen, natür­lich nie bei der Kom­mu­ni­on. Aus einer merk­wür­di­gen Lau­ne her­aus, die exakt zu glei­chen Tei­len aus Respekt (es gibt ja wirk­lich min­des­tens 2000 Din­ge, die man an der Katho­li­schen Kir­che kri­ti­sie­ren kann, aber: Show kön­nen sie!) und Trotz (genau der Papst, dem die Jugend­li­chen aus Mexi­ko, Kroa­ti­en und Argen­ti­ni­en um uns her­um zuju­bel­ten, wür­de neben vie­len ande­ren Din­gen nie­mals erlau­ben, dass ich als Pro­tes­tant die­ses Sakra­ment emp­fan­ge) bestand, beschloss ich an jenem Mor­gen: Wenn ich jemals zur Kom­mu­ni­on gehe, dann jetzt und hier!

Unter­ge­bracht war unse­re Rei­se­grup­pe in einem Gäs­te­haus auf einem Hügel west­lich des Vati­kans. Die ein­zi­gen ande­ren Men­schen unter 40 waren zwei Geschwis­ter, die unge­fähr in mei­nem Alter waren und mit ihren Groß­el­tern reis­ten. Weil dies kei­ne Nan­cy-Mey­ers-Komö­die war, son­dern mein Leben, ent­spann sich weder mit dem Mäd­chen noch mit dem Jun­gen eine wie auch immer gear­te­te Roman­ze.

Der Rei­se­lei­ter, ein Dr. Fren­ger, war Theo­lo­ge und Kunst­his­to­ri­ker, sah aus wie die Zei­chen­trick­ver­si­on von Inspek­tor Clou­seau und litt sicht­lich unter dem Des­in­ter­es­se der leicht trut­schi­gen Mut­ter-Toch­ter-Gespan­ne, die den Groß­teil unse­rer Rei­se­grup­pe aus­mach­ten. Weil wir das eher deutsch-rus­ti­kal gepräg­te Mit­tag­essen, zu dem die Grup­pe jeden Tag zur Her­ber­ge zurück­ge­karrt wur­de, lie­ber zuguns­ten eige­ner Erkun­dun­gen und loka­ler Küche aus­fal­len las­sen woll­ten, erkann­te er in uns als­bald Ver­bün­de­te, denen er sich anver­trau­en konn­te: „Wis­sen Sie, die meis­ten Men­schen hät­ten es ger­ne, wenn man ihnen sagt: ‚Das ist das Kolos­se­um, das ist alt, das ist eine Rui­ne und das ist berühmt. Dar­in waren die wil­den Tie­re, die Gla­dia­to­ren­kämp­fe und die Chris­ten­ver­fol­gung. Gehen Sie mal rum und sehen sich das an. Dahin­ten gibt es Toi­let­ten und dort ein Café!‘“ Mein Vater revan­chier­te sich mit der Anek­do­te, wie er gemein­sam mit einem Freund auf einer Stu­di­en­rei­se im Jahr 1981 das damals in Repa­ra­tur befind­li­che Rei­ter­stand­bild Marc Aurels auf dem Kapi­tols­platz nach­ge­stellt habe, was den bei­den ein wenig Ärger mit den Cara­bi­nie­ri, aber auch eine gewis­se Popu­la­ri­tät in den Foto­al­ben japa­ni­scher Tou­ris­ten ein­ge­bracht hät­te.

Ich hat­te mir ein klei­nes Reclam­heft mit eng­lisch­spra­chi­gen Gedich­ten als Rei­se­lek­tü­re mit­ge­nom­men und kam mir, wenn ich abends in der Außen­gas­tro­no­mie einer Trat­to­ria, zwi­schen­durch am Rot­wein nip­pend, dar­in blät­ter­te vor wie Pat­ti Smith, Oscar Wil­de oder Chris­ti­an Kracht. An einem Abend lie­ßen wir uns von einem 70-jäh­ri­gen Kell­ner, der einst in Rem­scheid gear­bei­tet hat­te, wort­reich in ein Restau­rant quat­schen, das die Legen­de, wonach man in Ita­li­en „ein­fach über­all phan­tas­tisch“ essen kön­ne, ein­drucks­voll Lügen straf­te, gleich­zei­tig aber die neue Grund­re­gel auf­stell­te, in Zukunft jede Gast­stät­te sofort wie­der zu ver­las­sen, in der deutsch­spra­chi­ge Spei­se­kar­ten vor­ge­hal­ten wer­den.

Ich weiß nicht, wie vie­le Kilo­me­ter wir jeden Tag abge­ris­sen haben, und ich weiß ehr­lich gesagt auch nicht mehr, was wir an die­sen Tagen alles gese­hen haben. Irgend­wann fan­gen sehr alte Bau­wer­ke und Plät­ze, so bedeut­sam sie auch sein mögen, an, ein­an­der zu glei­chen. Über­all gab es vie­le frei­lau­fen­de Kat­zen, Eis­die­len und flie­gen­de Händ­ler, die lami­nier­te „Dragonball“-Motive, Kolos­seen aus Gips und Bronzeim­mi­tats­fi­gu­ren feil­bo­ten, denen Feu­er aus dem Intim­be­reich stei­gen konn­te. Ich stand an der Stel­le, an der Aldo Moro ermor­det im Kof­fer­raum eines roten Renault 4 auf­ge­fun­den wor­den war, und sah den welt­schlech­tes­ten Elvis-Imi­ta­tor, einen Ame­ri­ka­ner in einem „Bow­ling is not a crime“-T-Shirt, Pan­to­mi­men, Stra­ßen­ma­ler und natür­lich eine Indio­trup­pe, die den alten Italo­schla­ger „El Cón­dor Pasa“ über die Piaz­za Navo­na blies. Ich mach­te also zum ers­ten Mal eine Erfah­rung, die sich im wei­te­ren Ver­lauf mei­nes Lebens in New York, Lon­don und Ams­ter­dam bestä­ti­gen soll­te: Man kann sich sol­chen medi­al und kul­tu­rell über­be­lich­te­ten Orten nicht nähern, ohne sich heil­los zwi­schen den mit­ge­brach­ten Erwar­tun­gen und den vor Ort fest­in­stal­lier­ten Kli­schees zu ver­hed­dern; man muss das dann ein­fach anneh­men und sich sei­ne eige­ne Erin­ne­run­gen prä­gen. Ich war bis heu­te nicht in Paris.

Natür­lich hat­te ich mir extra für die Rei­se ein Mix­tape auf­ge­nom­men, das außer Mor­chee­bas „Rome Wasn’t Built In A Day“ nicht viel Bezug zur ewi­gen Stadt hat­te. Dafür muss ich seit­dem bei „Over­load“ von den Suga­ba­bes immer dar­an den­ken, wie wir bei der Besich­ti­gung der Cara­cal­la-Ther­men in einen char­man­ten Land­re­gen gerie­ten. Am drit­ten Abend saß am Neben­tisch der Ham­bur­ger Regis­seur Fatih Akin und berich­te­te sei­nem ita­lie­ni­schen Beglei­ter auf Eng­lisch von sei­nem nächs­ten Film­pro­jekt — ich kam mir als 17-jäh­ri­ger Kino-Fan wahn­sin­nig inves­ti­ga­tiv vor, hat­te nur lei­der damals kei­nen Kanal, auf dem ich die­sen brand­hei­ßen Gos­sip hät­te tei­len kön­nen. Als sich Akin eine Ziga­ret­te anzün­de­te und erst dann nach einem Aschen­be­cher umschau­te, sah ich mei­ne Chan­ce gekom­men, stell­te ihm hek­tisch ein Exem­plar von einem ande­ren Neben­tisch vor die Nase und ver­wi­ckel­te ihn so in ein sehr herz­li­ches, kur­zes Gespräch, in des­sen Ver­lauf er mich zu den Dreh­ar­bei­ten ein­lud. Ich habe erst sehr viel spä­ter ver­stan­den, dass ich ihm in die­sem Moment viel­leicht wenigs­tens mei­ne Kon­takt­da­ten hät­te auf­schrei­ben sol­len. Schließ­lich wur­de „Soli­no“ näm­lich zu wei­ten Tei­len in Duis­burg und damit qua­si in der Nach­bar­schaft gedreht.

An Grün­don­ners­tag, also kurz bevor es mit den Fei­er­lich­kei­ten so rich­tig los­ging, ver­lie­ßen wir die Stadt. In beson­de­rer Erin­ne­rung blieb mir noch, dass der Wirt in dem klei­nen Bis­tro, wo wir die letz­te Cola tran­ken, sowohl das Glas als auch die Zitro­nen­schei­be kurz unter flie­ßen­dem Was­ser abspül­te. War­um auch immer. Den Oster­se­gen des Paps­tes hol­ten wir uns dann wie­der vor dem hei­mi­schen Fern­se­her ab — da gilt er ja auch, wenn man’s live guckt, sagt mei­ne Oma.

Kategorien
Film

Spotlight

In einer Zeit des Pres­se-Ster­bens und der „Lügenpresse“-Schreihälse singt „Spot­light“ ein klei­nes Lob­lied auf den inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus. Anfang der 2000er, als das Modell Tages­zei­tung noch nicht völ­lig im Ster­ben liegt, deckt ein Recher­che-Team des „Bos­ton Glo­be“ die sys­te­ma­ti­sche Ver­tu­schung von Kin­des­miss­brauch in der katho­li­schen Kir­che auf.

Die Jour­na­lis­ten, die uns „Spot­light“ zeigt, wer­den aber nicht zu über­gro­ßen Hel­den sti­li­siert, son­dern sind halt ein­fach Leu­te, die ihre Arbeit machen. Ihr Recher­che­pro­zess wird nicht glo­ri­fi­ziert, son­dern in klei­ne, teil­wei­se wirk­lich extrem unspek­ta­ku­lä­re aber eben not­wen­di­ge Schrit­te zer­legt, zum Bei­spiel wenn meter­wei­se Jahr­bü­cher durch­kämmt und in Excel-Tabel­len über­tra­gen wer­den, um die Mus­ter der Ver­tu­schung nach­wei­sen zu kön­nen. Auch die Ver­feh­lun­gen der Jour­na­lis­ten wer­den ange­spro­chen, wenn Opfer bekla­gen, dass sie schon vor Jah­ren Hin­wei­se auf die Grö­ße der Geschich­te gelie­fert hät­ten, aber im All­tags­ge­schäft unter­ge­gan­gen sind.

Das Script umschifft dabei erfreu­li­cher­wei­se diver­se typi­sche Hol­ly­wood-Fal­len. Vie­le Dreh­buch­schrei­ber wären sicher­lich der Ver­su­chung erle­gen, das Team auf weni­ger Leu­te run­ter zu bre­chen – und denen idea­ler­wei­se noch eine Love­sto­ry anzu­dich­ten. Statt­des­sen wird „Spot­light“ schon fast eher zu einem Ensem­ble-Film, der sehr vie­le Cha­rak­te­re unter einen Hut bekommt. Viel­leicht ist das auch einer der Grün­de, war­um nie­mand aus dem Cast eine Oscar-Nomi­nie­rung für eine Haupt­rol­le erhal­ten hat, weil die­se eher schwie­rig aus­zu­ma­chen ist.

Das Dreh­buch bleibt über die guten zwei Stun­den Lauf­zeit strikt fokus­siert, kaum wird auf Neben­kriegs­schau­plät­ze wie die Finan­zie­rungs­si­tua­ti­on des Inves­ti­vativ-Teams ein­ge­gan­gen.*
Regis­seur Tom McCar­thy insze­niert im Diens­te des fak­ten­las­ti­gen Script ohne gro­ßen Pomp. Eine der inten­sivs­ten Momen­te des Films zeigt schlicht drei Leu­te, die um ein Tele­fon ver­sam­melt sit­zen. Optisch alles ande­re als bom­bas­tisch, hat die­ser Moment doch gewal­ti­ge Schlag­kraft, weil sich hier die schie­re Grö­ße des Skan­dals ent­fal­tet.

Nor­ma­ler­wei­se bin ich kein gro­ßer Fan von den typi­schen „Was danach geschah“-Texttafeln, die qua­si obli­ga­to­risch am Ende jedes „Based on real events“-Film ste­hen. Hier zeigt die­ses Stil­mit­tel aber sei­ne vol­le Wucht, wenn zum Schluss nicht das Schick­sal der Film­cha­rak­te­re the­ma­ti­siert wird, son­dern schlicht eine nicht enden wol­len­de Lis­te der Städ­te durch­läuft, in denen Miss­brauchs­fäl­le in der Kir­che auf­ge­deckt wur­den.

*) Auch wenn die Fra­ge, wo in Zukunft inves­ti­ga­ti­ver Jour­na­lis­mus statt­fin­den soll, ein inter­es­san­ter Neben­aspekt des Films ist. Nicht umsonst trom­melt das sehr unter­stüt­zens­wer­te Recher­che-Netz­werk correctiv.org gera­de inten­siv für die­sen Film.

Kategorien
Digital Gesellschaft

„Nazi“ und „Papst“ gehen immer

Län­ger kei­nen Nazi-Ver­gleich mehr im Blog gehabt …

Abhil­fe schafft da die Schau­spie­le­rin Sus­an Saran­dan, seit jeher poli­tisch aktiv. Sie hat­te sich laut „News­day“ in einem Inter­view mit ihrem Schau­spiel-Kol­le­gen Bob Bala­ban am Wochen­en­de wie folgt geäu­ßert:

She was dis­cus­sing her 1995 film „Dead Man Wal­king,“ based on the anti-death-penal­ty book by Sis­ter Helen Pre­jean, a copy of which she sent to the pope.

„The last one,“ she said, „not this Nazi one we have now.“ Bala­ban gent­ly tut-tut­ted, but Saran­don only repea­ted her remark.

Die deut­schen Medi­en grif­fen den Ver­gleich mit mehr als 24-stün­di­ger Ver­spä­tung auf und hat­ten somit den Vor­teil, die (erwart­ba­re) Empö­rung gleich mit­neh­men zu kön­nen:

Die jüdi­sche Anti-Defa­ma­ti­on League bezeich­ne­te die mut­maß­li­che Bemer­kung als „ver­stö­rend, schwer belei­di­gend und voll­kom­men unan­ge­bracht“. Die Bür­ger­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Catho­lic League for Reli­gious and Civil Rights nann­te den angeb­li­chen Kom­men­tar „obs­zön“.

In ganz eige­ne Sphä­ren schraubt sich „Spie­gel Online“ mit dem Remix einer Reu­ters-Mel­dung. Schon im Vor­spann ver­sucht sich der Autor an einer Art Meta-Ver­gleich:

Will­kom­men in der Lars-von-Trier-Liga für ent­gleis­te Film-Grö­ßen: Die Schau­spie­le­rin Sus­an Saran­don hat Papst Bene­dikt auf einem Film­fes­ti­val in New York als Nazi bezeich­net. Ihr Inter­view­part­ner ver­such­te, Schlim­me­res zu ver­hin­dern.

Und wenn Sie jetzt sagen: „Hä? Lars von Trier hat­te doch in einem irr­lich­tern­den Gedan­ken­strom irgend­wel­che pro­mi­nen­ten Ver­tre­ter des Drit­ten Reichs genannt und sich dann, gleich­sam als Poin­te der Pro­vo­ka­ti­on, selbst als ‚Nazi‘ bezeich­net. Das hat ja wohl außer dem Wort ‚Nazi‘ (und der damit ver­knüpf­ten erwart­ba­ren Empö­rung) nichts mit dem aktu­el­len Fall zu tun!“, dann bewei­sen Sie damit nur, dass Sie nicht für „Spie­gel Online“ arbei­ten könn­ten.

Der Arti­kel schließt näm­lich mit die­sen Sät­zen:

Saran­don wird nun in den kom­men­den Tagen erfah­ren, wie sehr sich die Öffent­lich­keit an Nazi-Ver­glei­chen von Pro­mi­nen­ten abar­bei­tet. Der däni­sche Regis­seur Lars von Trier hat­te sich auf den Film­fest­spie­len in Can­nes erfolg­reich um Kopf und Kra­gen gere­det und Sym­pa­thie für Adolf Hit­ler bekun­det. Nach einem Empö­rungs­t­s­una­mi ermit­telt nun sogar die Staats­an­walt­schaft.

Nun könn­ten die Fäl­le von Saran­don und von Trier kaum wei­ter von­ein­an­der ent­fernt sein: Bei der einen ist es ein Skan­dal, weil sie den ehren­wer­ten Bene­dikt XVI. recht unspe­zi­fisch einen „Nazi“ gehei­ßen hat, beim ande­ren war es ein Skan­dal, weil er Hit­ler und Speer gelobt und sich dann auf der Suche nach einem Aus­gang aus dem rhe­to­ri­schen Füh­rer­bun­ker in die Selbst­be­zich­ti­gung als „Nazi“ zu ret­ten ver­sucht hat­te.

Aber viel­leicht meint „Spie­gel Online“ mit dem ver­un­glück­tes­ten Nazi-Ver­gleichs­ver­gleich aller Zei­ten ja etwas ganz ande­res: „Sag ein­fach mal öfter ‚Nazi‘, und wir schrei­ben auch wie­der über Dich!“

Nach­trag, 18 Uhr: Bild.de bemüht sich über­ra­schen­der­wei­se um ein wenig Rela­ti­vie­rung:

Nun muss man wis­sen, dass im US-ame­ri­ka­ni­schen Wort­schatz die Bezeich­nung „Nazi“ auch für kal­te, herr­sche­ri­sche Per­son gebraucht wird – aller­dings bleibt ein fah­ler Bei­geschmack, der bei Bill Dono­hue, Prä­si­dent der katho­li­schen Liga, für Empö­rung sorgt.

Am Ende dreht dann aber auch die­ser Arti­kel ab:

Wie schnell die Bezeich­nung „Nazi“ nach hin­ten los­ge­hen kann, zeig­te sich im Mai bei den Film­fest­spie­len in Can­nes. Star-Regis­seur Lars von Trier (55, „Melan­cho­lia“) mit Hit­ler-freund­li­chen Äuße­run­gen nicht nur für einen Skan­dal, son­dern auch für sei­nen Aus­schluss vom renom­mier­ten Fes­ti­val gesorgt.

Kategorien
Gesellschaft

No one’s laughing at God, we’re all laughing with God

Ich habe mit dem von „Bild“ her­bei­ge­kreisch­ten „Schwuch­tel-Skan­dal“ bei der Köl­ner Stunk­sit­zung, über den ich ges­tern im BILD­blog geschrie­ben habe, ver­schie­de­ne Pro­ble­me.

Da ist zunächst ein­mal ein ger­ma­nis­ti­sches: Da stellt sich ein Kaba­ret­tist hin und sagt in sei­ner Rol­le als Ex-Bischof Wal­ter Mixa fol­gen­de Wor­te:

Aber der Höhe­punkt war der Welt­ju­gend­tag hier in Köln: Bene­dikt und Joa­chim, der zum-Lachen-in-den-Kel­ler-geht-Meis­ner, lie­ßen sich wie zwei frisch­ver­mähl­te Schwuch­teln über den Rhein schip­pern.

Nun wäre es ver­ständ­lich, wenn sich Homo­se­xu­el­len­ver­bän­de über die Ver­wen­dung der despek­tier­li­chen Voka­bel „Schwuch­tel“ beklag­ten (wobei man nicht weiß, wie der ech­te Wal­ter Mixa im pri­va­ten Rah­men über die­se Bevöl­ke­rungs­grup­pe spricht), aber es wür­de wohl kaum jemand aus­schlie­ßen, dass sich nicht irgend­wo zwei Schwu­le fin­den lie­ßen, die nach ihrer Ver­part­ne­rung in gro­tes­ken Gewän­dern auf einem Schiff fei­ern wol­len.

Man muss schon Poli­ti­ker sein, um aus dem obi­gen Ver­gleich etwas ande­res zu machen, wie die Katho­li­sche Nach­rich­ten Agen­tur (kna) zusam­men­fasst:

Die Dar­stel­lung von Papst und Kar­di­nal als „Schwuch­teln“ sei „niveau­los und abso­lut pri­mi­tiv“, sag­te Mar­tin Loh­mann, Chef des Arbeits­krei­ses enga­gier­ter Katho­li­ken in der CDU, der in Düs­sel­dorf erschei­nen­den „Rhei­ni­schen Post“ (Diens­tag).

Der frü­he­re bay­ri­sche Wis­sen­schafts­mi­nis­ter (!) Tho­mas Gop­pel geht gleich einen Schritt wei­ter und bemüht sei­ner­seits einen Ver­gleich:

Der Spre­cher der „Christ­so­zia­len Katho­li­ken in der CSU“, Tho­mas Gop­pel, hat­te den WDR vor einer Fern­seh­aus­strah­lung gewarnt. Den betrof­fe­nen Kaba­ret­tis­ten Bru­no Schmitz nann­te er einen „degou­tan­ten Ver­sa­ger“, der sich „im geis­ti­gen Sinn wie die U‑Bahn-Ran­da­lie­rer“ ver­hal­te. CSU-Rechts­po­li­ti­ker Nor­bert Geis erklär­te, der Kar­ne­vals-Bei­trag sei ein „Aus­druck von Bos­heit und Dumm­heit“. Das sei „nicht ein­mal unters­tes Niveau: boden­los,“ kri­ti­sier­te Geis.

Immer­hin: Mit Gewalt im öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr ver­bin­det die Bay­ern fast so eine lan­ge Tra­di­ti­on wie mit der katho­li­schen Kir­che.

* * *

Was mich eben­falls ver­wirrt ist die Empö­rung, die sich unter bis­lang eher unbe­kann­ten Ver­ei­nen und Ver­bän­den Raum bricht:

Der Bun­des­ver­band der Katho­li­ken in Wirt­schaft und Ver­wal­tung (KKV) hat den WDR auf­ge­for­dert, eine Papst Bene­dikt XVI. und Kar­di­nal Joa­chim Meis­ner ver­un­glimp­fen­de Sze­ne aus der „Stunk­sit­zung“ nicht aus­zu­strah­len. Der Sen­der sol­le Flag­ge zei­gen und auf die Gefüh­le von Chris­ten Rück­sicht neh­men, for­der­te der KKV-Vor­sit­zen­de Bernd‑M. Weh­ner am Frei­tag in Köln. Die­se mach­ten „immer­hin etwa zwei Drit­tel der Rund­funk­ge­büh­ren­zah­ler“ aus, sag­te er.

An die­sen Aus­füh­run­gen ist so gut wie alles empö­rens­wert: Zunächst ein­mal ver­bit­te ich mir als Christ die Ver­ein­nah­mung und Ent­mün­di­gung durch Herrn Weh­ner und sei­nen Ver­ein. Als Pro­tes­tant tan­giert es mei­ne reli­giö­sen Gefüh­le null­kom­ma­gar­nicht, wenn irgend­wel­che Kar­di­nä­le und Bischö­fe ver­spot­tet wer­den. Und das hat nichts mit der Kon­fes­si­on zu tun: Auch mög­li­che Wit­ze über die Trun­ken­heits­fahrt von Mar­got Käß­mann las­sen mei­ne reli­giö­sen Emp­fin­dun­gen unbe­rührt. Ich mag sie schlecht und unlus­tig fin­den (wie den unsäg­li­chen Käß­mann-Stan­dup von Harald Schmidt), aber sie rich­ten sich gegen – Ent­schul­di­gung, lie­be Katho­li­ken – Men­schen und nicht gegen mei­ne Reli­gi­on. Und selbst wenn, wür­de ich den Sketch ger­ne selbst sehen und mich not­falls von allein dar­über echauf­fie­ren – eine Bevor­mun­dung durch den WDR im Namen irgend­wel­cher Ver­bän­de ist da wenig sach­dien­lich.

„Bild“ räum­te Gop­pel in der Mün­che­ner Regio­nal­aus­ga­be eben­falls Raum für sei­ne Empö­rung ein und freu­te sich in der Köl­ner Aus­ga­be (zu früh, s. BILD­blog), dass der WDR auf eine Aus­strah­lung des Sket­ches ver­zich­ten wer­de. Dabei han­delt es sich um die glei­che Zei­tung, die Kurt Wes­ter­gaard, den Zeich­ner der umstrit­te­nen Moham­med-Kari­ka­tu­ren, als „mutig“ und Ange­la Mer­kels Lau­da­tio auf ihn als „gro­ßes Bekennt­nis zur Frei­heit der Pres­se und der Mei­nun­gen“ bezeich­net hat­te.

Ich bin mir sicher, dass ein guter Teil der Men­schen, die nun den Mixa-Dar­stel­ler Bru­no Schmitz beschimp­fen und bedro­hen, ande­rer­seits der Mei­nung sind, dass die Reak­tio­nen auf Wes­ter­gaards Zeich­nun­gen in Tei­len der mus­li­mi­schen Welt völ­lig über­trie­ben und bar­ba­risch waren. Da kann man ja noch froh sein, dass es im Islam kei­ne kalen­da­risch ver­ord­ne­ten Pha­sen der Wit­zig­keit gibt, in denen sich irgend­wel­che Men­schen mit einem etwas ande­ren Humor­ver­ständ­nis über Jesus oder Maria lus­tig machen.

* * *

Damit sind wir bei einem Reli­gi­ons­ver­ständ­nis ange­kom­men, das mich als gläu­bi­ger Christ ver­wirrt und das auf einer ratio­na­len Ebe­ne allen­falls „irra­tio­nal“ zu nen­nen ist: Mir ist völ­lig schlei­er­haft, war­um Men­schen, die an einen all­mäch­ti­gen Gott glau­ben, mei­nen, die­sen ver­tei­di­gen zu müs­sen.

Wenn sich die­ser Gott von Men­schen belei­digt fühlt, soll­te er doch selbst genug Mög­lich­kei­ten haben, dies den Betref­fen­den kurz­fris­tig (Sint­flut, beim Kacken vom Blitz getrof­fen) oder lang­fris­tig (an der Him­mels­pfor­te abge­wie­sen) mit­zu­tei­len. Auf gar kei­nen Fall braucht er pope­li­ge Men­schen, die in sei­nem Namen sau­er sind und ihn somit ent­mün­di­gen.

Ich mag mich da irren (und wer­de das sicher noch früh genug erfah­ren), aber ein Gott, der Wesen wie das Nil­pferd, den Nasen­bä­ren oder Sarah Palin erschaf­fen hat, hat doch offen­bar einen ziem­lich guten Humor und bedarf dem­nach nicht der (mut­maß­lich unver­lang­ten) Für­spra­che von humor­frei­en Men­schen wie Eva Her­man oder Tho­mas Gop­pel.

Kategorien
Politik Gesellschaft

Dialektik der Nicht-Aufklärung

Waschen Sie sich den rech­ten Arm, piek­sen Sie klei­ne Reichs­kriegs­fähn­chen in den Käse und hän­gen Sie die Haken­kreuz­gir­lan­de auf: Wir haben einen neu­en Nazi-Ver­gleich!

Die katho­li­schen Tra­di­tio­na­lis­ten der Pries­ter­bru­der­schaft St. Pius X. hat sich im Vor­feld des Stutt­gar­ter Chris­to­pher Street Days zu einer bemer­kens­wer­ten Aus­sa­ge hin­rei­ßen las­sen, wie „Spie­gel Online“ berich­tet:

„Wie stolz sind wir, wenn wir in einem Geschichts­buch lesen, dass es im Drit­ten Reich muti­ge Katho­li­ken gab, die sag­ten: ‚Wir machen die­sen Wahn­sinn nicht mit!‘. Eben­so muss es heu­te wie­der muti­ge Katho­li­ken geben!“ heißt es in dem Text. Die Bru­der­schaft stellt den CSD als „eine Men­ge von sich wild und obs­zön gebär­den­den Men­schen“ dar, die durch die Stra­ßen Stutt­garts zie­hen und sug­ge­rie­ren woll­ten, „Homo­se­xua­li­tät ist das Nor­mals­te der Welt“.

Die­ser Ver­gleich ist in zwei­er­lei Hin­sicht beein­dru­ckend: Ers­tens war der Wider­stand der Katho­li­ken im Drit­ten Reich, vor­sich­tig gesagt, nicht son­der­lich erfolg­reich. Es dürf­te also fest­ste­hen, dass nur noch eine Alli­anz aus den USA, Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich und der Sowjet­uni­on Deutsch­land von der Homo­se­xua­li­tät befrei­en könn­te. Und zwei­tens war der Natio­nal­so­zia­lis­mus laut Pius­bru­der­schaft ja gar nicht so schlimm.

Hier beru­fen sich also Leu­te stolz auf den erfolg­lo­sen Wider­stand gegen ein – ihrer Mei­nung nach – nur mit­tel­mä­ßi­ges Ver­bre­chen. Nor­ma­le mensch­li­che Gehir­ne wären wegen Über­hit­zung längst auf Not-Aus gegan­gen.

Auch „Bild“ berich­tet über die „Kampf­an­sa­ge“ der Pius­brü­der – natür­lich nicht, ohne vor­her noch ein biss­chen Papst-Klit­te­rung zu betrei­ben:

Nach­dem Anfang des Jah­res Pius-Bischof Wil­liam­sons den Holo­caust leug­ne­te und dar­aus ein Streit zwi­schen Pius-Bru­der­schaft und Vati­kan ent­brann­te, folgt nun der nächs­te Ham­mer.

(Für die Jün­ge­ren: Füh­ren­de Pius­brü­der hat­ten den Holo­caust schon öfter geleug­net. Die öffent­li­che Dis­kus­si­on ent­zün­de­te sich dar­an, dass Papst Bene­dikt XVI. die Exkom­mu­ni­ka­ti­on von vier Bischö­fen der Bru­der­schaft auf­ge­ho­ben hat­te.)

Jetzt schießt kreuz.net, das inof­fi­zi­el­le Zen­tral­or­gan der Pius­bru­der­schaft, zurück und beginnt sei­ne Hass­ti­ra­de völ­lig unver­blümt:

Spä­tes­tens jetzt wird die Ein­rich­tung von Gas­kam­mern unver­meid­lich – die­ses Mal nicht für die von den Deut­schen getö­te­ten reli­giö­sen Juden, wel­che die Homo-Per­ver­si­on genau­so ver­ab­scheu­ten wie es heu­te die Alt­gläu­bi­gen tun.

Immer wie­der über­ra­schend, wie vie­le Haken so ein Kreuz schla­gen kann.

Kategorien
Gesellschaft

Haben Sie das auch in braun?

Über den gan­zen Oba­ma-Wahn hät­te ich fast ver­ges­sen, dass wir in die­sem Blog ja noch eine ganz ande­re Lis­te am Lau­fen hat­ten: die der Nazi-Ver­glei­che.

Und weil in der Katho­li­schen Kir­che das The­ma Holo­caust grad so herz­lich ver­han­delt wird, dass ein wei­te­rer faux­pas in die­ser Rich­tung kaum auf­fal­len dürf­te, hat sich der Augs­bur­ger Bischof Wal­ter Mixa (den wir lus­ti­ger­wei­se schon mal in die­ser Rubrik begrü­ßen durf­ten) halt ein biss­chen aus dem Fens­ter gelehnt und gesagt, dass ja inzwi­schen wohl mehr Kin­der abge­trie­ben wor­den als Juden ver­gast wor­den sei­en. (Natür­lich hat er das hin­ter­her ganz anders gemeint: Die „Nen­nung der unter­schied­li­chen Zah­len in ver­schie­de­nen Sach­zu­sam­men­hän­gen“ sei „kei­ne Rela­ti­vie­rung des Holo­causts“, wie ein Bis­tums­spre­cher erklär­te.)

Ja, hui – und seit Erfin­dung des Rades dürf­te die Zahl der Ver­kehrs­to­ten welt­weit auch bei über sechs Mil­lio­nen lie­gen. Und?

Viel­leicht schie­be ich mein Buch­pro­jekt „Schlim­mer als Hit­ler­krebs“ erst­mal auf die lan­ge Bank und bie­te Rhe­to­rik­se­mi­na­re für katho­li­sche Wür­den­trä­ger an. Das scheint ein ech­ter Wachs­tums­markt zu sein.

[Mit Dank an Felix D. für den Hin­weis]

Kategorien
Musik

And no religion, too

Bei einem Unter­neh­men, das seit 2000 Jah­ren flo­riert, sind 41 Jah­re ein Wim­pern­schlag.

Gera­de mal so lang hat es gedau­ert, bis der Vati­kan John Len­non sein „We’­re more popu­lar than Jesus now“-Zitat ver­ge­ben hat.

dpa tickert dazu:

In der Vati­kan­zei­tung «Osser­va­to­re Roma­no» nimmt der Hei­li­ge Stuhl nun das Erschei­nen des «White Album» der Beat­les im Novem­ber 1968 zum Anlass, Len­non zu ver­zei­hen.

Nach so vie­len Jah­ren scheint das doch «nur der Über­mut eines Jugend­li­chen der eng­li­schen Arbei­ter­klas­se» gewe­sen zu sein, der «ganz offen­sicht­lich über­wäl­tigt war von einem uner­war­te­ten Erfolg», schreibt die Zei­tung. Zudem lob­te das Blatt die Plat­te der Beat­les, die heu­ti­ge Pop­mu­sik sei häu­fig eher von schlech­te­rer Qua­li­tät.

Zum Ver­gleich: Gali­leo Gali­lei wur­de nach 359 Jah­ren for­mal reha­bi­li­tiert, Mar­tin Luther war­tet dar­auf seit 488 Jah­ren. So sehr wie die Bei­den ist John Len­non aller­dings nie ver­sto­ßen wor­den – er war aber eh nicht katho­lisch.

Kategorien
Gesellschaft

Heidenspaß

Kürbis (Foto: Lukas Heinser)

Beim Blick auf den Kalen­der wird es so man­chem sie­dend heiß ein­ge­fal­len sein: Heu­te ist der 31. Okto­ber, was bedeu­tet, dass heu­te wie­der ein Fei­er­tag began­gen wird, der vor weni­gen Jah­ren hier­zu­lan­de noch so gut wie unbe­kannt war. Die Häu­ser wer­den geschmückt, die Kin­der ver­klei­den sich und es herrscht ein bun­tes Trei­ben auf den Stra­ßen: es ist Refor­ma­ti­ons­tag.

Wie im gan­zen Land, so haben auch die Müt­ter in Bochum ihren Klei­nen spät­mit­tel­al­ter­li­che Kos­tü­me genäht, damit die­se heu­te Abend rülp­send und fur­zend (in Erin­ne­rung an das berühm­te Luther-Zitat) durch die Nach­bar­schaft zie­hen kön­nen. Wie auch schon in den ver­gan­ge­nen Jah­ren wer­den sie nur bei Katho­li­ken klin­geln und die­se mit dem Spruch „Tre­sen oder The­sen“ zur Her­aus­ga­be har­ter Alko­ho­li­ka auf­for­dern. Wei­gern sich die Papst-Jün­ger, nageln ihnen die jun­gen Refor­ma­to­ren auf­wän­dig gestal­te­te Zet­tel an die Haus- oder Woh­nungs­tür – „Bil­der­sturm“ nen­nen sie die­se Akti­on.

Cal­vin, acht Jah­re alt und ganz stolz auf die Ton­sur, die ihm sein Vater extra für den heu­ti­gen Abend gescho­ren hat, berich­tet, dass er im ver­gan­ge­nen Jahr gan­ze 95 Türen beschla­gen hat. Vie­le Katho­li­ken waren auf den noch jun­gen Brauch schlicht nicht vor­be­rei­tet. Cal­vin hofft, dass sich das in die­sem Jahr geän­dert hat, denn wegen einer Erkäl­tung hat er in die­sem Jahr nur 30 The­sen-Papie­re vor­be­rei­ten kön­nen – außer­dem ist ein Nach­bar immer noch wütend, weil Cal­vin und sei­ne Freun­de ihm im ver­gan­ge­nen Jahr „die Tür kaputt gemacht“ hät­ten.

Jus­tus Jonas, Sozio­lo­ge am Bochu­mer Lehr-Ort für erwäh­nens­wer­te Daten, erklärt das noch jun­ge Brauch­tum mit der Geschich­te des Kir­chen­ge­lehr­ten Mar­tin Luther, der vor fast fünf­hun­dert Jah­ren gegen die katho­li­sche Kir­che rebel­liert haben soll. Ande­re Quel­len spre­chen aller­dings von außer­ir­di­schen Mes­ser­ste­chern, die am 31. Okto­ber 1978 in Had­don­field im US-Bun­des­staat Illi­nois ein bru­ta­les Mas­sa­ker an hei­mi­schen Kür­bis­sen ver­übt haben sol­len. Jonas hat davon gehört, hält das Sze­na­rio mit dem wüten­den ost­deut­schen Pfar­rer aber für rea­lis­ti­scher.

Nicht alle Deut­schen sind begeis­tert vom Trend „Refor­ma­ti­ons­tag“. Vie­le Katho­li­ken fin­den es unver­ant­wort­lich, jun­gen Kin­dern Alko­hol aus­zu­hän­di­gen. Der Nürn­ber­ger Phi­lo­soph Hans Sachs bezeich­ne­te die kos­tü­mier­ten Jugend­li­chen als „luthe­ri­sche Nar­ren“ und rief die Bevöl­ke­rung zum „Nar­ren­schnei­den“ auf. Josef Kacz­mier­c­zik, Lok­füh­rer aus Wat­ten­scheid-Hön­trop hat bereits ange­kün­digt, sein Rei­hen­end­haus gegen die jugend­li­chen Angrei­fer zu schüt­zen: „Dat wird ein‘ fes­te Burg“, sag­te er unse­rem Repor­ter.

[Nach einer Idee von Sebas­ti­an B. & Tho­mas K.]

Kategorien
Gesellschaft

Wie schon St. Peter Lustig immer sagte

Ich hof­fe, Sie hat­ten ein schö­nes Oster­fest!

Die Kar­wo­che ist immer die Zeit des Jah­res, zu der ich katho­lisch wer­de. Sonst bin ich nie katho­lisch, schon gar nicht so getauft, und den Papst und das alles fin­de ich natür­lich sowie­so nicht gut. Aber ich mag die Show­ele­men­te, die die katho­li­sche Kir­che dem Pro­tes­tan­tis­mus vor­aus­hat ((Streng genom­men gibt es den Pro­tes­tan­tis­mus ja unter ande­rem genau des­halb, weil die­se Show­ele­men­te wenig mit dem Glau­ben an sich zu tun haben, aber ich möch­te hier weder Mar­tin Luther erklä­ren, noch in län­ge­re Reli­gi­ons­phi­lo­so­phien abdrif­ten.)) – ich gehe ja auch auf Rob­bie-Wil­liams- und Kil­lers-Kon­zer­te – und Show gibt es eben an Palm­sonn­tag und in der Oster­nacht.

Kar­frei­tag ver­zich­te ich aus mir selbst nicht nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den ((I guess that’s why they call it reli­gi­on.)) auf Fleisch und Alko­hol. Gleich­wohl hät­te ich kein Pro­blem damit, wenn jemand vor mei­nen Augen ein hal­bes Schwein ver­spei­sen oder ein Fass Wein lee­ren wür­de. Ich wür­de auch am Kar­frei­tag „weg gehen“, ger­ne auch auf Kon­zer­te. Zuhau­se wäre dies kein Pro­blem: Außer­halb Bay­erns kön­nen die Kom­mu­nen selbst ent­schei­den, ob sie das „Tanz­ver­bot“, das an den soge­nann­ten „Stil­len Tagen“ gilt, auf­he­ben wol­len. In Bochum will man das offen­bar seit län­ge­rem und die reich­lich besuch­ten Gothic- und Metal­par­ties spre­chen für eine gro­ße Nach­fra­ge. ((„Vier Tage Fami­li­en­fei­er ohne zwi­schen­zeit­li­chen Aus­gang“ ste­hen auf Geor­ge W. Bushs „Lis­te mit den Nicht-Fol­ter-Metho­den, die wir erpro­ben soll­ten, falls wir Water­boar­ding jemals ver­bie­ten soll­ten“ ziem­lich weit oben.)) In Dins­la­ken gin­ge es nicht: Als regie­re im Kreis Wesel der Piet­cong, sind öffent­li­che Tanz­ver­an­stal­tun­gen, der Betrieb von Spiel­hal­len, Märk­te, Sport­ver­an­stal­tun­gen und die Vor­füh­rung nicht „fei­er­tags­frei­er“ Kino­fil­me dort ver­bo­ten – und zwar schon ab Grün­don­ners­tag, 18 Uhr. Da kann man als Mensch, der an die Tren­nung von Staat und Kir­che glaubt, schon mal ner­vö­se Zuckun­gen im Gesicht krie­gen.

Wenn der Staat Tanz­ver­an­stal­tun­gen ver­bie­tet und gleich­zei­tig im Fern­se­hen Mord und Tot­schlag statt­fin­den, kann der Bür­ger die Plau­si­bi­li­tät von staat­li­chen Rege­lun­gen nicht mehr nach­voll­zie­hen

sag­te des­halb Bischof Geb­hard Fürst, mein­te das nur völ­lig anders als ich. Im katho­li­schen Fest­t­tags­ka­len­der fest ver­an­kert ist näm­lich seit eini­ger Zeit die Medi­en­schel­te zum Fei­er­tags­pro­gramm: „Zu bru­tal, zu lus­tig, zu wenig fami­li­en­taug­lich“, rufen dann der Vor­sit­zen­de der Publi­zis­ti­schen Kom­mis­si­on der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz oder der Vor­sit­zen­de des medi­en­po­li­ti­schen Exper­ten­krei­ses der CDU ((Was lus­ti­ger­wei­se aus­ge­rech­net Gün­ther Oet­tin­ger ist.)) erschüt­tert aus und wer­fen die Hän­de zum Him­mel, so wie Pfar­rer das in Fünf­zi­ger-Jah­re-Schwarz­weiß-Fil­men immer machen, wenn der Satan in Form von Peter Kraus und sei­ner Rock’n’Roll-Kapel­le ins Dorf kommt.

Wäh­rend der Papst – über den Bern­ward Lohei­de von dpa übri­gens letz­te Woche einen sehr lesens­wer­ten Bericht geschrie­ben hat – zum Oster­fest 2008 so eini­ges unter­nahm, um sowohl Juden als auch Mos­lems vor den Kopf zu sto­ßen, soll also das deut­sche Fern­se­hen unver­fäng­li­che Fami­li­en­un­ter­hal­tung sen­den für eine Zuschau­er­schaft, die Ostern sicher nicht vor dem Fern­se­her, son­dern mit der Fami­lie beim Essen oder in der Kir­che ver­brin­gen woll­ten? Aha. ((Nicke­lig­kei­ten wie die Behaup­tung, die zwan­zigs­te Wie­der­ho­lung von „Stirb Lang­sam“ habe mehr Zuschau­er gehabt als die Kir­chen an Ostern Got­tes­dienst­be­su­cher, spa­re ich mir schon aus Faul­heit, die tat­säch­li­chen Zah­len her­aus­zu­su­chen. Außer­dem liegt es mir fern, mich über Leu­te lus­tig zu machen, die in die Kir­che gehen. Ich wäre näm­lich auch in der (natür­lich katho­li­schen) Kir­che gewe­sen, war aber im Urlaub.))

Reflek­tier­ter klang da der Vor­sit­zen­de der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Robert Zol­lit­sch, der in sei­ner Oster­pre­digt Medi­en­kom­pe­tenz ein­for­der­te, aber gleich­zei­tig klar­stell­te, dass jeder die Frei­heit habe, sich bestimm­te Din­ge nicht anzu­schau­en und abzu­schal­ten. Und das ist ein so wei­ser Gedan­ke, dass er auch Cars­ten Mat­thä­us als Schluss­satz sei­nes sehr lesens­wer­ten Kom­men­tars bei sueddeutsche.de dien­te. Eben „Abschal­ten“, wie schon St. Peter Lus­tig immer sag­te.

Kategorien
Gesellschaft Literatur

Don’t party like it’s 1999

Kürz­lich blät­ter­te ich mal wie­der in „Tris­tesse Roya­le“, dem Rea­der der deutsch­spra­chi­gen Pop­li­te­ra­tur der 1990er Jah­re, dem Zeit­do­ku­ment der ers­ten Tage der Ber­li­ner Repu­blik. Und mir wur­de klar: Wer ver­ste­hen will, wie sehr sich unse­re Gesell­schaft und unse­re Welt im letz­ten Jahr­zehnt ver­än­dert haben, der muss nur die­se Pro­to­kol­le der Gesprä­che lesen, die Joa­chim Bes­sing, Chris­ti­an Kracht, Eck­hart Nickel, Alex­an­der von Schön­burg und Ben­ja­min von Stuck­rad-Bar­re im spä­ten April des Jah­res 1999 im frisch wie­der­eröff­ne­ten Ber­li­ner Hotel „Adlon“ geführt haben.

Neh­men wir nur einen kur­zen Aus­schnitt, der eigent­lich alles sagt:

JOACHIM BESSING Gibt es denn eigent­lich über­haupt noch soge­nann­te gesell­schaft­li­che Tabus?
ALEXANDER V. SCHÖNBURG Die katho­li­sche Kir­che zu ver­tei­di­gen ist zum Bei­spiel ein moder­nes Tabu. Es ist ein All­ge­mein­platz, für die Anti­ba­by­pil­le und gegen die Fami­li­en­po­li­tik des Paps­tes zu sein. Wer heu­te, wie ich, sagt: Ich bin für den Papst und gegen die „Pil­le danach“, bricht ein gesell­schaft­lich ver­ein­bar­tes Tabu. Viel­leicht ist es auch ein ähn­li­cher Tabu­bruch, wenn eine Frau sagt: Ich gehö­re hin­ter den Herd und möch­te ger­ne mei­ne Kin­der erzie­hen. Ich möch­te gar nicht in die Drei-Wet­ter-Taft-Welt ein­tre­ten.

„Tris­tesse Roya­le“, S. 118

Lesen Sie die­se Aus­füh­run­gen ruhig mehr­mals. Und ver­su­chen Sie dann, sich vor­zu­stel­len, dass es eine Welt gab, in der „wir“ noch nicht Papst waren und in der Eva Her­man nur die Nach­rich­ten vor­ge­le­sen hat. Es war eine Welt, in der alles noch so war, wie es war, bevor nichts mehr so war, wie es zuvor gewe­sen war. Eine Welt in einem ande­ren Jahr­tau­send – aber wer heu­te aufs Gym­na­si­um kommt, war damals schon gebo­ren.

Natür­lich ist „Tris­tesse Roya­le“ kein Pro­to­koll einer tat­säch­li­chen Gesell­schaft. Die welt­män­ni­schen Posen der fünf jun­gen, kon­ser­va­ti­ven Her­ren lie­ßen sich auch damals nur schwer­lich mit der Welt­sicht der Mehr­heit der Bevöl­ke­rung auf eine Line brin­gen. Aber sie pass­ten sti­lis­tisch in die Eupho­rie des Auf­bruchs. Das Buch ist des­halb eine gute Erin­ne­rung an die­se ers­ten Tage der soge­nann­ten Ber­li­ner Repu­blik, als es so aus­sah, als wür­den Ger­hard Schrö­der und die rot-grü­ne Koali­ti­on Deutsch­land allei­ne aus der Kri­se füh­ren. In gewis­ser Wei­se haben sie das getan, aber das Volk hat es ihnen nicht gedankt, weil die als gro­ße „Reform“ anmo­de­rier­te Agen­da 2010 weh tat und sie zu einem nicht uner­heb­li­chen Teil auch unso­zi­al war. Nie­mand fragt, war­um es Deutsch­land unter einer Kanz­le­rin Mer­kel, die bis­her kei­ne ein­zi­ge innen­po­li­ti­sche Ent­schei­dung grö­ße­rer Trag­wei­te getrof­fen hat, plötz­lich so gut gehen soll, wie lan­ge nicht mehr. Nie­mand ist erstaunt, wenn die SPD unter dem Pfäl­zer Ted­dy Kurt Beck plötz­lich wie­der Sozi­al­de­mo­kra­tie der 1960er Jah­re betrei­ben will. Aber alle jam­mern über die­se wahn­sin­ni­gen Teue­rungs­ra­ten und über die Gefahr, schon mor­gen auf dem Koblen­zer Markt­platz Opfer einer isla­mis­ti­schen Atom­bom­be zu wer­den.

Zwi­schen April ’99 und Okto­ber ’07 lag der 11. Sep­tem­ber 2001, der natür­lich viel ver­än­dert hat und der für zwei neue gro­ße Krie­ge auf die­sem Pla­ne­ten ver­ant­wort­lich ist. Aber ich glau­be nicht, dass die­se Ter­ror­an­schlä­ge, so schlimm sie auch waren und so vie­le danach auch noch kamen, der Haupt­grund für die­se Ver­schie­bung gesell­schaft­li­cher Vor­stel­lun­gen ist.

Zwi­schen 1999 und 2007 lag näm­lich auch und vor allem ein Jahr­tau­send­wech­sel, egal ob man den am 1. Janu­ar 2000 oder erst ein Jahr spä­ter begos­sen hat. Wenn wir uns anse­hen, wel­che Aus­wir­kun­gen schon eine schlich­te Jahr­hun­dert­wen­de gehabt hat, dann müs­sen wir erstaunt sein, dass die­ser Über­gang vom zwei­ten zum drit­ten Mill­en­ni­um häu­fig so ein­fach über­gan­gen wird: Das spä­te 19. Jahr­hun­dert hat­te das Fin de siè­cle, das Zeit­al­ter des Deka­den­tis­mus, und genau das fin­den wir auch in „Tris­tesse Roya­le“ und der Gesell­schaft die­ser spä­ten 1990er Tage wie­der. Nicht weni­ge erwar­te­ten für die Sil­ves­ter­nacht 1999/​2000 den sofor­ti­gen Welt­un­ter­gang und ent­spre­chend wur­de auch gefei­ert und gelebt. Die­ser Über­schwung hielt dies­mal aber kei­ne 14 Jah­re, bis ein Ereig­nis die Welt erschüt­ter­te, son­dern die paar Mona­te bis zum Sep­tem­ber 2001.

Als Peter Scholl-Latour am Abend des 12. Sep­tem­ber 2001 in der Talk­show von Michel Fried­man das Ende der Spaß­ge­sell­schaft pos­tu­lier­te, hin­ter­ließ das zwar kei­nen all­zu blei­ben­den Ein­druck bei der Welt­be­völ­ke­rung, aber nach so einer Ansa­ge fie­len die Cham­pa­gner­bä­der in Ber­lin-Mit­te viel­leicht doch zunächst ein biss­chen klei­ner aus. Und ehe man sich’s ver­sah, war auch auf höhe­rer Ebe­ne aus einer apo­li­ti­schen Deka­denz­ge­sell­schaft eine apo­li­ti­sche Bie­der­mei­er­ge­sell­schaft gewor­den, in der man sei­nen dun­kel­haa­ri­gen Nach­barn sofort für einen poten­ti­el­len Mas­sen­mör­der hält, weil der sich drei­mal am Tag die Hän­de wäscht und betet. Ande­rer­seits wird ein alter Kir­chen­mann von Jugend­li­chen wie ein Pop­star ver­ehrt und Fern­seh­mo­de­ra­to­rin­nen erhe­ben das Gegen­teil ihres eige­nen Lebens­we­ges zum Heils­ver­spre­chen für alle Frau­en.

Damit sind wir, auf Umwe­gen, wie­der beim Aus­gangs­zi­tat ange­kom­men. Was machen eigent­lich die­se gro­ßen Män­ner der deutsch­spra­chi­gen Deka­denz heu­te? Nun: Alex­an­der von Schön­burg war kurz­zei­tig Chef­re­dak­teur des Edel­ma­ga­zins „Park Ave­nue“ und kollum­ni­ert für „Bild“; Joa­chim Bes­sing schreibt Bücher, die auf dem „Lebenshilfe“-Tisch der Buch­hand­lun­gen neben denen von Eva Her­man lie­gen; Eck­hart Nickel und Chris­ti­an Kracht grün­de­ten die sehr inter­es­san­te, lei­der aber nicht sehr erfolg­rei­che Lite­ra­tur­zeit­schrift „Der Freund“; Kracht selbst ent­schwebt in sei­nen Repor­ta­gen in immer unzu­gäng­li­che­re Sphä­ren und Ben­ja­min von Stuck­rad-Bar­re war zuletzt als Rosen­ver­käu­fer im neu­en Horst-Schläm­mer-Video zu sehen.

Kategorien
Politik Gesellschaft

Grün+Roth=Braun?

Herz­lich will­kom­men zurück bei „Der lus­ti­ge Nazi-Ver­gleich“.

Unse­re Gäs­te heu­te: In der rech­ten Ecke … Bischof Wal­ter „Reimt sich auf … Fal­ter“ Mixa, in der ande­ren rech­ten Ecke … Grü­nen-Che­fin Clau­dia Roth.

Und das kam so: Der Augs­bur­ger Bischof sprach am 2. Okto­ber beim Diö­ze­san­ko­mi­tee in Regens­burg und sag­te unter ande­rem Fol­gen­des:

Hin­ter einer fami­li­en­freund­li­chen Pro­pa­gan­da, bei der von Wahl­frei­heit und Kin­des­wohl die Rede ist, ver­birgt sich in Wirk­lich­keit ein staat­li­ches Umer­zie­hungs­pro­gramm für Frau­en und Müt­ter, mit dem jun­ge Frau­en in ers­ter Prio­ri­tät auf exter­ne Erwerbs­tä­tig­keit und Berufs­kar­rie­re statt auf Fami­li­en­ar­beit und ihre Beru­fung als Mut­ter ein­ge­stellt wer­den sol­len.

*RINGELINGELING!*

Er hat „Umer­zie­hung“ gesagt, er hat „Umer­zie­hung“ gesagt! Das ist bestimmt wie­der so ein Nazi-Begriff!

Oh, ist es nicht.

Aber Clau­dia Roth wäre nicht Clau­dia Roth, wenn ihr nicht spon­tan doch noch etwas dazu ein­ge­fal­len wäre:

Wenn Mixa mit Blick auf die drin­gend nöti­ge Ver­bes­se­rung des Krip­pen­an­ge­bots von einem ‚Umer­zie­hungs­pro­gramm’ redet, dann spielt er mit der sprach­li­chen Nähe zu Ver­bre­chen von Gulag bis Pol Pot. Er ver­höhnt Men­schen, die Opfer von schlim­men Unta­ten wur­den und dis­kre­di­tiert das Enga­ge­ment für bes­se­re Kin­der­be­treu­ung auf abso­lut uner­träg­li­che Wei­se.

Die Rus­sen! Kam­bo­dscha! Mal eine völ­lig neue Rich­tung.

Was kommt wohl als nächs­tes?

Nun, zunächst ein­mal kam zwei Wochen lang gar nichts. Dann sprach Clau­dia Roth ges­tern beim bay­ri­schen Lan­des­par­tei­tag der Grü­nen und die Medi­en kol­por­tie­ren wie folgt:

Bischof Wal­ter Mixa sei ein „durch­ge­knall­ter, spal­te­ri­scher Ober­fun­di aus Augs­burg“, sag­te die Bun­des­vor­sit­zen­de der Grü­nen.

(Quel­le: sueddeutsche.de)

Sie hat tat­säch­lich „Spal­ter!“ gesagt. Höre ich ein „Jeho­va!“?

Foul in Augs­burg:

Ein Spre­cher des Bischofs erwi­der­te, die­se Wort­wahl Roths erin­ne­re „in erschre­cken­der Wei­se an die Pro­pa­gan­da-Het­ze der Natio­nal­so­zia­lis­ten gegen die Katho­li­sche Kir­che und ihre Reprä­sen­tan­ten“.

Und gleich noch mehr:

Der Öffent­lich­keits­re­fe­rent der Diö­ze­se Augs­burg, Dirk Her­mann Voß, hat­te zuvor gesagt, er erken­ne in den per­sön­li­chen Atta­cken Roths gegen Ver­tre­ter der Kir­che und in ihrem Ver­such, sich selbst zur „Zen­sur­be­hör­de“ der gesell­schafts­po­li­ti­schen Dis­kus­si­on in Deutsch­land zu machen, „seit lan­gem schon beun­ru­hi­gen­de faschis­to­ide Züge“. Die Grü­nen sei­en damit „auf allen Ebe­nen für Chris­ten nicht wähl­bar“.

Oha, da wurd’s aber schnell all­ge­mein: „für Chris­ten nicht wähl­bar“. Und nu? Alle Grü­nen-Wäh­ler kom­men in die Höl­le? Exkom­mu­ni­ka­ti­on für Grü­nen-Wäh­ler? Und was sagen die ande­ren christ­li­chen Ver­ei­ne dazu, dass der Öffent­lich­keits­re­fe­rent der Diö­ze­se Augs­burg gleich für ihre Leu­te mit­spricht?

Leu­te, mal im Ernst: Geht’s nicht ’ne Num­mer klei­ner? Ihr seid nicht das Use­net oder die Blogo­sphä­re, Ihr seid Poli­ti­ker und Kir­chen­leu­te. Ihr müsst nicht sofort mit völ­li­ger rhe­to­ri­scher Ohn­macht reagie­ren, wenn jemand mal ande­rer Mei­nung ist als ihr – was ziem­lich genau immer der Fall sein dürf­te. Ihr redet über Fami­li­en­po­li­tik und benehmt Euch so, wie sich Drei­jäh­ri­ge im Sand­kas­ten beneh­men wür­den.

Dabei kann ich nur wenig Unter­schie­de fest­stel­len zwi­schen

Roth for­der­te in ihrer Rede beim baye­ri­schen Grü­nen-Lan­des­par­tei­tag in Deg­gen­dorf, Fami­li­en bräuch­ten end­lich eine ech­te Wahl­frei­heit, ob sie ihre Kin­der selbst beauf­sich­ti­gen woll­ten oder sie in Kin­der­krip­pen zur Betreu­ung geben.

und

Statt­des­sen müs­se staat­li­che Fami­li­en­po­li­tik die Ent­schei­dung von Eltern, ihre Kin­der selbst zu erzie­hen und nicht in staat­li­che Betreu­ungs­ein­rich­tun­gen zu geben, in glei­cher Wei­se för­dern wie den Aus­bau von Krip­pen­plät­zen, for­dert der Bischof.

Die wol­len doch bei­de das Glei­che, oder nicht?

Kategorien
Gesellschaft

Nächste Woche: Autobahnen

Der Lie­be Gott hat in Köln ein sehr schö­nes Haus, aber der aktu­el­le Haus­meis­ter ist ein Pro­blem:

Dort, wo die Kul­tur vom Kul­tus, von der Got­tes­ver­eh­rung abge­kop­pelt wird, erstarrt der Kult im Ritua­lis­mus und die Kul­tur ent­ar­tet.

(Zitiert nach „Spie­gel Online“)

Nach dem Raus­wurf von Eva Her­man fragt man sich jetzt natür­lich, ob und wie Katho­li­sche Kir­che, gleich­sam die ARD unter den Glau­bens­ge­mein­schaf­ten die­ser Welt, auf Kar­di­nal Meis­ners Ent­glei­sung reagie­ren wird.