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Musik

Fran Healy unplugged

Ein Bekannter meinte mal, bei Travis habe doch auch schon der “Chris-de-Burgh-Effekt” eingesetzt: “Nur noch in Deutschland erfolgreich.”

Nun ja: Die ganz großen Erfolgszeiten der vier Schotten sind vorbei. Coldplay füllen weltweit Stadien, während sich die Veranstaltungsorte bei Travis langsam aber sicher von “Hallen” in Richtung “Clubs” zu verschieben scheinen. Chris Martin ist wenigstens anständig genug zu erklären, dass es seine Band ohne Travis nie gegeben hätte.

Man könnte mutmaßen, dass es vor allem wirtschaftliche Gründe hat, wenn im Moment nicht Travis als Band mit Tour-Keyboarder und Livecrew die USA bereisen, sondern Fran Healy und Andy Dunlop allein mit ihren Akustikgitarren unterwegs sind. Aber selbst wenn dem so wäre, würde ich einiges dafür geben, mir die beiden in richtig kleinen Clubs anschauen zu können.

Screenshot: Spin.com

Einen kleinen Einblick kann man auch als Europäer bekommen, denn Fran Healy war in der Redaktion von “Spin” zu Gast und hat den Mitarbeitern drei Songs vorgesungen, die jetzt als Videos im Internet stehen.

Los geht’s mit “20”, jener “All I Want To Do Is Rock”-B-Seite, die einst fester Bestandteil im Liveset war. Es folgt “Writing To Reach You”, bei dessen Anblick mir schlagartig wieder einfiel, warum ich vor neuneinhalb Jahren angefangen hatte, mir selbst das Gitarrenspiel beizubringen. Zu guter letzt gibt es “The Little Things In Life”, ein Cover der eher unbekannten Band Green On Red. Alles tadellos gespielt und gesungen und mit ein paar netten Worten anmoderiert.

Fran Healy unplugged bei Spin.com
Das Video funktioniert bei mir nicht im Firefox, versuchen Sie’s zur Not mal mit einem anderen Browser.

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Musik

Vom Konzert in Ehrenfeld

Travis live (stark verwackelt)

Man will ja nicht einfach so über fremde Menschen urteilen, die man nur einmal kurz erlebt hat. Vielleicht haben sie ernsthafte Probleme und Sorgen oder man ist ihnen in einem sehr ungünstigen Moment begegnet.

Trotzdem: Der Typ, der gestern den Einlass an der Live Music Hall mehrere Minuten aufgehalten hat, weil er sich nicht von seiner fast leeren Einweg-Wasserflasche trennen wollte (darauf sei er nicht hingewiesen worden, dies sei ein freies Land, ob er mal den Vorgesetzten sprechen könne, …), der machte schon einen Eindruck, den man als “merkwürdig” bezeichnen könnte. Wir waren gerade dabei, für seine finanzielle Entschädigung zu sammeln, als es endlich weiterging.

Das anschließende Konzert war dann nicht mehr merkwürdig, sondern nur noch toll. The Alexandria Quartet waren der passendste Support seit Athlete vor fünfeinhalb Jahren und Travis sind ja eh (zumindest bei mir) über jeden Zweifel erhaben.

Eher überraschend war die Konzerteröffnung mit dem wieder ausgegrabenen “Blue Flashing Light”, danach folgte ein Greatest-Hits-Programm, das fast keine Wünsche offen ließ. (Klar, mehr ginge immer: “Flowers In The Window”, “U16 Girls”, “As You Are”, “Follow The Light”, “My Eyes, “Happy”, “Battleships” oder gar mal wieder “Tied To The 90’s” hätte man alle auch noch dankend mitgenommen.)

Fran Healy ist so ungefähr der einzige Musiker auf der Welt, der das Publikum zum Mitklatschen und Arme wedeln – “If you’re still feeling self-confident with your hands in the air: please leave!” – auffordern darf, ohne dass man sich vor lauter Entertainment-Ekel windet. Darüber hinaus kann der Wahl-Berliner bei jeder Deutschland-Tour einen zusätzlichen deutschen Satz sagen und zitierte gegen Ende des Konzerts noch kurz Ben Folds Five.

Das Publikum wird immer heterogener: süße Indie-Mädchen sind natürlich immer noch da (eine Zeit lang waren Travis neben Slut die Band mit dem hübschesten Publikum), aber die älteren Zuschauer, die in immer größerer Stückzahl vorhanden sind (ich habe meinen früheren Erdkundelehrer entdeckt), waren nicht nur deren Eltern. Sie alle eint der selige Gesichtsausdruck, mit dem sie in Richtung Bühne schauen, während sie mal laut, mal leise, mal gar nicht mitsingen. Zuschauer beobachten bei Travis-Konzerten kommt von der Wirkung her einer mehrstündigen Meditation oder einem Wochenende in einer einsamen Waldhütte nahe. Nur den Rhythmus halten können auch sie nicht.

Den Zettel, auf dem ich mir die Setlist notiert hatte (jeder Mensch braucht ein Hobby), habe ich leider unterwegs verloren. Aber vielleicht stellt sie noch jemand bei setlist.fm online, einem wie ich finde sehr sinnvollen Portal, auf das ich dann an dieser Stelle endlich auch einmal verlinkt hätte.

Die Überschrift ist wie üblich geklaut, diesmal bei Jona.

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Musik Digital

Warum Fran Healy so gut schläft

Ich bin seit Jahren großer Fan von Travis. Nicht nur, dass die Musik (beinahe) immer toll ist, Fran Healy sagt auch von Zeit zu Zeit sehr kluge Sachen, von denen man sich wünscht, es würden die betreffenden Leute zuhören.

Zum Beispiel aktuell zu einem Fall, den man bei torrentfreak.com nachlesen kann: Travis hatten zur Verbreitung des neuen Songs “J. Smith” per MP3 aufgerufen – wie man das eben heutzutage so macht. Plötzlich meldete sich die IFPI, die International Federation of the Phonographic Industry, bei Kevin, der den Song in seinem Blog So Much Silence gehostet hatte, und forderten ihn zur Löschung auf. (Das heißt: genau genommen forderten sie ihn auf, einen Song von Hercules And Love Affair zu löschen, weil sie sich da wohl irgendwie mit der Zuordnung vertan hatten.) Kevin schrieb Fran Healy an, der prompt reagierte und klar stellte, dass der Song weiter verbreitet werden soll. Die IFPI, die ja angeblich im Namen der Künstler gegen das Unrecht in der Welt kämpft, musste zugeben, von einer solchen Genehmigung nichts mitbekommen zu haben.

Und auf Anfrage von torrentfreak.com legte Fran dann richtig los:

With a view to music, the internet is like radio. The only major difference is that, at the moment, I don’t get a PRS payment everytime my song is listened to.

The problem is, the business is trying to fit old rules on a new model. Like trying to fit the square peg in the round hole. I think someone has to sit down and re-write the rules for the new model.

[…]

As far as illegal filesharing goes. There are people who will buy albums and people who will record them off friends. If you took away the Internet this would still happen so I don’t lose any sleep. Goodnight.

Jetzt müsste er das nur noch irgendwie seinen Plattenbossen verklickern.

Ach, und runterladen können Sie “J. Smith” jetzt hier – ganz legal und mit Einwilligung des Künstlers. (Das Album “Ode To J. Smith” können Sie sich bei Gefallen dann ab dem 26. September kaufen.)

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Musik

Anschlussfehler

Travis - J. Smith EP (Albumcover)Ich verliere den Anschluss an meine Lieblingsbands. Nicht nur, dass ich das neue Coldplay-Album schon vor zwei Wochen und damit eine Woche zu früh aus dem Plattenladen Elektrogroßmarkt tragen wollte (weil ich der Ankündigung von Stefan Raab, das Album erscheine “diese Woche”, Glauben geschenkt hatte), ich hätte auch fast eine weitere wichtige Ankündigung übersehen:

Travis veröffentlichen am 30. Juni die “J. Smith EP”, den Vorboten zu ihrem neuen Album “Ode To J Smith”, das auch schon im Herbst erscheinen soll.

Fran Healy, der beim Konzert im letzten Oktober gesagt hatte, die Band wolle jetzt ganz schnell ein neues Album aufnehmen, hat damit Recht behalten.

Und diese Ankündigung klingt richtig toll:

The EP kicks off with J Smith, the title track from the forthcoming album Ode To J Smith, described by Fran as a 3 minute rock opera, it enlists the talents of The Crouch End Festival Chorus to add some epic scale to Travis’s rockiest outing since their debut EP All I Want To Do Is Rock. Also included are Get Up and Sarah, the latter being unavailable elsewhere.

Erscheinen wird die EP übrigens nur digital und als limitiertes Vinyl – auf Travis’ eigenem Label Red Telephone Box.

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Musik Print

Zitatenstrauß: Fran Healy

Coffee-And-TV-Vorsatz für 2008: Ein paar neue Rubriken einführen und sie auch wirklich durchziehen. Nicht nach einer oder zwei Episoden einfach auslaufen lassen.

Im aktuellen “Musikexpress” (Januar 2008) ist ein “Blind Date” mit Travis. Das Konzept ist so einfach wie (meist) gut: Man spielt Musikern ein paar Songs vor und schreibt auf, ob und wann sie das Lied erkennen und was sie dazu sagen. Im konkreten Fall bekam Fran Healy “Weird Fishes/Arpeggi” von Radiohead vorgespielt. Und für einen Moment antwortete nicht mehr der Schwiegermutter-Darling Franny, sondern ein genervter Hörer:

FRAN: Ist das die neue Radiohead?
Ja. Wie findest Du Sie?
FRAN: Ich finde, dass Nigel Godrich wie üblich einen fantastischen Job gemacht hat. Sein Sound, seine Produktion ist fantastisch, ohne Nigel würde es Radiohead nicht geben. Aber ich sehe nicht den Sinn, Alben zu machen, die ausgedehnte Jams sind, über die er (Thom Yorke, Anm. d. R.) dann drübermurmelt. Es solle sich endlich jemand ein Herz fassen und ihm sagen, bitte schreib einen verdammten Song! Du bist nämlich ein toller Songwriter. Und ein toller Sänger. Aber das hier ist für mich einfach … (äfft Yorkes leiernden Gesang nach) “Woozywooziwoo …” Fuck off! Ich hab’s satt.
Warst Du früher Fan?
FRAN: Ich war riesiger Radiohead-Fan. Weil sie großartige Songs schrieben und er SANG. Heute ist es ihm offenbar peinlich, eine gute Melodie zu schreiben. Er macht lieber diese kleinen Soundcollagen. Den Leuten gefällt’s, klar, weil Radiohead zu mögen eine Lifestyle-Entscheidung ist: “Ich mag Radiohead”, “Ich lese dieses und jenes Magazin”, “Ich trage diese und jene Kleidung”, “Ich bin diese und jene Art Mensch”.
Wann ging die Enttäuschung los? Mit KID A?
FRAN: Nein, KID A war toll, damals. Aber dann fingen sie an, diese gleiche Platte immer wieder zu machen.

Hätte von mir sein können …

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Musik Print

“My Rice”: Travis werfen Sack um

Haben Sie sich je gefragt, wie eigentlich diese idiotischen Meldungen “Promi X hat Y gesagt” auf der “Vermischtes”-Seite Ihrer Tageszeitung und auf der Startseite von “Spiegel Online” entstehen?

Ich erklär Ihnen das mal gerade anhand eines Beispiels: Der “Mannheimer Morgen” hat anlässlich des anstehenden Travis-Konzerts in Mannheim ein Interview mit Travis-Sänger Fran Healy geführt. Darin kam auch der folgende Dialog vor:

Sie sind mit einer Deutschen verheiratet. Besuchen Sie Deutschland auch privat?

HEALY: Sie werden lachen: Nächstes Jahr ziehen wir nach Berlin. Unser Sohn ist in einem Alter, wo Mütter gern zuhause sein wollen. Der Boss hat also gesprochen. Wir folgen.

Berlin war ja ein spannendes Pflaster für britische Musiker. Man denke an David Bowie oder U2 . . .

HEALY: Ja, wir werden uns die Hansa Studios auch mal anschauen. Überhaupt ziehen jetzt viele Künstler nach Berlin. Mein Freund Anton Corbijn, mein Londoner Studio-Nachbar Herbert Grönemeyer und sein Produzent Alex Silwa. Das verändert eine Stadt. Bis jetzt spüre ich immer viel Traurigkeit in Berlin, da kann die Injektion von Kreativität vielleicht Abhilfe schaffen. Vielleicht wird Berlin – wie in der Vergangenheit schon mal – das New York von Europa.

Die Redaktion des “Mannheimer Morgens” fand diese Aussage wohl einigermaßen spannend und gab über dpa eine Pressemitteilung heraus, in der im wesentlichen genau diese Zitate drin stehen.

Nun kann man solche Meldungen als Grundlage nutzen, selbst noch ein bisschen recherchieren und schon hat man einen informativen kleinen Text, den man z.B. im “Tagesspiegel” veröffentlichen kann. Man kann aber auch einfach die Meldung mehr oder weniger modifiziert dafür nutzen, seine Zeitung zu füllen oder seine Zugriffszahlen zu erhöhen. Und dann fragen sich hinterher alle, warum dieser eingebildete Rockstar seine persönlichen Umzugspläne für so wichtig hält, dass er sie in jeder Zeitung herausposaunen muss.

Es geht aber noch unspektakulärer: Fran Healy hat in einem Interview mit dem Radiosender XFM “zugegeben”, dass die Akkorde zu “Writing To Reach You” vom ’99er Travis-Album “The Man Who” von Oasis’ “Wonderwall” abgeschrieben seien. Und – Zack! – ist auch das eine Meldung wert.

Das wäre wohl kaum jemandem aufgefallen. Außer den Lesern von Q Magazine’s 1001 Greatest Songs (November 2003), den Hörern von Dean Grays “Boulevard Of Broken Songs” (Oktober 2004), den Nutzern der Indiepedia (Oktober 2005) und irgendwelchen Menschen, die keinen Broccoli in den Ohren haben.

P.S.: Völlig ratlos sitze ich noch vor dieser Überschrift: “Travis: "Meine Augen" nun auch draußen”

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Musik

All They Want To Do Is Rock

Entgegen meiner gestrigen Behauptung wird das Wetter offenbar doch nicht vom Spielplan der Fußballbundesliga bestimmt, sondern vom Tourkalender britischer Rockbands. Denn kaum hatte ich gestern Mittag zur Einstimmung auf das abendliche Travis-Konzert Musik meiner schottischen Lieblinge aufgelegt, öffnete Petrus auch schon alle Schleusen und zwang mich, zur U-Bahn zu waten.

In Köln-Mülheim angekommen, hatte sich das Wetter wieder beruhigt, aber im E-Werk erwarteten mich die nächsten Schocks – oder Schöcke? Jedenfalls war der Laden um zwanzig vor Acht gerade mal mit geschätzten zweihundert Leuten gefüllt und überall hingen riesige Werbebanner von WDR 2. “Neeeeeeiiiin!”, schrie ich, “ich bin doch noch viel zu jung! Ich will nicht auf Konzerte, die von diesem Eltern-Sender präsentiert werden, gehen!” Später sah ich, dass die Soundmischer das Konzert mitschnitten – und sollte WDR 2 es schaffen, das komplette Konzert auszustrahlen, wäre ich sogar mit den Bannern und dem Gefühl des Altseins versöhnt.1

Vorband waren The Taste aus München, eine Art White Stripes mit umgekehrter Geschlechterverteilung. Das war ganz nett und kurzweilig und weil die Dame und der Herr jedes Lied namentlich ankündigten weiß ich jetzt, dass nahezu alle The-Taste-Songs ein “you” im Titel haben. Öhm, das klingt jetzt nicht sonderlich positiv, aber stellen Sie sich mal vor, wie sie auf noch so gute Bands reagieren würden, die Ihre Lieblingsband supporten müssten. Da guckt man halt immer auf die Uhr.

Auf die Uhr geguckt wurde auch von offizieller Seite sehr exakt (WDR-2-Konzert halt): 19:59 Uhr Vorband, 21:00 Uhr Licht aus für Travis. Wie man es schon aus diesem Mitschnitt kennt, erklang zunächst die Hymne von 20th Century Fox, ehe die Band in Bademäntel gehüllt zum “Rocky Theme” in die Halle einzog. Durchs Publikum, das inzwischen glücklicherweise doch noch ein bisschen angewachsen war. Fran Healy sieht von nahem sehr viel kleiner, bärtiger und grauer aus als auf der Bühne, aber er hat sehr wache Augen und einen festen Händedruck.

Als die vier Schotten und ihr schwedischer Tour-Keyboarder die Bühne erklommen hatten, schmissen sie sich mit Schmackes in “Selfish Jean”, wobei Fran Healy während des ganzen Konzertes eines der T-Shirts trug, die sich Demetri Martin im Video zum Song vom Körper schält. Ohne ausufernde Ansagen, die Fran noch auf vergangenen Touren gemacht hatte, sprang die Band von Song zu Song und damit kreuz und quer durch die eigene Geschichte. Noch auf keiner Tour nach 2000 haben Travis so viele Songs von ihrem Debütalbum gespielt (“Good Day To Die”, “The Line Is Fine”, “Good Feeling” und “All I Want To Do Is Rock”), noch nie standen alte und neue Songs derart Schulter an Schulter. Was beim Hören der verschiedenen Alben mitunter nur schwer vorstellbar ist, wurde live völlig klar: Diese Songs stammen alle von der selben Band und sie sind auch alle Kinder gleichen Geistes.

Zwar spielte die Band jede Menge Singles, aber das Konzert wirkte dennoch nicht wie eine Greatest-Hits-Show. Dafür fehlten die Nicht-Album-Singles “Coming Around” und “Walking In The Sun”, aber auch “Re-Offender” von “12 Memories”. Überhaupt gab’s vom ungeliebten “dunklen” Album gerade mal zwei Songs zu hören: “The Beautiful Occupation” und das luftige “Love Will Come Through”. Was aber noch viel merkwürdiger war: Es gab auch gerade mal vier Songs vom aktuellen Album “The Boy With No Name”. Kein “Colder”, kein “Battleships”, kein “Big Chair”.

Die Sieger im Set hießen also “The Man Who” (5 von 11 Songs, nur “Blue Flashing Light” fehlte zur vollen Glückseligkeit) und “The Invisible Band” (5 von 12 Songs, davon “Flowers In The Window” in einer wunderbaren Akustikversion, bei der die ganze Band sang). Die Reaktionen im Publikum machten deutlich, dass es sich bei den Beiden in der Tat um die Lieblingsalben der meisten Fans handeln muss.

Obwohl das Set also etwas merkwürdig aussah und mindestens zwei Songs (für mich “Blue Flashing Light” und “Colder”) zu wünschen übrig ließ, war es ein tolles Konzert, denn die Band hatte sichtlich Spaß bei dem, was sie da tat, und diese Freude übertrug sich auf das Publikum. Als letzten Song im Zugabenblock gab es dann natürlich “Why Does It Always Rain On Me?”, das Lied, das für Travis das ist, was “Creep” für Radiohead, “Loser” für Beck und “Wonderwall” für Oasis ist: Das Lied, das jeder kennt, auch wenn er sonst nichts von der Band kennt. Aber Travis schaffen es, mit diesem Hit würdevoll umzugehen und wenn das Publikum erst mal hüpft wie eine Kolonie juveniler Frösche, ist die kommerzielle Bedeutung des Lieds eh egal. Und weil Fran den Song beim ersten Mal falsch zu Ende gebracht hatte (“This doesn’t happen that often because usually I’m perfect”), gab’s das Finale dann ein zweites Mal.

Das nächste Mal wollen Travis nicht wieder vier Jahre auf sich warten lassen. Im Dezember geht’s ins Studio, um ein neues Album aufzunehmen.

1 Ja, ich glaube, das war eine Aufforderung.

Und hier noch die Setlist für die Jäger und Sammler:

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Musik Sport

“Alles Strokes!”

Aller guten Dinge sind drei. Deswegen jetzt und hier der letzte Kilians-Content für … na ja, wir wollen nicht zu viel versprechen. Aber erst mal der letzte Kilians-Content.

In den Hauptrollen: weiterhin Simon den Hartog und ich, ein Schwedenpanzer und die Straßen von Dinslaken. Und wenn ich danach nicht “Polylux” moderieren darf, weiß ich auch nicht weiter …

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(Erst Teil 1 und 2 anschauen oder gleich die ganze Playlist)

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Musik Rundfunk

Just The Faces Change

Gerade rief meine Mutter an, um mir mitzuteilen, dass der WDR-Rockpalast das Konzert von Travis bei Rock am Ring zeige. Soviel zur Frage, wo Musikjournalisten ihre Informationen herhaben.

Jetzt guck ich mir das an, erfreue mich an der herrlichen Musik, frage mich, wann die wohl auf Tour kommen, und stelle fest: Fran Healy sieht inzwischen ein bisschen aus wie der uneheliche Sohn von Oliver Welke und Phil Collins!

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“You can say ‘you’ to me!”

Die Anrede im Englischen öffnet Missverständnissen Tür und Tor. Da ist zum einen die Sache mit den Vornamen, die kürzlich in meinem neuen Lieblings-Blog USA Erklärt sehr anschaulich beschrieben wurde (nun ja, ‘anschaulich’ ist das falsche Wort für einen Sachverhalt, der in seiner Komplexität der Kernspaltung in nichts nachsteht – dann eben ‘gut beschrieben’). Zum anderen ist da die Sache mit dem Personalpronomen “you”, das Deutsche schon mal als “Du” verstehen, und sich deshalb freuen oder wundern, dass sich die Native Speaker des Englischen alle duzen. Die Wahrheit ist ungleich komplexer. Ganz knapp: Der englischen Sprache ist das “Du” (“thou”/”thy”) im Laufe der Jahrhunderte abhanden gekommen und existiert heute nur noch in Shakespear’schen Dramen, der Bibel und ähnlichen Texten früherer Tage.

Warum diese längliche Einleitung aus dem Bereich der Sprachwissenschaften? Zum einen habe ich vor wenigen Tagen einen Studienabschluss in Anglistik erlangt, zum zweiten muss man sich diese Situation vor Augen führen, wenn es um die schwierige Arbeit der Interview-Übersetzung in deutschsprachigen Redaktionen geht.

Dirk Peitz hat für jetzt.de ein Interview mit Fran Healy und Dougie Payne von Travis geführt. Die Musiker werden sich mit “Hi, I’m Fran” bzw. “Hello, I’m Dougie” vorgestellt haben (obwohl sie davon ausgehen können, dass ein Interviewer wenigstens die Namen seiner Gesprächspartner kennt – sie sind eben gut erzogen) und im Gespräch wird man sich, wie allgemein üblich, mit “you” angesprochen haben. Da Interviews grundsätzlich in übersetzter Form gedruckt werden, musste nun das englische Gespräch in einen deutschsprachigen Text umgewandelt werden, und irgendjemand kam bei der früheren Jugendbeilage der SZ auf die Idee, man könne doch die Musiker in der Übersetzung einfach mal siezen.

Das kann man machen, um sich so von vorneherein vom Vorwurf der Anbiederung freizumachen. Man kann es auch machen, um seinen Gesprächspartnern den nötigen Respekt zu erweisen (schon Max Goldt hat sich in seinem Text “Was man nicht sagt” dafür ausgesprochen, Musiker nicht als “Jungs” und “Mädels” zu bezeichnen – sie zu siezen wäre also auch nur konsequent). Man kann es sogar machen, um zu beweisen, dass man das mit dem “Du” und “Sie” im Englischen sehr, sehr gut verstanden hat. Aber egal, wie die Gründe gelautet haben mögen, sie werden bei den (zumeist jugendlichen) Lesern Verwirrung auslösen:

SZ: Sie haben sich fast vier Jahre Zeit gelassen, um Ihr neues Album aufzunehmen. Was haben Sie so lange getrieben?

Fran Healy: Es gibt dieses Sprichwort im Musikgeschäft: Für dein erstes Album brauchst du 23 Jahre, doch für jedes weitere geben dir die Plattenfirmen nur noch sechs Monate.

“Mutti, warum siezt der Journalist diesen verehrenswerten Musiker und dieser Rockstar-Stoffel duzt dann einfach zurück?”, werden natürlich die wenigsten Zahnspangenträgerinnen morgen am Frühstückstisch ihre Studienrätin-Mutter fragen. Täten sie es nur! Die Mutti würde erst den ganzen Sermon, den ich oben schon geschrieben habe, wiederholen, und dann erklären, dass “you” ja auch für “man” stehen kann und das Sprichwort von wirklich umsichtigen Redakteuren deshalb mit “Für sein erstes Album braucht man 23 Jahre, doch für jedes weitere geben einem die Plattenfirmen nur noch sechs Monate”, übersetzt worden wäre. Vielleicht würde sie aber auch nur sagen: “Gabriele, iss Deine Cerealien und frag das Deinen Englischlehrer, den faulen Sack!”

Absurder als das aufgeführte Beispiel ist übrigens die Angewohnheit der Redaktion des sehr guten Interviewmagazins Galore, jede aufkommende Anrede in ein “Sie” umzuwandeln. Diese automatisierte Angleichung flog spätestens auf, als Campino, der ja nun wirklich jeden duzt, den Interviewer plötzlich mit “Sie” ansprach.
Noch absurder war der Auftritt von Jan Ullrich bei Reinhold Beckmann. Aber das lag nicht nur an der Schieflage in den Anreden.

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Musik

Unsichtbar und namenlos: Die neue Travis im Detail

Am vergangenen Freitag erschien “The Boy With No Name”, das mittlerweile fünfte Album von Travis. Mit dem zeitgleich erschienen neuen Album der Manic Street Preachers und den bereits angekündigten neuen Alben von R.E.M., den Stereophonics, Ash und Slut können wir also in diesem Jahr die Wiederkehr des Musikjahres 2001 feiern – nur, dass zumindest Travis, Manics, Phonics und Ash damals noch irgendwie mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.

Auch für Travis gibt es die Track-by-track-Analyse – wie immer total subjektiv und voller Querverweise:

3 Times And You Lose
So ruhig hat noch kein Travis-Album begonnen: Erst nach 43 Sekunden setzen Bass und Schlagzeug ein, um Fran Healy, seine Akustikgitarre und den Chorgesang zu begleiten. Von da an ist es ein sommerlich-fluffiger Popsong, der auch gut auf “The Invisible Band” gepasst hätte – und damit die Marschrichtung vorgibt.

Selfish Jean
“Lust For Life”? “Lifestyles Of The Rich And Famous”? Das dürfte die … nun ja: schnellste Travis-Nummer aller Zeiten sein, man ist fast versucht, etwas wie “nach vorne gehen” zu schreiben. Darauf sollte man sogar einen gepflegten Rock’n’Roll tanzen dürfen – wenn man’s denn kann. Eine der Überraschungen des Albums – und deshalb auch einer der besten Songs. Dass hier Teile der Uralt-B-Seite “Standing On My Own” recycelt werden, fällt weder auf, noch wäre es schlimm.

Closer
Die bereits andernorts gelobte erste Single. Sie braucht ihre zwei, drei Durchläufe, dann ist es sofort einer der Lieblingssongs. Der Echo-Gesang der zweiten Strophe ist ein Travis-typischer Gänsehautmoment, der aufzeigt, warum man diese Band noch mal so gerne hat.

Big Chair
Was ist das denn, eine Funk-Ballade oder doch eher der Versuch, Drum’n’Bass auf echten Instrumenten zu spielen? Was auch immer Travis sich dabei gedacht haben: Es ist ein wunderschönes Lied daraus geworden, schon wieder beinahe tanzbar, aber dafür viel zu laid back. Mit dem schönsten Klaviergeklimper seit Robbie Williams’ “Feel”. Und dass das Lied auch von Keane stammen könnte, ist für keine der beiden Bands beleidigend gemeint. Textlich vermutlich die Antwort auf Herbert Grönemeyers “Stuhl im Orbit”.

Battleships
“Be My Baby” haben Travis schon mal als B-Seite aufgenommen, diesmal borgen sie sich deshalb nur das Intro. “When will you carry me home / Like the wounded star in the movie” beginnt das Lied, das im Refrain eine zwar etwas abgegriffene, aber nicht minder anrührende Kriegsmetapher für das Scheitern einer Beziehung durchdekliniert: “We’re battleships, driftin’ in an alley river / Takin’ hits, sinking it’s now or never / Overboard, drownin’ in a sea of love and hate but it’s too late / Battleship down”. Herzzerreißend, großartig, “The Man Who”-Niveau!

Eyes Wide Open
Huch: Eine rotzige (aber leise) E-Gitarre und eine Four-To-The-Floor-Bassdrum in der Strophe, ein schwungvoller Beat im Refrain. Das hätte (auch in textlicher Hinsicht) auch bestens aufs letzte Oasis-Album gepasst. Außergewöhnlich, aber nicht unbedingt der Übersong.

My Eyes
Musikalisch und thematisch die Fortsetzung von “Flowers In The Window”. Damals ging’s ums Kinderkriegen, jetzt ist der Nachwuchs da: “You’ve got my eyes / We can see, what you’ll be, you can’t disguise / And either way, I will pray, you will be wise / Pretty soon you will see the tears in my eyes”. Das ist dann wohl das Lied für Clay, Fran Healys Sohn, dessen Wochen der Namenlosigkeit dem Album seinen Titel gaben. Die schönste Vater-Sohn-Nummer seit Ben Folds’ “Still Fighting It” – und auch fast so gut.

One Night
Jedes Travis-Album braucht offenbar ein “Luv” oder “Afterglow”, an das man sich schon beim nächsten Track kaum noch erinnert. Und mit Zeilen wie “One night can change everything in your life / One night can make everything alright” gewinnt man auch keinen Blumentopf. Wie die vorgenannten Songs aber auch, so fügt sich dieser Titel gut in den Albumkontext ein und eignet sich so gut als Füller.

Under The Moonlight
Travis, die ungekrönten Könige der fantastischen B-Seiten-Coverversionen, packen ein fremdes Lied auf eines ihrer Alben! Wobei, was heißt hier “fremd”? Geschrieben wurde “Under The Moonlight” von Susie Hug, einer engen Freundin der Band, deren letztes Album nicht nur von Fran Healy produziert wurde, sondern bei dem auch noch drei Viertel der Band (Bassist Dougie Payne musste grad umziehen) als Backing Band zu hören sind. Seltsam (aber kein bisschen schlimm) ist nur, dass es sich bei der Dame, die im Hintergrund singt, nicht um Susie Hug, sondern um KT Tunstall handelt.

Out In Space
Das obligatorische Lied ohne Schlagzeug. Klingt wie ein Überbleibsel der “Invisible Band”-Sessions und hat die gleiche atmosphärische Dichte. Seit der Regen vor meinem Fenster die Hitze abgelöst hat, passt dieser Song auch.

Colder
Das Schlagzeug rumpelt, Andy Dunlops Gitarren sirren und Fran Healy singt “I’m in love with everything” – klingt nach guter Laune? Quark: “The sky is falling down / And there’s an angel on the ground / It’s getting colder”. Fünf Pfund, dass es hier um einen verflucht kalten Winter geht. Im Refrain kommt erstmalig ein Vocoder zum (sparsamen, aber prägnanten) Einsatz, in der Middle 8 erwarten und Harfen und Mundharmonika. Der beste Travis-Song seit vielen Jahren, eine Kopfnick- und Armeausbreite-Hymne für die pathetischen Momente im Leben.

New Amsterdam
Oh, ein Lied über New York, hatten wir ja noch nie. Der lyrisch schwächste Travis-Song seit “She’s So Strange”. Dass New York einen sprachlos macht, ist klar. Dass dabei aber trotzdem noch gute Songtexte entstehen können, haben zuletzt Tomte bewiesen. Musikalisch trotzdem schön.

Sailing Away
Drei von jetzt fünf Travis-Alben haben Hidden Tracks, diese Quote schlägt nur noch Robbie Williams. Hier ist der aktuelle: Ein beschwingter Schunkler, der vor allem mit dem (doch wohl hoffentlich beabsichtigten) The-Clash-Zitat “I live by the river” punkten kann. Ein hübscher Abschluss der Platte und tausend- ach: milliardenfach besser als der letzte Schotte, der übers Segeln sang. Wie, das ist ja auch überhaupt nicht schwer? Na gut: stimmt.

Fazit
Okay, ich bin ehrlich: Ich bin überzeugter Travis-Fan. Gerade deshalb war ich aber irgendwie immer unzufrieden mit “12 Memories”, weil es mir irgendwie ein bisschen verkrampft, unrund und überambitioniert erschien. “The Boy With No Name” schaltet da zwei Gänge zurück und ist deshalb eher als direkter Nachfolger von “The Invisible Band” anzusehen – was sich übrigens auch in den sonnendurchfluteten Amerika-Fotos der jeweiligen Booklets wiederspiegelt. Trotzdem gibt es auch ein paar große “The Man Who”-Momente.
Es ist das erste Travis-Album, dass nicht nur Fran-Healy-Songs beinhaltet: Neben der externen Zulieferung “Under The Moonlight” stammen “3 Times And You Lose” und “Big Chair” (Andy Dunlop) und “Colder” (Dougie Payne) zumindest teilweise aus der Feder anderer Bandmitglieder, die ihre Songwriterqualitäten schon auf diversen B-Seiten beweisen durften. (Ich glaube, ich sollte mal dringend eine Liste mit den besten Travis-B-Seiten zusammenstellen – das dürfte deren zweitbestes Album werden.)
Die Band tat vermutlich sehr gut daran, den Breitwand-Tüftler Brian Eno nach ein paar Tagen in die Wüste zu schicken und das Album stattdessen mit Steve Orchard und ihrem langjährigen Begleiter Nigel Godrich zu produzieren.
Zu der von Jan Wigger aufgestellten Behauptung, Travis-Fans seien “auffallend genügsam” und erwarten eh immer nur das Gleiche, kann man stehen, wie man will, dieses Album liefert innerhalb des Travis-Kosmos doch die ein oder andere Neuerung und kann vielleicht im Kreis der Keane-, Snow-Patrol- und Coldplay-Anhänger sogar noch den einen oder anderen neuen Fan abgreifen.
Die letzte Frage, die sich jetzt noch stellt: Ist der im Booklet überschwänglich mit Dank bedachte “Wolfgang Doebling” wirklich Wolfgang Doebeling vom Rolling Stone?

Travis - The Boy With No Name
Travis – The Boy With No Name

VÖ: 04.05.2007
Label: Independiente
Vertrieb: SonyBMG

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Musik

Listenpanik (2): Hier kommt Rock’n’Roll

Die letzte Bestandsaufnahme ist schon wieder fast zwei Monate her und so richtig sinnvoll will mir dieses unstrukturierte Vorgehen nicht erscheinen. Deswegen gibt es hier ab demnächst immer am Monatsende eine Liste der wichtigsten Platten und Singles. Jetzt aber erst mal die für Ende Februar bis Mitte April – natürlich wie immer streng subjektiv und garantiert unter versehentlichem Vergessen von hundert anderen Sachen, die auch toll sind.

Alben
1. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chronicles Of A Bohemian Teenager
Passender kann ein Albumtitel kaum sein: Ganz großes Gefühlskino mitten aus dem Leben, das von verspieltem Geplucker vor dem Sturz in den Emo-Strudel bewahrt wird. Sam Duckworth ist gerade mal 20 und damit ein mehr als würdiger Erbe für Connor Oberst, dessen Bright Eyes das Tal der Tränen langsam zu verlassen wollen scheinen.

2. Mika – Life In Cartoon Motion
Passender kann ein Albumtitel kaum sein: Höchst vergnüglicher Bubblegum-Pop, der immer kurz davor steht, ins Alberne abzuschweifen, sich aber immer wieder rettet. Dass der 23jährige Sänger (als Kind mit seiner Mutter aus dem Libanon geflohen, der Vater sieben Monate im Irak verschwunden, hat früher Telefonwarteschleifen besungen) bisher schon ein für heutige Verhältnisse erschreckend bewegtes Leben geführt hat, macht ihn auch als Interviewpartner interessant.

3. Flowerpornoes – Wie oft musst du vor die Wand laufen, bis der Himmel sich auftut?
Passender … Nee, anders: Es mag Zufall sein, dass Tom Liwa seine Band in dem Jahr reaktivierte, in dem mit Blumfeld eine andere große deutschsprachige Indieband der ersten Stunde die Bühne verlässt. Strapazierte Liwa auf seinen letzten Soloplatten die Nerven seiner bodenständigeren Fans mitunter erheblich mit esoterischen Themen, steht er plötzlich wieder mitten im Leben. Die E-Gitarren bollern und er singt Geschichten von Zahnarzttöchtern, Apfelkernen und Rock’n’Roll. Und der ist bekanntlich größer als wir alle.

4. Maxïmo Park – Our Earthly Pleasures
Die neben Bloc Party vermutlich spannendste Band der British Class of 2005 legt ebenfalls nach. Wie es sich für einen guten Zweitling gehört, wirkt die Band gefestigter und scheint ihren Weg gefunden zu haben. Musikalisch großer Indiepop mit vollem Instrumentarium, textlich oft genug ganz tief drin in den menschlichen Abgründen.

5. Just Jack – Overtones
Hip Hop? Funk? Pop? Na ja, in irgendeine Schublade wird man das Album schon stopfen können. Besser aufgehoben ist es aber im Discman, während man auf der Wiese in der Sonne liegt. So laid back und sommerlich kann Musik klingen, ohne gleich süßlich duften zu müssen.

Singles
1. Manic Street Preachers – Your Love Alone Is Not Enough
Okay, okay: noch ist die Single nicht erschienen. Aber wenn die Manic Street Preachers durch die Soloausflüge von James Dean Bradfield und Nicky Wire zu alter Stärke zurückfinden und dann noch ein Duett mit Nina Persson von den Cardigans, der Frau in die jeder ordentliche Indiehörer und -musiker mindestens einmal verliebt war, veröffentlichen, ist das Releasedate ja wohl egal. Wenn Bradfield und Persson durch diese nach Petticoat und Tanztee klingende Nummer schunkeln und nebenbei noch ein paar Selbstzitate verbraten (“You stole the sun” – “Straight from my heart, from my heart, from my heart”), ist das eben ganz und gar großartig.

2. Travis – Closer
Auch noch nicht erschienen, aber ebenfalls bereits zu hören ist die Comeback-Single von Travis. “Closer” ist ein echter grower, der beim ersten Hören langweilig erscheint, und den man nach fünf Durchgängen schon ewig zu kennen glaubt. “Gänsehaut-Zeitlupen-Stadion-Pophymne” nennt das die Presseinfo und hat damit sogar irgendwie recht. Die Band tänzelt durchs Video und man würde es ihr gerne gleichtun. Das macht – zusammen mit den anderen Hörproben, die es bereits gab – ganz große Lust auf das neue Album.

3. Just Jack – Starz In Their Eyes
Night fever, night fever! In der sog. gerechten Welt wäre das der Tanzbodenfüller der Saison. So ist es eben nur der Funksong, mit dem man sich bis zum Erscheinen des nächsten Phoenix-Albums die Beine vertreten kann. Oder was man sonst mit Beinen so macht, wenn Musik läuft.

4. Kilians – Fight The Start
Ja ja, die klingen total wie die Strokes. Nur, dass ich mich nicht erinnern könnte, dass die Strokes je A Tribe Called Quest zitiert hätten. Außerdem können Menschen, die sich für besonders schöne Bassläufe interessieren, hier noch richtig was lernen. Und alle anderen auch. Gerechte Welt: Riesenhit. Kann man sogar nachhelfen.

5. The View – Wasted Little DJ’s
Bevor alle Welt New Rave feiert – was auch immer das genau sein soll – gibt es hier noch mal Indierock. Der Song dengelt zwischen Libertines und Beach Boys dahin und sollte dieses Jahr auf keinem Mixtape fehlen.