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Digital

Oh, Lord …

Ich muss zuge­ben: Manch­mal bin ich doch etwas über­rascht, was für Gra­fi­ken die auto­ma­ti­sche Album­co­ver-Impor­tier-Funk­ti­on von iTu­nes so appor­tiert.

Kreative Albumbebilderung bei iTunes

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Musik Digital

Allerletztes.fm

Ich fin­de, ich habe noch nicht genug Sta­tis­ti­ken und Lis­ten für 2007 gepos­tet. Des­we­gen hier und jetzt als Zuga­be: die Aus­wer­tung mei­nes last.fm-Accounts!

Meist­ge­hör­te Songs
1. Tra­vis – Col­der (40 Mal)
2. Tra­vis – Batt­le­ships (35)
3. Tra­vis – Clo­ser (32)
4. Wir Sind Hel­den – The Geek (Shall Inhe­rit) (29)
5. Kai­ser Chiefs – Ruby (27)
6. Kili­ans – Fight The Start (25)
6. Bloc Par­ty – I Still Remem­ber (25)
8. Shout Out Louds – Tonight I Have To Lea­ve It (24)
8. The Kil­lers – Read My Mind (24)
8. The Blood Arm – Sus­pi­cious Cha­rac­ter (24)
8. Mika – Grace Kel­ly (24)
12. Tra­vis – My Eyes (23)
12. Kili­ans – When Will I Ever Get Home (23)
12. Muff Pot­ter – Die Guten (23)
12. Rihan­na feat. Jay‑Z – Umbrel­la (23)
16. The Fray – How To Save A Life (22)
16. The Pos­tal Ser­vice – Such Gre­at Heights (22)
16. Bloc Par­ty – Sun­day (22)
16. Manic Street Pre­a­chers – Your Love Alo­ne Is Not Enough (22)
16. Tra­vis – Sel­fi­sh Jean (22)
21. The Fray – Over My Head (Cable Car) (21)
22. Manic Street Pre­a­chers – Indi­an Sum­mer (20)
22. Gui­ded By Voices – Hold On Hope (20)
22. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager (Part 2) (20)
22. Get Cape. Wear Cape. Fly – War Of The Worlds (20)

Meist­ge­hör­te Künst­ler
1. Tra­vis (534 Songs)
2. Manic Street Pre­a­chers (378)
3. The Kil­lers (313)
4. Jim­my Eat World (228)
5. Ben Folds (227)
6. R.E.M. (223)
7. Oasis (210)
8. Get Cape. Wear Cape. Fly (196)
9. Wir Sind Hel­den (191)
9. Ste­reo­pho­nics (191)
9. Ben Folds Five (191)
12. Muff Pot­ter (190)
13. Kili­ans (187)
14. Rob­bie Wil­liams (180)
15. Bloc Par­ty (177)
16. The Wall­flowers (173)
17. The Fray (165)
18. The Wea­k­erthans (160)
19. Tom­te (156)
20. Shout Out Louds (155)
20. The Ata­ris (155)
20. Lily Allen (155)
23. The Smas­hing Pump­kins (148)
24. Finn Brot­hers (145)
25. Mika (141)

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Musik

Heimatlied

Bevor wir uns hier gleich den MTV Euro­pean Music Awards wid­men, noch schnell das neue Video einer Band, die unver­ständ­li­cher­wei­se nicht mal nomi­niert ist:

Kili­ans – When Will I Ever Get Home

P.S.: Für die EMAs sind sie noch nicht nomi­niert, wohl aber für die Eins-Live-Kro­ne. Und für die kann man auch abstim­men. Im Netz. Immer wie­der.

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Musik Politik

Rock around the Bundestag

Wie ich gera­de sueddeutsche.de ent­neh­me, wird sich der Deut­sche Bun­des­tag am heu­ti­gen Mitt­woch mit dem Antrag „Popu­lä­re Musik als wich­ti­gen Bestand­teil des kul­tu­rel­len Lebens stär­ken“ befas­sen. Dar­in for­dern die Frak­tio­nen von CDU/​CSU und SPD eine zag­haf­te För­de­rung von hei­mi­schem Rock, Pop und Jazz.

Nun muss man bei der soge­nann­ten Kul­tur­po­li­tik immer ganz vor­sich­tig sein, beson­ders, wenn es um Pop­mu­sik geht. Erin­ne­run­gen an die grau­en­haf­te For­de­rung nach einer „Radio­quo­te“ wer­den sofort wie­der wach (und dar­an, wie Wiglaf Dros­te Ant­je Voll­mer und Hart­mut Eng­ler fer­tig mach­te).

Und, inde­ed: Smells Like Deutsch­quo­te light.

Das Inter­net als beson­ders leicht zugäng­li­ches und preis­wer­tes Medi­um hat sich in den letz­ten Jah­ren zu einer der wich­tigs­ten Platt­for­men für Künst­le­rin­nen und Künst­ler aller Berei­che ent­wi­ckelt. Neben der Ver­füg­bar­keit gro­ßer und über­grei­fen­der Platt­for­men ist im Inter­net auch eine eigen­stän­di­ge und selbst­be­stimm­te Prä­sen­ta­ti­on und Ver­mark­tung mög­lich, die durch­aus sinn­voll sein kann. Weit­aus höher sind die Zugangs­bar­rie­ren jedoch bei den wich­ti­gen media­len Platt­for­men Hör­funk und Fern­se­hen. Hier spie­gelt sich der bestehen­de Erfolg der in Deutsch­land pro­du­zier­ten Rock- und Pop­mu­sik nicht wider.

Allein die Vor­stel­lung, beim Ein­schal­ten des Radi­os noch öfter Juli, Sil­ber­mond oder gar Revol­ver­held hören zu müs­sen, treibt mir den Angst­schweiß ins Gesicht.

Zwi­schen­ruf: „Und was ist mit Tom­te, Kan­te, Kili­ans?“
Ant­wort: „Ja, das ist eben Qua­li­tät. Ich habe immer noch die nai­ve Vor­stel­lung, dass die sich lang­fris­tig durch­set­zen wird. Das ist jeden­falls wahr­schein­li­cher, als dass eine grö­ße­re Anzahl Radio­kon­su­men­ten plötz­lich los­rennt und Kan­te-Alben kauft, nur weil die im Radio lie­fen. Kan­te wür­den aber eh nicht im Radio lau­fen, son­dern die oben genann­ten.“

Die Bun­des­re­gie­rung wird auf­ge­for­dert, bestehen­de För­de­run­gen für deut­sche Pop­mu­sik bes­ser abzu­stim­men, „pri­va­te Mit­tel ergän­zend zur staat­li­chen För­de­rung ein­zu­wer­ben“ und sich bei den Rund­funk­an­stal­ten für „ange­mes­se­ne Platt­for­men ein­zu­set­zen“. Es ist ein zah­mer Antrag, zusam­men mit zwei Ein­ga­ben zur Kul­tur­wirt­schaft ist jedoch immer­hin eine Stun­de zur Bera­tung vor­ge­se­hen. Die ver­an­schlag­ten Kos­ten im Haus­halt lie­gen bei je einer Mil­li­on Euro für 2007 und 2008.

Das kann eine Men­ge hei­ßen. Natür­lich habe auch ich Angst vor Rock­be­am­ten und Pop­be­auf­trag­ten. In Län­dern wie Schwe­den, Finn­land, Nor­we­gen, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und Kana­da, gibt es teil­wei­se seit Jah­ren „Musik­ex­port­bü­ros“, die sich um eine För­de­rung der hei­mi­schen Musik im Aus­land bemü­hen.

Nun kann man argu­men­tie­ren, dass Bands wie Abba, a‑ha oder die … Beat­les durch­aus auch ohne der­ar­ti­ge Kam­pa­gnen Erfolg hat­ten. Man Ich weiß nicht, inwie­weit die aktu­el­le „Swe­dish Inva­si­on“ von Man­do Diao, Money­brot­her und Sugar­plum Fairy plan­bar gewe­sen sein soll. Und es bleibt natür­lich immer ein fader Bei­geschmack bei staat­lich „ver­ord­ne­ter“ Kul­tur.

Ein deut­sches Rock­bü­ro ist für mich eine denk­bar uncoo­le Vor­stel­lung – und ich fra­ge mich, wie­so. Als ich auf ver­gan­ge­nen Pop­kom­men von der skan­di­na­vi­schen För­de­rung hör­te, fand ich die Idee wun­der­bar und frag­te mich, wie­so es sowas in mei­nem hin­ter­wäld­le­ri­schen Hei­mat­land nicht gibt. Kaum küm­mern sich die Poli­ti­ker mal um pop­kul­tu­rel­le The­men, fin­de ich es auch wie­der schreck­lich. Einer­seits könn­te die hie­si­ge Musik­sze­ne eine „ein­heit­li­che Struk­tur“, wie sie im Antrag gefor­dert wird, gut gebrau­chen, ande­rer­seits zer­stört das natür­lich das Bild des chao­ti­schen, unauf­ge­räum­ten Rock’n’Roll.

Eigent­lich ist es nur gerecht: Thea­ter wer­den geför­dert, Muse­en, Biblio­the­ken und Denk­mä­ler. Klas­si­sche Musik eh. Die deut­sche Film­wirt­schaft könn­te ohne Film­för­de­rung kaum über­le­ben – und Zyni­ker wür­den fra­gen, in wie viel Pro­zent der Fäl­le das ein Ver­lust wäre. Von über­wie­gend pri­va­ter Kul­tur­för­de­rung sind wir hier­zu­lan­de noch weit ent­fernt und glaubt man den Ver­ant­wort­li­chen der Musik­in­dus­trie, wird ihr Wirt­schafts­sek­tor bald eh ein Fall fürs Amt.

Viel­leicht soll­ten wir ein­fach mal abwar­ten. Die Erfah­rung zeigt: Die Deut­schen wer­den es schon falsch machen.

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Musik

„Spalter!“

Ja, ja, das neue Radio­head-Album. Jetzt ist es also bald eine Woche drau­ßen und fast alle haben dar­über geschrie­ben: der „NME“, der „Rol­ling Stone“, „Pitch­fork Media“, aber auch bei laut.de, alternativenation.de war man schnell mit den Bespre­chun­gen, intro.de hat­te immer­hin ein Forum zum Sam­meln der ers­ten Hör­ein­drü­cke ein­ge­rich­tet.

Die Rezen­si­on bei „Spie­gel Online“ ver­eint mal wie­der alles, was ich am Musik­jour­na­lis­mus nicht aus­ste­hen kann:

Dabei ist „In Rain­bows“ kein Enig­ma, kein Vexier­bild und kei­ne Kipp­fi­gur, son­dern die zugäng­lichs­te Plat­te, die Radio­head seit „OK Com­pu­ter“ ver­öf­fent­licht haben. Wer hier noch ernst­haft von „sper­rig“ spricht, ver­dient 48 Stun­den Dau­er­be­schal­lung mit Muse und Pla­ce­bo, ange­ket­tet.

Und bei „Plat­ten­tests Online“ erklärt man via News­let­ter, war­um es auch fünf Tage nach der Ver­öf­fent­li­chung des Albums im Inter­net noch kei­ne Rezen­si­on in die­sem Inter­net-Medi­um gibt:

Einen hal­ben Tag, teils sogar nur weni­ge Stun­den nach dem Down­load-Start ver­öf­fent­lich­ten eini­ge Online-Maga­zi­ne stolz ihre Rezen­sio­nen und fühl­ten sich als Sie­ger, nur weil sie die ers­ten waren. Sie hat­ten das Album zwei‑, viel­leicht drei­mal unter Zeit­druck gehört. Und sie sehen das als Grund­la­ge, den Wert eines Albums zu beur­tei­len, das jeden Hörer über Mona­te her­aus­for­dern, beschäf­ti­gen und in neue Zwei­fel stür­zen wird.

Wir möch­ten jetzt nie­man­den dis­sen oder über Kol­le­gen her­zie­hen, aber unter Serio­si­tät ver­ste­hen wir was ande­res. Und unter­wer­fen uns mit http://www.plattentests.de/ nicht die­sem von fal­schen Gel­tungs­drang getrie­be­nen Wett­be­werb. Wenn wir gewollt hät­ten, hät­ten wir Euch locker nach fünf Stun­den – oder wenigs­tens jetzt, nach fünf Tagen – eine Rezen­si­on raus­hau­en kön­nen. Und natür­lich ist auch unse­re Ver­gan­gen­heit nicht frei von über­stürz­ten, zu vor­ei­li­gen Rezen­sio­nen. Doch gera­de ein Radio­head-Album braucht mehr Zeit, um sich zu ent­fal­ten, wes­we­gen wir Euch aufs nächs­te Update ver­trös­ten müs­sen

Und was sag ich?

Ich fin­de nach wie vor, dass das Album gut ist, aber es ist wie mit so man­chem „guten“ Buch oder so man­chem „guten“ Wein: Ich erken­ne, dass das Werk von einer hohen Qua­li­tät sein muss, aber es sagt mir per­sön­lich nichts. Wie alle ande­ren Radio­head-Alben nach „Kid A“ auch, lässt mich „In Rain­bows“ weit­ge­hend kalt. Ich habe nicht das Gefühl, dass es mei­nem Leben oder dem Gesamt­werk der Band irgend­et­was hin­zu­fügt, und ob ich es höre oder nicht, macht für mich kei­nen Unter­schied. Mit „15 Step“ kann ich eben­so wenig anfan­gen wie mit Thom Yor­kes Solo­al­bum und von den zehn Songs ist „Video­tape“ der ein­zi­ge, der mich per­sön­lich anspricht.

Und damit ste­he ich vor einem Dilem­ma, denn es scheint fast, als müs­se man „In Rain­bows“ unbe­dingt in den Him­mel loben. Schrei­ben, es sei das zugäng­lichs­te Album seit „OK Com­pu­ter“ („In Rain­bows“ ist zugäng­lich, aber „OK Com­pu­ter“ ist für mich zum Bei­spiel so zugäng­lich wie Haru­ki-Mura­ka­mi-Bücher, also: gar nicht). Erzäh­len, dass man Frau und Kin­der ver­las­sen habe, um sich ganz der Rezep­ti­on die­ses Albums zu wid­men.

Radio­head ste­hen – wie sonst eigent­lich nur R.E.M., Bob Dylan, John­ny Cash und Joni Mit­chell – eh schon über allem, mit der Ver­öf­fent­li­chungs­tak­tik ihres neu­en Albums schei­nen sie sich völ­lig unan­greif­bar gemacht zu haben. Oder zumin­dest schei­nen die Leu­te zu den­ken, dass Radio­head jetzt unan­greif­bar sind. Ich wüss­te ger­ne, wie vie­le Musik­jour­na­lis­ten ver­zwei­felt vor ihrem Com­pu­ter saßen und dach­ten: „Aha. Und?“. Und dann schrie­ben sie, es sei ein Mei­len­stein, ein Meis­ter­werk, die Musik­wer­dung des Herrn.

Ich habe so vie­le CDs im Regal, so vie­le MP3s auf dem Com­pu­ter, da höre ich lie­ber Musik, die mich anspricht, die mir per­sön­lich etwas „gibt“. Und über­las­se „In Rain­bows“ denen, die auch sonst zu Archi­tek­tur tan­zen.

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Musik Digital

Long tail, short breath

Vor einem hal­ben Jahr hat­te ich mal über die Rei­he „Top Of The Blogs“ bei „Spie­gel Online“ geschrie­ben und mich dar­über gewun­dert, dass dort zwar Musi­ker vor­ge­stellt wur­den, die zuvor in Blogs gelobt wor­den waren, aber kein ein­zi­ges Blog ver­linkt war.

Gera­de fiel mir die Geschich­te wie­der ein und ich woll­te mal nach­schau­en, was die­se zukunfts­wei­sen­de Rubrik eigent­lich so macht. Sie­he da: Sie ist sang- und klang­los vor fünf Mona­ten aus­ge­lau­fen, nach zehn Epi­so­den.

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Musik

Von wegen sparsame Schotten

Aus­lands­se­mes­ter sind nicht immer nur gut, um sich fach­lich etwas wei­ter­zu­bil­den, auch kul­tu­rell brin­gen ein paar Mona­te in einem ande­ren Land vie­le schö­ne Din­ge mit sich. Man lernt ande­re Men­schen ken­nen, ande­re Lebens­wei­sen, und manch­mal auch neue Musik von Bands, die ganz am Anfang ste­hen und noch alles vor sich haben.

Es geschah an einem Abend, an dem ich zusam­men mit mei­nen schot­ti­schen Mit­be­woh­ne­rin­nen den Fern­se­her anmach­te und die schot­ti­sche New­co­mer-Musik­sen­dung schau­te (auch durch län­ger­fris­ti­ges goo­geln habe ich nicht mehr raus­fin­den kön­nen, wie die Sen­dung hieß und wo sie lief, aber ich neh­me an, es war bei der BBC). Es folg­te eine Vor­schau auf alles, was in der Sen­dung kom­men soll­te. Und ein Kom­men­tar mei­ner Mit­be­woh­ne­rin Ash­ley: „Ooooh, The Dykee­nies! I know that one guy who’s play­ing in that band, he used to be one of my class­ma­tes!“

Ob sie die Jungs nun kann­te oder nicht, ich war auf jeden Fall auf Anhieb hin und weg von dem, was ich da hör­te. Um mal ein wenig klas­si­sches Name­drop­ping zu betrei­ben: Der Sound liegt irgend­wo zwi­schen den Kil­lers, Snow Pat­rol, Vega 4 und den Kai­ser Chiefs. Kraft­voll, über­wäl­ti­gend, melo­di­ös.

Ihr bis­her größ­ter Auf­tritt ein Gig auf der Break Stage beim T in the Park-Fes­ti­val im schot­ti­schen Kin­ross. Neben ihnen auf der Büh­ne: The View und Pao­lo Nutini. Um mal die unge­fäh­ren Dimen­sio­nen klar­zu­stel­len.

Ihr neu­es Album, „Not­hing Means Ever­y­thing“, ist vor rund einer Woche in Groß­bri­tan­ni­en auf den Markt gewor­fen wor­den. Bei Ama­zon konn­te ich es bis­her nicht ent­de­cken, daher wer­de ich es wohl oder übel impor­tie­ren müs­sen. Und mich bis dahin mit dem begnü­gen, das die Band auf ihrer MySpace-Sei­te prä­sen­tiert. Beson­ders ans Herz legen kann ich dort „Stit­ches“, einen Song, der sich auch auf dem eben genann­ten Album befin­det. Und nun los: Anhö­ren! Damit ihr hin­ter­her nicht ankommt und behaup­tet, ich hät­te euch nicht gewarnt…

The Dykeenies

Band­fo­to von Lau­ra McN­ei­ce, All Rights Reser­ved

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Musik

Finger brechen für Fortgeschrittene

Durch Zufall bin ich Anfang letz­ter Woche bei der FreakVideo­platt­form You­tube auf das Video Drif­ting von Andy McKee gesto­ßen. Andy McKee ist ein 28jähriger Fin­ger­style-Gitar­rist aus Kan­sas und was soll ich sagen? Er hat es ein­fach drauf.
Im Video sieht man einen etwas dick­li­chen, kah­len jun­gen Mann, der einen lus­ti­gen Voll­bart trägt und Gitar­re spielt. Irgend­wie war mein ers­ter Gedan­ke: „War der nicht mal bei „Das Model und der Freak“?

Aber dann ging es los und Andy McKee schlägt in die Sai­ten. Aller­dings auf eine Art und Wei­se, die ich so noch nicht gese­hen habe. Mir fiel die Kinn­la­de zu Boden und ich war hin und weg von den Klän­gen, die er aus sei­ner Andrew White gui­tar her­aus­holt (Die gibt es übri­gens hier zu kau­fen. Ab 3700€).

Nach­dem ich sein Video förm­lich auf­ge­so­gen hat­te, schau­te ich mir noch die ande­ren Vide­os von ihm bei You­tube an und such­te par­al­lel nach einem Album. Lei­der konn­te ich es bei kei­nem deut­schen Inter­net­shop fin­den, also bestell­te ich es kur­zer­hand bei Ama­zon (zusam­men mit dem Album eines ande­ren begab­ten Gitar­ris­ten – dem­nächst viel­leicht mehr). Am Diens­tag lag die CD Art Of Moti­on“ dann bei mir im Brief­kas­ten. Ich freu­te mich wie ein klei­nes Kind…
Seit­dem läuft die Plat­te bei mir auf hoher Rota­ti­on und ich bin echt ver­dammt begeis­tert. Kei­ne Ahnung, wie vie­le die­se Begeis­te­rung mit mir tei­len. Viel­leicht muss man selbst Gitar­re spie­len, um zu mer­ken wie schwer das ist, was die­ser Kerl da so leicht und locker daher­klim­pert.

Emp­feh­len kann ich die CD aller­dings jedem, der akus­ti­sche Gitar­ren­klän­ge mag und auch mal auf ande­re Instru­men­te und Gesang ver­zich­ten kann. Denn auf der CD hört man aus­schließ­lich Andy McKee und nur sein Gitar­ren­spiel.

Bei eini­gen Songs benutzt er übri­gens eine Harp-Gitar­re. Sehr wit­zi­ges Ding!

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Musik

It’s gonna be an easy ride

Jacqui Naylor (photo by Thomas Heinser)Es gibt Alben, die sind so Gen­re-spren­gend, dass sie haar­scharf an jeder Ziel­grup­pe vor­bei­schram­men. „The Color Five“ von Jac­qui Nay­lor könn­te so ein Fall sein: Eigent­lich ist die Kali­for­nie­rin Jazz­sän­ge­rin, aber ihre Alben und Kon­zer­te öff­nen auch die Schub­la­den „Folk“ und „Pop“ so weit, dass die Kom­mo­de, auf der groß „Musik­gen­res“ steht, und die Musik­jour­na­lis­ten­me­ta­phern um die Wet­te aus­ein­an­der­fal­len.

Gemein­sam mit ihrer (sehr guten, aber dazu kom­men wir noch) Band hat Jac­qui Nay­lor etwas erfun­den, was sie „acou­stic smas­hes“ nennt: Singt Nay­lor den Text eines Pop­songs („Hot Legs“ von Rod Ste­wart“, „I Still Haven’t Found What I’m Loo­king For“ von U2, „Lola“ von den Kinks), spielt die Band dazu einen Jazz­stan­dard („Can­ta­lou­pe Island“ von Her­bie Han­cock, „All Blues“ von Miles Davis, „Side­win­der“ von Lee Mor­gan); singt Nay­lor einen … nun ja: etwas abge­grif­fe­nen Klas­si­ker wie das unver­meid­li­che „Sum­mer­ti­me“ von Geor­ge und Ira Gershwin, bemerkt man das viel­leicht gar nicht auf Anhieb, weil die Band lie­ber „Whip­ping Post“ von den All­man Brot­hers spielt. Hört sich kom­pli­ziert, merk­wür­dig oder schlicht unvor­stell­bar an? Hier kann man in alle Songs rein­hö­ren und sich davon über­zeu­gen, dass es ziem­lich gut klingt.

Ein Drit­tel der fünf­zehn Songs sind die­se „acou­stic smas­hes“, ein Drit­tel „nor­ma­le“ Cover­ver­sio­nen und ein Drit­tel Ori­gi­nals, also Songs, die Nay­lor und ihr Musi­cal Direc­tor Art Khu selbst geschrie­ben haben. Das nicht gänz­lich unre­nom­mier­te Maga­zin „Jazz Times“ ver­glich das Song­wri­ting der bei­den mit dem der nicht gänz­lich unbe­deu­ten­den Joni Mit­chell und Paul Simon, und ich möch­te wenigs­tens noch Sara McLach­lan, Tori Amos und Neil Finn name­drop­pen. „Easy Ride From Here“ z.B. ist ein der­art run­der Pop­song, dass ich ihn bit­te in den nächs­ten Jah­ren in min­des­tens fünf ver­schie­de­nen roman­ti­schen Komö­di­en oder ame­ri­ka­ni­schen Hoch­glanz­se­ri­en hören möch­te.

Ich weiß nicht, ob ich je von Jac­qui Nay­lor erfah­ren hät­te, wenn ich sie nicht per­sön­lich ken­nen­ge­lernt hät­te; ob ich auch so von ihrer Musik begeis­tert wäre, wenn ich sie nicht live gese­hen hät­te. Ihre Stim­me bewegt sich zwi­schen but­ter­weich und ange­nehm krat­zig und ihre Band … Ach, die­se Band: Jazz­mu­si­kern zuzu­se­hen, ist für Men­schen wie mich, die stolz sind, drei Akkor­de feh­ler­frei grei­fen zu kön­nen, immer in glei­chem Maße beein­dru­ckend wie ernüch­ternd. Die­se Band ist beson­ders tight (ist „tight“ über­haupt eine Voka­bel, die zum Beschrei­ben von Jazz­bands geeig­net ist?): Art Khu könn­te man ver­mut­lich ein Alp­horn in die Hand drü­cken und nach fünf Minu­ten wür­de er dem Instru­ment lieb­lichs­te Töne ent­lo­cken, Drum­mer Josh Jones spielt nicht nur die ver­track­tes­ten Beats und Rhyth­men­wech­sel, er gri­mas­siert dabei auch noch, als müs­se er wäh­rend des Kon­zerts noch einer Grup­pe durch­ge­knall­ter Comic­zeich­ner Modell sit­zen.

Es gibt Alben, die sind so Gen­re-spren­gend, dass sie jede Ziel­grup­pe begeis­tern. „The Color Five“ von Jac­qui Nay­lor könn­te so ein Fall sein.

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Musik

Another Day In Paradise

Die ers­te Schall­plat­te, von der ich mich erin­nern kann, sie in den Hän­den gehal­ten zu haben, müss­te „…But Serious­ly“ von Phil Coll­ins gewe­sen sein. Mein Vater hat­te sie ver­mut­lich kurz nach Erschei­nen gekauft und ich neh­me an, „Ano­ther Day In Para­di­se“ war mit sechs Jah­ren sowas wie mein ers­tes Lieb­lings­lied, ein­fach weil es stän­dig auf Plat­te und im Radio lief. So ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber Phil Coll­ins war ein­fach immer da.

Etwa zu die­ser Zeit fing ich mit dem Schlag­zeug­spie­len an und begriff erst lang­sam, dass Phil Coll­ins auch ein berühm­ter Schlag­zeu­ger (gewe­sen) war – einer der bes­ten der Welt. So wird es wohl nie mehr einen beein­dru­cken­de­ren Schlag­zeug­ein­satz geben als auf „In The Air Tonight“ und auch heu­te sind sei­ne Schlag­zeug­so­li die Höhe­punk­te jedes Live­kon­zerts. Ehe der ungleich coo­le­re Dave Grohl vom Nir­va­na-Schlag­zeug ans Foo-Figh­ters-Mikro­fon wech­sel­te, war Phil Coll­ins das Vor­bild aller Drum­mer, die sich zu Höhe­rem beru­fen fühl­ten (also aller Drum­mer).

Sein ’93er Album „Both Sides“ war eine der ers­ten CDs, die ich selbst besaß, auch wenn ich es bis heu­te glau­be ich kein ein­zi­ges Mal kom­plett gehört habe – als jun­ger Mensch hör­te man ja irgend­wie immer nur die Sin­gles, die man aus dem Radio oder aus der WDR-Video­clip­sen­dung „Hit Clip“ kann­te. Dafür kann ich die Tex­te die­ser Sin­gles heu­te immer noch aus­wen­dig mit­sin­gen, was inso­fern beacht­lich ist, als das Album ja aus einer Zeit stammt, zu der ich gera­de im ers­ten Jahr des Eng­lisch­un­ter­richts steck­te.

Weih­nach­ten 1996 wünsch­te ich mir dann und bekam „Dance Into The Light“, das ich auch erst­ma­lig als voll­stän­di­ges Album wahr­nahm. Aus heu­ti­ger Sicht lässt sich natür­lich leicht sagen, dass es sich um ein ziem­lich grau­en­haf­tes Radio­pop-Album han­delt, auf dem der damals 45-jäh­ri­ge Coll­ins abwech­selnd ver­such­te, jugend­lich und wie sein alter Gene­sis-Kum­pel Peter Gabri­el zu klin­gen. Auch hat­te ich mich als 13-Jäh­ri­ger noch nicht so weit in die Musik­his­to­rie ein­ge­ar­bei­tet um zu erken­nen, dass Coll­ins‘ Ver­si­on von „The Times They Are A‑Changin‘ “ ein ziem­lich übles Ver­ge­hen am Werk eines gewis­sen Bob Dylan war. Ich war halt Phil-Coll­ins-Fan und soll­te noch ler­nen, dass es offen­bar eben­so schwer ist, sich gegen sei­ne ers­ten musi­ka­li­schen Hel­den zu stel­len, wie etwas schlech­tes über sei­ne ers­te Teen­ager-Lie­be zu sagen. So bin ich ja heu­te noch glü­hen­der Ver­eh­rer von a‑ha und Her­bert Grö­ne­mey­er, ver­su­che auch der grau­en­haf­ten neu­en Paul-McCart­ney-Plat­te irgend­et­was posi­ti­ves abzu­rin­gen und nach mei­nem Wie­der­hö­ren mit der Mün­che­ner Frei­heit will ich am liebs­ten gar nicht wis­sen, was ich auch heu­te noch von BAP und East 17 hiel­te.

„…Hits“, das Coll­ins-Best-Of von 1998, war jeden­falls eine mei­ner ers­ten selbst­ge­kauf­ten CDs und mach­te mich auch mit den Erfol­gen, die vor mei­ner Geburt lagen, bekannt. Als Phil Coll­ins dann 1999 den Sound­track zu Dis­neys „Tarzan“-Film ver­öf­fent­lich­te, befand ich mich zwar schon auf dem Weg zu einem ande­ren Musik­ge­schmack, aber die sym­pa­thi­sche Stim­me des klei­nen Man­nes gehör­te inzwi­schen qua­si zur Fami­lie. Auch die­se Lie­der kann ich heu­te alle noch mit­sin­gen und die Sin­gle „You’ll Be In My Heart“ hat es sei­ner­zeit auf min­des­tens eine Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­te geschafft.

Selbst, als sich bei mir schon die Radiohead‑, Smas­hing-Pump­kins- und Tom-Liwa-Alben sta­pel­ten, war Phil Coll­ins aus mei­nem Leben nicht weg­zu­krie­gen: Das Leo-Say­er-Cover „Can’t Stop Loving You“ vom ansons­ten grau­en­haf­ten Album „Testi­fy“ lan­de­te wahr­schein­lich nur des­halb auf kei­nem Mix­tape, weil die Ste­reo­an­la­ge mei­nes Vaters damals nach einem Blitz­scha­den in Repa­ra­tur war, und selbst „Look Through My Eyes“ vom „Bären­brü­der“-Sound­track fand ich gut. Phil Coll­ins‘ Stim­me hat inzwi­schen die glei­che Wir­kung auf mich wie der Geruch auf dem Dach­bo­den mei­ner Groß­el­tern: Sie weckt Erin­ne­run­gen an längst ver­gan­ge­ne Tage, als die Welt noch groß und auf­re­gend war, und einem trotz­dem nichts pas­sie­ren konn­te.

So war ich auch kein biss­chen über­rascht, als bei der Aka­de­mi­schen Jah­res­fei­er, in deren Rah­men ich am Diens­tag mein Bache­lor-Zeug­nis erhielt, ein Jazz-Trio „Against All Odds“ zum Bes­ten gab (der Grund, war­um ich über­haupt auf die Idee zu die­sem Ein­trag kam). Ich war sogar rich­tig­ge­hend beru­higt, denn ich wuss­te, Phil Coll­ins und sei­ne Songs wür­den immer da sein, egal wo ich bin und was ich tu. Und es ist doch immer schön, wenn man sich auf etwas ver­las­sen kann.

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Totgeglaubte leben länger

Erin­nert sich eigent­lich noch einer an My Vitri­ol? Mit „Always: Your Way“ hat­ten sie 2001 einen der Hits in der Indie­sze­ne, es folg­te ein etwas weni­ger erfolg­rei­ches „Groun­ded“ und das war es dann irgend­wie. Ver­schwun­den, ein­fach so. Als ein­zi­ge Erin­ne­rung das Album „Fine­li­nes“, das öfter mal wie­der auf dem Regal gezo­gen und gehört wur­de. Schö­ne, zeit­lo­se Gitar­ren­mu­sik, die sich auch heu­te noch hören las­sen kann.

Damals habe ich mich immer flei­ßig in Band­news­let­ter ein­ge­tra­gen, und end­lich hat es sich doch mal aus­ge­zahlt, dass ich das so gewis­sen­haft betrie­ben habe. Denn genau wie Vega4 vor eini­gen Mona­ten mel­den sich My Vitri­ol nun zurück. Mit einer neu­en EP kurz vor der Ver­öf­fent­li­chung. Heu­te dann der Start­schuss:

The strict­ly limi­t­ed edi­ti­on EP ‚A Pyrrhic Vic­to­ry‘ is out NOW via Xtra Mile Recor­dings. Only 1500 CDs will be available, so be quick!

Was mir bei iTu­nes ent­ge­gen­schallt, ist gar nicht mal übel. Mein Gefühl sagt mir, sie sind etwas opu­len­ter gewor­den. Ver­track­ter. Aus­ge­feil­ter. Was mir irgend­wie etwas fehlt, ist die Melo­diö­si­tät, die ich an „Fine­li­nes“ so lie­be. Aber viel­leicht braucht wah­re Lie­be manch­mal ein wenig Zeit. Ich wer­de berich­ten.

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Sie haben uns ein Denkmal gebaut

Am ver­gan­ge­nen Frei­tag erschien „Sound­so“, das drit­te Album von Wir Sind Hel­den. Hier mei­ne paten­tier­te Track-by-track-Ana­ly­se:

(Ode) An die Arbeit
Es bedarf schon eini­ges Mutes, sein Album mit einem fun­ki­gen Sprech­ge­sang zu begin­nen. Die Hel­den haben Mut und plau­dern sich durch einen Track, der die elen­de Gesell­schafts­kri­tik band­ty­pisch mit zwei zwin­kern­den Augen auf den Punkt bringt: „Du bist Preu­ßen!“

Die Kon­kur­renz
Noch mehr Arbeits­welt-Meta­pho­rik für „Neon“-Leser und „Polylux“-Zuschauer. „Sag’s mir, Hip­pie­kind!“ soll­te drin­gend als geflü­gel­tes Wort in die deut­sche Spra­che ein­ge­hen. Musi­ka­lisch (mit Blä­sern auf­ge­hübscht) ganz nett, aber einer der schwä­che­ren Songs des Albums.

Sound­so
Aus einem Hea­vy-Metal-Gitar­ren­so­lo ent­spinnt sich eine melan­cho­li­sche Mid­tem­po-Num­mer, die im Refrain zu „Du erkennst mich nicht wieder“-mäßigen Höhen erwächst. Ein Lied über Anders­sein und Schub­la­den­den­ken, ein Lied, das aber auch zeigt, dass Wir Sind Hel­den nicht nur Text, son­dern auch Musik sind.

Für nichts garan­tie­ren
Wenn man schon Tele-Sän­ger Fran­ces­co Wil­king als Gast­sän­ger ver­pflich­ten kann (der Gegen­be­such für Judith Holo­fer­nes‘ Gesang auf „Wovon sol­len wir leben“), muss man auch ein biss­chen nach Tele klin­gen. Und das klappt bes­tens, denn musi­ka­lisch ist das genau die rich­ti­ge Kra­gen­wei­te mit leich­tem Schun­kel­beat und ent­spann­ten Blä­sern. Text­lich ist das dann wohl das Eltern-Lied der Plat­te, denn Frau Holo­fer­nes und Schlag­zeu­ger Pola Roy sind ja jüngst Eltern eines klei­nen Jun­gen gewor­den.

Kaputt
Noch ein Lied übers Anders­sein, über kaput­te Fami­li­en und das Gefühl, auf­ge­ben zu wol­len: „Es ist okay – jeder soll flie­hen der kann /​ Wenn du den Flucht­wa­gen fährst /​ Schnall dich an“. Das ist ja über­haupt etwas, was die Band seit ihrem Debüt per­fekt beherrscht: Sie ver­mit­teln dem Hörer das Gefühl, ver­stan­den zu wer­den, und fas­sen das in Wor­te, was er selbst nicht beschrei­ben kann.

Laby­rinth
Okay, spä­tes­tens hier ist der text­li­che Schwer­punkt des Albums (eigent­lich aller Hel­den-Alben) klar: Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit und Suche. Wel­che Meta­pher wäre da bes­ser geeig­net als „Laby­rinth“. Wie­der Mid­tem­po, wie­der Key­boards, wie­der Nachts auf dem Fahr­rad hören und die Arme aus­brei­ten.

The Geek (Shall Inhe­rit)
Wenn die Serie auf­recht­erhal­ten wird, wird das die vier­te Sin­gle des Albums. Bis­her wur­den mei­ne Hel­den-Favo­ri­ten („Denk­mal“, „Wenn es pas­siert“) näm­lich immer als letz­tes aus­ge­kop­pelt. Und das hier ist sowas von mein Favo­rit: Anders­sein, natür­lich. „Die Ver­letz­ten sol­len die Ärz­te sein /​ Die Letz­ten sol­len die Ers­ten sein /​ Die Ers­ten sehen als Letz­te ein: /​ The Geek shall inhe­rit the earth“ wird bit­te jetzt sofort vor jeder Schu­le in Mar­mor gemei­ßelt. Wer sein Leben lang nicht dazu gehör­te, hat jetzt end­lich – von denn Weezer-Alben mal ab – sei­ne ganz per­sön­li­che Natio­nal­hym­ne. Ich muss drin­gend Kraft­trai­ning machen, um mir den kom­plet­ten Text auf den Ober­arm täto­wie­ren las­sen zu kön­nen.
Ist übri­gens auch musi­ka­lisch ein tol­ler Song und das kett­car-mäßigs­te, was die Hel­den bis­her hat­ten.

End­lich ein Grund zur Panik
Die Vor­ab­sin­gle. Wie schon „Gekom­men um zu blei­ben“ ein Lied, das man nicht erwar­tet hät­te: Die Hel­den wie­der laut, wie­der wild, Frau Holo­fer­nes schreit wie­der. Der Song hät­te auch aufs Debüt­al­bum gepasst und ist text­lich eigent­lich die ein­zig not­wen­di­ge Ant­wort auf Wolf­gang Schäubles Gene­ral­pa­nik­ma­chung. Ach ver­dammt, jetzt hab ich die Hel­den schon wie­der als „Sprach­rohr einer Gene­ra­ti­on“ miss­han­delt …

Der Krieg kommt schnel­ler zurück als du denkst
Super­ti­tel, was? Für ein Kind der Acht­zi­ger, das ich bin, ist die heu­ti­ge Zeit natür­lich regel­recht erhol­sam, ver­gli­chen mit dem ato­ma­ren Welt­krieg, der uns damals angeb­lich jeden Tag von neu­em droh­te. Trotz­dem: Wie schnell Regie­run­gen (auch die eige­ne) tat­säch­lich in den Krieg zie­hen, haben wir in den letz­ten acht­ein­halb Jah­ren deut­lich genug gese­hen. Um viel mehr geht’s in dem Lied dann auch nicht, dafür noch die Super-Anspie­lung „Was ist so lus­tig an Lie­be und Frie­den?“

Hän­de hoch
„Es ist vor­bei du bist umstellt /​ Um dich her­um über­all Welt“ – Ja, fan­tas­tisch, was soll man denn nach einem sol­chen Lied­an­fang noch schrei­ben? Ein Lied übers Auf­ge­ben, übers Akzep­tie­ren, das selt­sa­mer­wei­se viel opti­mis­ti­scher klingt, als man es ver­mu­ten wür­de.

Stil­ler
„Ich bin nicht Stil­ler“ – Was? Deutsch-LK mit Max-Frisch-Abi?! Nee, „stil­ler“ als Kom­pa­ra­tiv zu „still“. Na, dann ist ja gut. Eine Bal­la­de über … Ja, Herr­gott: über Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit, übers Akzep­tie­ren, übers Abkap­seln: „Ich bin nicht stil­ler /​ Nur die Wor­te feh­len“.

Lass uns ver­schwin­den
Im Wesent­li­chen gibt es bei Wir Sind Hel­den zwei Sor­ten von Lie­dern, die immer wie­der neu und toll durch­de­kli­niert wer­den: Den lau­ten, gesell­schafts­kri­ti­schen Stamp­fer („Guten Tag“) und die melan­cho­li­sche, per­sön­li­che Bal­la­de („Du erkennst mich nicht wie­der“). Der letz­te Song ist immer die melan­cho­li­sche, per­sön­li­che Bal­la­de und auch in ihrer x‑ten Mani­fes­ta­ti­on ist die­se immer noch anrüh­rend und wun­der­schön. Was ja bei aller Gesell­schafts­kri­tik und dem Sprach­rohr-Geschwur­bel immer wie­der über­se­hen wird: Die per­sön­li­chen Hel­den-Songs waren fast immer noch ein biss­chen bes­ser als die gesell­schafts­kri­ti­schen. So auch hier.

Fazit
Nach dem drit­ten Album kann man sich meis­tens sicher sein, ob eine Band so gut ist, wie man das am Anfang ver­mu­tet hat­te. Mehr als vier Jah­re, nach­dem ich Wir Sind Hel­den für mich ent­deckt und sie vor damals noch zwei­hun­dert laut mit­sin­gen­den (vor der Ver­öf­fent­li­chung des Debüts!) Fans live gese­hen habe, kann ich nun also beru­higt sagen: Ja, die sind so gut. Sie spre­chen einem aus dem Her­zen und der See­le, sie packen das in Wor­te, was man immer schon gedacht hat. Kon­zept­al­ben sind eine doo­fe Erfin­dung und natür­lich ist „Sound­so“ kei­nes, aber die immer wie­der­keh­ren­den The­men (ja ja: Anders­sein, Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit, Schub­la­den­den­ken, …) sind schon deut­lich erkenn­bar. Und wer kennst sich mit Schub­la­den bes­ser aus als das „Sprach­rohr der Gene­ra­ti­on Prak­ti­kum“?

Wir Sind Helden - Soundso (Cover)
Wir Sind Hel­den – Sound­so

VÖ: 25.05.2007
Label: Rekla­ma­ti­on Records/​Labels
Ver­trieb: EMI