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Musik Film

Nimm mein Mixtape, Babe

Die Neun­zi­ger sind ein trau­ri­ges Jahr­zehnt, denn sie muss­ten ohne die ganz gro­ßen, prä­gen­den Teen­ager-Fil­me aus­kom­men. Allen­falls „Ame­ri­can Pie“ (von 1999) hat­te einen ver­gleich­ba­ren Ein­fluss auf die Pop­kul­tur wie „Say Any­thing“, „Fer­ris Bueller’s Day Off“, „Fast Times At Rid­ge­mont High“ oder „Six­teen Cand­les“. Vor allem hat­ten die Neun­zi­ger kei­nen John Cusack.

Oh, glück­li­che Nuller, denn die haben Micha­el Cera, der in „Super­bad“ schon von erstaun­li­cher Lloyd-Dobler-Haf­tig­keit war, der in „Juno“ die Rol­le des lie­bens­wer­ten, höf­li­chen Jun­gen ohne Eigen­schaf­ten erneut spiel­te und jetzt mit gera­de mal 20 schon sein „High Fidelity“-Pendant dre­hen durf­te: „Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list“.

Nick ist ein Schü­ler, der nicht über die Tren­nung von sei­ner Freun­din Tris hin­weg­kommt, ihre Mail­box voll­quas­selt und ihr unab­läs­sig Mix-CDs brennt.1 Die CDs, die Tris weg­wirft, sam­melt Norah (Kat Den­nings) ein und ver­liebt sich über die Musik in den ihr unbe­kann­ten Absen­der. Dann tref­fen sich die Bei­den erst­mals in der Rea­li­tät, mögen sich nicht, stol­pern durch eine chao­ti­sche Nacht und Rich­tung Hap­py End.

Ich weiß nicht, wann ich das letz­te Mal das Gefühl hat­te, dass bei einem Film von der Atmo­sphä­re über die Dar­stel­ler bis zur Musik alles stimmt, aber das Dreh­buch lei­der völ­li­ger Quark ist. Viel­leicht bei Came­ron Cro­wes „Eliza­beth­town“ und ein biss­chen bei „Gar­den Sta­te“.2 Man kann im Sin­ne der Dreh­buch­au­to­ren eigent­lich nur hof­fen, dass da ein Zwei­stün­der ganz bru­tal auf 89 Minu­ten zusam­men­ge­kürzt wur­de, denn vie­les passt nicht so recht zusam­men und gera­de das Ver­hal­ten der bei­den Haupt­per­so­nen wirkt oft völ­lig unmo­ti­viert.

„Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list„3 ist trotz­dem ein wun­der­ba­rer Film – und das liegt an allem, was nicht Dreh­buch ist.4 Für einen Musik­lieb­ha­ber5 sind der Film und sein Sound­track6 wie ein Besuch bei Freun­den: Vie­le kennt man schon und die ande­ren sind auch nett. Bishop Allen tre­ten live auf und Deven­dra Ban­hart latscht als Super­markt-Kun­de durchs Bild, dazu kom­men Songs von unter ande­rem Vam­pi­re Weekend, The Dead 60s, We Are Sci­en­tists, Shout Out Louds, Band Of Hor­ses und Rogue Wave.

Die Schau­spie­ler spie­len ihre Cha­rak­te­re auf eine für einen Tee­nie-Film über­ra­schend zurück­hal­ten­de und damit sehr ange­neh­me Art. New York zeigt sich abseits der 5th-Ave­nue-Kli­schees von sei­ner sym­pa­thischs­ten Sei­te. Und hat­te ich erwähnt, wie groß­ar­tig die gan­ze Atmo­sphä­re ist?

Und so kommt es, dass ich ein paar Stun­den nach dem Kino­be­such ((Und beim Hören des Sound­tracks, den iTu­nes freund­li­cher­wei­se auch nach Laden­schluss noch vor­rä­tig hat­te.) mit woh­li­ger Erin­ne­rung an einen Film zurück­den­ke, wäh­rend des­sen Sich­tung ich fast die Lein­wand ange­schrien hät­te, um die Autoren zu ver­flu­chen.

Bil­ly Wil­der hat ein­mal gesagt, für einen guten Film brau­che man drei Din­ge: 1. Ein gutes Dreh­buch, 2. Ein gutes Dreh­buch und 3. Ein gutes Dreh­buch. Ich wür­de dem Meis­ter nie wider­spre­chen, aber viel­leicht ist „Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list“ ja ein­fach die Aus­nah­me, die die Regel bestä­tigt.

Trai­ler
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  1. Ein bizar­rer Ana­chro­nis­mus – sowohl Mix­tapes als auch MP3-Lis­ten wür­de man ver­ste­hen, aber CDs?! []
  2. Des­sen Dreh­buch aller­dings nicht völ­li­ger Quark, son­dern nur ein biss­chen unstruk­tu­riert war. []
  3. Oder „Nick und Norah – Sound­track einer Nacht“, wie der eher so mit­tel­gu­te deut­sche Titel lau­tet. []
  4. Das Dreh­buch hat übri­gens auch ein paar hüb­sche Ein­fäl­le an den Rän­dern, aber die zen­tra­le Hand­lung ist halt völ­lig ver­un­glückt. []
  5. Oder auch Musik­nerd. []
  6. Im Abspann wer­den 37 Songs auf­ge­führt, nur ein paar weni­ger als bei „High Fide­li­ty“ und „Almost Famous“. []
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Digital Fernsehen

Aufguss 2007 – Die Coffee-And-TV-Leserwahl

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wer eigent­lich immer mit Schein­wer­fern hin­ter gro­ßen Ereig­nis­sen geht, damit die ihre Schat­ten vor­aus­wer­fen kön­nen?

Nein? Oh, scha­de.

Jeden­falls: Das Jahr neigt sich dem Ende und über­all wer­den Elf-Monats-Rück­bli­cke aus­ge­strahlt, pein­li­che „Award-Zere­mo­nien“ abge­hal­ten und Leser, Zuschau­er oder Hörer zum Zurück­bli­cken auf­ge­ru­fen. Da will Cof­fee And TV natür­lich nicht hin­ten anste­hen:

Aufguss 2007 - Die Coffee-And-TV-Leserwahl

Sie haben gleich die Gele­gen­heit, in 19 Kate­go­rien die bes­ten Irgend­was­se des Jah­res 2007 zu bestim­men – Songs und Alben sogar in Hornby’schen Top-Five-Lis­ten. Vor­her muss ich aber noch kurz den Frank Elst­ner geben und die Spiel­re­geln erläu­tern:

Jeder Leser darf ein­mal abstim­men. Über­le­gen Sie sich also vor­her gut, wen und was Sie zu wäh­len geden­ken.

Die Kate­go­rien soll­ten eigent­lich selbst­er­klä­rend sein. Die Bezeich­nung „… des Jah­res“ legt nahe, dass es sich bei Ihrer Wahl um Ver­öf­fent­li­chung und Ereig­nis­se han­deln soll­te, die zwi­schen dem 1. Janu­ar und dem 31. Dezem­ber 2007 statt­ge­fun­den haben. Dabei bin ich mal so toll­kühn und beschrän­ke das nicht auf den deut­schen Markt. Bei Büchern und Fil­men, die in Deutsch­land erschie­nen sind, soll­te trotz­dem der deut­sche Titel notiert wer­den, bei hier­zu­lan­de unver­öf­fent­lich­ten Kul­tur­pro­duk­ten der jewei­li­ge Ori­gi­nal­ti­tel. Wir wer­den sehen, wo das endet …

Da ich zu faul war, mich um eine elek­tro­ni­sche Aus­wer­tung zu küm­mern, muss ich die Ergeb­nis­se per Hand und Papier zäh­len. Ich hof­fe auf ein biss­chen Mit­leid und bit­te um Ver­ständ­nis, falls die Aus­wer­tung bei über­wäl­ti­gen­der Teil­nah­me etwas dau­ern soll­te. Irgend­wann muss ich schließ­lich auch noch schla­fen.

[Nach­trag 23:56 Uhr: Nach­dem ich gera­de mit der Aus­wer­tung begon­nen habe, möch­te ich Sie bit­ten, der Ein­fach­heit, Über­sicht­lich­keit und Bequem­lich­keit hal­ber bei den Alben, Songs, Vide­os und Büchern nach dem Prin­zip „$Künst­ler – $Titel“ zu ver­fah­ren. Vie­len Dank!]

Zu gewin­nen gibt es auch was:

1. Prei­se

GHvC-Fanpaket

Je ein Grand-Hotel-van-Cleef-Fan­pa­ket, bestehend aus einem Fest-van-Cleef-Shirt und den Sin­gles „Ich sang die gan­ze Zeit von Dir“ (Tom­te), „Baby Melan­cho­lie“ (Han­sen Band) und „Dei­che“ (kett­car). Ein­mal für Damen (Gir­lie-Shirt in M) und ein­mal für Her­ren (T‑Shirt in M).

Die­se Prei­se wur­den freund­li­cher­wei­se vom Grand Hotel van Cleef zur Ver­fü­gung gestellt.

2. Preis
Eine Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­te mit den bes­ten Songs 2007. Zusam­men­ge­stellt vom legen­därs­ten Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­ten­kom­pi­lie­rer, den das Dins­la­ke­ner Theo­dor-Heuss-Gym­na­si­um je gese­hen hat.

3. Preis
Die streng limi­tier­te Sin­gle „Young Boy“ von Occi­dent.

Ich glau­be, jetzt sind alle Klar­hei­ten besei­tigt und Sie kön­nen zur Tat schrei­ten:

I now decla­re this bazaar open!

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Musik Unterwegs

Bochum – Berlin 2:13

Nächs­te Woche fah­re ich nach Ber­lin. Sowas wür­de ich nie ohne guten Grund tun und wie schon bei den letz­ten Malen (Ber­li­na­le 2003, Ben-Folds-Kon­zert 2005) gibt es auch dies­mal wie­der einen: die BILD­blog-Lesung. Wenn ich Char­lot­te Roche anschlie­ßend tref­fen soll­te, wer­de ich sie per­sön­lich dafür ver­ant­wort­lich machen, dass auch heu­te noch hüb­sche Mäd­chen mit Röcken über ihren Jeans­ho­sen (oder Jeans­ho­sen unter ihren Röcken) her­um­lau­fen, was nun lang­sam aber wirk­lich nicht mehr geht. Oder ich wer­de ihr erzäh­len, wie vie­le Lieb­lings­bands ich ihret­we­gen ken­nen­ge­lernt habe.

Als ich vor sechs Jah­ren auf Kurs­fahrt in Ber­lin war, waren wir alle furcht­bar betrun­ken hat­te ich mir vor­her ein Mix­tape auf­ge­nom­men, wo jede Men­ge Ber­lin-Songs drauf waren.1 Weil ich nicht soooo die Lust dar­auf habe, extra für die­ses Tape2 mei­nen 200 Jah­re alten Sony-Walk­man mit­zu­schlep­pen, hab ich grad mal in iTu­nes nach­ge­guckt, wie vie­le Lie­der mit „Ber­lin“ im Titel ich so habe. Es sind 13. Ich habe sechs Songs, die nach San Fran­cis­co benannt sind, 14 über New York3, zwei über Rom, kei­nen über Dins­la­ken (Gott­sei­dank) und zwei über Bochum.

„Wie, zwei?“, wer­den Sie fra­gen. „Grö­ne­mey­er und?“ Grö­ne­mey­er und Six By Seven – und das ist ein Super-Song, sag ich Ihnen.

Übri­gens könn­te Ber­lin auf­ho­len, wenn man die Stadt­tei­le mit­nimmt: „Kreuz­berg“ von Bloc Par­ty und „Tier­gar­ten“ von Rufus Wain­w­right. Aber dann kom­men wie­der fünf Man­hat­tan-Songs, „Har­lem“ von Bill Withers und vier „NYC“-Titel dazu. New York gewinnt also doch.

1 Ich hab grad nach­ge­guckt: Es waren vier. „Ber­lin“ von Bris­ke­by, „Big in Ber­lin“ von den Ster­nen, „Ber­lin“ von Lou Reed und „Born To Die In Ber­lin“ von den Ramo­nes.
2 Ist es nicht toll, dass „Tape“ noch anti­quier­ter und 90er-mäßig klingt als „Kas­set­te“? Ich fin­de das super.
3 13, wenn wir den Remix von „New York City Boy“ abzie­hen.

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Musik

Lieder für die Ewigkeit: Sportfreunde Stiller – Ein Kompliment

In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken

Gera­de habe ich bei MTV (bei MTV!!!!1) zum ers­ten Mal das Video zur neu­en Sport­freun­de-Stil­ler-Sin­gle „Alles Roger“ gese­hen. Ich bin mir rela­tiv sicher: bei denen geht nicht mehr viel. End­gül­tig vor­bei scheint die Zeit, in der die sym­pa­thi­schen Bay­ern intel­li­gen­te, gewitz­te Tex­te mit char­man­ten Melo­dien zusam­men­pack­ten und dabei Songs wie „Ein Kom­pli­ment“ aus dem Ärmel schüt­tel­ten.

Man greift sicher nicht zu hoch, wenn man die dama­li­ge Vor­ab­sin­gle zum zwei­ten Sport­freun­de-Album „Die gute Sei­te“ zu den bes­ten deutsch­spra­chi­gen Lie­bes­lie­dern aller Zei­ten (also inkl. Roman­tik und Stur­m’n’­Drang) zählt. Die unum­wun­de­ne Sym­pa­thie­be­kun­dung, die bei vie­len ande­ren Künst­lern in schlimms­tem Schla­ger­kitsch hät­te ver­sin­ken kön­nen, kam bei den Sport­freun­den Stil­ler sym­pa­thisch und authen­tisch rüber. Ja, so ist das halt, wenn man ver­liebt ist: die Ange­be­te­te wird zum „Ziel einer lan­gen Rei­se“, zur „Schaum­kro­ne der Woge der Begeis­te­rung“, kurz­um zum „größ­ten für mich“.

Man kann nur ver­mu­ten, auf wie vie­len Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­ten „Ein Kom­pli­ment“ in den letz­ten fünf­ein­halb Jah­ren gelan­det ist. Wer ein Mix­tape mit die­sem Song dar­auf ver­schenkt und dar­auf kei­ne Ant­wort in der einen oder ande­ren Rich­tung bekommt, soll­te sich ein neu­es Ziel aus­su­chen (hät­te mir das damals mal jemand gesagt …). All das, was man sich als Teen­ager (und dar­über hin­aus) nie zu sagen getraut hat, kann man ein gan­zes Stück ein­fa­cher trotz­dem aus­drü­cken (las­sen).

Aber auch fern­ab die­ses Dienst­leis­tungs­ge­dan­kens ist und bleibt „Eine Kom­pli­ment“ ein wun­der­ba­res Lied: emo­tio­nal, eupho­risch, aber immer noch mit einem soge­nann­ten Augen­zwin­kern. Das ist das Schlacht­schiff „Pathos“ mit dem Ret­tungs­boot „Iro­nie“, die neun­und­neun­zig­kom­ma­neun­pro­zen­ti­ge Hin­ga­be. Ein sol­ches Lied kann man einer Band gar nicht hoch genug anrech­nen.

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Musik

Another Day In Paradise

Die ers­te Schall­plat­te, von der ich mich erin­nern kann, sie in den Hän­den gehal­ten zu haben, müss­te „…But Serious­ly“ von Phil Coll­ins gewe­sen sein. Mein Vater hat­te sie ver­mut­lich kurz nach Erschei­nen gekauft und ich neh­me an, „Ano­ther Day In Para­di­se“ war mit sechs Jah­ren sowas wie mein ers­tes Lieb­lings­lied, ein­fach weil es stän­dig auf Plat­te und im Radio lief. So ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber Phil Coll­ins war ein­fach immer da.

Etwa zu die­ser Zeit fing ich mit dem Schlag­zeug­spie­len an und begriff erst lang­sam, dass Phil Coll­ins auch ein berühm­ter Schlag­zeu­ger (gewe­sen) war – einer der bes­ten der Welt. So wird es wohl nie mehr einen beein­dru­cken­de­ren Schlag­zeug­ein­satz geben als auf „In The Air Tonight“ und auch heu­te sind sei­ne Schlag­zeug­so­li die Höhe­punk­te jedes Live­kon­zerts. Ehe der ungleich coo­le­re Dave Grohl vom Nir­va­na-Schlag­zeug ans Foo-Figh­ters-Mikro­fon wech­sel­te, war Phil Coll­ins das Vor­bild aller Drum­mer, die sich zu Höhe­rem beru­fen fühl­ten (also aller Drum­mer).

Sein ’93er Album „Both Sides“ war eine der ers­ten CDs, die ich selbst besaß, auch wenn ich es bis heu­te glau­be ich kein ein­zi­ges Mal kom­plett gehört habe – als jun­ger Mensch hör­te man ja irgend­wie immer nur die Sin­gles, die man aus dem Radio oder aus der WDR-Video­clip­sen­dung „Hit Clip“ kann­te. Dafür kann ich die Tex­te die­ser Sin­gles heu­te immer noch aus­wen­dig mit­sin­gen, was inso­fern beacht­lich ist, als das Album ja aus einer Zeit stammt, zu der ich gera­de im ers­ten Jahr des Eng­lisch­un­ter­richts steck­te.

Weih­nach­ten 1996 wünsch­te ich mir dann und bekam „Dance Into The Light“, das ich auch erst­ma­lig als voll­stän­di­ges Album wahr­nahm. Aus heu­ti­ger Sicht lässt sich natür­lich leicht sagen, dass es sich um ein ziem­lich grau­en­haf­tes Radio­pop-Album han­delt, auf dem der damals 45-jäh­ri­ge Coll­ins abwech­selnd ver­such­te, jugend­lich und wie sein alter Gene­sis-Kum­pel Peter Gabri­el zu klin­gen. Auch hat­te ich mich als 13-Jäh­ri­ger noch nicht so weit in die Musik­his­to­rie ein­ge­ar­bei­tet um zu erken­nen, dass Coll­ins‘ Ver­si­on von „The Times They Are A‑Changin‘ “ ein ziem­lich übles Ver­ge­hen am Werk eines gewis­sen Bob Dylan war. Ich war halt Phil-Coll­ins-Fan und soll­te noch ler­nen, dass es offen­bar eben­so schwer ist, sich gegen sei­ne ers­ten musi­ka­li­schen Hel­den zu stel­len, wie etwas schlech­tes über sei­ne ers­te Teen­ager-Lie­be zu sagen. So bin ich ja heu­te noch glü­hen­der Ver­eh­rer von a‑ha und Her­bert Grö­ne­mey­er, ver­su­che auch der grau­en­haf­ten neu­en Paul-McCart­ney-Plat­te irgend­et­was posi­ti­ves abzu­rin­gen und nach mei­nem Wie­der­hö­ren mit der Mün­che­ner Frei­heit will ich am liebs­ten gar nicht wis­sen, was ich auch heu­te noch von BAP und East 17 hiel­te.

„…Hits“, das Coll­ins-Best-Of von 1998, war jeden­falls eine mei­ner ers­ten selbst­ge­kauf­ten CDs und mach­te mich auch mit den Erfol­gen, die vor mei­ner Geburt lagen, bekannt. Als Phil Coll­ins dann 1999 den Sound­track zu Dis­neys „Tarzan“-Film ver­öf­fent­lich­te, befand ich mich zwar schon auf dem Weg zu einem ande­ren Musik­ge­schmack, aber die sym­pa­thi­sche Stim­me des klei­nen Man­nes gehör­te inzwi­schen qua­si zur Fami­lie. Auch die­se Lie­der kann ich heu­te alle noch mit­sin­gen und die Sin­gle „You’ll Be In My Heart“ hat es sei­ner­zeit auf min­des­tens eine Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­te geschafft.

Selbst, als sich bei mir schon die Radiohead‑, Smas­hing-Pump­kins- und Tom-Liwa-Alben sta­pel­ten, war Phil Coll­ins aus mei­nem Leben nicht weg­zu­krie­gen: Das Leo-Say­er-Cover „Can’t Stop Loving You“ vom ansons­ten grau­en­haf­ten Album „Testi­fy“ lan­de­te wahr­schein­lich nur des­halb auf kei­nem Mix­tape, weil die Ste­reo­an­la­ge mei­nes Vaters damals nach einem Blitz­scha­den in Repa­ra­tur war, und selbst „Look Through My Eyes“ vom „Bären­brü­der“-Sound­track fand ich gut. Phil Coll­ins‘ Stim­me hat inzwi­schen die glei­che Wir­kung auf mich wie der Geruch auf dem Dach­bo­den mei­ner Groß­el­tern: Sie weckt Erin­ne­run­gen an längst ver­gan­ge­ne Tage, als die Welt noch groß und auf­re­gend war, und einem trotz­dem nichts pas­sie­ren konn­te.

So war ich auch kein biss­chen über­rascht, als bei der Aka­de­mi­schen Jah­res­fei­er, in deren Rah­men ich am Diens­tag mein Bache­lor-Zeug­nis erhielt, ein Jazz-Trio „Against All Odds“ zum Bes­ten gab (der Grund, war­um ich über­haupt auf die Idee zu die­sem Ein­trag kam). Ich war sogar rich­tig­ge­hend beru­higt, denn ich wuss­te, Phil Coll­ins und sei­ne Songs wür­den immer da sein, egal wo ich bin und was ich tu. Und es ist doch immer schön, wenn man sich auf etwas ver­las­sen kann.