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Rasende Reporter

Alle paar Monate muss ich über meinen Schatten springen und die “Rheinische Post” loben. Ich tue es gern angesichts der Jugendbeilage (falls Sie da noch mal schnell ein Wort für hätten, das weniger nach Achtziger Jahren und Hanni-und-Nanni-Starschnitt klingt …) “Herzrasen”, die der Zeitung heute beiliegt.

Darin unter anderem: Kreative Bastelideen von thereifixedit.com werden mit einem Experten von der Handwerkskammer besprochen, eine Reportage über die “demokratischste Cola der Welt” und ein Rollentausch für eine Samstagnacht, bei dem sich der verehrte Kollege Sebastian Dalkowski in der Düsseldorfer Altstadt vergnügen soll, während seine Kollegin Gesa Evers zuhause vor dem Fernseher hockt.

Der Text ist online leider nicht verfügbar (Och, bitte, bitte …), daher müssen Sie mit diesen Kostproben vorlieb nehmen:

Als ich das Oberbayern betrete, denke ich: Wer volljährig ist, kommt hier nur nicht rein, wenn er mit einem Maschinengewehr kommt. Gefühlte 75 Prozent der Gäste gehören zu einem der Junggesellenabschiede, sie trinken bunten Alkohol aus Eimern oder Toilettenschüsseln. […]

Ich sehe viele Menschen, die fortgehen, mit Gesichtern, die nichts mehr ausdrücken. Wer jetzt noch niemanden gefunden hat, findet niemanden mehr. Falls doch, wird es richtig bitter.

Falls Sie sich irgendwie in der Nähe von Duisburg befinden, können Sie heute Abend ab 20 Uhr zur “Herzrasen-Party” ins Café Steinbruch gehen, wo zunächst Herr Dalkowski ein paar seiner Texte vorlesen wird, dann musiziert der Singer/Songwriter Daniel Benjamin und anschließend ist Party.

Und um diesen Lobpreisungs- und Werbeeintrag (für den ich – bisher – noch nicht mal ein Bier bekommen habe) jetzt abzurunden, erkläre ich diese Bildunterschrift aus der Party-Ankündigung zu meinem Liebling des Monats:

Lampe in Anlehnung an Daniel Benjamin.

Und jetzt ist aber bis Weihnachten auch erst mal wieder gut …

Nachtrag, 19. Oktober: Das gesamte “Herzrasen”-Magazin kann man nun kostenlos als PDF herunterladen.

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Musik Rundfunk Digital

Positive Role Model

2006 hat die BBC nach 42 Jahren ihre Musiksendung “Top Of The Pops” eingestellt. Neil Tennant von den Pet Shop Boys findet das nicht gut, wie er jetzt noch einmal in einem Interview verriet.

Einer britischen Nachrichtenseite war das einen eigenen Artikel wert, über dem groß steht:

Tennant slams BBC for ending TOTP

Der Name der Nachrichtenseite? bbc.co.uk — das Interview lief heute Morgen im BBC-Radio.

PS: Noch schöner war übrigens die Überschrift, die der BBC-Artikel im RSS-Feed trug. Sie lautete schlicht “It’s a Sin”.

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Unterwegs Musik

Oslog (4)

Verzeihung, ich habe grad überhaupt keine Zeit.

Ich habe heute Mittag eine Band gesehen, deren Verehrung nun meine ganze Zeit in Anspruch nimmt. Es handelte sich um First Aid Kit, zwei schwedische Schwestern, die 15 und 17 Jahre alt sind und eine Unschuld auf die Bühne brachten, wie man sie im Musikbusiness selten erlebt.

First Aid Kit

Die Beiden stimmten allerliebste Folkmusik amerikanischer Prägung an und sangen über Dinge, von denen man annehmen sollte, dass sie keine Ahnung davon hätten. Aber es war toll und erinnerte ein unter anderem an Fleet Foxes, She & Him und Bon Iver — und damit an gleich drei meiner letztjährigen Lieblingsalben. Von den Fleet Foxes stimmten sie dann sogar noch den “Tiger Mountain Peasant Song” an, was ganz schlimm hätte danebengehen können, aber ganz wunderbar klang. (Wie ich später erfuhr, hatte das Video dieses Covers das Duo bei YouTube unter anderem so berühmt gemacht.) Dass sie mit “I Walk The Line” zuvor auch noch einen weiteren Song aus der Kiste mit der Aufschrift “Besser nicht covern!” sehr unpeinlich zum Besten gegeben hatten, spricht ebenfalls für die Band.

Aber jetzt müssen sie mich wirklich entschuldigen: Ich habe im Plattenladen die vorletzte Ausgabe ihrer EP “Drunken Trees” erstanden und muss die jetzt erst mal hören. (Vorher setze ich aber 50 Euro darauf, dass die Band dieses Jahr beim Haldern Pop spielt.)

Versuchen Sie’s solange hiermit:

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[“Our Own Pretty Ways”]

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[“Tiger Mountain Peasant Song”]

First Aid Kit bei MySpace

Was es mit dem Oslo-Trip auf sich hat, steht hier.

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Rundfunk

Leute Häute

Vor vielen, vielen Jahren war “Dawson’s Creek” meine liebste Fernsehserie. Nicht nur, weil sie gut gemacht und sehr stimmungsvoll war, und nicht nur, weil sie damals auf dem idealen Sendeplatz (Sonntagnachmittag) lief — die Serie hatte auch viel mit meinem Leben gemein: Ich war eindeutig Dawson Leery (ich wollte ja selber lang genug Regisseur werden), mein bester Freund war eindeutig Pacey Whitter und für einen halben Sommer hatten wir sogar eine Joey Potter. Dann wechselte “Dawson’s Creek” in Deutschland den Sendeplatz, die Serie wurde immer dramatischer und merkwürdiger und die letzten drei Staffeln habe ich (bis auf das große Finale) nie gesehen.

Während Katie “Joey Potter” Holmes eine Beziehung mit Tom Cruise begann und uns lehrte, dass die tollsten Mädchen immer bei den größten Freaks enden, lief eine neue Jugendserie an: “O.C., California”. Die hatte mit meinem Leben schon weniger zu tun (mal von Seth Cohens, also meinem Musikgeschmack abgesehen), war aber immerhin eine Staffel lang gut und unterhaltsam. Dann wurde sie erst schal, dann sehr, sehr schlimm, dann eingestellt.

Ich war zu alt geworden für Jugendserien. Meine neuen Lieblingsserien hießen “Scrubs”, “Dr. House” und “Weeds” und hatten vordergründig nichts mehr mit meinem Leben als Nicht-Mediziner und Nicht-Kiffer am Hut.

Und dann kam – Gottseidank, wir haben soeben die Einleitung hinter uns gebracht! – “Skins”. Bei Julia hatte ich etwas über die Serie gelesen und da ich das unbestimmte Gefühl hatte, vorher schon mal lobende Worte vernommen zu haben, guckte ich mir die erste Folge im Internet an.

Ich war so begeistert, dass ich – so viel zum Thema “Copy kills irgendwas” – Minuten später die DVDs der ersten beiden Staffeln bestellte. Natürlich bei amazon.co.uk, wo ja im Moment alles so herrlich günstig ist, und sich Serien-Fans deshalb reihenweise ins Unglück stürzen. Ich hatte vorher noch nie das Bedürfnis gehabt, Fernsehserien auf DVD zu gucken (meine erste Staffel “Dawson’s Creek” habe ich bis zur vierten oder fünften Folge geschafft), aber “Skins” wollte ich unbedingt sehen. Sonntag Abend hatte ich bestellt, Mittwoch früh war das Paket da.

Die Serie hat dabei den (für soziale Restkontakte sehr nützlichen) Vorteil, dass die ersten beiden Staffeln zusammen aus nur 19 Folgen á 45 Minuten besteht, was man theoretisch locker an einem Wochenende weggucken könnte.

Aber worum geht’s eigentlich? Um eine Gruppe von Teenagern in Bristol und ihre Probleme mit Schule, Eltern, Liebe, Sex und sich selbst. Nun bin ich selbst nicht mehr 17 (ich war selbst mit 17 kein großer Partygänger) und kenne mich besonders mit britischen Jugendkulturen nicht hundertprozentig aus, aber ich habe das Gefühl, die Serie könnte zum Realistischsten zählen, was man je auf dem Gebiet der Jugendserie gesehen hat. (Was wiederum am 23-jährigen Jamie Brittain liegen könnte, der die Serie gemeinsam mit seinem Vater Bryan Elsley entwickelt hat.)

Da “Skins” keine amerikanische Serie ist, dürfen die jungen Hauptpersonen hemmungslos fluchen, Drogen konsumieren, in Unterwäsche rumlaufen und Sex haben. Und trotzdem ist “Skins” nicht nur eine Jugendserie, sie funktioniert auf vielen Ebenen: Die Dialoge sind oftmals brillant, Kameraarbeit und Tonschnitt fügen eine eigene Erzählebene hinzu und überhaupt ist die ganze Serie so voll von literarischen Anspielungen (und ein paar auf “Dawson’s Creek” und “The O.C.”), dass man selbst mit einem Magister in griechischer Mythologie noch seinen Spaß daran haben kann.

Große Konflikte um Loyalität, Religion, Sexualität und Entscheidungen werden holzschnittartig, aber gar nicht mal so plump verhandelt. Die Darsteller sind durch die Bank gut, im gleichen Alter wie ihre Rollen und nicht übertrieben hübsch (man sieht regelmäßig deutlich ihr notdürftig überpuderten Pickel). Nicholas Hoult, der den coolen Tony spielt, kennt man noch aus “About A Boy”, alle anderen wird man sicherlich noch in irgendwelchen großen Filmprojekten wiedersehen. Sogar ich habe mit dem nerdigen Sid wieder eine Identifikationsfigur.

Das einzige, was ich an “Skins” kritisieren könnte, ist der klassische Serien-Fluch: In der zweiten Staffel sind ein paar Konflikte zu viel in die Drehbücher gerutscht. Zwar bewegt sich alles noch im realistischen Rahmen (Schicksalsschläge treten ja bekanntlich immer in Gruppen auf), aber ein kleines bisschen weniger wäre auch okay gewesen. Und dann ist am Ende von Staffel 2 plötzlich Schluss mit den altbekannten Gesichtern der ersten beiden Staffeln und in der dritten (die im Moment im UK im Fernsehen läuft) geht es um ganz andere Personen. Das ist ein guter Kunstgriff, den die Autoren da gemacht haben, um ihre Charaktere nicht totzuerzählen, aber nach allem, was man gemeinsam “durchgemacht” hat, schmerzt der Abschied schon.

Sie entnehmen meinen ungewohnt euphorischen Schilderungen, dass “Skins” eine Serie ist, die jeder, wirklich jeder, von Ihnen gesehen haben sollte (einzige Ausnahme: Eltern von Kindern, die gerade zwischen 15 und 18 Jahre alt sind). Ich habe in meinem Leben keine Fernsehserie gesehen, die so witzig, aufrichtig, realistisch, traurig, sexy, wahr und großartig ist, wie “Skins” — und dann haben die Macher auch handwerklich noch alles richtig gemacht.

Bei aller Verehrung für die amerikanische Popkultur: Das haben die Briten wirklich verdammt gut hingekriegt.

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Der schwarze Gürtel im Nervensägen

Als ich noch ein kleiner Junge war und mit meiner Familie in der Innenstadt von Dinslaken wohnte, fuhr die Straßenbahnlinie 903 direkt hinter unserem Haus entlang. Mit meinem besten Freund habe ich oft an den Gleisen gespielt (was man natürlich, liebe Kinder an den Bildschirmen zuhause, nie tun sollte) und ein, zwei Mal bin ich auch (natürlich in Begleitung Erwachsener) mit der Straßenbahn nach Duisburg und von da aus weiter in den Zoo gefahren.

Warum erzähle ich Ihnen das? Ralf Birkhan hat für die “NRZ” eine Reportage über die Linie 903, mit der man durch halb Duisburg juckeln kann, geschrieben. Es ist eine sehr atmosphärische Schilderung geworden, die sprachlichen Bilder sind manchmal etwas zu bemüht, aber manche Sätze sind auch ganz großartig in ihrer Schlichtheit:

An der Haltestelle „Fischerstraße” in Hochfeld ist der Mittag gekommen, sonst niemand.

Und weil hier ja viel zu oft über schlechten Journalismus gemeckert und guter viel zu selten gelobt wird, möchte ich Ihnen die Reportage mit dem leider fürchterlich verunglückten Titel “Straßenbahn-Linie 903: mittags beim „Kuaför” – abends das Arbeiter-Bier” hiermit ans Herz legen — auch, wenn Sie noch nie in Duisburg waren.

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Digital Sport

Emfohlen

Setzen Sie sich erst mal!

Atmen Sie tief durch.

Nehmen Sie einen Rotstift und umkringeln Sie das heutige Datum auf ihrem Kalender.

Ich muss Ihnen nämlich jetzt eine Klickstrecke empfehlen. Bei “RP Online”.

Ich glaube, es ist das erste Mal in der Geschichte von “RP Online”, dass eine Bildergalerie mit einem Namen versehen wurde. Insofern will ich Thomas Grulke ganz direkt loben für etwas, das eigentlich eine onlinejournalistische Selbstverständlichkeit sein sollte — aber für “RP Online” gelten ja spezielle Regeln.

Herr Grulke hat alle Trainer von Borussia Mönchengladbach von 1964 bis heute zusammengestellt und dabei nicht nur auf doofe, nichtssagende Fotos gesetzt, wie es in seinem Hause sonst üblich ist.

Das Ergebnis erinnert viel mehr an ein Autoquartett: Foto, Dauer der Amtszeit, Bundesligaspiele mit Borussia, Punkteschnitt und Erfolge sind bei jedem extra aufgeführt. Zwar wären die Daten in einer Tabelle besser vergleichbar, aber irgendwie erscheint mir auch das Konzept “Bildergalerie” in diesem Fall angemessen.

Gut, es tut ein bisschen weh, sich noch einmal an die Tage mit Hannes Bongartz, Ewald Lienen oder Dick Advocaat erinnern zu müssen und viele der Namen (Trainer von 1964-1987: drei, Trainer von 1987 bis heute: fünfzehn) hatte ich als Fan nicht ohne Grund verdrängt, aber was soll’s.

Eine Antwort auf die Frage, was bei der Borussia eigentlich falsch läuft, bietet die Klickstrecke zwar auch nicht, aber immerhin kann man noch einmal in Erinnerungen an gute und noch schlechtere Zeiten schwelgen:

“Die Trainer-Galerie von Borussia Mönchengladbach” bei “RP Online”

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Rundfunk Fernsehen

Erste Schlag-Sahne

so langweilig war schlag den raab glaub ich noch nie

(Stefan Niggemeier, gestern Abend um 23:29 Uhr via ICQ)

Ziemlich exakt zwei Stunden später (und damit eine gute Stunde nach dem anvisierten Ende der Sendung) konnte der Kandidat Olufemi, der zuvor desaströs zurückgelegen hatte, seinen Gewinn im Empfang nehmen: 2,5 Millionen Euro, den Jackpot aus fünf Sendungen, und damit die höchste Summe, die man je aus eigener Kraft im deutschen Fernsehen hatte gewinnen können.

Und das macht unter anderem den Reiz von “Schlag den Raab” aus: dass selbst professionelle Fernsehzuschauer wie Stefan mitten in der Sendung deren Ende nicht erahnen können. Ich selbst hatte erst um Viertel nach Zehn eingeschaltet und damit in zwei Stunden Sendung gerade mal die Kandidatenauswahl verpasst – und die ersten vier Spiele, die Olufemi ebenso verloren hatte wie das folgende fünfte, dann das siebte und etliche weitere.

“Wie kann es denn sein, dass ich von den fünfzehn Spielen schon acht gewonnen habe und trotzdem noch weitermachen muss?”, fragte Stefan Raab dann auch vor dem alles entscheidenden letzten Spiel. Wer sich so einen Quatsch denn ausgedacht habe? Letzteres war wohl eher als Witz gemeint, aber aus Sicht der Zuschauer ist es eindeutig ein Lob. Die Idee, dass es im erste Spiel gerade mal einen Punkt zu holen gibt, im zweiten zwei, und immer so weiter bis zu den fünfzehn Punkten im fünfzehnten Spiel, macht die Sendung auch bei maximaler Länge (fünfeinviertel Stunden sind in etwa doppelt so lang wie eine durchschnittliche Ausgabe von “Verstehen Sie Spaß?”) noch spannend. Im Idealfall, der gestern fast erreicht worden sein dürfte, wird es eben erst in den letzten zweieinhalb Stunden richtig spannend.

Gerade der Umstand, dass die ersten fünf Spiele geschlossen an Raab gingen, erzeugten beim Publikum zunächst einmal Mitleid mit dem Kandidaten, das sich dann in aufrichtige Unterstützung wandelte. Der völlig verbissene Großentertainer brauchte vielleicht genau diesen Herausforderer, der nach dem verlorenen Jetski-Rennen aus dem Wasser gezogen werden musste, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr wie ein Gegner wirkte und schließlich doch noch zurückkam.

Dass die Sendung dann ausgerechnet mit einem Elfmeterschießen endete (also einem tatsächlichen), wirkte angesichts eines Kandidaten, der Regionalligafußball spielt und bei 1860 München im Marketing arbeitet, schon fast ein bisschen inszeniert. Trotz Raabs Schwäche war das Elfmeterschießen angesichts des winkenden Gewinns dann ungefähr so spannend wie das Shoot Out zwischen Deutschland und Argentinien bei der Fußball-WM vor zwei Jahren.

Man kann es gar nicht oft genug schreiben: Ausgerechnet Stefan Raab, der stets belächelte “Blödelmoderator” hat die große Samstagabendshow zurück ins Fernsehen gebracht (viel mehr: die ganz große Spielshow im Stile von “Spiel ohne Grenzen”, das ja gar nicht am Samstagabend lief). Der Trick dabei ist (neben der Abwechslung von Sport-, Geschicklichkeits- und Wissensspielen), nicht mehrere unbekannte Kandidaten gegeneinander antreten zu lassen, sondern immer nur einen gegen den als fast krankhaft ehrgeizig bekannten Stefan Raab. So liegen die Sympathien fast immer beim Kandidaten – außer, der ist so blass wie der Herausforderer Anfang April.

Wie ernst es Raab in dieser Sendung wirklich ist, stellte er dann gestern auch noch mal eher unfreiwillig unter Beweis: als er bei einem Spiel eine falsche Antwort gab, schlug er mit der flachen Hand so fest auf sein Pult, dass er die Glasabdeckung zum Bersten brachte.

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Musik

It’s not California here

Ich kam in letzter Zeit eher selten zum Hören neuer Tonträger, weshalb auch die letzte Listenpanik so lange gebraucht hat. Schuld daran ist ein etwas älteres Album, das ich beinahe täglich höre, hören muss: “Funnel Cloud” von Hem.

Hem kommen aus Brooklyn, NY und spielen “Countrypolitan”, “Indie Folk-Rock” oder “Folk Pop”. Letztlich ist es natürlich egal, wie man das nennt, als grobe Richtungsangabe reicht, dass sie wunderschöne, eher ruhige Musik nordamerikanischer Prägung machen. Und weil mit Sally Ellyson eine Frau singt, ist man mit Joni-Mitchell-Vergleichen schnell zur Hand und relativ nah dran.

Sehr wohl California

Kennengelernt habe ich die Band durch ihren Song “Not California”, den ich vor etwa anderthalb Jahren auf der CD-Beilage des amerikanischen “Paste”-Magazins fand. Nach meiner Rückkehr aus Kalifornien wähnte ich in dem Text mein ganzes Fernweh ausgedrückt – auch wenn er ganz anders gemeint war. Nachdem ich das Lied etwa ein Jahr lang gehört hatte, wollte ich doch mal mehr von der Band kennen lernen. Im Import waren die CDs grotesk teuer, bei iTunes (ja, selbst im deutschen iTunes Music Store) kostete die Musik gerade mal 9,99 Euro. So kaufte ich “Funnel Cloud”, das vierte Album der Band, wo auch “Not California” drauf ist, hörte und war hin und weg.

Ich habe häufiger beim Musikhören Bilder vor Augen, aber bei “Funnel Cloud” waren sie besonders stark: Das ganze Album klingt wie der Soundtrack zu einem endlosen Herbstnachmittag in den nordkalifornischen Hügeln. Die Sonne steht die ganze Zeit über tief am Himmel und man spürt den Staub, der beim Streifzug über die trockenen Wiesen an den Schuhen kleben bleibt. Nicht schlecht für eine Band, die genau aus der entgegengesetzten Ecke der USA kommt.

Auch California

Und so ist “Funnel Cloud” anderthalb Jahre nach seinem Erscheinen mein bisher meist gehörtes Album des Jahres 2008. Die angenehm dahinplätschernde Musik beruhigt mich, wenn ich entnervt im nordrhein-westfälischen Nahverkehr festhänge, und wenn ich das Album am Computer höre, bin ich danach immer ganz erstaunt, in Bochum zu sitzen und nicht irgendwo in der unendlichen Landschaft Amerikas. Ich möchte Ihnen dringend ans Herz legen, wenigstens mal reinzuhören.

Offizielle Band-Website
Bandprofil bei MySpace
Ausführliche Fanpage

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Rundfunk Fernsehen

Licht und Schatten: Heute-Journal

Am Montag durfte Steffen Seibert das “Heute-Journal” im ZDF moderieren – Claus Kleber war vermutlich entweder krank, Fastnacht feiern oder auf dem Weg zum super tuesday. Direkt zu Beginn musste er einen Beitrag über das aktuelle Chaos bei Unicef Deutschland ankündigen, aber bevor der schließlich lief, brachte Seibert noch das, was man in Blogs immer mal wieder als “Disclaimer” bezeichnet findet:

Ich sollte Ihnen ehrlicherweise an dieser Stelle sagen, dass ich seit längerem und mit ganzem Herzen bei Unicef mitarbeite – das “Heute-Journal” und unseren Autor Peter Böhmer hindert das natürlich nicht, alle nötigen kritischen Fragen zu stellen.

Erst war ich mir nicht sicher, ob ich das für eine etwas eitle Seriositätsgeste oder für aufrichtiges Wind-aus-den-Segeln-Nehmen halten sollte, aber ich entschied mich schnell für letzteres. Es passte auch schön in mein Bild, das ich in letzter Zeit vom “Heute-Journal” als bester Nachrichtensendung Deutschlands habe.

Aber dann …

Dann kam im Börsenteil die seit Freitag grassierende Meldung, dass Microsoft Yahoo! übernehmen wolle. Eine Geschichte, die selbst ich als Wirtschafts-Ignorant mitbekommen hatte. Vor allem aber: Eine Geschichte, die am Montag richtig spannend wurde, als es hieß, Google-Chef Eric Schmidt wolle dem Konkurrenten Yahoo! unter die Arme greifen, um Microsoft doch noch abzuwimmeln. Davon erfuhr der ZDF-Zuschauer im “Heute-Journal” leider nichts. Vielleicht, weil der Beitrag schon vorproduziert und die zuständige Redaktion im Fasching unterwegs war.

Überhaupt: Karneval. Mit einem lustisch-gereimten Beitraaach über die Fasenacht am Ende der Sendung hat die “Heute”-Redaktion dann den ganzen guten Eindruck der ersten Sendeminute platt gemacht. Das “Heute-Journal” ist trotzdem die beste Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen.

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Digital

Licht und Schatten: Bildergalerien

Bildergalerien sind nicht so meins, Karneval noch viel, viel weniger. Trotzdem will es mir als eine recht gute Idee erscheinen, ausgerechnet Karnevalszüge in einer Bildergalerie abzufeiern: Der Fotograf ist eh vor Ort und verknippst etliche Filme Speicherkarten und die Kostümierten freuen sich, wenn Sie am nächsten Tag im Internet zu sehen sind.

Gestern war Karnevalszug in Voerde und die Lokalredaktion der “Rheinischen Post” featured dieses Ereignis mit einem Artikel und einer dazugehörigen 27-teiligen Bildergalerie.

Die “Neue Rhein Zeitung”, Teil und Zulieferer des Internet-Regionalportals “DerWesten” hat ebenfalls einen Artikel und eine Bildergalerie. Das habe ich aber nur durch Zufall festgestellt: Der Artikel ist eher eine Meldung und fällt recht kurz aus. Die 31-teilige Bildergalerie ist dort weder erwähnt noch verlinkt und wird auch nicht im Feed verschickt, sie fand ich auf der Übersichtsseite von Dinslaken.

Dinslaken? Hatte ich nicht gerade noch von Voerde geschrieben? Natürlich, aber Dinslaken und Voerde teilen sich einen Lokalteil mit Hünxe. Auf der Übersichtsseite von Voerde fehlt der Zug.

Nachtrag 13:30 Uhr: Im Laufe des Vormittags wurde die Bildergalerie auf der Voerder Startseite hinzugefügt. Vermutlich war am Sonntagabend einfach niemand verfügbar. Die Meldung zum Zug fehlt dort aber immer noch.

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Rundfunk Digital

Jahr doch!

Gute Witze, bissige Kommentare, eine humorvolle Rückschau auf das Jahr 2007 – all das werden Sie wohl kaum kriegen, wenn Sie sich morgen Abend die “Scheibenwischer-Gala” in der ARD ansehen.

Gehen Sie lieber in die ZDF-Mediathek und sehen Sie sich dort “Nuhr 2007” an, den gestern ausgestrahlten Jahresrückblick mit Dieter Nuhr. Nuhr zeigt hier einmal mehr, dass er einer der besten … äh … *Handschuhe anzieh* … *Anführungszeichen rauskram* … “politischen Kabarettisten” Deutschlands ist, wenn man ihn denn nur lässt. Außerdem ist er natürlich sowieso der beste, weil einzig gute “Comedian” der Republik, weil seine Alltagsbeobachtungen wirklich komisch sind, er nicht tausendfach Durchgekautes wieder aufwärmt und er nicht mit Klischees um sich wirft. Kurzum: Dieter Nuhr ist der Gegenentwurf zu Mario Barth und trotzdem relativ erfolgreich.

Wenn Sie sich vorgenommen haben, nur einen Jahresrückblick zu schauen, nehmen Sie “Nuhr 2007”.

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Politik

Helden (Für einen Tag)

Erst wollte ich eine Liste der 366 Abgeordneten posten, die heute für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben. Aber nach anderthalb Stunden Copy & Paste hatte ich gerade mal ein Drittel der Namen mit ihrem Wahlkreis und Links zu ihren Websites versehen. Gucken Sie also in der PDF-Datei des Bundestags selbst nach, ob Ihr Abgeordneter dabei war.

(Ich weise vorsichtshalber mal darauf hin, dass einige Kommentatoren bei Spreeblick der Meinung sind, man könne schon durch Anklicken des Links Opfer von geheimdienstlicher Überwachung werden.)

Anstatt also Leute in die Pfanne zu hauen, die eh schon genug Probleme haben, verweise ich doch lieber auf Dr. Hans Georg Faust (CDU, Arzt), Dr. Peter Gauweiler (CSU, Rechtsanwalt), Wolfgang Gunkel (SPD, Polizeipräsident a. D.), Petra Heß (SPD, Kindergärtnerin), Eike Hovermann (SPD, Lehrer), Ulrich Kelber (SPD, Diplom-Informatiker), Dr. Rolf Koschorrek (CDU, Zahnarzt), Katharina Landgraf (CDU, Diplom-Meliorationsingenieurin), Sönke Rix (SPD, Erzieher), Frank Schwabe (SPD, Gästeführer) und Jörn Thießen (SPD, Pastor).
Diese elf Männer und Frauen fühlten sich offenbar stärker ihrem Gewissen verpflichtet als ihren Fraktionen. (Dr. Hermann Scheer und Ottmar Schreiner haben sich enthalten.)

Die Abgeordneten von FDP, Die Linke und Bündnis ’90/Die Grünen haben geschlossen gegen den Gesetzentwurf gestimmt.