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Städte, die das möchten

Damit war nicht zu rech­nen gewe­sen, als wir Dirk Elbers zwi­schen Weiß­wein (er) und Sekt (ich) anspra­chen. Doch der Düs­sel­dor­fer Ober­bür­ger­meis­ter ant­wor­te­te auf mei­ne Fra­ge, ob sei­ne Stadt Euro­vi­si­on Song Con­test, Mara­thon und eine rie­si­ge Indus­trie­mes­se gleich­zei­tig locker weg­ste­cken kön­ne, mit einem Satz, der als Glau­bens­be­kennt­nis aller Stadt­obe­ren in latent grö­ßen­wahn­sin­ni­gen Kom­mu­nen (also qua­si über­all) gel­ten kann: „Das ist eine Stadt, die das möch­te!“

Nun ist Düs­sel­dorf, eine Stadt, die es sich nicht mal neh­men lässt, einen ver­damm­ten Ski­lang­lauf-Welt­cup in ihrer Innen­stadt aus­zu­rich­ten, ein Extrem­bei­spiel jener Städ­te, die so ger­ne eine Metro­po­le wären, aber eben doch nur rein ver­wal­tungs­recht­lich eine Groß­stadt sind – aber bei­lei­be kein Ein­zel­fall.

Zwi­schen April und Okto­ber gibt es qua­si kein ein­zi­ges Wochen­en­de, an dem nicht min­des­tens ein, zwei Bus­li­ni­en in der Bochu­mer Innen­stadt umge­legt wer­den müs­sen, weil die eine oder ande­re Haupt­stra­ße (oder gleich meh­re­re davon) gesperrt ist. Da ist natür­lich Bochum Total („Euro­pas größ­tes inner­städ­ti­sches Musik­fes­ti­val“), aber auch der „Spar­kas­sen-Giro“ (ein Rad­ren­nen), der „Bochu­mer Musik­som­mer“ (auch eine Art Musik­fes­ti­val, aber mehr mit Wein­bu­den und ange­grau­ten Leh­rer-Ehe­paa­ren als Ziel­grup­pe), „Bochum kuli­na­risch“ (kei­ne Musik, noch mehr Wein­bu­den und Leh­rer) und am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de erst­ma­lig der „Rewir­power-Halb­ma­ra­thon“ (ein Halb­ma­ra­thon). Hin­zu kom­men Ver­an­stal­tun­gen wie „Die Nord­see kommt – Das Welt­na­tur­er­be Wat­ten­meer zu Gast in Bochum“, das „Kuh­hir­ten­fest“, das Uni­fest, meh­re­re Floh­märk­te, ein Fisch­markt, sowie diver­se „Events“ in und um die inner­städ­ti­schen Ein­kaufs­zen­tren. Wer kei­nen Schre­ber­gar­ten hat, kann eigent­lich jedes Wochen­en­de irgend­wo hin­ge­hen, bevor dann im Novem­ber end­lich der Weih­nachts­markt eröff­net. Und das alles gibt es in jeder Nach­bar­stadt hier im Ruhr­ge­biet selbst­ver­ständ­lich noch ein­mal.

Ver­ant­wort­lich sind natür­lich vie­le unter­schied­li­che Ver­an­stal­ter. Oft ist das Stadt­mar­ke­ting dabei, aber nicht immer. Es gibt vie­le unter­schied­li­che Ziel­grup­pen und für sich genom­men mag jede Ver­an­stal­tung ihre Berech­ti­gung und ihren Charme haben. In der Sum­me gleicht es einer Fünf­jäh­ri­gen, die sich Mut­tis Schmuck umge­han­gen hat (und zwar den gan­zen) und deren Gesicht unter einer zen­ti­me­ter­di­cken Schmink­schicht ver­schwun­den ist. ((Außer­dem kann die klei­ne nicht rich­tig gehen, weil sie in über­gro­ßen Pumps steckt.))

Was uns zum vor­läu­fi­gen Tief­punkt bringt, der erreicht war, als „City Point“ und „Dreh­schei­be“ (die zuvor erwähn­ten inner­städ­ti­schen Ein­kaufs­zen­tren) kürz­lich die „Living Doll 2011“ zu küren such­ten. Da stan­den vor den ein­zel­nen Geschäf­ten Men­schen, die Pro­duk­te aus den jewei­li­gen Läden tru­gen und sich nicht bewe­gen durf­ten. Dazwi­schen stan­den ande­re Men­schen, ((Oder waren es die glei­chen? Ich hat­te mich abwen­den müs­sen.)) die Karao­ke san­gen. „Nur ein Wort“ von Wir Sind Hel­den, zum Bei­spiel. Alles, aber auch wirk­lich alles muss schief gegan­gen sein, damit so etwas pas­siert.

Nun ist es natür­lich nicht so, dass ech­te Metro­po­len völ­lig auf sol­cher­lei Ver­an­stal­tun­gen ver­zich­ten wür­den. In New York ist an jedem Wochen­en­de ver­mut­lich mehr los, als in ganz NRW in einem hal­ben Jahr. Aber die Stadt ist natür­lich bedeu­tend grö­ßer, so dass nicht stän­dig die glei­chen Stra­ßen gesperrt wer­den müs­sen, und außer­dem gibt es dort Tou­ris­ten.

Ande­rer­seits hat der Ver­an­stal­tungs­wahn zumin­dest in Bochum den (poli­tisch sicher so gewoll­ten) Vor­teil, dass man sich an den Wochen­en­den eher für das oft unan­sehn­li­che Gan­ze schämt, anstatt stän­dig für die eige­ne Stadt­spit­ze. Immer­hin hat­te es unse­re Ober­bür­ger­meis­te­rin für nötig gehal­ten, sich nach einer durch­aus hit­zi­gen öffent­li­chen Debat­te dar­über, ob Josef Acker­mann im Bochu­mer Schau­spiel­haus reden soll (of all places), bei Herrn Dr. Acker­mann per­sön­lich „für die unwür­di­ge Dis­kus­si­on“ zu ent­schul­di­gen. ((Nicht etwa für die Art der Dis­kus­si­on, die natür­lich als „weit­ge­hend unsach­li­che Kri­tik, aber auch die über­zo­ge­ne Bericht­erstat­tung in Tei­len der Lokal­pres­se“ gegei­ßelt wur­de, son­dern gleich für die gan­ze ver­damm­te Dis­kus­si­on an sich! Wer schreibt die­ser Frau ihre Brie­fe und Pres­se­er­klä­run­gen?!))

Jetzt aber ab heu­te und bis Sonn­tag „Bochu­mer Musik­som­mer“ und die nächs­te ganz gro­ße Pein­lich­keit: Am Sonn­tag wird das Pro­gramm auf allen Büh­nen von 14.46 Uhr bis 15.03 Uhr unter­bro­chen. War­um so krumm? Nun, in die­ser Zeit läu­ten in der gan­zen Stadt die Glo­cken zum Geden­ken an die Opfer der Anschlä­ge vom 11. Sep­tem­ber. ((War­um man dafür den Zeit­raum zwi­schen dem Ein­schlag des ers­ten und des zwei­ten Flug­zeugs ins World Trade Cen­ter gewählt hat, die Abstür­ze ins Pen­ta­gon und in Shanks­ville und den Ein­sturz der Tür­me aber außen vor­lässt, weiß ver­mut­lich vor allem der Wind.)) 17 Minu­ten Betrof­fen­heit bei Brat­wurst und Ape­rol Spritz, dann geht’s wei­ter mit Musik.

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Musik Unterwegs

Tag 5: Düsseldorf

Die­ser Ein­trag ist Teil 6 von bis­her 9 in der Serie Das Simon den Hart­blog

Mitt­woch, 7. April 2010

Heim­spiel

Wir sit­zen im son­ni­gen Bier­gar­ten und unser Tour­ma­na­ger run­zelt die Stirn, man sieht Zahn­rä­der in sei­nem Kopf mah­len und er starrt auf den Bild­schirm sei­nes Lap­tops, als wäre es das Auf­ga­ben­blatt einer Mathe-Klas­sen­ar­beit. Der Grund: Die Gäs­te­lis­te ist zu lang. Kein Wun­der, denn heu­te ist Heim­spiel. Kei­ner von uns wohnt in Düs­sel­dorf, doch Düs­sel­dorf ist die­je­ni­ge Stadt die­ser Tour, die unse­ren Hei­mat­städ­ten am nächs­ten liegt. Des­halb wird es auch nicht lan­ge dau­ern, bis es hier von Freun­den von uns und Band­kum­pa­nen ande­rer Musik­for­ma­tio­nen Simon den Har­togs wim­melt. Da wirkt die Band direkt viel ner­vö­ser, denn heu­te gilt es zu glän­zen, sonst muß man sich die nächs­ten fünf Jah­re auf jeder drit­ten Par­ty den Schwank über das legen­dä­re Düs­sel­dor­fer Kon­zert anhö­ren, über von der Büh­ne fal­len­de Sän­ger, vom Hocker fal­len­de Schlag­zeu­ger, aus der Rol­le fal­len­den Bas­sis­ten, Tas­ten­hei­nis und Gitar­ris­ten. Die waren wie­der mal alle zu besof­fen, heißt es dann wie­der, und meis­tens stimmt das ja auch. Aber besof­fen oder nüch­tern, ges­tern wur­de geglänzt, kei­ner fiel von irgend­was oder gar aus der Rol­le.

Sonnige Band im sonnigen Düsseldorf.
Son­ni­ge Band im son­ni­gen Düs­sel­dorf.

Schön, wenn man sei­nen Liebs­ten mal zei­gen kann, was man den Rest der Woche über eigent­lich so treibt.
Des­halb ist das Heim­spiel für den Sound­mann auch etwas ganz beson­de­res. In der Hei­mat wird der Sound­mann näm­lich auch von hüb­schen Mädels umringt, als wäre er der Sän­ger und das Misch­pult sei­ne Büh­ne.

So kam es dann auch, dass ich ange­schwips­te Mäd­chen mit 300 PS zurück nach Köln kut­schie­ren durf­te. Böse Zun­gen behaup­ten, ich wäre der pas­sivs­te Auto­fah­rer der Welt und wahr­schein­lich haben sie recht. Anders kann ich mir die “drück drauf“- und “gib doch mal Gas“-Sprüche mei­ner Hoch­ge­schwin­dig­keits­bei­fah­re­rin­nen nicht erklä­ren.

Natür­lich hab ich mal wie­der den größ­ten aller Tour­feh­ler began­gen: Beim Ver­las­sen der Woh­nung das Bett abge­zo­gen, aber nicht frisch bezo­gen. Natür­lich ist das letz­te was man nach fünf anst­re­gen­den Tour-Tagen machen möch­te, sein Bett bezie­hen. Dann ist stun­den­lan­ges Rum­gam­meln vor­pro­gram­miert, bis die Müdig­keit die Faul­heit besiegt.

Auch wenn mor­gen der Beginn der Rück­run­de beson­ders hart wird, da ich mein gelieb­tes Bett, mei­ne Kaf­fee­ma­schi­ne und mei­ne Bade­wan­ne nach die­sem kur­zen Inter­mez­zo wie­der zurück­las­sen muss, freue ich mich sehr auf die rest­li­chen drei Shows. Zunächst geht es nach Osna­brück in die klei­ne Frei­heit. Übri­gens für den Schlag­zeu­ger Chris­toph das nächs­te Heim­spiel, der war hier näm­lich aufm Gym­mi…

Der Soundmann. Nicht im Bild: Hübsche Mädchen.
Der Sound­mann. Nicht im Bild: Hüb­sche Mäd­chen.
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Die „Rheinische Post“ schafft Fakten

Ste­fan sagt mir regel­mä­ßig, ich sol­le mich nicht so inten­siv mit „RP Online“ beschäf­ti­gen, das sei unge­sund. Und dann schreibt er sol­che Ein­trä­ge

In den Kom­men­ta­ren fin­det sich der Ver­such einer Rela­ti­vie­rung, der ich mich als ehe­ma­li­ger frei­er RP-Lokal­schrei­ber eigent­lich ger­ne anschlie­ßen wür­de:

Was dort über das Gesche­hen in Kaarst-Bütt­gen, Erkrath oder Tie­fen­broich bei RP-Online zu fin­den ist, hat sicher kein “New York Times”-Niveau, ist aber ganz nor­ma­ler Lokal­jour­na­lis­mus.

Aber dann bin ich bei einem kur­zen Besuch bei „RP Online“ ver­se­hent­lich über einen Lokal-Arti­kel aus Düs­sel­dorf gestol­pert. Es geht um die Tra­di­ti­ons­gast­stät­te „Uel“ in der ich auch schon geses­sen und Bier etwas getrun­ken habe:

 Düsseldorf (RP) Gerüchte um das Traditionslokal „Uel“ auf der Ratingerstraße im Herzen der Altstadt: Gäste befürchten, dass ihr Stammlokal, in dem schon der Dichter Theodor Fontane und der Künstler Joseph Beuys verkehrten, im kommenden Jahr dicht machen wird.

Dem bis­he­ri­gen Wirt ist sein Ver­trag nicht ver­län­gert wor­den, er fürch­tet, dass nach sei­nem Abgang die „Bal­ler­mann-Sze­ne“ in die tra­di­ti­ons­rei­che Ratin­ger Stra­ße schwap­pen wird.

Ande­rer­seits:

Hauseigentümer Schöneborn beruhigt: „Natürlich bleibt der Name „Uel“. Ich bin aber aus verschiedenen Gründen unzufrieden mit dem bisherigen Pächter. Herrn Sudhoff hat im übrigen selbst angedeutet, dass er sich über kurz oder lang zurückziehen will.“  Mit einem neuen Pächter ist schon einen Vorvertrag abgeschlossen worden. Schöneborn: „Ein ganz hervorragender Gastronom. Wir werden einige Dinge verbessern und verschönern. Aber es kommt hier kein Schickimicki-Lokal rein. Der Stil des Traditionslokals bleibt auf jeden Fall erhalten.“

Stand der Din­ge ist also: der aktu­el­le Wirt muss raus und fürch­tet um den Ruf des Tra­di­ti­ons­hau­ses, der Eigen­tü­mer sagt, es soll im Wesent­li­chen alles erhal­ten blei­ben. Und Gäs­te „befürch­ten“, dass das Lokal ganz schlie­ßen kön­ne.

Wie also, glau­ben Sie, wird die­ser Sach­ver­halt in einer Über­schrift zusam­men­ge­fasst? Also, bei „RP Online“ bzw. der „Rhei­ni­schen Post“?

Kla­ro:

Angst um Stimmung auf der Ratinger: Traditionslokal "Uel" schließt

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Digital

Affig

Hmmm …

Na ja …

Ich weiß nicht …

Also …

Ich kann mich irren, aber ich habe das Gefühl, da ist was schief gelau­fen bei der Beschrif­tung der Bil­der­ga­le­rie zur Love­pa­ra­de bei „RP Online“:

Eine Krankenschwester verarztet zwei Gorillas.

Zumal das gleich Bild zwei Klicks spä­ter etwas ganz ande­res zei­gen soll:

Übermütig lehnen sich zwei Tänzerinnen aus einem Wagen.

Wobei: noch span­nen­der ist ja eigent­lich die Fra­ge, war­um die Love­pa­ra­de in Dort­mund für die Düs­sel­dor­fer von „RP Online“ offen­bar im Aus­land liegt …

...aktuelles/panorama/ausland/...

Nach­trag, 21:45 Uhr: „RP Online“ hat an der Gale­rie geschraubt. Das dop­pel­te Bild ist nur noch ein­mal da, aber die zwei Goril­las wer­den wir wohl nie zu Gesicht bekom­men. Scha­de eigent­lich.

Nach­trag, 21. Juli: Hur­ra! Tom hat Kran­ken­schwes­ter und Goril­las ent­deckt.

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Klappe zu, Affe tot

Düs­sel­dorfs Ober­bür­ger­meis­ter Joa­chim Erwin ist in der Nacht zum Diens­tag ver­stor­ben und da er bereits seit län­ge­rem schwer krank war, lagen die Nach­ru­fe natür­lich schon fer­tig getippt in der Schub­la­de.

Wäh­rend die „Rhei­ni­sche Post“ in sal­bungs­vol­len Wor­ten auf das Leben und Wir­ken zurück­blickt, wäh­rend sogar poli­ti­sche Geg­ner loben­de Wor­te für den wirk­lich nicht unum­strit­te­nen Ver­stor­be­nen fin­den, ent­schied sich die „Neue Rhein Zei­tung“ („NRZ“) für einen ganz ande­ren, eher gewag­ten Weg: über dem Arti­kel des Düs­sel­dor­fer Redak­ti­ons­lei­ters Frank Preuss prangt zwar das Wort „Nach­ruf“, aber eigent­lich han­delt es sich um eine ver­mut­lich lan­ge geplan­te Abrech­nung:

Wer, schwerst­krank und abge­ma­gert, die Öffent­lich­keit wis­sen lässt, dass er am Tag der Arbeit mit Ver­kehrs­pla­nern in sei­nem Gar­ten dis­ku­tiert, löst nicht Bewun­de­rung aus, son­dern Mit­leid. Das gilt auch für den, der immer wie­der ver­kün­det, wie vie­le Urlaubs­ta­ge er der Stadt doch schen­ke. Wenn es um Düs­sel­dorf ging, dann ging es vor allem um ihn: Vor­schlä­ge, die ande­re mach­ten, hat­ten kaum Über­le­bens­chan­cen. Und Erwin genoss über sei­ne gesam­te Amts­zeit die Mär, dass ohne ihn nichts funk­tio­nie­ren kön­ne in die­ser Stadt.

[…]

Erwin, Schnell­den­ker mit stoi­ber­scher Akten­kennt­nis, enor­mem Fleiß und unbrems­ba­rer Ent­schei­dungs­freu­de, aber auch unbe­herrscht und ohne Kor­rek­tiv, war einer, der sich noch selbst ver­göt­ter­te, wenn ande­re ihn längst gelobt hat­ten. Dem es nicht lang­te, Sie­ge still und damit stil­voll zu genie­ßen: „Ich schwim­me auf einer Woge der Begeis­te­rung”, dik­tier­te er Jour­na­lis­ten Ende 2000. Sei­ne Eigen­wer­bung nahm bald krank­haf­te Züge an. Sich selbst zu hin­ter­fra­gen, lag nicht in sei­nem Uni­ver­sum, Kri­ti­ker bügel­te er in oft klein­ka­rier­ter Form ab. Dass erst Sou­ve­rä­ni­tät Grö­ße aus­macht, hat sich ihm nie offen­bart.

Nie Fra­gen, nur Lek­tio­nen

Und als er Rudi Assau­er, dem Mana­ger des FC Schal­ke 04, beim Anblick der Gel­sen­kir­che­ner Are­na einen Vor­trag dar­über hielt, wie man so etwas bes­ser bau­en kön­ne, teil­te der stau­nend Belehr­te das Schick­sal aller Gesprächs­part­ner Erwins: Der glaub­te nicht nur alles bes­ser zu wis­sen, er glaub­te es auch bes­ser zu kön­nen. Joa­chim Erwin stell­te nie Fra­gen, er erteil­te Lek­tio­nen.

Eine Cha­rak­ter­schwä­che, die den Ruf der Lan­des­haupt­stadt in der Nach­bar­schaft als Heim­statt der Groß­spu­ri­gen zemen­tier­te und Ver­su­che regio­na­ler Zusam­men­ar­beit oft im Keim erstick­te. Nie­mand hat­te Lust, sich vor­füh­ren zu las­sen. „Wer nur geliebt wer­den will, kann nichts gestal­ten”, begrün­de­te Erwin und gewähr­te sich so Asyl.

Die Lis­te derer, die er men­schen­ver­ach­tend behan­del­te und belei­dig­te, ist lang. Letz­tes Opfer: die von ihm nicht erwünsch­te Umwelt­de­zer­nen­tin. Mit Medi­ka­men­ten voll­ge­pumpt wur­de er selbst im Ange­sicht des Todes nicht ent­spann­ter, nur im Ton sanf­ter. Man müs­se auch „mal hören, dass man ein Arsch ist”, hat er bei einem Vor­trag einst gesagt. Nur: Wer hät­te sich das in einem Kli­ma der Angst getraut?

In den Kom­men­ta­ren ent­sponn sich sogleich eine aus­gie­bi­ge Dis­kus­si­on (so also kriegt Der­Wes­ten sei­ne Com­mu­ni­ty ans Lau­fen), ob man denn sowas machen kön­ne: ein­tre­ten auf einen, des­sen Leich­nam noch nicht mal kalt ist.

Es gibt Lob für die muti­ge Ent­schei­dung:

Es gibt und gab nicht vie­le Jour­na­lis­ten die sich trau­en einen Teil der Wahr­heit über Herrn Erwin zu schrei­ben. Einer davon war Herr Preuss.

Die meis­ten ande­ren haben geschwie­gen.

Es gibt böse Kom­men­ta­re, die sogar extra das Wort „Schrei­ber­ling“ aus dem „Rat­ge­ber für erzürn­te Leser­brief­schrei­ber“ her­aus­ge­sucht haben:

Der Mann, der da geschrie­ben hat ist ein völ­lig uner­träg­li­cher Mensch, der von nor­ma­len mit­tel­eu­ro­päi­schen Umgangs­for­men offen­sicht­lich noch nie etwas gehört hat. Kein Aus­hän­ge­schild für die Zei­tung, son­dern ein­fach nur ein erbärm­li­cher, medio­krer, klei­ner Schrei­ber­ling, der an das Niveau eines Joa­chim Erwin nie­mals her­an­rei­chen wird.

An die­sem sehr kon­kre­ten Bei­spiel kann man eine zen­tra­le Fra­ge dis­ku­tie­ren, die nicht nur für den Jour­na­lis­mus, son­dern für unse­re gan­ze Kul­tur wich­tig ist: Wie geht man mit Ver­stor­be­nen um, über die man bedeu­tend mehr Schlech­tes als Gutes sagen könn­te? Streng genom­men könn­te man lob­hu­deln­de Nach­ru­fe als unjour­na­lis­ti­sche Lügen­ge­schich­ten brand­mar­ken und sich über die Auf­rich­tig­keit von „Schrei­ber­lin­gen“ wie Frank Preuss freu­en. Ande­rer­seits fal­len Sät­ze wie „eigent­lich war er ja schon ’n Arsch“ für gewöhn­lich frü­hes­tens beim drit­ten Schnaps nach dem Beer­di­gungs­kaf­fee und nicht unbe­dingt am offe­nen Grab.

Das Geheim­nis dahin­ter heißt Pie­tät und sorgt unter ande­rem dafür, dass man die Fra­ge „Wie sehe ich aus?“ mit­un­ter nicht ganz wahr­heits­ge­mäß beant­wor­tet. Wer das für Lügen hält, fin­det es ver­mut­lich auch „auf­rich­tig“, wenn er von unfreund­li­chen Super­markt­kas­sie­re­rin­nen ange­pflaumt wird.

Letzt­lich muss wohl jeder für sich selbst beant­wor­ten, was schlim­mer ist: Ein Nach­ruf, der die For­mu­lie­rung „den wären wir los“ nur unter Anstren­gung ver­mei­det, oder die Staats­trau­er-Ambi­tio­nen von „RP Online“ (nicht unter „Düs­sel­dorf ver­liert sein Herz“ zu haben), „Cen­ter TV“ und WDR. Viel­leicht auch ein­fach bei­des.

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Leben

Scheiße zum Quadrat

Aus Düs­sel­dorf kommt nichts Gutes: Stu­di­en­ge­büh­ren, Alt-„Bier“ und die Toten Hosen, zum Bei­spiel. Oder der neue Slo­gan fürs Ruhr­ge­biet, den sich die Wer­be­agen­tur Grey ent­we­der aus Unkennt­nis oder rei­ner Ver­ach­tung für die dort leben­den Men­schen aus­ge­dacht hat:

Ruhrn Team-Work-Capi­tal

So wird das nie was mit der Metro­po­le. Oder auch nur mit dem ernst genom­men wer­den.

[via blog.50hz.de]

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Musik Print

„Viel schlimmer ist doch, dass mittlerweile jede Putzfrauenstelle übers Fernsehen gecastet wird.“

Wer sich für groß­ar­ti­ge Sät­ze von groß­ar­ti­gen Musi­kern begeis­tern kann, dem sei der aktu­el­le Musik­ex­press (Mai 2007) wärms­tens ans Herz gelegt. Auf lei­der nur einer Sei­te befragt Jan Wig­ger Peter Hein von den Fehl­far­ben – und der sagt so vie­le tol­le Sachen, dass man gar nicht mehr weiß, wel­chen Spruch man sich dem­nächst auf ein T‑Shirt (wohl vor­sichts­hal­ber in XXXXXL) dru­cken las­sen soll.

Zum The­ma Fuß­ball-WM und dem sog. „posi­ti­ven Patrio­tis­mus“ (Fah­nen­schwen­ken):

Ich habe natür­lich gegen die deut­sche Mann­schaft gehal­ten, das mache ich immer. Zum Fah­nen­schwen­ken: Natür­lich geht das. Die Hälf­te der Leu­te mit den Fah­nen konn­te ja kaum Deutsch, die leben halt hier und konn­ten ihrem von zu Hau­se gewohn­ten Fah­nen­schwen­ken mal frei­en Lauf las­sen. Ich fand es auch in Ord­nung, wie man sich mit die­sen Wink­ele­men­ten an den Autos lächer­lich gemacht hat.

Über Franz Josef Wag­ners Kolum­ne in der „Bild“-Zeitung:

„Post von Wag­ner“ fand ich frü­her nur blöd. Aber seit­dem mir mal jemand plau­si­bel gemacht hat, dass der wirk­lich „amt­lich durch­ge­knallt“ ist, blei­be ich dar­an hän­gen. […] Also ab und zu schreibt der auch was Wah­res, und ich lese das mit Belus­ti­gung.“

Auf die Fra­ge, ob Pete Doh­erty Punk sei:

Also Pete Doh­erty ganz bestimmt nicht, der ist eher Sid Vicious. Und das ist nicht Punk, son­dern (über­legt) … Depp.

Als ihm der Pro­mo­ter eine Bröt­chen­tü­te reicht:

Mensch, da ist ja gar nichts von dem drin, was ich bestellt habe. Kein Ei, kein Sand­wich, nur so’n Kör­ner-Kack. Wenigs­tens ist das Tier tot, was auf dem Bröt­chen ist.

Über MP3s:

Das ist im Prin­zip nur Schei­ße, da gehst du ein­mal mit nem Magnet vor­bei, und dann haben sie ihre Musik mal gehabt. Ich stel­le mir immer vor, wie die jetzt 30-Jäh­ri­gen in zwan­zig Jah­ren auf dem Floh­markt ste­hen und da ihre Chips ver­hö­kern (ver­stellt die Stim­me): „Ey, hal­lo, 30 Giga­byte, ey voll krass, mus­su hören!“

Der Rest des Hef­tes ist auch zu emp­feh­len, die neue Fehl­far­ben-Plat­te offen­bar auch.

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Fernsehen Rundfunk

Lindenstraße…eeeeh, Douglasienboulevard…ach Quatsch: Ahornallee!

Sei­te heu­te 17 Uhr gibt es auf RTL eine neue Serie: Ahorn­al­lee.

Die Geschich­te ist schnell erzählt: Wit­wer zieht wegen Arbeits­lo­sig­keit von der Ost­west­fa­len­me­tro­po­le Her­ford nach Düs­sel­dorf (genau­er: in die Ahorn­al­lee), um dort einen neu­en Job als Haus­meis­ter anzu­tre­ten. Dort soll er sich um eine Schi­cki­mi­cki- Vil­la küm­mern. Erwar­tungs­ge­mäß fin­det er dort als boden­stän­di­ger Mensch kei­nen Anschluss. Oder, um mal die Wiki­pe­dia zu zitie­ren:

Die Serie zeigt vor allem gesell­schaft­li­che Dif­fe­ren­zen auf, der Klein­krieg der armen Fami­lie mit den ande­ren, höher­ste­hen­den Bewoh­nern der Ahorn­al­lee.

Es woh­nen im Haus:

  • Der neue Haus­meis­ter Wil­li Schlos­ser nebst Toch­ter Petra und Sohn Jan, die Mut­ter ist ein Jahr zuvor gestor­ben
  • „Gön­ner“ Kars­ten Win­ter­berg, der den Haus­meis­ter ein­ge­stellt hat, sei­ne Frau Eri­ka, sei­ne Schi­cki­mi­cki- Toch­ter Julia und der ver­kom­me­ne Sohn Ste­fan, der das Inter­nat geschmis­sen hat
  • Ilo­na und Ste­fan Kel­ler, er Schön­heits­chir­urg, haben ne Toch­ter namens Jas­min, die sich in den Haus­meis­ter­sohn ver­guckt
  • Das Por­no- Pär­chen Isa­bel­le Feren­c­zy und Udo Meis­ter, bei­de rela­tiv schlei­mig und unsym­pa­thisch
  • Leh­re­rin Sil­via Eich­hoff mit Sohn Lukas mit HIM-Shirt, But­tons und Jeans­ja­cke

Klei­ne Fak­ten am Ran­de:

  • Der Umzugs-LKW der Haus­meis­ter­fa­mi­lie ist lie­be­voll mit Müll dra­piert
  • Ehe­paar Kel­ler besteht aus Clau­dia Nei­dig und Hans Holz­be­cher, die bereits vor eini­ger Zeit bei Unter Uns einen Auf­tritt fan­den.
  • Wil­de Schnitt­füh­rung, fie­se Kame­ra­füh­rung
  • Klas­si­scher Kon­flikt: Arm vs. Reich
  • Flip­pi­ge Sound­track- Musik (von Bil­ly Talent bis Gwen Ste­fa­ni)
  • Schlecht gemach­te Fake- Wun­den
  • Gedreht wird in einer ech­ten Vil­la in Mün­chen

Hin­ter den Kulis­sen der „Ahorn­al­lee“ arbei­ten bei Tre­sor TV rund 70 Per­so­nen an der Her­stel­lung der Serie. Im Haus wird mit drei Kame­ras gedreht, im Außen­dreh kommt eine vier­te Kame­ra zum Ein­satz. Inno­va­tiv ist der so genann­te „tape­l­ess work­flow“. Erst­mals wer­den im Rah­men einer RTL-Seri­en­pro­duk­ti­on alle Sze­nen auf Fest­plat­te auf­ge­zeich­net und wei­ter­ver­ar­bei­tet. Bän­der wer­den nur noch zur Archi­vie­rung und für Back­ups ver­wen­det. (Quel­le)

Fazit: Eine wei­te­re Soap, die eigent­lich kei­ner braucht.