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Seifenoper

Seit Kha­led al-Mas­ri in der ver­gan­ge­nen Woche einen Brand in einem Groß­markt leg­te, berich­tet die Bild-„Zeitung“ in beun­ru­hi­gen­der und het­ze­ri­scher Art und Wei­se über ihn (s.a. BILD­blog).

Der neu­es­te „Bild“-Artikel zum The­ma ruft mal wie­der nach einer gan­zen Men­ge nega­tiv behaf­te­ter Adjek­ti­ve und der Fra­ge, war­um man dies­mal eine Kam­pa­gne gegen einen wehr­lo­sen Mann fährt, der schon lan­ge am Boden liegt – und nicht, wie sonst üblich, gegen Schau­spie­le­rin­nen, Poli­ti­ker und Fuß­ball­trai­ner. (Nicht, dass das bes­ser wäre, aber Demon­ta­ge macht doch eigent­lich nur „Spaß“, wenn das Opfer über eine gewis­se Fall­hö­he ver­fügt, oder?)

Eines aber kann man „Bild“ nicht vor­wer­fen: dass sie ihre Arti­kel nicht bis ins kleins­te Detail recher­chiert hät­ten.

Er kauft drei blaue Kanis­ter für je 5,69 Euro, betankt sie, bezahlt und rauscht um 3.58 Uhr davon.

Der Rest des Arti­kels legt zwar den Ver­dacht nahe, dass aus­schließ­lich kleins­te Details recher­chiert und ande­re Sachen ein wenig außer Acht gelas­sen wur­den, die­ser Satz aber qua­li­fi­ziert die zustän­di­gen Autoren für das Gol­de­ne Sei­fen­stück.

Das „Gol­de­ne Sei­fen­stück“ lei­tet sei­nen Namen aus einem „Spiegel“-Artikel über den 11. Sep­tem­ber 2001 ab, in dem aus­ge­führt wur­de, dass sich Moham­med Atta viel­leicht mit einem 28,3 Gramm schwe­ren Stück Sei­fe gewa­schen habe, bevor er zum Flug­ha­fen fuhr, um ein Flug­zeug zu ent­füh­ren und ins World Trade Cen­ter zu steu­ern (nach­zu­le­sen auch in die­sem Buch). Es wird seit­dem in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den für beson­ders detail­lier­te, aber völ­lig sinn­lo­se Recher­che­tä­tig­kei­ten von Jour­na­lis­ten ver­lie­hen. Von mir.

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Leben

Die Tiere sind unruhig

Ich war immer schon sehr fas­zi­niert von der Tat­sa­che, dass Tie­re Erd­be­ben und ähn­li­che Kata­stro­phen „vor­her­sa­gen“ kön­nen.

Des­we­gen bin ich jetzt irgend­wie beun­ru­higt:

Wie wird da wohl die Schlag­zei­le der mor­gi­gen „Bild am Sonn­tag“ aus­se­hen?

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Digital Leben

Ich gehöre nicht dazu

Ver­gan­ge­ne Woche wur­de ich von mei­nem bes­ten Freund, den ich seit mei­nem ers­ten Tag am Gym­na­si­um ken­ne (damals woll­te ich ihm eine rein­hau­en), gefragt, war­um ich denn immer noch nicht beim Stu­diVZ ange­mel­dt sei. Da sei­en doch schließ­lich fast all unse­re Freun­de und Bekann­ten aus Schul­zei­ten und man kön­ne so doch super in Kon­takt blei­ben. Ich erging mich in einem halb­stün­di­gen Vor­trag, den ich – weil ich die Argu­men­te ein­mal bei­sam­men hat­te – hier Aus­zugs­wei­se wie­der­ge­ben will:

Per­sön­li­che Daten
Ich weiß, dass mei­ne Daten im Inter­net nir­gend­wo wirk­lich sicher sind. Trotz­dem wür­de ich sie nur äußerst ungern nie bei einem Anbie­ter hin­ter­le­gen, der schon mehr­fach durch Sicher­heits­män­gel auf­ge­fal­len ist und in sei­nen „Daten­schutz­er­klä­run­gen“ andeu­tet, mög­li­cher­wei­se mei­ne Pri­vat­kor­re­spon­den­zen lesen zu wol­len. Fer­ner schreckt es mich ab, wenn in den AGBs eine „vom Betrei­ber nach bil­li­gem Ermes­sen fest­zu­set­zen­de […] Ver­trags­stra­fe“ in den Raum gestellt wird, die „auf ers­tes Anfor­dern an den Betrei­ber zu zah­len“ sei. Die­se wür­de bei peni­bler Aus­le­gung der AGBs zum Bei­spiel fäl­lig, wenn nicht „alle von ihm [dem Nut­zer] gegen­über dem Betrei­ber ange­ge­be­nen per­sön­li­chen Daten der Wahr­heit ent­spre­chen“ – ich also bei­spiels­wei­se mei­ne Kör­per­grö­ße oder Augen­far­be (kei­ne Ahnung, ob man die im Pro­fil ange­ben kann, ich kann ja von außen nicht mal pro­be­wei­se rein­gu­cken) nicht kor­rekt ange­be.

Die Macher
Man­chen Jung­un­ter­neh­mern steigt es zu Kopf, wenn sie plötz­lich mit Geld­sum­men zu tun haben, die ihre Eltern in einem gan­zen Leben har­ter und ehr­li­cher Arbeit nicht anspa­ren kön­nen. Man­chen von ihnen ent­glei­tet irgend­wann alles. Ehs­san Daria­ni, einer der drei Stu­diVZ-Grün­der, benimmt sich hin­ge­gen nur wie die Axt im Wal­de: Er ver­fügt über eine recht eigen­tüm­li­che Auf­fas­sung von „Sati­re“ und Frau­en. Das kann man natür­lich als per­sön­li­che Erzie­hungs­de­fi­zi­te abtun, für mich hin­ge­gen ist klar, dass ich mit sol­chen Leu­ten so wenig wie mög­lich zu tun haben möch­te.

Die Grund­idee
Das Medi­um heißt Inter­net und eine sei­ner Stär­ken ist, dass man damit ganz schnell Kon­tak­te knüp­fen kann – welt­weit eben. Wozu brau­che ich da eine Platt­form, die sich an die „Rand­grup­pe“ (etwas mehr als 2% Anteil an der Gesamt­be­völ­ke­rung der Bun­des­re­pu­blik) deutsch­spra­chi­ger Stu­den­ten rich­tet, wenn es Por­ta­le für alle gibt? Klar: Es gibt auch Fan-Foren für Tokio Hotel und News­groups für Kern­phy­si­ker. Das sind noch klei­ne­re Ziel­grup­pen. Aber bei denen sehe ich wenigs­tens ein, war­um die unter sich blei­ben wol­len.
Ich habe aber gene­rell ein Pro­blem mit In-Kon­takt-blei­ben- und Neue-Leu­te-Ken­nen­ler­nen-Platt­for­men: Wenn sich mei­ne frü­he­ren Mit­schü­ler für mich inter­es­sie­ren wür­den, wäre es ein Leich­tes für sie, mei­ne E‑Mail-Adres­se her­aus­zu­fin­den (falls sie die nicht eh hät­ten) oder mich über mei­ne Eltern zu kon­tak­tie­ren. Die, äh: gerin­ge Anzahl von Kon­takt­auf­nah­men seit unse­rem Abitur vor fünf Jah­ren lässt für mich den Schluss zu, dass das Inter­es­se so groß nicht sein kann. Jede „Und was machst Du jetzt so?“-Botschaft im Stu­diVZ wäre also genau­so albern wie ein Klas­sen­tref­fen. Mit den Mit­schü­lern, die wirk­li­che Freun­de waren, ste­he ich auch heu­te noch in (unre­gel­mä­ßi­gem, aber herz­li­chen) Kon­takt – auch ohne Stu­diVZ.
Und wie­so soll­te ich online Kom­mi­li­to­nen adden, mit denen ich im Semi­nar­raum kein Wort spre­che? Ganz extrem wird das dann an Geburts­ta­gen: Wenn mir jemand gra­tu­liert, möch­te ich mir wenigs­tens vor­stel­len kön­nen, dass er dies tut, weil ich ihm etwas bedeu­te und er sich des­halb das Datum gemerkt oder auf­ge­schrie­ben hat. Ich habe sehr gute Freun­de, die bis heu­te nicht wis­sen, wann ich mein Wie­gen­fest bege­he, und das ist für mich völ­lig okay. Aber wenn mir Wild- und Halb­frem­de gra­tu­lie­ren, nur weil ihnen ein Com­pu­ter­pro­gramm auto­ma­tisch mit­teilt, dass sie dies zu tun hät­ten, füh­le ich mich wie ein Kind, des­sen Groß­el­tern an Weih­nach­ten den kor­rek­ten Namen vom Geschenk­pa­pier able­sen müs­sen. Außer­dem soll­te ein Gespräch nicht schon mit dem Dank des Jubi­lars für die Glück­wün­sche enden, weil man sich sonst nichts zu sagen hat.

Die Über­sät­ti­gung
Ich habe je einen Account bei ICQ und Sky­pe; bin bei jetzt.de, last.fm, MySpace, xing.com und Live­jour­nal ange­mel­det; kann bei Ama­zon, eBay und im iTu­nes Store ein­kau­fen und trei­be mich mehr oder weni­ger regel­mä­ßig in min­des­tens einem Dut­zend Blogs, Web­fo­ren und News­groups rum. Ich habe kei­nen Nerv mehr, mir noch einen User­na­men aus­den­ken zu müs­sen, nur weil mein Stan­dard­nick schon ver­ge­ben ist. Ich weiß, dass jeg­li­che Sor­gen zum Daten­schutz längst absurd sind: Soll­te ich mor­gen mein Gedächt­nis ver­lie­ren, kann ich mir alles Wis­sens­wer­te (und sehr viel Unwich­ti­ges) über mei­ne Per­son im Inter­net zusam­men­su­chen.
Mit nur 23 Jah­ren hat sich bei mir eine gewis­se Tech­nik­mü­dig­keit ein­ge­stellt und will gar nicht mehr wis­sen, was Twit­ter, Mee­bo und Seek­freed sind.
Trotz­dem kommt alle paar Mona­te irgend­was daher, von dem ich nie dach­te, dass ich es brau­chen wür­de, was mich aber fes­selt und fas­zi­niert.

Für Stu­diVZ gilt aber das, was ich mei­nem Freund gleich zu Beginn mei­ner Tira­de sag­te: „Ich mel­de mich da an dem Tag an, an dem ich ein Bild-Zei­tungs-Abo abschlie­ße und mir einen Ken-Fol­lett-Roman kau­fe.“

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Leben Politik

Teacher leave them kids alone

In Bre­men tagt heu­te der Rechts­aus­schuss der Bür­ger­schaft. Die CDU will Auf­klä­rung dar­über, wie die ehe­ma­li­ge RAF-Ter­ro­ris­tin Susan­ne Albrecht unter neu­em Namen Deutsch­leh­re­rin für Migran­ten­kin­der an einer Bre­mer Grund­schu­le wer­den konn­te.
Die denk­bar ein­fa­che Ant­wort eines Außen­ste­hen­den wür­de ver­mut­lich lau­ten: „Sie hat bereits in der DDR als Leh­re­rin gear­bei­tet, als sie dort unter­ge­taucht war, sie hat­te eine posi­ti­ve Pro­gno­se und irgend­je­mand hat sie wohl ein­ge­stellt.“ Und für die­je­ni­gen, die so klug sind, nicht auf daher­ge­lau­fe­ne Außen­ste­hen­de zu hören, erklärt Bre­mens frü­he­rer Bür­ger­meis­ter Hen­ning Scherf das alles noch mal etwas aus­führ­li­cher.

Nun ist im Zuge der Debat­ten der letz­ten Wochen klar­ge­wor­den (no pun inten­ded), dass man­che Poli­ti­ker, Bür­ger und Jour­na­lis­ten ein wenig Nach­hil­fe in Sachen rechts­staat­li­cher Prin­zi­pi­en benö­ti­gen (Hans Fil­bin­ger kann glück­li­cher­wei­se nicht mehr zum Nach­hil­fe­leh­rer umge­schult wer­den). Wer aber hät­te gedacht, dass sich die zöger­li­che Auf­ar­bei­tung bun­des­re­pu­bli­ka­ni­scher Ver­gan­gen­heit dazu eig­net, ein gan­zes Berufs­bild neu zu defi­nie­ren?

CDU-Vor­zei­ge­plap­per­maul Wolf­gang Bos­bach empör­te sich in „Bild“:

Bei Leh­rern darf an der cha­rak­ter­li­chen Eig­nung kei­ner­lei Zwei­fel bestehen. Es kann nicht sein, dass eine Ex-RAF-Ter­ro­ris­tin aus­ge­rech­net durch die Arbeit mit Kin­dern reso­zia­li­siert wer­den soll.

Und Hart­mut Per­schau, CDU-Frak­ti­ons­chef in der Bre­mer Bür­ger­schaft (die zufäl­li­ger­wei­se in neun Tagen neu gewählt wird), sekun­diert:

Wer unse­re Kin­der unter­rich­tet, hat eine Vor­bild­funk­ti­on zu erfül­len – dafür kom­men Ter­ro­ris­ten nicht in Fra­ge!

Dank „Bild“ weiß man ja immer, wie alt jemand (unge­fähr) ist. Im aktu­el­len Arti­kel sind Bos­bach 54 und Per­schau 65 – ihre eige­ne Schul­zeit liegt also noch län­ger zurück als Frau Albrechts RAF-Unter­stüt­zung. Da mei­ne Schul­lauf­bahn deut­lich spä­ter ende­te, sehe ich mich in der Posi­ti­on, die Her­ren Bos­bach und Per­schau über cha­rak­ter­li­che Eig­nung und Vor­bild­funk­ti­on diver­ser Leh­rer auf­zu­klä­ren, die mir wäh­rend­des­sen unter­ge­kom­men sind: da hat­ten wir ein paar Alko­ho­li­ker; cho­le­ri­sche Kunst- und Musik­leh­rer; neo­kon­ser­va­ti­ve Klein­ak­tio­nä­re; Deutsch­leh­rer, die die Spra­che gera­de erst gelernt oder einen Sprach­feh­ler hat­ten; Sport­leh­rer, die die 500 Meter zur Turn­hal­le im Mer­ce­des zurück­leg­ten; Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker; Natur­wis­sen­schaft­ler, die kei­ner­lei päd­ago­gi­sche Aus­bil­dung durch­lau­fen hat­ten; Ket­ten­rau­cher, die kaum eine Schul­stun­de ohne Niko­tin­zu­fuhr aus­hiel­ten; Alt­hip­pies, die es den Fünft­kläss­lern über­lie­ßen, ob sie Voka­beln ler­nen wol­len oder nicht, und Deutsch­leh­rer, die Sechst­kläss­ler Klas­sen­ar­bei­ten mit dem The­ma „Mein ers­tes Mal“ schrei­ben lie­ßen – trotz­dem sind mir kei­ne Schä­di­gun­gen bei irgend­wel­chen Schü­lern bekannt, die über das nor­ma­le Maß hin­aus­ge­hen.
Natür­lich hat­ten wir auch jede Men­ge groß­ar­ti­ge Päd­ago­gen, die ihre Begeis­te­rung für Geschich­te, Poli­tik, Lite­ra­tur oder Mathe­ma­tik auf uns über­tra­gen konn­ten – Leh­rer bil­den halt einen über­ra­schend pas­sen­den Gesell­schafts­schnitt ab und sind sowie­so dank­ba­re, wei­che Zie­le.

Was ich aber kei­nem noch so schlech­ten Leh­rer wün­sche, sind die skep­ti­schen Sei­ten­bli­cke und die Hexen­jagd, die im Groß­raum Bre­men ein­ge­setzt haben dürf­te. Ich wür­de da die­ser Tage noch weni­ger Deutsch­leh­re­rin an einer Grund­schu­le sein wol­len als sonst schon …

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Musik Print

„Viel schlimmer ist doch, dass mittlerweile jede Putzfrauenstelle übers Fernsehen gecastet wird.“

Wer sich für groß­ar­ti­ge Sät­ze von groß­ar­ti­gen Musi­kern begeis­tern kann, dem sei der aktu­el­le Musik­ex­press (Mai 2007) wärms­tens ans Herz gelegt. Auf lei­der nur einer Sei­te befragt Jan Wig­ger Peter Hein von den Fehl­far­ben – und der sagt so vie­le tol­le Sachen, dass man gar nicht mehr weiß, wel­chen Spruch man sich dem­nächst auf ein T‑Shirt (wohl vor­sichts­hal­ber in XXXXXL) dru­cken las­sen soll.

Zum The­ma Fuß­ball-WM und dem sog. „posi­ti­ven Patrio­tis­mus“ (Fah­nen­schwen­ken):

Ich habe natür­lich gegen die deut­sche Mann­schaft gehal­ten, das mache ich immer. Zum Fah­nen­schwen­ken: Natür­lich geht das. Die Hälf­te der Leu­te mit den Fah­nen konn­te ja kaum Deutsch, die leben halt hier und konn­ten ihrem von zu Hau­se gewohn­ten Fah­nen­schwen­ken mal frei­en Lauf las­sen. Ich fand es auch in Ord­nung, wie man sich mit die­sen Wink­ele­men­ten an den Autos lächer­lich gemacht hat.

Über Franz Josef Wag­ners Kolum­ne in der „Bild“-Zeitung:

„Post von Wag­ner“ fand ich frü­her nur blöd. Aber seit­dem mir mal jemand plau­si­bel gemacht hat, dass der wirk­lich „amt­lich durch­ge­knallt“ ist, blei­be ich dar­an hän­gen. […] Also ab und zu schreibt der auch was Wah­res, und ich lese das mit Belus­ti­gung.“

Auf die Fra­ge, ob Pete Doh­erty Punk sei:

Also Pete Doh­erty ganz bestimmt nicht, der ist eher Sid Vicious. Und das ist nicht Punk, son­dern (über­legt) … Depp.

Als ihm der Pro­mo­ter eine Bröt­chen­tü­te reicht:

Mensch, da ist ja gar nichts von dem drin, was ich bestellt habe. Kein Ei, kein Sand­wich, nur so’n Kör­ner-Kack. Wenigs­tens ist das Tier tot, was auf dem Bröt­chen ist.

Über MP3s:

Das ist im Prin­zip nur Schei­ße, da gehst du ein­mal mit nem Magnet vor­bei, und dann haben sie ihre Musik mal gehabt. Ich stel­le mir immer vor, wie die jetzt 30-Jäh­ri­gen in zwan­zig Jah­ren auf dem Floh­markt ste­hen und da ihre Chips ver­hö­kern (ver­stellt die Stim­me): „Ey, hal­lo, 30 Giga­byte, ey voll krass, mus­su hören!“

Der Rest des Hef­tes ist auch zu emp­feh­len, die neue Fehl­far­ben-Plat­te offen­bar auch.

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Bloody April

Ges­tern wur­den auf dem Cam­pus der Uni­ver­si­tät von Blacksburg, Va. mehr als 30 Men­schen von einem Amok­läu­fer erschos­sen. Das ist unglaub­lich schreck­lich, eine sehr, sehr trau­ri­ge Geschich­te. Vie­le Men­schen rund um die gan­ze Welt sind ent­setzt und sprach­los – und es wäre wirk­lich wün­schens­wert, wenn auch die Jour­na­lis­ten ange­denk eines sol­chen Ereig­nis­ses ein­fach mal sprach­los wären und die Schnau­ze hiel­ten. Die New York Times doku­men­tiert sehr ein­drucks­voll, wie die Fern­seh­re­por­ter auf dem Cam­pus ein­fie­len, und wie Augen­zeu­gen per Han­dy­ka­me­ra und Inter­net die Nach­rich­ten­sta­ti­on mit Bil­dern aus der Schuss­li­nie ver­sorg­ten. Der Arti­kel schließt mit einem Zitat, das zynisch zu nen­nen ich mich nicht scheue:

“Stay out of harm’s way,” the CNN anchor Don Lemon said, addres­sing stu­dents at Vir­gi­nia Tech. “But send us your pic­tures and video.”

Aber auch die deut­schen Medi­en schal­te­ten sofort auf Tur­bo und schrit­ten beherzt und enthirnt zur Tat. Dabei war die „Bild“-Schlagzeile, die etwas vom „größ­ten Blut­bad aller Zei­ten“ fasel­te, sogar noch das kleins­te Übel. Je nach­dem, wie man den Begriff „Blut­bad“ defi­niert und wie man den Super­la­tiv räum­lich ein­schrän­ken will, stimmt die Behaup­tung sogar: in den USA hat es nie einen Amok­lauf mit mehr Todes­op­fern gege­ben.
In fast jeder Zei­tungs- oder Fern­seh­re­dak­ti­on muss­te sich ein Mit­ar­bei­ter dar­an machen, eine Chro­nik der schlimms­ten Amok­läu­fer zu erstel­len. Auch das kann man kri­tisch sehen, aber es kann ja auch ganz hilf­reich sein, sich noch mal ein paar Fak­ten ins Gedächt­nis zu rufen.
Da schon wäh­rend des Amok­laufs reich­lich von Stu­den­ten der Vir­gi­nia Tech über die Ereig­nis­se gebloggt wur­de, kann man sich nun an die Web-Aus­le­se machen. Das ist sogar aus medi­en­theo­re­ti­scher Sicht hoch­in­ter­es­sant, da es bis­her kaum ver­gleich­ba­re Ereig­nis­se gibt, die der­art medi­al abge­deckt sind.

Was Spie­gel Online sich dann aber noch leis­tet, ist ent­we­der als Beschäf­ti­gungs­the­ra­pie für Prak­ti­kan­ten oder als end­gül­ti­ge Gleich­set­zung von SpOn mit „Bild“ anzu­se­hen:

Die Amok­läu­fe von Litt­le­ton, Erfurt und Blacksburg haben nicht nur das Leid und den Schre­cken gemein­sam, den weni­ge über vie­le gebracht haben. Sie tei­len auch den Monat, in dem die Schre­ckens­ta­ten ver­übt wur­den.

Und in deed: das ein­zi­ge, was dem Arti­kel noch fehlt, sind die Quer­sum­men der Tage, an denen die Amok­läu­fe statt­fan­den (34, 16, 20). Über den gest­ri­gen Täter schreibt jdl:

Waren Kle­bold und Har­ris auch sei­ne Vor­bil­der? Kann­te er die Wahn­sinns­tat des Robert Stein­häu­ser? War das Datum bewusst gewählt? Schon die Fra­gen sind beängs­ti­gend. Wie wer­den erst die Ant­wor­ten sein?

Beängs­ti­gend, für­wahr. Denn die „Bild“-gleiche Über­schrift

Monat der Mas­sa­ker: Blu­ti­ger April

bezieht sich ja gar nicht auf eine mög­li­che Nach­ah­mungs­tat (die man im Moment eben­so wenig aus­schlie­ßen wie bestä­ti­gen kann), son­dern auf einen ver­damm­ten Monat. Ein Blick in die SpOn-eige­ne Chro­nik hät­te gezeigt, dass von den 18 dort auf­ge­führ­ten Amok­läu­fen 15 in Nicht-April-Mona­ten statt­fan­den – dafür vier im März (!!!!1). Viel­leicht liegt es ja an den Ster­nen

Nach­trag, 19:17 Uhr: Ste­fan Nig­ge­mei­er schreibt dazu:

Im welt­wei­ten Ren­nen um den dümms­ten Bericht zum Amok­lauf in Blacksburg liegt Spie­gel Online mit die­sem Arti­kel fast unein­hol­bar in Füh­rung

War­ten wir’s ab …

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BILDung für alle – und zwar umsonst

Das Som­mer­se­mes­ter hat begon­nen. Das erkennt man an der Ruhr-Uni Bochum unter ande­rem dar­an, dass noch mehr jun­ge Men­schen als sonst schon ver­wirrt durch die Gegend ren­nen und Gebäu­de, Räu­me oder ein­fach nur ihre Mama suchen. Selbst­ver­ständ­lich ist die Roll­trep­pe an der U‑Bahn-Hal­te­stel­le wie­der ein­mal defekt (was aller­dings kein Semes­ter­be­ginn­spe­zi­fi­sches Pro­blem ist: die Trep­pe fährt ein­fach grund­sätz­lich nicht, wenn vie­le Leu­te da sind) und diver­se Fir­men ver­su­chen auf dem Cam­pus, Neu­kun­den zu ködern.

Immer vor­ne mit dabei: Zei­tungs­ver­la­ge, die einem Gra­tis­aus­ga­ben ihrer Pro­duk­te in die Hand drü­cken und einen damit zum Abschluss eines sog. preis­re­du­zier­ten Stu­den­ten­abos bewe­gen wol­len. An die­sen Abos ver­die­nen die Ver­la­ge (fast) gar nichts mehr, aber gegen­über ihren Wer­be­kun­den kön­nen sie mit höhe­ren Abon­nen­ten­zah­len prot­zen. In der Ver­gan­gen­heit waren es vor allem die Qua­li­täts­zei­tun­gen FAZ und Süd­deut­sche, die sich vor­nehm­lich an die Geis­tes­wis­sen­schaft­ler her­an­schmis­sen – wel­che das wil­lig über sich erge­hen lie­ßen.

Als ich heu­te um kurz vor Zwei (also zu bes­ter Stu­den­ten­zeit) Rich­tung Uni schlurf­te, stan­den dort Men­schen in mit­leid­erre­gend war­men roten Regen­ja­cken und drück­ten den vor­bei­zie­hen­den Scha­ren Papier­bün­del in die Hand: die „Bild“-Zeitung. Nun ist „Bild“ eine Bou­le­vard­zei­tung, die es aus­schließ­lich in Kios­ken, Bahn­hofs­buch­hand­lun­gen, Auto­ma­ten, Tank­stel­len und ver­ein­zel­ten Bäcke­rei­en, jedoch (im All­ge­mei­nen) nicht im Abo, gibt. Da klopft natür­lich die Fra­ge an, was es dem Axel-Sprin­ger-Ver­lag bringt, Tau­sen­de Aus­ga­ben „Bild“ kos­ten­los an Men­schen zu ver­tei­len, die nicht unbe­dingt als Kern­ziel­grup­pe der Zei­tung bekannt sind.

Vie­le Stu­den­ten lehn­ten das Geschenk dann auch irgend­wo zwi­schen höf­lich und schroff ab, eini­ge weni­ge nah­men wort­los ein Exem­plar an und zer­ris­sen es sofort unter den Augen der Ver­tei­ler, aber vie­le grif­fen auch dan­kend zu und schlepp­ten die Zei­tun­gen bis in den Semi­nar­raum, in dem bezeich­nen­der­wei­se ein (dezent über­füll­tes) Semi­nar zum The­ma „Mas­sen­kul­tur“ statt­fand. Nun kann man natür­lich sagen: „Ach, das sind alles auf­ge­klär­te Stu­den­ten, die wer­den schon wis­sen, was sie da für einen Mist lesen, die ste­hen da intel­lek­tu­ell drü­ber und sehen in der Lek­tü­re die­ses Pro­le­ta­rier­blat­tes eine bewuss­te iro­ni­sche Bre­chung, sozu­sa­gen eine Stipp­vi­si­te aus dem Elfen­bein­turm im Dixi-Klo.“

Aber selbst wenn zwei Drit­tel der neu­ge­won­ne­nen „Bild“-Leser einen BILD­blog-Abon­nen­ten­aus­weis besä­ßen (der den Trä­ger ja bekannt­lich berech­tigt, „auch in der Öffent­lich­keit die ‚Bild‘-Zeitung zu lesen, ohne sich dafür blö­de anma­chen las­sen zu müs­sen“), ein unwoh­les Gefühl bleibt bei der Sache: Mal ganz davon ab, dass wir inzwi­schen 500 Euro Stu­di­en­ge­büh­ren zah­len und somit eigent­lich wer­be­freie Pay Edu­ca­ti­on erwar­ten dürf­ten, zählt die „Bild“-Zeitung defi­ni­tiv zu den Pro­duk­ten, die ich am aller­we­nigs­ten in mei­nem direk­ten Umfeld haben möch­te. Da bin ich doch mal gespannt, wie sich AStA und ande­re links-alter­na­ti­ve Stu­den­ten­grup­pen dar­über das Maul zer­rei­ßen wer­den …

Nach­trag, 15. April 2007: Kat­ti hat sich so eine Zei­tung auf­schwat­zen las­sen und doku­men­tiert auch detail­liert das Bei­blatt, auf dem sich „Bild“ selbst vor­stellt („Gestat­ten, Bild!“).
Außer­dem gibt es bei indymedia.org eine – wie zu erwar­ten – „aus­ge­wo­ge­ne“ Aus­ein­an­der­set­zung mit der Geschich­te. Dort gibt es auch ein Wie­der­se­hen mit Tsang’s Law („Die Stu­die­ren­den for­dern …“).