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Musik

Wenn es passiert

Ja, das mit den Pod­casts hat nicht geklappt. Das Mikro­fon lief nur am HTC-Smart­phone, aber da funk­tio­nier­te die zuge­hö­ri­ge App plötz­lich nicht mehr. Das tat sie zwar auf dem iPod touch, aber der wei­ger­te sich, das Mikro anzu­er­ken­nen. Die Zukunft liegt im CB-Funk, sag ich Ihnen. Egal …

Jeden­falls hab ich jetzt von jedem Act, den ich gese­hen hab, ein ein­mi­nü­ti­ges Video gedreht, das Sie hier zu sehen bekom­men.

Fes­ti­vals sind wie „Lethal Weapon“-Filme: Das Per­so­nal ist weit­ge­hend gleich, die ein­zel­nen Ver­satz­stü­cke sind bekannt und alle paar Minu­ten sagt jemand, er sei zu alt für die­sen Scheiß. Es flie­gen nur weni­ger Din­ge in die Luft und es wer­den weni­ger Leu­te von Surf­bret­tern ent­haup­tet.

Die wich­tigs­te Nach­richt noch zu Beginn: Das Tra­gen von Jeans­hem­den ist in Deutsch­land offen­bar wie­der straf­frei mög­lich. Ver­mut­lich hat die Bun­des­re­gie­rung ver­schla­fen, das ent­spre­chen­de Gesetz zu ver­län­gern und jetzt haben wir alle den Salat. Schön ist das nicht!

Und nun: Musik!

Yuck

In Hald­ern steht ein Spie­gel­zelt und ich has­se es – wenn ich nicht rein­kom­me. Vor des­sen Ein­lass hat sich eine meh­re­re hun­dert Meter lan­ge Schlan­ge gebil­det, in denen die Men­schen fried­lich und in Zwei­er­rei­hen dar­auf war­ten, noch hin­ein­ge­las­sen zu wer­den. Eini­ger­ma­ßen ver­geb­lich, wie ihnen selbst klar sein muss. Aber die Kon­zer­te von drin­nen wer­den nach drau­ßen in den Bier­gar­ten über­tra­gen und so kön­nen wir alle Yuck aus Lon­don sehen und hören, die neue Shoe­ga­ze-Sen­sa­ti­on. Der ange­nehm schram­me­li­ge Sound ihres selbst­be­ti­tel­ten Debüt­al­bums kommt auch live schön rüber und das Jeans­hemd darf der Sän­ger (der in jedem Bob-Dylan-Bio­pic die Ide­al­be­set­zung wäre) ja wie­der tra­gen.

Julia Mar­cell

Mit ihrer durch­sich­ti­gen Blu­se bringt Julia Mar­cell ein biss­chen ESC-Atmo­sphä­re aufs Hald­ern. Viel­leicht ist es aber auch nur ein Regen­cape, sowas tra­gen hier drau­ßen grad alle. Musi­ka­lisch wäre das stel­len­wei­se auch beim Songcon­test denk­bar, aber mit die­sen Björk-Anlei­hen käme Polen ver­mut­lich nicht ins Fina­le. Julia Mar­cells neu­es Album erscheint auf Hald­ern Pop Recor­dings, das Pro­gramm­heft spricht von „Opu­lenz“, was es wohl ganz gut trifft.

The Avett Brot­hers

Das könn­ten vom Publi­kums­zu­spruch her die nächs­ten Mum­ford & Sons wer­den – nur, dass die Avett Brot­hers schon viel län­ger dabei sind und (zumin­dest zum Teil) wirk­lich Brü­der sind. Bei den dies­jäh­ri­gen Gram­mys haben sie gemein­sam mit Mum­ford & Sons und Bob Dylan per­formt und damit ist ja wohl alles gesagt. Ihr fol­ki­ger Rock mit Blue­grass- und Punk­ein­flüs­sen kommt super an, die Men­schen tan­zen auch drau­ßen im Nie­sel­re­gen, nur der Sound ist lei­der sehr schlecht.

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Musik Digital

Haldern-Podcasts

Zwei­tes August­wo­chen­en­de, schlech­tes Wet­ter – die Zeit ist reif fürs Hald­ern Pop Fes­ti­val!

Ich mach mich gleich auf den Weg zu mei­nem 12. Hald­ern machen und freue mich schon sehr auf The Low Anthem, The Wom­bats, James Bla­ke, Fleet Foxes, Yuck, Ale­xi Mur­doch und vie­le ande­re.

Hier im Blog wer­den wir etwas ganz Neu­es aus­pro­bie­ren, von dem ich selbst am Meis­ten über­rascht wäre, wenn es funk­tio­nier­te: Jeden Abend, nach­dem die (meis­ten) Kon­zer­te vor­bei sind, wer­den wir einen klei­nen Pod­cast auf­neh­men und anschlie­ßend direkt hier ver­öf­fent­li­chen. (Das Kon­zept ist natür­lich abge­schaut von der SXSW-Bericht­erstat­tung von „All Songs Con­side­red“.)

Mit etwas Glück, viel Mond­licht und ein paar Hüh­ner­kno­chen soll­ten Sie hier im Blog in den nächs­ten drei Tagen also drei Pod­casts fin­den. Wenn nicht, stel­len sie sich bit­te ein­fach vor, wie ich in mei­nem Zelt sit­ze und Hard- und Soft­ware viel­far­big ver­flu­che.

Nach­trag, 14. August: Ja, gut, äääh …

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Musik

Haldern-Tickets: Frische Ware eingetroffen

Vom 11. bis zum 13. August fin­det in Rees-Hald­ern am schö­nen Nie­der­rhein das 28. Hald­ern Pop Fes­ti­val statt. So früh wie in die­sem Jahr waren die rund 5.000 Tickets noch nie aus­ver­kauft – wenn die Ent­wick­lung wei­ter anhält, dürf­te das Fes­ti­val schon in 25 Jah­ren bin­nen weni­ger Minu­ten aus­ver­kauft sein, wie man es von den Fes­ti­vals auf den bri­ti­schen Inseln kennt.

Wer nicht mal eben im Inter­net locker den dop­pel­ten Preis zah­len will, um Künst­ler wie The Low Anthem, James Bla­ke, Ale­xi Mur­doch, The Ant­lers, The Wom­bats oder Wir Sind Hel­den live zu sehen, soll­te sich mor­gen auf den Weg zur Hald­ern Pop Bar in Hald­ern machen.

Wie der Ver­an­stal­ter soeben mit­teilt, stellt die Die­bels-Braue­rei Tei­le ihres Gast- und VIP-Kon­tin­gents zum nor­ma­len Ver­kauf zur Ver­fü­gung. Inklu­si­ve der Rück­läu­fe aus dem Onlin­ever­kauf ste­hen 178 Tickets zum Ver­kauf, pro Per­son wer­den maxi­mal zwei ver­kauft.

Ein Ticket kos­tet 82,50 Euro (inkl. Gebühr). Die Hald­ern Pop Bar ist ab 18 Uhr geöff­net. Der Ver­kauf star­tet um 20 Uhr

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Unterwegs Musik

Camp Indie Rock

- von Tom­my Fin­ke -

DONNERSTAG
Groß­zü­gi­ger­wei­se habe ich mich als Fah­rer ange­bo­ten und neh­me mei­nen Teil der Rei­se­grup­pe Hald­ern 2010 vom Bahn­hof Bochum aus mit.

Wäh­rend Rosa und Marie bei­de vor­ne Platz neh­men, neh­me auch ich vor­ne Platz. Die Vor­zü­ge eines Band­au­tos: 3 Sit­ze in der ers­ten Rei­he. Marie hat ein iPad ein­ge­packt, ich muss dar­über ein wenig lachen, bin aber eigent­lich nei­disch. Ihr Ziel beim Hald­ern ist medi­en­tech­ni­scher Natur: Sie hat einen der begehr­ten Foto­päs­se. Mit Rosa war ich 2008 schon mal auf dem Hald­ern. Und ich freue mich, dass sie dies­mal wie­der dabei ist! Die Fähig­keit, sich über Tage fast aus­schließ­lich von Rot­wein und Musik zu ernäh­ren, macht Rosa zu einer per­fek­ten Feti­val­be­su­che­rin. Und zu einem medi­zi­ni­schen Wun­der.

Unser Zelt­platz ist, ein­mal ange­kom­men, leicht abschüs­sig, dafür haben wir aber in alle Rich­tun­gen net­te Nach­barn. Wir ver­zwei­feln an Maries Zelt, aber der Hin­weis, man kön­ne zumin­dest mal ver­su­chen, alle Stan­gen mit der glei­chen Num­mer inein­an­der zu ste­cken, ist aus­schlag­ge­bend. Inzwi­schen ist auch Chris­toph mit Sophie ange­reist.

Ich spie­le den Rea­lis­ten und öff­ne das ers­te Dosen­bier. Das ist hier schließ­lich kein Kin­der­ge­burts­tag und wir haben schon deut­lich nach 16 Uhr. Alle wol­len wir zwar Seabear im Spie­gel­zelt sehen, aber die Schlan­ge ist schon um 18 Uhr so lang, dass wir uns ent­schlie­ßen, noch­mal kurz zurück zum Zelt­platz zu gehen und, nun­ja, vor­zuglü­hen. Ich stol­pe­re an Foto-Ger­rit vor­bei, mei­ne ein­zi­ge fes­te Hald­ern-Freund­schaft. Ger­rit ist berühmt gewor­den mit einer Aus­stel­lung über die Fotos der Schu­he der Stars: „Dancing Shoes“.

Ger­rit macht den Vor­schlag, mich am nächs­ten Tag zu foto­gra­fie­ren, aber wie jedes Jahr krie­gen wir es über­haupt nicht hin, uns zu einer fes­ten Uhr­zeit irgend­wo zu tref­fen, obwohl wir uns die nächs­ten 3 Tage immer wie­der begeg­nen. Ganz so schlimm ist das dann aber doch nicht nicht, Ger­rit hat­te in Zusam­men­hang mit der Foto­ses­si­on das Wort „nackt“ gebraucht. Ich hof­fe, das liegt an sei­nem letz­ten groß­ar­ti­gen Pro­jekt, ein Herz geformt aus nack­ten Fes­ti­val­be­su­chern beim Melt.

Wir ande­ren gehen zurück zum Zelt­platz, den wir für heu­te dann nicht mehr ver­las­sen, denn auch spä­ter berich­ten unse­re Spio­ne von undurch­dring­li­chen Men­schen­mas­sen an und ums Spie­gel­zelt. Uns ist das egal, die Chris­tophsche Ein­kaufs­wut beschert uns Grill­gut und Gin-Tonic. Zusätz­lich ist Nacht der Stern­schnup­pen und so gucken wir alle stun­den­lang in den Him­mel. Irgend­wel­che leicht zu begeis­tern­den Leu­te rufen bei jeder Stern­schnup­pe „Oh!“ und „Ah!“, wir blei­ben still, weil wir das nicht für Feu­er­werk hal­ten, son­dern für etwas Grö­ße­res. Ich bin gerührt, weil ich jede Stern­schnup­pe zwei­mal sehe.

Aus einem nahen Zelt dringt ein schwä­beln­des Stöh­nen. Das Prin­zip „Wenn ich sie nicht sehe, dann hören sie mich auch nicht“, hat wie­der nicht funk­tio­niert.

Haldern Pop 2010

FREITAG
Am nächs­ten Mor­gen habe ich einen Geschmack im Mund, der Tote umbrin­gen könn­te. Ich neh­me mir vor, die­sen Abend drin­gend die Zäh­ne zu put­zen, bevor ich ins Zelt stei­ge. Marie ist schon wach und macht Kaf­fee.

Heu­te ist der Tag, an dem wir min­des­tens Del­phic und Mum­ford & Sons sehen müs­sen. Außer­dem gibt es auf dem Pro­gramm heu­te ein Fra­ge­zei­chen und es ging das Gerücht rum, dass es sich um Bel­le & Sebas­ti­an han­deln könn­te. Aber nein, es kommt anders, und zwar in Form von: Phil­ipp Poi­sel. Die Leu­te: nicht begeis­tert. Was für ein unan­ge­mes­se­ner Ersatz für die gedank­lich schon gebuch­ten Bel­le & Sebas­ti­an. Da hät­te ja gleich ich spie­len kön­nen. Selbst­re­fle­xi­on, mei­ne Damen und Her­ren.

Ein paar hun­dert Meter wei­ter hat­te ich ges­tern schon Tei­le der Fog Jog­gers und Oh, Napo­le­on getrof­fen. Ja, mei­ne Damen und Her­ren, hier cam­pen die klei­nen Künst­ler noch selbst. Ich beschlie­ße, noch­mal rüber­zu­ge­hen und hal­lo zu sagen. Sophie schließt sich mir an, da auch sie dort jeman­den („Fre­de­rik!!!“) kennt. Jan von den Fog Jog­gers hat mein Album dabei, er mag es. Dass ich die Fog Jog­gers EP so rich­tig groß­ar­tig fin­de, behal­te ich für mich, damit es ihm nicht zu Kopf steigt. Sophie hat inzwi­schen Fre­de­rik am Ran­de der Jog­gers-Grup­pe aus­fin­dig gemacht. Er liegt auf dem Boden mit einem T‑Shirt über sei­nem Kopf, ver­ka­tert und apa­thisch. Ein­mal auf­ge­wacht, stellt er sich als sym­pa­thi­scher Kerl her­aus, lacht über wirk­lich jeden mei­ner bekann­ter­ma­ßen schlech­ten Wit­ze. Ich über­le­ge, ihn zu adop­tie­ren oder zumin­dest anzu­stel­len.

Sophies Freun­din Lisa reist auch noch an und hat ein Sagro­tan-Arse­nal ein­ge­packt, das man­che Klo­frau nei­disch machen dürf­te. Dass Sie Ihren Hund Treu nicht mit­neh­men durf­te, fin­det sie doof. Außer­dem wirkt sie augen­schein­lich etwas irri­tiert, wie die Leu­te hier so leben. Der Grund dafür ist schnell gefun­den: Es ist, mit 28 Jah­ren, ihr aller­ers­tes Fes­ti­val.

Die arme Lisa! Wir beschlie­ßen, Ihr alles wich­ti­ge über das Hald­ern Pop bei­zu­brin­gen und gehen zusam­men zum berühm­ten See zum Schwim­men. Ich selbst war da zwar bis­her auch noch nie drin, ist aber auch erst mein vier­tes Hald­ern. Dass jedoch Chris­toph nach knapp 10 Jah­ren Hald­ern noch nie in dem See schwim­men war, fin­de ich bemer­kens­wert. Immer­hin ist der See umsonst, die Duschen kos­ten Geld. Sie ver­ste­hen? Eben.

Björn und Fre­de­rik schwim­men nicht nur, sie haben auch Bier mit­ge­bracht. Für Im-See-trin­ken. Ich habe aus Fuß-Auf­schlitzungs­angst mei­ne Gum­mi­stie­fel an. Beim Schwim­men. Zur Bade­ho­se sieht das schei­ße aus, aber das hier ist ja kein Mode­wett­be­werb.

Wir machen uns den Spaß und gucken uns Phil­ipp Poi­sel an. Nun ja. Das Fra­ge­zei­chen bleibt eines. Mir fällt auf, dass der Key­boar­der, der übri­gens schwä­belt, nicht rich­tig zu hören ist. Scha­de. Ich bin da etwas alt­mo­disch: Ich mag mei­ne Instru­men­te hör­bar. Ansons­ten schwankt der Auf­tritt irgend­wo zwi­schen Xavier Naidoo und Madsen. Zumin­dest nicht mei­ne bevor­zug­ten musi­ka­li­schen Eck­punk­te.

Wäh­rend Phil­ipp noch vor sich hin poi­selt, besu­chen wir das Spie­gel­zelt, und irgend­wie pas­siert das Unglück: Die Zeit ist zu schnell ver­gan­gen! Als wir auf die Uhr sehen und zur Haupt­büh­ne hech­ten, spie­len Del­phic gera­de ihr letz­tes Lied. Ich bei­ße mir in den Arsch, denn was ich sehe und höre ist die groß­ar­tigs­te Indie-Elec­t­ro-Explo­si­on seit Lan­gem. Da könnt Ihr Euch mal alle umgu­cken, Ihr Zoot Women. Ich bin trotz­dem hin und weg, das hat mir wirk­lich gut gefal­len. Del­phic. Scheiß Name, gei­ler Sound.

Dies­mal sind wir schlau­er und blei­ben an der Haupt­büh­ne. Denn es folgt die Band der Stun­de: Mum­ford & Sons, lie­be­voll in Man­fred & Söh­ne umge­ti­telt von … nun­ja. Muss ich zur Band noch was sagen? Ich mag die wech­seln­den Instru­men­te, von der Sei­te sehe ich nicht genau, wer wann singt. Spä­ter sagt man mir, der Sän­ger hät­te auch getrom­melt. Ich muss an Phil Coll­ins den­ken, erschie­ße mich aber inner­lich dafür. Was für eine Band! Die­se fol­ki­ge Melan­cho­lie, die­se hol­zi­ge Eupho­rie. Gän­se­haut, Trä­nen in mei­nen Augen. Und zack: vor­bei.

Als Bei­rut fol­gen ver­su­che ich, einen akus­ti­schen Fil­ter in mei­nem Kopf zu for­men, der aus Bei­rut wie­der Mum­ford & Sons macht. Gelingt mir nicht, aber Bei­rut sind auch klas­se. Viel­leicht etwas undank­bar, die armen hin­ter die­ser Kra­cher­band auf die Büh­ne zu schi­cken.

Aber abge­se­hen davon: ein wirk­lich aus­ge­las­se­ner Frei­tag auf dem Hald­ern Pop. Für mich per­sön­lich noch von der Tat­sa­che ver­edelt, dass ich auf dem Boden 20 „Pop­ta­ler“ fin­de, die Hald­er­ner Wäh­rung für die Geträn­ke. Wenn man den Pfand für sich selbst abzieht (und den scheiß Becher nicht ver­liert), kann man gut und ger­ne 9 Bier dafür ein­tau­schen. Hur­ra.

Haldern Pop 2010

SAMSTAG
Dies­mal gehen wir eher auf das Gelän­de, weil wir ger­ne Por­tu­gal. The Man sehen möch­ten. Schaf­fen wir sogar. Tol­le Band, sind an die­sem Tag aber sehr Riff-las­tig. Ich selbst has­se ja Riffs, weil ich so ein schlech­ter Gitar­rist bin und mir beim zuhö­ren immer die Noten in den Kopf flie­gen und mich dar­an erin­nern, dass ich üben soll­te. Mach ich viel­leicht mal. Der Auf­tritt macht auf jeden Fall Spaß und Sophie hat Sei­fen­bla­sen­zeugs dabei, wel­ches wir ein­set­zen. Und – oh natur­be­las­se­nes Hald­ern Pop – eine majes­tä­ti­sche Libel­le lässt sich neben der Bass­box nie­der, wäh­rend ein Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter die Unter­sei­te sei­ner Arme in die Son­ne hält. Nicht aus Freu­de am Bräu­nen, son­dern aus gesund­heit­li­chen Grün­den: Die Ober­sei­te sieht schon genieß­bar aus. Mög­li­cher­wei­se hat der Geruch die Libel­le ange­lockt.

Sophie und ich schaf­fen bei Ever­y­thing Ever­y­thing im Spie­gel­zelt wie­der nur das letz­te Lied. Aber auch die­se Band schafft es, mich mit dem letz­ten Lied kom­plett zu über­zeu­gen. Das Del­phic-Phä­no­men. Scheiß Name, gei­le Band. Ich ärge­re mich, dass ich nie das letz­te Lied von Ost­zo­nen­sup­pen­wür­fel­ma­chen­krebs gese­hen habe.

Irgend­wann dann The Low Anthem im Spie­gel­zelt. Ich habe inzwi­schen einen toten Punkt erreicht und fin­de, dass die Band klingt wie das Simon & Gar­fun­kel Album, das ich manch­mal im Auto höre. Ich schla­fe im Ste­hen ein. Das wirkt repekt­los, soll aber die Band nicht schmä­lern. Coun­try­es­quer Folk. Oder sowas. Naja, ich brau­che fri­sche Luft und hän­ge drau­ßen rum. Hier und da wie­der bekann­te Gesich­ter: Sven, ein Foto­graf aus Bochum, Ger­rit natür­lich („Tom­my, spä­ter aber Fotos, ne?“), Manu­el von den Wed­ges. Ein biss­chen wie ein klei­nes Dorf. Hier soll­te man kei­ne Dumm­hei­ten machen, da weiß jeder gleich Bescheid. Und dann tuscheln die Nach­barn.

Efter­klang wer­den mir als Sigur-Rós-Ver­schnitt schmack­haft gemacht, ent­täu­schen aber in die­ser Hin­sicht gewal­tig. Das ist das Pro­blem mit gro­ßer Erwar­tungs­hal­tung: Mit die­ser Band wer­de ich heu­te nicht mehr warm. Ich nut­ze mei­ne letz­ten Fund-Pop­ta­ler und gebe eine Run­de. Chris­toph hat von sei­ner Oma 50 Euro Taschen­geld mit­be­kom­men!!! Obwohl das einen tie­fen Ein­griff in die adul­te Selbst­ver­sor­gungs­pflicht dar­stellt. Er weiß um sei­nen Stel­len­wert als Grup­pen­be­treu­er und kauft davon Pop­ta­ler. Als ihm klar wird, dass er davon weder Essen noch sonst­was, son­dern nur Bier und Wein kau­fen kann, ist es bereits zu spät. Der Pop­ta­ler ist wie das Spiel­geld in Dis­ney­land, er regt zum Kon­sum an.

Und dann end­lich irgend­wann: The Natio­nal. Erst den­ke ich, dass da irgend­was Inter­pol-ähn­li­ches auf mich zukommt, aber schnell wird klar, dass die­se Band kom­ple­xer ist. Irgend­wie muss ich zwar die gan­ze Zeit an Depe­che Mode den­ken, wor­an der Gesang sei­nen Anteil hat, aber das wür­de der gan­zen Sache nicht gerecht. Denn The Natio­nal klin­gen tat­säch­lich sehr eigen und inter­es­sant, rocken außer­dem wie Höl­le und haben eine unglaub­lich stim­mungs­vol­le Light­show. Marie regt sich spä­ter dar­über auf, weil ihr das natür­lich die bes­ten Fotos ver­saut: Immer irgend­ein scheiß Licht in der Kame­ra­lin­se. Mir ist das egal, ich muss ja nur gucken und glot­zen. Wahr­schein­lich star­re ich inzwi­schen schon, wenn ich trin­ke wer­de ich immer zum Star­rer, da ich ver­ges­se zu blin­zeln. Bei die­ser Band soll­te man die Augen sowie so nicht schlie­ßen, nicht mal für eine Nano­se­kun­de.

Inzwi­schen sind die letz­ten Pop­ta­ler bestim­mungs­ge­mäß ver­braucht und eine gewis­se Fes­ti­val­me­lan­cho­lie macht sich breit: Wir haben die letz­te Band auf der Haupt­büh­ne gese­hen. Jetzt ins Spie­gel­zelt? Undenk­bar. Der har­te Kern unse­rer Rei­se­grup­pe, Chris­toph, Rosa, Sophie, Marie und ich, geht zum Zelt­platz und lässt den Abend gebüh­rend aus­klin­gen: Wir sin­gen 90er Jah­re Plas­tik­pophits von East 17 und Take That. Weil wir uns näm­lich nicht zu fein sind, zu erken­nen, dass das in der Retro­spek­ti­ve auch schö­ne Musik sein kann. Und dann packt Sophie ihr Han­dy aus und spielt die Musik ab, die mich danach nicht mehr los­ge­las­sen hat, mas­si­ver als eine der Bands von den Büh­nen: Oh, Napo­le­on. Iro­nie des Schick­sals. Vor zwei Tagen noch am Zelt­platz gese­hen und trotz­dem vor­her gar nicht rein­ge­hört. Man sagt ja oft „Die Band kenn‘ ich!“ und meint „…vom Namen.“ Ich auf jeden Fall: begeis­tert und ver­stört, weil die doch noch so jung sind und die Sän­ge­rin da Sachen raus­haut wie ein alter Hase

Der nächs­te Mor­gen bringt den ers­ten grau­en Tag. Ist aber auch egal, weil wir jetzt packen und heim­wärts fah­ren. Ich den­ke dar­über nach, den her­aus­ra­gen­den Son­nen­schein der Hald­er­ner Tage als gutes Omen zu deu­ten, dann fällt mir aber ein, dass ich an so einen Hokus Pokus nicht glau­be. Manch­mal, ganz sel­ten, stim­men eben alle umge­ben­den Fak­to­ren so über­ein, dass für ein paar Tage alles per­fekt ist.


Tom­my Fin­ke ist 29 Jah­re alt, Musi­ker und lebt in Bochum. Im Febru­ar ist sein Album „Poet der Affen /​ Poet of the Apes“ erschie­nen.

Für Cof­fee And TV hat er das Hald­ern Pop 2010 besucht und sei­ne Ein­drü­cke von Zelt­platz, See und Fes­ti­val auf­ge­schrie­ben. Die Namen der Mit­rei­sen­den wur­den dafür geän­dert.

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Musik Unterwegs

Haldern Pop 2010 – A place to come home to

„That will lite­ral­ly blow your mind“ sag­te Fyfe Dang­er­field wäh­rend sei­nes Auf­tritts im Spie­gel­zelt am Don­ners­tag, als er sich an sein Key­board setz­te. Wie viel Wahr­heit in die­sem Satz vor allem im Bezug auf die Erleb­nis­se des Fes­ti­val­wo­chen­en­des ste­cken wür­de, konn­te ich noch gar nicht ahnen.

Seit 2001 in regel­mä­ßi­gen Abstän­den beim Hald­ern Pop Fes­ti­val gewe­sen gab es in jedem Lin­e­up min­des­tens vier Bands, die ich unbe­dingt sehen woll­te, doch in die­sem Jahr war es anders: Ich kann­te viel­leicht 50% der gebuch­ten Acts, ledig­lich zwei stan­den auf mei­ner „unbe­dingt angucken!“-Liste. Trotz­dem kein Grund, nicht hin­zu­fah­ren – in Hald­ern stimmt eben das Gesamt­pa­ket, selbst wenn das Wet­ter schlecht ist. Und am Ende hat man eini­ge neue Bands auf sei­ner Favo­ri­ten­lis­te, die da vor­her nicht gestan­den haben. Dies war auch in die­sem Jahr so.

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Drei Tage im August

Haldern Pop 2009.

Der jun­ge Mann war schon die gan­ze Zeit mit CDs und einem Filz­stift über den Alten Reit­platz gelau­fen und hat­te Leu­te an den Ein­gän­gen zu Back­stage- und Pres­se­be­rei­chen ange­spro­chen, ob sie ihm wei­ter­hel­fen könn­ten. Jetzt stand er plötz­lich hin­ter einer die­ser Absper­run­gen und ließ sich Auto­gram­me von Asaf Avi­dan und des­sen Band geben. Nach­dem die­ses klei­ne Zusam­men­tref­fen für alle Betei­lig­ten so erfreu­lich ver­lau­fen war, ging Asaf Avi­dan noch ein­mal zum Secu­ri­ty-Mit­ar­bei­ter am Zugang zum Pres­se­be­reich und bedank­te sich bei ihm: „Thanks for let­ting that guy in!“

Es ist nur ein Detail, aber als ich es am Ran­de mit­be­kam, dach­te ich: „Das ist Hald­ern!“ Das Fami­liä­re, Ent­spann­te, etwas Ande­re macht das Fes­ti­val am schö­nen Nie­der­rhein auch bei der 26. Auf­la­ge zu etwas beson­de­rem. (Mit „beson­ders“ mei­ne ich übri­gens nicht ein­zig­ar­tig – ich weiß, dass es über­all in Deutsch­land so klei­ne, per­sön­li­che Fes­ti­vals gibt. Aber unter die­sen dürf­te Hald­ern dann schon wie­der das größ­te sein.) Dok­ter Renz von Fet­tes Brot wirk­te eini­ger­ma­ßen ver­wirrt, als er fest­stell­te, dass die gan­ze Büh­ne frei von Mobil­funk­wer­bung war – eigent­lich erstaun­lich, dass die Fes­ti­val-Tickets trotz solch aus­ge­schla­ge­ner Ein­nah­me­quel­len ver­gleichs­wei­se güns­tig sind.

Haldern Pop 2009.

Dass das Hald­ern Pop die­ses Jahr erst am zwei­ein­halb­ten August­wo­chen­en­de statt­fand, hing mit dem Ter­min des Lol­la­pa­loo­za-Fes­ti­vals in Chi­ca­go zusam­men (das letz­te Fes­ti­val in Nord­ame­ri­ka, nach dem dann all Künst­ler wie die Zug­vö­gel nach Euro­pa wei­ter­zie­hen), erwies sich in Sachen Wet­ter aber als abso­lu­ter Glücks­fall. Nach den legen­dä­ren Schlamm­schlach­ten 2005 und 2006 ist man ja eini­ger­ma­ßen beschei­den und freut sich schon, wenn sich sowas nicht mehr wie­der­holt, aber so gut wie in die­sem Jahr habe ich das Wet­ter seit neun Jah­ren nicht in Erin­ne­rung (2003 war es wär­mer, aber das war abso­lut unan­stän­dig und kurz vor töd­lich). Und an den impro­vi­sier­ten Was­ser­wer­fern Berie­se­lungs­an­la­gen zeig­te sich dann wie­der der beson­de­re Hald­ern-Charme.

Auch sonst war mein Zehn­tes für mich eines der schöns­ten Hald­ern-Fes­ti­vals über­haupt. Zwar war es musi­ka­lisch nicht hun­dert­pro­zen­tig über­zeu­gend, aber das liegt zum einen dar­an, dass ich immer noch jedes Hald­ern mit der 2001er Aus­ga­be (Tra­vis, Star­sail­or, Neil Finn, The Divi­ne Come­dy, Phoe­nix, Muse, Slut, Black­mail, …) ver­glei­che, und zum ande­ren kann man’s ja eh nie allen gleich­zei­tig recht machen. Ver­an­stal­ter Ste­fan Reich­mann sag­te sogar, er fän­de es legi­tim, „auch mal was rich­tig schei­ße zu fin­den“ – aber die­se Ein­schät­zung traf dann bei mir doch auf kei­nen der gese­he­nen Künst­ler zu.

Fettes Brot beim Haldern Pop 2009.

Bon Iver waren wie erwar­tet groß­ar­tig (und genau rich­tig in der frü­hen Abend­son­ne), Fet­tes Brot, Dear Rea­der, Wil­liam Fitzs­im­mons und Ath­le­te gefie­len mir auch live gut. Colin Mun­roe war die Neu­ent­de­ckung des Fes­ti­vals und mit Anna Tern­heim, Asaf Avi­dan & The Mojos, The Ther­mals und Blit­zen Trap­per muss ich mich dann in den nächs­ten Wochen noch mal näher befas­sen.

Der Span­nungs­bo­gen hät­te frei­lich ein wenig mehr Zug ver­tra­gen: Vie­les plät­scher­te nett vor sich hin, was auch sehr schön war, aber als die Ther­mals plötz­lich los­bra­chen, waren sich vie­le einig, dass es dem Fes­ti­val bis­her etwas an Dri­ve gefehlt hat­te.

Hat­te ich in den letz­ten Jah­ren zwi­schen­durch immer in bes­ter „Lethal Weapon“-Manier geflucht, dass ich jetzt lang­sam aber wirk­lich „zu alt für die­sen Scheiß“ sei, bin ich mir dies­mal abso­lut sicher: Wir sehen uns 2010!

Mehr Hald­ern Pop 2009 hier im Blog: Live­blog Frei­tag und Live­blog Sams­tag.

Hald­ern Pop im Fern­se­hen: Rock­pa­last.

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Haldern Pop 2009: Liveblog Samstag

iLi­KET­RAiNS
Die Band zum iPod (oder so). Irgend­wie ist die­ser Acht­zi­ger-Düs­ter­pop ein gro­ßer blin­der Fleck in mei­nem Musik­ge­schmack (s.a. hier), denn für mich klin­gen alle die­se Edi­tors, Inter­pols, White Lies, Foals und eben auch iLi­KET­RAiNS alle gleich. Eine jun­ge Frau sag­te gera­de, das sei Musik, die sie nur hören wol­le, wenn sie mit dem letz­ten Bier in der Hand nach Hau­se schwan­ke und es liegt mir fern, die­ses fach­kun­di­ge Urteil in Abre­de stel­len zu wol­len. Es passt halt irgend­wie nicht so recht zum lang­sa­men Ver­bren­nen wei­ter Tei­le der eige­nen Haut­ober­flä­che.

Dear Reader beim Haldern Pop 2009

Dear Rea­der
Die­se süd­afri­ka­ni­sche Band hat­te ich eigent­lich schon lan­ge bei der Lis­ten­pa­nik nach­tra­gen wol­len: Wun­der­schö­ner Indiepop mit Sän­ge­rin und Folk-Ein­schlag (klar), der ganz wun­der­bar zum Wet­ter passt. Zum ers­ten Mal seit neun Jah­ren habe ich wie­der auf der Wie­se vor der Büh­ne gehockt (weil sie gar nicht mat­schig ist). Wäh­rend­des­sen fuhr ein Tre­cker mit vol­lem Was­ser­tank vor und eröff­ne­te eine Was­ser­stel­le neben der Büh­ne (so wird die Wie­se viel­leicht doch noch mat­schig). Um es Goog­le-taug­lich zu for­mu­lie­ren: Jun­ge, hüb­sche Men­schen über­gie­ßen ihre halb­nack­ten Kör­per mit Was­ser. Und ich Wahn­sin­ni­ger will gleich ins Spie­gel­zelt …

Junge, hübsche Menschen übergießen ihre halbnackten Körper mit Wasser.

Grizz­ly Bear
Auf­grund von Ände­run­gen im Zeit­plan (die bis­her nie­mand so recht erklä­ren konn­te), spielt Wil­liam Fitzs­im­mons erst um halb sechs im Spie­gel­zelt. Das gibt mir Gele­gen­heit, noch ein biss­chen Grizz­ly Bear auf der Haupt­büh­ne zu hören. Wenn das Gedrän­ge im Foto­gra­ben ein guter Indi­ka­tor für die Wich­tig­keit einer Band ist (was bis­her eigent­lich immer der Fall war), dann ist das Quar­tett aus Brook­lyn ver­dammt wich­tig. Radio­head sind erklär­te Fans und das passt auch ganz gut, auch wenn bei Grizz­ly Bear die Folk-Ein­flüs­se (was sonst?) deut­lich stär­ker durch­kom­men. Min­des­tens drei Band­mit­glie­der sin­gen (abwech­selnd und gemein­sam) und spie­len dazu Musik, die irgend­wo zwi­schen Ani­mal Coll­ec­ti­ve und Fleet Foxes ange­sie­delt ist. Der Groß­teil des Publi­kums ist indes dort ange­sie­delt, wo die Bäu­me auf dem Alten Reit­platz etwas Schat­ten spen­den, denn es ist doch ein gan­zes Stück wär­mer, als die­ser alber­ne Wet­ter­be­richt mal wie­der vor­ab behaup­tet hat­te. („Zuver­läs­sig wie der Wet­ter­be­richt“ soll­te eigent­lich die schlimms­te Belei­di­gung deut­scher Spra­che sein – war­um ist sie es nicht?)

William Fitzsimmons beim Haldern Pop 2009.

Wil­liam Fitzs­im­mons
Ja, es war warm im Spie­gel­zelt, aber dann doch nicht so heiß wie befürch­tet. Dazu kam, dass es sich kon­ti­nu­ier­lich leer­te – war­um auch immer, an der Musik wird es kaum gele­gen haben. Die war wun­der­schön melan­cho­li­scher Folk­pop zwi­schen Joshua Radin und Bon Iver. In sei­nen Ansa­gen offen­bar­te Fitzs­im­mons erstaun­li­che Deutsch­kennt­nis­se und zeig­te sich total begeis­tert vom Publi­kum.

Bon Iver beim Haldern Pop 2009.

Bon Iver
Als ich aus dem Spie­gel­zelt kam, hör­te ich plötz­lich Bon Iver. Aber die soll­ten doch erst um Vier­tel vor Neun spie­len?! So wie es aus­sieht, wird die 2009er Aus­ga­be als Hald­ern mit den meis­ten Zeit­plan­än­de­run­gen in die Geschich­te ein­ge­hen – dumm, wenn man davon nichts mit­be­kom­men hat. (Dies­mal lag es wohl dar­an, dass Andrew Bird noch unter­wegs war.) Aber lan­ge auf­re­gen kann man sich über sol­che spon­ta­nen Wech­sel natür­lich nicht, wenn gera­de eine der bes­ten Bands der letz­ten Jah­re ihre wun­der­ba­re Musik spielt. Ehr­lich gesagt pass­te die dann auch viel bes­ser zur Abend­son­ne und dem wol­ken­lo­sen Him­mel, die der sowie­so natur­ver­bun­de­nen Musik (die berühm­te Wald­hüt­te, in der „For Emma, Fore­ver Ago“ ent­stand) noch mehr mit­ga­ben. Bon Iver hat­te ich im Mai schon gese­hen, aber sie sind immer wie­der beein­dru­ckend.

The Ther­mals
Stel­len Sie sich vor: Man kann auch Songs mit mehr als 120 beats per minu­te spie­len. Auf dem Hald­ern ist das in die­sem Jahr eine Neu­ig­keit – und ent­spre­chend wird die schön nach vor­ne gehen­de Rock­mu­sik von den Ther­mals hier gera­de gefei­ert. Der Regis­seur des (fast) alles auf­zeich­nen­den Rock­pa­lasts fei­ert das mit gesund­heits­schäd­li­chen Schnit­ten, wie wir hier auf dem Kon­troll­mo­ni­tor sehen kön­nen. Egal: Die Band rockt schön, da muss ich unbe­dingt mal ins Album rein­hö­ren. (PS: Patrick Sway­ze lebt ent­ge­gen anders lau­ten­der Gerüch­te auf dem Platz und auf der Büh­ne immer noch.)

Blit­zen Trap­per
Wegen der abschlie­ßen­den Pres­se­kon­fe­renz hab ich nur noch 1 1/​2 Songs der Sub-Pop-Band aus Ore­gon mit­ge­kriegt, aber die hat­ten es in sich: blues­ro­ckig ging es noch vor­ne, eine Mischung aus ZZ Top und Crosby, Stills, Young & Nash. Das deckt sich auch nicht gera­de mit den Songs der Band, die ich vor­her kann­te, aber es schreit defi­ni­tiv nach einer nähe­ren Aus­ein­an­der­set­zung.

König Boris von Fettes Brot beim Haldern Pop 2009.

Fet­tes Brot
Nach­dem die „Bro­te“ letz­tes Jahr als Über­ra­schungs­gast im Zelt gespielt hat­ten (wo nur die wenigs­ten dabei waren), gab es sie die­ses Jahr offi­zi­ell auf der Haupt­büh­ne für alle. Und alle kamen. Kein Ver­gleich mit der gro­ßen Dis­kus­si­on um Jay‑Z beim Glas­ton­bu­ry, noch nicht mal eine Mini­mal­auf­re­gung wie bei Jan Delay auf dem Hald­ern vor zwei Jah­ren habe ich mit­ge­kriegt. Fet­tes Brot waren über­ra­schen­der­wei­se die Kon­sens­band und wie zum Beweis eröff­ne­ten sie ihre Show (und was für eine das war!) mit „Jein“, einem von den drei deutsch­spra­chi­gen Hip­hop-Lie­dern, die jeder Mensch mit­rap­pen kann, der zwi­schen 1980 und 1990 gebo­ren ist (die ande­ren sind „Sie ist weg“ von den Fan­tas­ti­schen Vier und „A‑N-N‑A“ von Freun­des­kreis). Es gab aber nicht nur ein Grea­test-Hits-Pro­gramm, son­dern auch Absei­ti­ges wie die B‑Seiten „Kon­trol­le“ (gegen Vor­rats­da­ten­spei­che­rung, Über­wa­chungs­staat und Wolf­gang Schäub­le) und „Was in der Zei­tung steht“ (gegen „Bild“ und ande­re Trash-Medi­en), Cover­ver­sio­nen von Rio Rei­ser („Ich bin müde“) und Fehl­far­ben („Ein Jahr“) und im unver­meid­li­chen Fina­le „Nor­dish By Natu­re“ erklan­gen plötz­lich „Dance With Some­bo­dy“ und „Män­ner sind Schwei­ne“. Nach viel ruhi­ger und schwel­gen­der Musik und mil­dem Gemo­s­he bei den Ther­mals konn­te wer woll­te zum Abschluss also noch mal rich­tig schön abge­hen. Ein Abschluss nach Maß.

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Musik Unterwegs

Haldern Pop 2009: Liveblog Freitag

Hauptquartier der Elite.

Herz­lich Will­kom­men!

Auch in die­sem Jahr gibt es ein Hald­ern Pop Fes­ti­val und über­ra­schen­der­wei­se auch ein dazu­ge­hö­ri­ges Live­blog. (Oder meh­re­re, aber spe­zi­ell soll uns hier erst mal die­ses hier inter­es­sie­ren.)

Aus ver­schie­de­nen Grün­den, zu denen unter ande­rem die Absa­ge von Soap & Skin für den gest­ri­gen Abend zäh­len, bin ich erst heu­te ange­reist. Das Wet­ter ist nahe­zu ide­al: Die Son­ne scheint, aber es ist nicht zu heiß; der Zelt­platz­bo­den ist weich genug, dass man die Herin­ge rein­trei­ben kann, aber weit von mat­schig ent­fernt und ich will schwer hof­fen, dass ich die Gum­mi­stie­fel die­ses Jahr völ­lig umsonst mit­ge­nom­men habe.

Asaf Avi­dan & The Mojos
Nach­dem ich die ers­ten Songs vom Pres­se­zelt aus gehört hat­te und zur Büh­ne ging, war ich über­rascht: Da sang ein Mann. Vom Klang her hät­te ich eher eine Pat­ti-Smit­h‑, Janis-Jop­lin-ähn­li­che Sän­ge­rin erwar­tet. Auch der blue­si­ge Rock­sound wirk­te ein biss­chen wie aus einem län­ger zurück­lie­gen­den Jahr­zehnt, schlug aber beim Publi­kum prompt ein. Die israe­li­sche Band (kennt man ja auch nicht sooo vie­le) hat gera­de einen Ver­lags­deal mit Chry­sa­lis unter­schrie­ben, was den Ver­dacht nahe­legt, dass ihr Debüt­al­bum bald auch regu­lär in Deutsch­land erschei­nen wird.

Port O’Bri­en
Eine die­ser Bands, bei denen ich weiß, dass ich das Album besit­ze, es gut fand und trotz­dem fast nie gehört hab. Dann jetzt eben live, inklu­si­ve Songs vom neu­en, im Okto­ber erschei­nen­den Album. Wie vie­le ande­re Bands die­ses Jahr spie­len auch Port O’Bri­en Folk-Musik im enge­ren Sin­ne und es kann nicht mehr lan­ge dau­ern, bis allen Fes­ti­val-Besu­chern (auch den weib­li­chen) Voll­bär­te, Fern­fah­rer­müt­zen und karier­te Baum­woll­hem­den gewach­sen sind.

Final Fantasy beim Haldern Pop 2009.

Final Fan­ta­sy
Wenn Sie bei „jun­ger Mann mit Gei­ge“ an den Gewin­ner des dies­jäh­ri­gen Schla­ger-Grand-Prix den­ken müs­sen, ken­nen Sie Owen Pal­lett ver­mut­lich noch nicht. Der hat nicht nur bei diver­sen Alben sei­ne Fin­ger im Spiel (und am Instru­ment) gehabt, son­dern auch sein Solo­pro­jekt Final Fan­ta­sy. Und wenn ich „Solo“ schrei­be, mei­ne ich: Ja, der Mann steht ganz allei­ne auf der Büh­ne, spielt immer neue Samples ein und singt dazu. Das Ergeb­nis klingt eini­ger­ma­ßen unver­gleich­lich und passt wun­der­bar zur frü­hen Abend­son­ne.

Wood­pi­ge­on
Mein ers­ter Aus­flug ins gehass­lieb­te Spie­gel­zeit. Noch vor weni­gen Stun­den muss es hier unglaub­lich heiß gewe­sen sein, jetzt geht’s. Auch gut, dass das Rau­chen im Zelt jetzt ver­bo­ten ist und die Kon­zer­te auf eine Groß­bild­lein­wand im Bier­gar­ten vor dem Zelt über­tra­gen wer­den. Der Bier­gar­ten ist noch vol­ler als das Zelt. Sie mer­ken schon: Über die Musik von Wood­pi­ge­on mag ich nur ungern schrei­ben. Net­ter Folk, aber das war’s dann irgend­wie auch schon.

Noah And The Whale beim Haldern Pop 2009

Noah And The Wha­le
Jubel­stür­me im Publi­kum und mir hat’s auch gefal­len. Ich weiß nur beim bes­ten Wil­len nicht, wie ich die Musik beschrei­ben soll. Schon so ein biss­chen wie­der die­se Acht­zi­ger-Dun­kel-Kis­te, aber dann doch irgend­wie mit deut­lich mehr Folk-Ein­flüs­sen. Egal, wonach es klingt: Es klang toll.

Anna Tern­heim
Und da hät­ten wir dann auch mein ers­tes ech­tes High­light des Fes­ti­vals: Anna Tern­heim, die mir auch schon öfter von Freun­den emp­foh­len wor­den war, was ich wie üblich irgend­wie nicht in einen Hör-Impuls hat­te umwan­deln kön­nen. Jeden­falls habe ich ihre Musik jetzt gehört und war begeis­tert. Klu­ger Sin­ger/­Song­wri­ter-Pop zwi­schen Regi­na Spek­tor und First Aid Kit.

Colin Munroe beim Haldern Pop 2009.

Colin Mun­roe
Ein ganz per­sön­li­cher Favo­rit von Hald­ern-Orga­ni­sa­tor Ste­fan Reich­mann, der zwi­schen­durch auch selig lächelnd neben der Büh­ne stand. Über­haupt lächel­ten alle im Spie­gel­zelt und wer nicht lächel­te, war grad mit Tan­zen beschäf­tigt. Colin Mun­roe aus Toron­to, der in Hald­ern sei­ne ers­te Show außer­halb Nord­ame­ri­kas spiel­te, ist mit Hip­Hop auf­ge­wach­sen und kom­bi­niert die­sen sehr läs­sig mit Pop und knallt dem Publi­kum einen Sound vor den Latz, bei dem man schon dem Hirn­tod nahe sein muss, um ruhig zu blei­ben. Wie Jason Mraz (nur mehr nach vor­ne), wie die New Radi­cals (nur moder­ner), wie The Whitest Boy Ali­ve (nur noch zwin­gen­der). Mei­ne Her­ren, defi­ni­tiv der Höhe­punkt des ers­ten Tages, egal was jetzt noch kommt.

Athlete beim Haldern Pop 2009.

Ath­le­te
Ath­le­te ver­öf­fent­li­chen die­ses Jahr ihr vier­tes Album, was bei mir die Fra­ge auf­wirft, wie ich eigent­lich ihr drit­tes ver­pas­sen konn­te. Nun ja: zu spät. Gespielt haben sie Songs aus allen Schaf­fens­pe­ri­oden, ihren mut­maß­lich größ­ten Hit „Half Light“ gleich an drit­ter Stel­le. Das war schon deut­lich main­stream­ra­dio­taug­li­cher als die meis­ten ande­ren Bands, hat aber genau­so viel Spaß gemacht. Die Mischung aus Melan­cho­lie und Eupho­rie (s.a. Star­sail­or, Vega4, The Upper Room) muss man frei­lich mögen. Ich tu’s und so war’s ein gelun­ge­ner Abschluss für den (also: mei­nen) ers­ten Fes­ti­val­tag.

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Musik

Haldern Rock im Saal

Sie­ben mal bin ich schon mit dem Auto von Dins­la­ken nach Hald­ern und zurück gefah­ren, bevor ich zum ers­ten Mal Goog­le Maps nach dem kür­zes­ten Weg befragt habe. Und sie­he da: Der führt nicht etwa über die Auto­bahn, son­dern strunz­lang­wei­lig die gan­ze Zeit die B8 ent­lang.

Aber war­um fährt man außer­halb der Fes­ti­val- und Spar­gel-Sai­son eigent­lich ins Lin­den­dorf am schö­nen Nie­der­rhein? Na, um Kon­zer­te zu gucken, natür­lich.

„Rock im Saal“, den klei­nen Bru­der des Hald­ern Pop gibt es mitt­ler­wei­le auch seit 15 Jah­ren. Am ver­gan­ge­nen Sams­tag tra­fen sich die Hald­er­ner Dorf- und die nord­rhein-west­fä­li­sche Indie­ju­gend wie­der im Gast­hof Tepferdt, um in der gemüt­lichs­ten mir bekann­ten Atmo­sphä­re Live­mu­sik zu genie­ßen.

Enno Bunger

Enno Bun­ger
Glaubt man jenen Quel­len, denen man im Bezug auf sowas immer trau­en soll­te, sind Enno Bun­ger das nächs­te grö­ße­re Ding. Die Mischung aus Kea­ne (die Musik, die feh­len­den Gitar­ren) und Blobkanal/​Janka (die Tex­te, der Gesang) dürf­te eigent­lich ein Hit wer­den, auch wenn es den natür­li­chen Lebens­raum für sol­che Musik, Sarah Kutt­ners Shows auf Viva bzw. MTV, seit Jah­ren nicht mehr gibt.

Die rocki­gen Num­mern, die die Band um Sän­ger, Pia­nist und Namens­ge­ber Enno Bun­ger am Sams­tag gespielt haben, gefie­len mir aus­ge­spro­chen gut und erin­ner­ten ein biss­chen an die guten Sachen von Vir­gi­nia Jetzt! Die ruhi­ge­ren Songs sind ver­mut­lich auch nicht schlecht, waren aber ein­fach nicht das, was ich in dem Moment hören woll­te.

Hören kann man Enno Bun­ger bei MySpace und live. Die letz­ten Exem­pla­re der EP wur­den am Sams­tag ver­kauft, bis zum Debüt­al­bum dau­ert es noch ein biss­chen.

Kilians

Kili­ans
Ich hat­te Sie gewarnt – Kili­ans-Con­tent ist der neue Oba­ma-Con­tent hier im Blog.

Der Auf­tritts­ap­plaus hät­te Rob­bie Wil­liams nei­disch gemacht, die Stim­mung wäh­rend des Kon­zerts erin­ner­te ein biss­chen an Kin­der­ge­burts­tag (was vor allem am Durch­schnitts­al­ter des Publi­kums lag) und wenn eine Band vier neue Songs hin­ter­ein­an­der raus­hau­en kann, ohne dass die Begeis­te­rung der Zuhö­rer nach­lässt, dann haben sich da zwei gefun­den. (Das war eine Meta­pher, denn die Band war wie üblich zu fünft und das Publi­kum zu ein paar Hun­dert.)

Was nicht funk­tio­niert, ist Iro­nie in Song-Ansa­gen: „Wir waren seit Jah­ren nicht mehr hier“, hat ange­sichts des fünf­ten Kon­zerts auf Hald­er­ner Boden in knapp zwei­ein­halb Jah­ren kein Schwein ver­stan­den.

Hören kann man die Kili­ans bei MySpace, live und auf CD – aber das erzähl ich Ihnen bis zum Release von „They Are Cal­ling Your Name“ eh noch ein paar tau­send Mal.

Gisbert zu Knyphausen

Gis­bert zu Knyphau­sen
Will­kom­men zu unse­rer neu­en Serie „Hypes igno­rie­ren mit Herrn Hein­ser“. Die ers­te Fol­ge (Glas­ve­gas) ent­fällt, wir machen direkt wei­ter mit Gis­bert zu Knyphau­sen, über den ich vor­her eigent­lich nur wuss­te, dass der wirk­lich so heißt.

Gis­bert zu Knyphau­sen macht, das muss man unum­wun­den sagen, Mäd­chen­mu­sik. Aber Mäd­chen­mu­sik, die von tol­len Mäd­chen gehört wird und des­halb auch von Jun­gen gut gefun­den wer­den kann. Außer­dem kann er – was mir vor­her gar nicht klar war – auch sehr ordent­lich rocken und erin­nert dann fast an die frü­hen Toco­tro­nic.

Da der Begriff „Lie­der­ma­cher“ durch Rein­hard Mey und Wolf Maahn bis ans Ende der deut­schen Spra­che ver­brannt ist, muss man sich mit dem (ange­sichts deut­scher Tex­te etwas deplat­ziert wir­ken­den) Begriffs­paar „Singer/​Songwriter“ behel­fen. Zur Ori­en­tie­rung sei­en noch zwei Namen genannt, die ver­mut­lich den wenigs­ten Gis­bert-zu-Knyphau­sen-Höre­rin­nen noch etwas sagen wer­den: Tom Liwa und Thom­mie Bay­er.

Hören kann man Gis­bert zu Knyphau­sen auf MySpace, live und auf CD.

Alle Fotos: © Mar­ti­na Dri­gnat für mainstage.de. Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung.

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Musik Rundfunk

TV-Tipp: 25. Haldern Pop Festival

Am kom­men­den Wochen­en­de wird der „Rock­pa­last“, eine der letz­ten Bas­tio­nen von (Live-)Musik im deut­schen Fern­se­hen, das aus­strah­len, was der WDR so beim Hald­ern Pop Anfang August auf­ge­zeich­net hat.

In der Nacht von Sams­tag (30. August) auf Sonn­tag (31. August) gibt es ab Mit­ter­nacht eine Art High­light-Zusam­men­stel­lung mit Kula Shaker, Maxï­mo Park, Guil­l­emots, Kate Nash, The Natio­nal, The Hea­vy, Jamie Lidell, Okker­vil River, Iron & Wine, White Lies, Joan As Poli­ce Woman und The Dodos; in der Nacht von Sonn­tag (31. August) auf Mon­tag (1. Sep­tem­ber) gibt es von 00:45 Uhr bis 02:45 Uhr wohl etwas län­ge­re Aus­schnit­te aus den Kon­zer­ten von den Edi­tors und Jack Peña­te. Nicht zu sehen (weil nicht auf­ge­zeich­net) sind mei­ne per­sön­li­chen Fes­ti­val-Höhe­punk­te Fla­ming Lips, Kili­ans, Mintz­kov, Fleet Foxes und Loney, Dear.

Die stän­dig im Weg ste­hen­den WDR-Kame­ras und die schie­re Omni­prä­senz des Sen­ders beim Hald­ern Pop habe ich zum Anlass genom­men, mal Kon­takt mit der Pres­se­stel­le des WDR auf­zu­neh­men. Gera­de, nach­dem ich am Wochen­en­de nach Hald­ern in einer „Rockpalast“-Zusammenfassung vom „Rheinkultur“-Festival gese­hen hat­te, dass man dort mit sehr viel hand­li­che­ren Hand­ka­me­ras gefilmt hat­te.

Fol­gen­des woll­te ich also wis­sen:

- Gibt es beson­de­re Kri­te­ri­en, nach denen ent­schie­den wird, ob ein Fes­ti­val mit Stand- oder Hand­ka­me­ras gefilmt wird?
– Wie ernst nimmt der WDR die Kri­tik von Jour­na­lis­ten­kol­le­gen und zah­len­den Fes­ti­val­be­su­chern?
– Wie vie­le Stun­den Pro­gramm vom Hald­ern Pop wer­den (ohne Wie­der­ho­lung und Mehr­fach­aus­wer­tung) ins­ge­samt im „Rock­pa­last“ lau­fen?
– Wie vie­le Mit­ar­bei­ter des WDR waren beim Hald­ern Pop ins­ge­samt im Ein­satz („Rock­pa­last“, Eins­li­ve, „Lokal­zeit“, …)
– Wer­den die Über­tra­gungs­rech­te für Fes­ti­vals und Kon­zer­te eigent­lich (ähn­lich wie die für Sport­ver­an­stal­tun­gen) ein­ge­kauft oder sind sie Teil der Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung zwi­schen Sen­der und Ver­an­stal­ter?

Und fol­gen­des ant­wor­te­te mir die WDR-Pres­se­stel­le:

Der WDR arbei­tet je nach Pro­duk­ti­on mit unter­schied­li­chem tech­ni­schen Mate­ri­al, d.h. sowohl mit Hand- als auch mit fes­ten Kame­ras.
Grund­sätz­lich neh­men wir die Kri­tik von Jour­na­lis­ten, Besu­chern oder auch Zuschau­ern sehr ernst. In die­sem Fall gab es einen engen Aus­tausch zwi­schen den Ver­an­stal­tern des Fes­ti­vals und der Redak­ti­on. Bei den Ver­an­stal­tern sind kei­ner­lei Beschwer­den bzgl. Behin­de­run­gen ange­kom­men.

Der WDR wird rund 9,5 Stun­den vom Hald­ern-Pop-Fes­ti­val berich­ten, wei­te­re Infos dazu fin­den Sie auch auf der Web­site www.rockpalast.de.

Bit­te haben Sie Ver­ständ­nis, dass wir nicht zu allen inter­nen Pla­nun­gen Aus­kunft geben kön­nen.

Scha­de. Es hät­te mich doch mal inter­es­siert, ob das Fes­ti­val wenigs­tens viel Geld dafür kriegt, dass Bericht­erstat­ter in ihrer Arbeit behin­dert wer­den und Zuschau­er auf häss­li­che Gerä­te aus dem Tech­nik­mu­se­um star­ren müs­sen. Denn wenn der WDR hül­fe, die Ticket­prei­se unten zu hal­ten, wäre es ja noch okay.

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Musik Digital

Programmhinweis: Haldern-Blog

Heu­te star­tet in Rees-Hald­ern am schö­nen Nie­der­rhein das 25. Hald­ern-Pop-Fes­ti­val. Mit dabei sind unter ande­rem The Dodos, Fleet Foxes, Maxï­mo Park, Fla­ming Lips, Kula Shaker, Edi­tors, Kate Nash, Kili­ans, Iron & Wine, Guil­l­emots, Okker­vil River und Bernd Bege­mann – aber auch Kath­rin und ich.

Im Zuge einer feind­li­chen Über­nah­me (die aber sehr freund­lich ablief) wer­den wir das Hald­ern-Blog, das im ver­gan­ge­nen Jahr von den Kol­le­gen von Mujuk betrie­ben wur­de, mit Inhal­ten fül­len. Freu­en Sie sich auf aktu­el­le Fotos, Inter­views (hof­fent­lich) und das übli­che Geme­cker über das nie­der­rhei­ni­sche Wet­ter. Hier wird es in den kom­men­den Tagen ent­spre­chend ein wenig ruhi­ger zuge­hen.

Haldern Blog

Dis­clo­sure: Das Hald­ern-Blog wird unab­hän­gig vom, aber in enger Zusam­men­ar­beit mit dem Hald­ern-Pop-Ver­an­stal­ter Raum 3 betrie­ben. Wir bekom­men dafür kein Geld, aber (wie die meis­ten ande­ren Jour­na­lis­ten auch) frei­en Zugang zum Fes­ti­val.

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Musik

The spirit of freedom and Landluft

Neben vie­len Pros und Con­tras, jour­na­lis­tisch tätig zu sein, gibt es ein unschlag­ba­res Argu­ment für die­se Arbeit: bei Pres­see­vents gibt es fast immer was zu essen. Ges­tern hat­ten die Ver­an­stal­ter des lie­bens­wer­ten Hald­ern-Pop-Fes­ti­vals gleich zu drei Ter­mi­nen auf ein­mal an den schö­nen Nie­der­rhein gela­den: Spar­gel­es­sen, Pres­se­kon­fe­renz und Kon­zert. Klar, dass ich mir das nicht ent­ge­hen las­sen konn­te.

Schon bei der Anrei­se sah man das Prin­zip Hald­ern auf der Gar­ten­ter­ras­se des Gast­hofs Tepferd in einem ein­zi­gen Bild zusam­men­ge­fasst: da saßen Dorf­be­woh­ner beim Fei­er­abend­bier neben inter­na­tio­na­len Indie­mu­si­kern, erfreu­ten sich am strah­len­den Son­nen­schein und kämpf­ten gemein­sam gegen die gefürch­te­ten nie­der­rhei­ni­schen Blut­sauger-Insek­ten. In einem Saal, in dem sonst gol­de­ne Hoch­zei­ten gefei­ert wer­den, schar­ten sich Musik­jour­na­lis­ten und Spon­so­ren um Tische, auf denen Fäss­chen der nie­der­rhei­ni­schen Tra­di­ti­ons­braue­rei Die­bels stan­den, die seit mehr als zehn Jah­ren Part­ner des nie­der­hei­ni­schen Tra­di­ti­ons­fes­ti­vals ist.

Spargel im Gasthof Tepferd in Rees-Haldern

Obwohl ich ja selbst Nie­der­rhei­ner bin, konn­te ich die in mei­ner Hei­mat vor­herr­schen­de Begeis­te­rung für Alt­bier und Spar­gel nie so ganz tei­len. In der urge­müt­li­chen Atmo­sphä­re des Gast­hau­ses aller­dings wäre kaum etwas ande­res vor­stell­bar gewe­sen als das leicht kleb­ri­ge Gesöff und das Sai­son­ge­mü­se mit der merk­wür­di­gen Kon­sis­tenz und dem Aus­se­hen, das eher an männ­li­che Kör­per­tei­le als an irgend­et­was sonst erin­nert (viel bes­ser als Spar­gel schme­cken aber eh die Bei­la­gen: Kar­tof­feln und gekoch­ter Schin­ken mit rich­tig viel zer­lau­fe­ner But­ter über­gos­sen). Wie zum Beweis mei­nes Ein­lei­tungs­sat­zes stan­den die meis­ten Jour­na­lis­ten schon am Büf­fet, als die Eröff­nung des­sel­ben gera­de ver­klun­gen war (beson­ders Mit­ar­bei­ter des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks schei­nen sonst nichts zu Essen zu krie­gen).

Haldern v.l.n.r.: Wolfgang Linneweber, Stefan Reichmann

Als alle satt aus­sa­hen, begann der halb­wegs offi­zi­el­le Teil des Abends: das Fes­ti­val fei­ert in die­sem Jahr sein 25-jäh­ri­ges Bestehen, ein Alter, in dem „nor­ma­le Hald­er­ner schon vier Kin­der und ein Haus gebaut“ haben, wie Wolf­gang „Lin­ne“ Lin­ne­we­ber, schon ewig für die Pres­se­be­treu­ung des Fes­ti­vals zustän­dig, scherz­te. Das soll natür­lich schon irgend­wie gefei­ert wer­den, aber eben in bes­ter Hald­ern-Tra­di­ti­on, also ohne Grö­ßen­wahn und gro­ßes Spek­ta­kel. So wird in die­sem Jahr die Haupt­büh­ne aus­nahms­wei­se schon am Don­ners­tag Abend bespielt wer­den – von Foals und den Fla­ming Lips.

In kur­zen Gruß­wor­ten ver­wie­sen der Bür­ger­meis­ter der Stadt Rees und Ver­tre­ter von Die­bels und der Spar­kas­se Rees-Emme­rich auf die lang­jäh­ri­ge gemein­sa­me Geschich­te und man merk­te noch ein­mal: in Hald­ern wür­de Tra­di­ti­on auch dann groß geschrie­ben, wenn es kein Sub­stan­tiv wäre. Chef-Orga­ni­sa­tor Ste­fan Reich­mann erklär­te mehr­fach, dass das Fes­ti­val ohne die Unter­stüt­zung der Dorf­be­woh­ner nicht denk­bar wäre, und kün­dig­te schon mal an, dass der Ein­gang zum Gelän­de in die­sem Jahr bekränzt sein wer­de – wie am Nie­der­rhein sonst nach 25 Jah­ren Ehe üblich.

Mit Res­torm gibt es einen neu­en Part­ner im Boot, der gera­de mal 25 Wochen alt ist, aber für ähn­li­che Idea­le ein­steht: bei der gefühlt vier­tau­sends­ten Online-Platt­form für Musi­ker sol­len die­se end­lich mal rich­tig im Mit­tel­punkt ste­hen. Theo Favet­to, einer der Macher von Res­torm, erklär­te mir im Anschluss, was auf der Web­site schon mög­lich ist und was noch hin­zu­kom­men soll. Das klingt durch­aus span­nend und lohnt die nähe­re Betrach­tung für Musi­ker und Musik­lieb­ha­ber.

Das Fes­ti­val-Line-Up, zu dem bis­her unter ande­rem Boh­ren und der Club Of Gore, Edi­tors, Iron And Wine, Kate Nash, Okker­vil River, The Dodos und, äh: die Kili­ans gehör­ten, wur­de dann noch eben um acht neue Bestä­ti­gun­gen erwei­tert: Jamie Lidell, Fleet Foxes, Guil­l­emots, Soko, Gut­ter Twins, Kula Shaker, The Blakes und Loney, Dear. Ein bis zwei Über­ra­schun­gen wer­den spä­ter noch ver­kün­det, die Ein­tritts­kar­ten dürf­ten in etwa zwei Wochen aus­ver­kauft sein.

Guillemots live

Dann war Kon­zert: zum Abschluss der 25-Jah­re-Hald­ern-Pop-Jubi­lä­ums-Tour spiel­ten die Guil­l­emots, White Rab­bits, Soko und Loney, Dear im gro­ßen Saal des Gast­hofs auf einer klei­nen Büh­ne, auf der sonst ver­mut­lich Schüt­zen­ka­pel­len und Akkor­de­on-Orches­ter auf­tre­ten. Es war eine ganz wun­der­ba­re Atmo­sphä­re, eben auch typisch Hald­ern: Indie­kids aus ganz NRW stan­den neben alten Hald­er­nern, tanz­ten zur Musik der Guil­l­emots und lang­weil­ten sich bei den White Rab­bits. Dann muss­ten wir lei­der weg: der letz­te Zug raus aus dem Para­dies und Rich­tung Zivi­li­sa­ti­on fuhr um 22:50 Uhr vom Bahn­hof Hald­ern ab.