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Musik Unterwegs

Haldern Pop 2010 – A place to come home to

“That will literally blow your mind” sagte Fyfe Dangerfield während seines Auftritts im Spiegelzelt am Donnerstag, als er sich an sein Keyboard setzte. Wie viel Wahrheit in diesem Satz vor allem im Bezug auf die Erlebnisse des Festivalwochenendes stecken würde, konnte ich noch gar nicht ahnen.

Seit 2001 in regelmäßigen Abständen beim Haldern Pop Festival gewesen gab es in jedem Lineup mindestens vier Bands, die ich unbedingt sehen wollte, doch in diesem Jahr war es anders: Ich kannte vielleicht 50% der gebuchten Acts, lediglich zwei standen auf meiner “unbedingt angucken!”-Liste. Trotzdem kein Grund, nicht hinzufahren – in Haldern stimmt eben das Gesamtpaket, selbst wenn das Wetter schlecht ist. Und am Ende hat man einige neue Bands auf seiner Favoritenliste, die da vorher nicht gestanden haben. Dies war auch in diesem Jahr so.

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Musik

Gesammelte Platten Juni 2010

Dieser Eintrag ist Teil 6 von bisher 8 in der Serie Gesammelte Platten

Two Door Cinema Club – Tourist History
Keine halben Sachen, dachten die sich, hab ich mir so gedacht als ich die Platte im Laden angehört hab.
Der erste Song “Cigarettes In The Theatre” knallt gleich mitten ins Ohr. Die Füße wippen im Takt mit, der Kopf geht hin und her. Am liebsten würde man die Platte schnell in den nächsten Club mitnehmen, dem DJ in die Hand drücken und sagen, “Einmal anmachen und durchlaufen lassen reicht! Danke!”.
Und die Kreise auf der Tanzfläche wären endlos, und die Nacht wäre eine, an die man zurückdenkt und grinsen muss, weil lange nichts mehr so direkt ins Tanzbein schoß!
Und die haben eine Katze auf dem Cover. Hallo? Eine Katze auf dem Cover mit Krone!!!
Aber mal abgesehen von Katzencontent, das Debut kann einiges. Man merkt ihnen den Enthusiasmus einfach an – junge Wilde die genau Wissen was gut klingt. Keine halben Sachen, Beats die Knallen, Lyrics die einen grinsen lassen, Melodien direkt fürs Herz. Ich bin dann mal endlose Kreise ziehn!
Anspieltipps: “Cigarettes In The Theatre”, “Do You Want It All”, “I Can Talk”. (AK)

Efterklang – Magic Chairs
Zauberstühle. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, ich hab noch keinen Zauberstuhl entdeckt.
Aber ich würde gerne eine spontane Parade veranstalten. Und alle Lieder von Efterklang dort spielen! Es würde Zuckerwatte und Heliumballons in allen Farben und Formen geben. Und Brause en masse.
Diese Album ist so voller Sommer und Arme-in-die-Luft-Gefühl, dass ich es hier kaum hinschreiben kann.
Die Herren aus Dänemark sind mit ihrem dritten Studioalbum seit Februar in den Gehörgängen zu finden. Ein ganzes Jahr lang haben sie am Album gewerkelt und gebastelt. Waren mit ein paar Songs schon vor Release auf Tour, und man merkt es. Opulent und Klangfarbenfroh, sind nur zwei von vielen Assoziationen die mir so in den Sinn kommen. An manchen Stellen hätte weniger Opulenz dem Album mehr Schwung verliehen.
Aber dann hört man “Harmonics” zum ersten Mal und es packt einen direkt. Rythmus, überlappende Gesangespassagen, Gitarrenriff und nur die Stimme von Frontsänger Caspar Clausen treiben den Hörgenuss direkt an den Platz im Herz wo es gut tut!
Sowieso kann ich mich bei den Highlights fast gar nicht entscheiden. Am besten alle anhören und verlieben!
Anspieltipps: “Modern Drift”, “Harmonics”, “Raincoats”, “Full Moon”, “Scandinavian Love”. (AK)

The Gaslight Anthem – American Slang
So, jetzt bitte: Das erste Album danach, nach dem großen Durchbruch, nach dem Glastonbury-Auftritt mit Springsteen. The Gaslight Anthem sind plötzlich kein Geheimtipp mehr, sondern Konsens, und was machen sie? Nehmen “The ’59 Sound” einfach noch mal auf. Zu fast jedem Song des neuen Albums könnte man ein Äquivalent des Vorgängers benennen — das Prinzip Oasis. Trotzdem ist “American Slang” ein rundes Album geworden, das nach einigen Durchläufen durchaus eigene Qualitäten offenbart.
Anspieltipps: “American Slang”, “Bring It On”. (LH)

Sia – We Are Born
Eigentlich ja bekannt für herzzereissende Songs, in die man sich fallen lässt, wenn der Liebeskummer einen in seiner Kralle einpackt und nicht mehr loslässt. Jetzt aber mit viertem Studioalbum überrascht die Australierin Sia Furler mit einem Album das vor Lebens-Ja nur so brüllt!
Die optimistisches Sicht, die Songs sind heller und weniger melancholisch. Was nicht heißt, dass es die pure Glückseeligkeit ist, nein — genau hinhören!
Aber es ist eine kleine Überraschung! Die Songs sind Pop — im besten Sinne der Definition. Und wenn einige vielleicht die alte Sia vermissen, ich finde die neue Richtung tut ihr gut!
“You’ve Changed” vielleicht die Kampfansage überhaupt! “Oh Father” ein Cover des alten Madonna-Songs, klingt nach der guten Portion Sia wirklich super! Und auch den Rest des Albums sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Anspieltipps: “The Fight”, “Cloud”, “You’ve changed”, “Oh Father”. (AK, Rezensionsexemplar)

Stars – The Five Ghosts
Jetzt geht’s aber los bei den Kanadiern: Gerade erst Broken Social Scene, gleich Arcade Fire, dazwischen noch eben Stars. Die Zutaten sind bekannt: Viel Melancholie und die Stimmen von Torquil Campbell und Amy Millan — mehr brauchte es ja auch auf “Set Yourself On Fire” und “In Our Bedroom After The War” kaum. Trotzdem ist es diesmal anders: Mehr Elektronik, mehr Uptempo-Songs, mehr unbedingter Wille zur Indiedisco.
Was für ein schönes, kluges Album, das in 39 Minuten sehr viel mehr Drama und Pop-Appeal untergebracht kriegt als manche Bands in zwanzig Jahren Bandgeschichte. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist das düstere “The Last Song Ever Written” der drittletzte Song auf der Platte, die mit dem umarmenden “Winter Bones” endet.
Anspieltipps: “I Died So I Could Haunt You”, “We Don’t Want Your Body”, “The Last Song Ever Written”, “How Much More”. (LH)

The Tallest Man On Earth – The Wild Hunt
Irgendwann letzten Monat hatte ich einen kleinen Streit über den besten Soundtrack ever made. Zumal es eigentlich eine nicht beantwortbare Frage ist (für mich immernoch der “Cruel Intentions”-OST, für den anderen der Soundtrack von “Into the Wild”) zum anderen, weil es wie mit Eis ist, die Auswahl macht glücklich.
Und dann musste ich an The Tallest Man On Earth denken. Drehte sein neues Album laut an und der kleine Zwist war vergessen.
Zwei Alben ist er jetzt alt, der gute Herr Kristian Matsson aus Schweden. Das erste Album “Shallow Graves” war die kleine Folk Erleuchtung letztes Jahr. Auf Tour war er mit Bon Iver und man hört ihm das Reisen auch an.
Er braucht nur seine Gitarre und seine grandiose, würzige, unverwechselbare Stimme! Er hat etwas sehr eigenes und erinnert wirklich an Wildnis und Lagerfeuer und Fernweh. Oder an Landstreicher-Dasein und in einem Zug durchs Land brausen.
Jedenfalls möchte man The Talles Man On Earth erstens live sehen (wer dieses Jahr beim Haldern ist, hat Glück!) und ihn zweitens immer dabei haben, wenn einen das Fernweh packt.
Sein zweites Album “The Wild Hunt” ist die wunderbare Fortsetzung des ersten Albums. Was sehr gut ist, denn sein Debüt war ein grandioses, durch seine Stimme und Gittarre allein getragenes, folkiges Meisterstück. Aber gleichzeitig sind immer wieder gleichklingende Lieder irgendwann langweilig. Wenn da nicht diese Stimme, diese Gitarre und vorallem diese wahnsinnigen Texte wären. Gerade das letzte Stück “Kids On The Run”, in dem ein Klavier auftaucht und man fast wehmütig wird, weil es das letzte Stück ist, ist den Kauf der Platte mehr als wert.
Anspieltipps: “King Of Spain”, “Thousand Ways”, “The Drying Of The Lawns”, “Kids On The Run”. (AK)

Mitarbeit an dieser Ausgabe:
AK: Annika Krüger
LH: Lukas Heinser