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Musik Unterwegs

Haldern Pop 2010 – A place to come home to

„That will lite­ral­ly blow your mind“ sag­te Fyfe Dang­er­field wäh­rend sei­nes Auf­tritts im Spie­gel­zelt am Don­ners­tag, als er sich an sein Key­board setz­te. Wie viel Wahr­heit in die­sem Satz vor allem im Bezug auf die Erleb­nis­se des Fes­ti­val­wo­chen­en­des ste­cken wür­de, konn­te ich noch gar nicht ahnen.

Seit 2001 in regel­mä­ßi­gen Abstän­den beim Hald­ern Pop Fes­ti­val gewe­sen gab es in jedem Lin­e­up min­des­tens vier Bands, die ich unbe­dingt sehen woll­te, doch in die­sem Jahr war es anders: Ich kann­te viel­leicht 50% der gebuch­ten Acts, ledig­lich zwei stan­den auf mei­ner „unbe­dingt angucken!“-Liste. Trotz­dem kein Grund, nicht hin­zu­fah­ren – in Hald­ern stimmt eben das Gesamt­pa­ket, selbst wenn das Wet­ter schlecht ist. Und am Ende hat man eini­ge neue Bands auf sei­ner Favo­ri­ten­lis­te, die da vor­her nicht gestan­den haben. Dies war auch in die­sem Jahr so.

Frei­tag:

Fyfe Dang­er­field

Fyfe Dangerfield
Ers­ter Act für mich beim Hald­ern Pop, nach­dem man sich abends gegen den Besuch im völ­lig über­füll­ten Spie­gel­zelt ent­schied: Fyfe Dang­er­field, sei­nes Zei­chens Front­mann der Guil­l­emots. Nicht ganz so ver­schro­ben wie sei­ne eigent­li­che Band, teil­wei­se etwas kit­schig. Neben ihm auf der Büh­ne waren ledig­lich zwei Strei­che­rin­nen, die ihn, sein Effekt­ge­rät sowie die Gitar­re unter­stütz­ten. Und am Ende blieb ein gro­ßes Seuf­zen.

Lau­ra Mar­ling

Laura Marling
Wäh­rend auf der Haupt­büh­ne der Über­ra­schung­act Phil­ipp Poi­sel mit sei­ner Band auf­trat, ging das Pro­gramm im Spie­gel­zelt mit Lau­ra Mar­ling wei­ter, die vor dem Beginn des Kon­zerts noch einen Lie­bes­kreis mit ihren Mit­mu­si­kern initi­ier­te. Gehol­fen hat das Ein­schwö­ren auf jeden Fall: Was da an wun­der­vol­ler Folk­mu­sik aus den Laut­spre­chern kam, ver­zau­ber­te die anwe­sen­den Zuschau­er – und auch mich.

Del­phic

Delphic
Nächs­tes Kon­zert für mich an die­sem Tag: Del­phic. Sehr elek­tro­nisch, etwas ver­schro­ben, nicht so ganz mein Ding. Ein gewis­ser Herr Hein­ser sah das übri­gens anders und erzähl­te noch das kom­plet­te Rest­wo­chen­en­de davon, wie geflasht er von dem Auf­tritt war.

Mum­ford and Sons

Mumford and Sons
Next on: Mum­ford and Sons. Noch vor einem Jahr lie­ßen sie sich im Spie­gel­zelt fei­ern, die­ses Mal ström­ten die Mas­sen zur Haupt­büh­ne, das ers­te Mal, dass der Platz an die­sem Wochen­en­de so voll wer­den wür­de. Ich wuss­te nur bedingt, auf was ich mich ein­las­se, aber es war wun­der­bar. Und nicht nur ich ver­ließ hin­ter­her ein wenig glück­li­cher den Platz.

Bei­rut

Beirut
Mein Abschluss des Tages, zumin­dest auf der Haupt­büh­ne. Ein wenig Bal­kan, ein wenig Kai­zers Orches­tra, irgend­wie nicht mein Fall – vie­le anwe­sen­de Fans sahen das aber offen­bar anders und tanz­ten in die Nacht. Von den nach­fol­gen­den Sere­na Manee­sh hör­te ich am Fol­ge­tag nur, dass der Sän­ger irgend­wann mit­ten im Set von der Büh­ne geholt wur­de.

Junip

Schon fast schla­fen gelegt kam die Idee, die sich am Ende als unheim­lich gut her­aus­stell­te: Jose Gon­za­les spiel­te mit sei­ner Band Junip um 2:40 als letz­te Band im Spie­gel­zelt, fast schlaf­wan­delnd zog ich dort­hin los, die Kame­ra lei­der im Zelt zurück­ge­las­sen, des­halb fehlt an die­ser Stel­le die Impres­si­on. Neben eini­gen Songs der alten EP „Rope & Sum­mit“ gab es eini­ge neue Songs vom im Sep­tem­ber kom­men­den Album „Fields“. Der Sound ist schwer zu beschrei­ben, etwas düs­ter und dezent akus­tisch pass­te er aber per­fekt zu die­sem aus­klin­gen­den Abend.

Sams­tag

Por­tu­gal. The Man

Portugal. The Man
Tag zwei soll­te für mich mit Por­tu­gal. The Man begin­nen. Irgend­wo zwi­schen Soul und impro­vi­sier­ten Gitar­ren­se­quen­zen lie­gend bil­de­te die Band den per­fek­ten Ein­stieg in den Tag, wenn ich auch geis­tig schon bei der dann fol­gen­den Band, Fan­far­lo, war.

Fan­far­lo

Fanfarlo
Fan­far­lo erfüll­ten mei­ne Erwar­tun­gen voll­kom­men, beson­ders beein­dru­ckend war die viel­sei­ti­ge Benut­zung ver­schie­dens­ter Instru­men­te. Lei­der wirk­ten sie an die­sem som­mer­li­chen Tag am Nach­mit­tag auf der Haupt­büh­ne dezent deplat­ziert – im Spie­gel­zelt wären sie bei wei­tem bes­ser auf­ge­ho­ben gewe­sen.

Frigh­ten­ed Rab­bit

Frightened Rabbit
Ein wei­te­rer gro­ßer Unbe­kann­ter war die Band Frigh­ten­ed Rab­bit. Bekann­te hat­ten sie mir wärms­tens ans Herz gelegt, ich sol­le sie mir unbe­dingt anschau­en. Und es hat sich gelohnt, hin­zu­ge­hen: Der Indiepop pass­te vom Gefühl her per­fekt in die­sen groß­ar­ti­gen Som­mer­tag.

Blood Red Shoes

Blood Red Shoes
Blood Red Shoes hät­ten mir ega­ler nicht sein kön­nen, auch wenn sie ganz okay dahin­rock­ten. Beson­ders kuri­os war übri­gens der Ein­satz der Ven­ti­la­to­ren, der die Haa­re der durch­aus gut­aus­se­hen­den Sän­ge­rin Lau­ra zum flie­gen brach­ten. Eini­ge Män­ner­her­zen dürf­ten dahin­ge­schmol­zen sein.

Efter­klang

Efterklang
Die Dänen waren mein per­sön­li­ches High­light des Fes­ti­vals, und das mit gro­ßem Abstand. Man hat es der Band ange­se­hen, dass sie unheim­li­chen Spaß an dem hat­ten, was sie da auf der Büh­ne so taten. Der Sound: Teils expe­ri­men­tell, teils orches­tral, teils pop­pig, aber immer irgend­wie ver­schro­ben. Es war die Ath­mo­sphä­re, die den Auf­tritt so beson­ders mach­te. Plötz­lich wirk­te die gro­ße Haupt­büh­ne ganz klein und alle um einen her­um ste­hen­den Zuschau­er wie eine gro­ße Fami­lie. So soll­te es immer sein.,

The Natio­nal

The National

Am liebs­ten hät­te ich den Abend nach die­sem ful­mi­nan­ten Auf­tritt von Efter­klang been­det, einen Zwangs­ter­min gab es aber dann doch noch, nach­dem mir alle ande­ren Mit­rei­sen­den von ihnen vor­schwärm­ten. The Natio­nal reis­ten mit einer Büh­ne voll Instru­men­ten an, das Licht war hell und beein­dru­ckend, die Musik in einer umfang­rei­chen Band­brei­te, von lei­se-akus­tisch bis laut-stamp­fend. Und obwohl mir die Musik nur so mit­tel zusag­te, war der Auf­tritt von The Natio­nal ein groß­ar­ti­ger Abschluss eines noch groß­ar­ti­ge­ren Fes­ti­val­wo­chen­en­des.

Lecker Essen

Wie immer hat das Hald­ern bewie­sen, wie wich­tig das Gesamt­pa­ket eines Fes­ti­vals ist. Nicht nur die Musik stimm­te an die­sem Wochen­en­de zu wei­ten Tei­len ziem­lich gut mit dem über­ein, was man sich erhofft hat, auch das gan­ze Drum­her­um sorg­te für gute Stim­mung, die sich nicht zuletzt auch auf dem Zelt­platz nie­der­schlug. Wie in jedem Jahr war die Fahrt nach Hald­ern auch 2010 ein wenig wie der Besuch bei sehr guten, lang­jäh­ri­gen Freun­den, die sich um einen küm­mern und einem eine schö­ne Zeit berei­ten. Ich bedan­ke mich bei allen, die ihren Teil dazu bei­getra­gen haben, die­ses Wochen­en­de zu einem der weni­gen unver­gess­li­chen zu machen. Bis nächs­tes Jahr in Hald­ern.

Zeltplatz

Klei­ner Zusatz am Ran­de: Mehr Fotos neben den hier abge­bil­de­ten gibt es hier.