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Musik Unterwegs

Drei Tage im August

Haldern Pop 2009.

Der junge Mann war schon die ganze Zeit mit CDs und einem Filzstift über den Alten Reitplatz gelaufen und hatte Leute an den Eingängen zu Backstage- und Pressebereichen angesprochen, ob sie ihm weiterhelfen könnten. Jetzt stand er plötzlich hinter einer dieser Absperrungen und ließ sich Autogramme von Asaf Avidan und dessen Band geben. Nachdem dieses kleine Zusammentreffen für alle Beteiligten so erfreulich verlaufen war, ging Asaf Avidan noch einmal zum Security-Mitarbeiter am Zugang zum Pressebereich und bedankte sich bei ihm: “Thanks for letting that guy in!”

Es ist nur ein Detail, aber als ich es am Rande mitbekam, dachte ich: “Das ist Haldern!” Das Familiäre, Entspannte, etwas Andere macht das Festival am schönen Niederrhein auch bei der 26. Auflage zu etwas besonderem. (Mit “besonders” meine ich übrigens nicht einzigartig — ich weiß, dass es überall in Deutschland so kleine, persönliche Festivals gibt. Aber unter diesen dürfte Haldern dann schon wieder das größte sein.) Dokter Renz von Fettes Brot wirkte einigermaßen verwirrt, als er feststellte, dass die ganze Bühne frei von Mobilfunkwerbung war — eigentlich erstaunlich, dass die Festival-Tickets trotz solch ausgeschlagener Einnahmequellen vergleichsweise günstig sind.

Haldern Pop 2009.

Dass das Haldern Pop dieses Jahr erst am zweieinhalbten Augustwochenende stattfand, hing mit dem Termin des Lollapalooza-Festivals in Chicago zusammen (das letzte Festival in Nordamerika, nach dem dann all Künstler wie die Zugvögel nach Europa weiterziehen), erwies sich in Sachen Wetter aber als absoluter Glücksfall. Nach den legendären Schlammschlachten 2005 und 2006 ist man ja einigermaßen bescheiden und freut sich schon, wenn sich sowas nicht mehr wiederholt, aber so gut wie in diesem Jahr habe ich das Wetter seit neun Jahren nicht in Erinnerung (2003 war es wärmer, aber das war absolut unanständig und kurz vor tödlich). Und an den improvisierten Wasserwerfern Berieselungsanlagen zeigte sich dann wieder der besondere Haldern-Charme.

Auch sonst war mein Zehntes für mich eines der schönsten Haldern-Festivals überhaupt. Zwar war es musikalisch nicht hundertprozentig überzeugend, aber das liegt zum einen daran, dass ich immer noch jedes Haldern mit der 2001er Ausgabe (Travis, Starsailor, Neil Finn, The Divine Comedy, Phoenix, Muse, Slut, Blackmail, …) vergleiche, und zum anderen kann man’s ja eh nie allen gleichzeitig recht machen. Veranstalter Stefan Reichmann sagte sogar, er fände es legitim, “auch mal was richtig scheiße zu finden” — aber diese Einschätzung traf dann bei mir doch auf keinen der gesehenen Künstler zu.

Fettes Brot beim Haldern Pop 2009.

Bon Iver waren wie erwartet großartig (und genau richtig in der frühen Abendsonne), Fettes Brot, Dear Reader, William Fitzsimmons und Athlete gefielen mir auch live gut. Colin Munroe war die Neuentdeckung des Festivals und mit Anna Ternheim, Asaf Avidan & The Mojos, The Thermals und Blitzen Trapper muss ich mich dann in den nächsten Wochen noch mal näher befassen.

Der Spannungsbogen hätte freilich ein wenig mehr Zug vertragen: Vieles plätscherte nett vor sich hin, was auch sehr schön war, aber als die Thermals plötzlich losbrachen, waren sich viele einig, dass es dem Festival bisher etwas an Drive gefehlt hatte.

Hatte ich in den letzten Jahren zwischendurch immer in bester “Lethal Weapon”-Manier geflucht, dass ich jetzt langsam aber wirklich “zu alt für diesen Scheiß” sei, bin ich mir diesmal absolut sicher: Wir sehen uns 2010!

Mehr Haldern Pop 2009 hier im Blog: Liveblog Freitag und Liveblog Samstag.

Haldern Pop im Fernsehen: Rockpalast.