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Sounds Like Sugar Festival, neue Musik von Nada Surf, Eels

Am Sams­tag hat unse­re Redak­ti­on einen Betriebs­aus­flug zum Sounds Like Sugar Fes­ti­val in Her­ne gemacht. Von da bringt Lukas viel neue Musik mit, es gibt aber auch ein Wie­der­hö­ren mit Bands wie Nada Surf und Eels, die ihn schon sein hal­bes Leben beglei­ten.

Alle Songs:

    • Loki – The Girl With No Eyes
    • Mar­ya­ka – Part Of You
    • Zimmer90 – What Love Is
    • Phi­li­ne Son­ny feat. Miya Folick – Shame
    • Nada Surf – In Front Of Me Now
    • Auro­ra – To Be Alright
    • Eels – If I’m Gon­na Go Any­whe­re
    • Jean Sei­zu­re – Don’t Tell Me I’m Going To Hell

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Listenpanik: Songs 2008

Ich bin einer die­ser Men­schen, die Sil­ves­ter has­sen wie sonst nur Ebe­nee­zer Scr­oo­ge das Weih­nachts­fest. Ich kann nichts Fest­li­ches oder Tol­les dar­an erken­nen, neue Kalen­der auf­hän­gen und mit­neh­men zu müs­sen und auch das Durch­strei­chen von fal­schen Jah­res­zah­len im Janu­ar (das seit der Ein­füh­rung des Inter­net­ban­kings rapi­de abge­nom­men hat) ist ein Brauch, auf den ich ver­zich­ten könn­te. Davon ab muss ich Ihnen lei­der mit­tei­len, dass For­scher des Bochu­mer Lehr-Orts für erwäh­nens­wer­te Daten her­aus­ge­fun­den haben, dass „Din­ner For One“ nicht lus­tig ist und Blei­gie­ßen impo­tent macht.

Trotz­dem ist der Rob­bie-Bubble-Kin­der­sekt natür­lich kalt­ge­stellt und um die Zeit bis zum „Sil­ves­ter­stadl“ rum­zu­krie­gen, habe ich mei­ne iTu­nes-Lis­ten ein paar mal hin- und her­sor­tiert, ein biss­chen abge­wo­gen und füh­le mich jetzt see­lisch in der Lage, die Songs des Jah­res 2008 zu ver­kün­den (nur um die Lis­te ver­mut­lich noch heu­te Nacht wie­der umsor­tie­ren zu wol­len). Wie üblich ist alles total sub­jek­tiv:

25. Danko Jones – Take Me Home
„Never Too Loud“ war irgend­wie nicht so wirk­lich das Album, das man nach „Sleep Is The Ene­my“ erwar­tet hät­te: ein biss­chen zu ver­hal­ten, ein biss­chen zu lang, Tem­po­li­mit statt durch­ge­tre­te­nem Gas­pe­dal. „Take Me Home“ ist dann auch noch der unty­pischs­te Danko-Jones-Song über­haupt mit sei­nen Akus­tik­gi­tar­ren und den John-Den­ver-Anlei­hen. Aber weil Danko Jones eben Danko Jones ist (sind) und nicht Kid Rock, funk­tio­niert die­ser Irr­sinn trotz­dem. Und ein Lied, in dem der Refrain auf „Take me home to whe­re my records are“ endet, muss man sowie­so her­vor­he­ben, so lan­ge die Leu­te noch wis­sen, was die­se phy­si­schen Ton­trä­ger über­haupt sind.

24. Jakob Dylan – Val­ley Of The Low Sun
Stel­len Sie sich vor, Sie wären der Sohn von Bob Dylan und wür­den Musik machen! Jakob Dylan gebührt allein des­halb Respekt, dass er sich die­sen gan­zen Ver­glei­chen und Fra­gen seit fast 20 Jah­ren aus­setzt – und jetzt kann er sich nicht mal hin­ter den Wall­flowers ver­ste­cken, jetzt steht sein Name auch noch auf dem Album. Und er singt ein­fach völ­lig redu­zier­te Folk-Musik, die eher an War­ren Zevon, Bruce Springsteen und John­ny Cash erin­nert als an Musi­ker ähn­li­chen Namens. „Val­ley Of The Low Sun“ ist eine gewal­ti­ge, schlep­pen­de Bal­la­de, so schön wie ein Son­nen­un­ter­gang in der Sier­ra Neva­da.

23. Slut – If I Had A Heart
Ach ja: Slut haben ja die­ses Jahr auch ein Album ver­öf­fent­licht – und das war noch nicht mal schlecht. „If I had a heart /​ I would have a hearta­che“ kann als Zei­le tie­risch in die Hose gehen, aber so wie Chris Neu­bur­ger das singt, klingt es ein­fach auf­rich­tig und klug.

22. Clue­so – Kei­nen Zen­ti­me­ter
Die­ser Groo­ve, die­ser fast (aber nur fast) ver­nu­schel­te Gesang, die­ser gefühl­vol­le, aber gänz­lich unkit­schi­ge Text. Mehr Under­state­ment als „Ich würd‘ gern mit Dir viel mehr unter­neh­men“ passt in kei­ne Lie­bes­er­klä­rung!

21. Jason Mraz – I’m Yours
Ich hab lan­ge über­legt, ob es auch hier unbe­dingt die Sin­gle sein muss­te, aber doch: so klingt der Som­mer. Selbst bei Minus­gra­den meint man sich dar­an erin­nern zu kön­nen, wie man zu die­sen Klän­gen mit der Liebs­ten im Gras gele­gen und in den wol­ken­lo­sen Him­mel gestarrt hat – auch wenn man das nie getan hat. Anders als der viel­ver­gli­che­ne Jack John­son hat Jason Mraz aber noch mehr auf Lager als die­sen Strand-Schun­k­ler und wird uns des­halb bei den bes­ten Alben des Jah­res wie­der begeg­nen.

20. The Ver­ve – Love Is Noi­se
Okay, das Come­back-Album von The Ver­ve habe ich drei oder vier Mal gehört, ehe es mir zu lang­wei­lig wur­de. Aber die­se Sin­gle! Hyp­no­tisch, eupho­risch, in die Bei­ne gehend – man­che wür­den schlicht­weg „ner­vig“ dazu sagen. „Love is noi­se, love is pain“ ist auch wie­der so ein Satz, der schon von den rich­ti­gen Leu­ten gesun­gen wer­den muss, um nicht doof zu klin­gen. Richard Ash­croft ist ein rich­ti­ger Leut.

19. Death Cab For Cutie – The Ice Is Get­ting Thin­ner
Viel­leicht hat nie jemand einen bes­se­ren Text dar­über geschrie­ben, wie das ist, wenn die Lie­be lang­sam nach­lässt, als Ben Gib­bard hier. Dazu eine Instru­men­tie­rung, die mit „spär­lich“ noch euphe­mis­tisch umschrie­ben ist und fer­tig ist der Gän­se­haut­song 2008. Wer die­ses Lied hört und nichts fühlt, ist ver­mut­lich tot.

18. Niz­lo­pi – Start Begin­ning
Weil das Album „Make It Hap­pen“ in Deutsch­land nicht regu­lär erschie­nen ist, sind Niz­lo­pi durch das Lis­ten­pa­nik-Ras­ter gefal­len. Aber Kath­rin hat das Kon­zert, für mich das Bes­te des Jah­res war, ja hier im Blog noch aus­rei­chend gewür­digt. Hier also ein Lied mit Gitar­re, Kon­tra­bass, Beat­boxing und Gos­pel­chor, für das das Wort „uplif­ting“ erfun­den wer­den müss­te, wenn es nicht schon im Wör­ter­buch stün­de.

17. Tom­te – Der letz­te gro­ße Wal
Schon wie­der die Sin­gle? Ja, tut mir leid, ich kann mir nicht hel­fen. Bei Tom­te setzt bei mir der letz­te Rest Objek­ti­vi­tät aus, des­we­gen neh­me ich ein­fach mal das nahe­lie­gends­te Lied. Aber das ist ja auch gut. Thees Uhl­manns Stim­me ist wie eine ein­zi­ge Umar­mung, die auch vor Leu­ten, die so vol­ler Hass sind wie die­se Schrei­ber, kei­nen Halt macht. Er ist der letz­te gro­ße Wal, der die klei­nen Fische zum Früh­stück ver­speist.

16. Tra­vis – Befo­re You Were Young
Noch so eine Band, wo für Objek­ti­vi­tät kein Platz ist. „Ode To J. Smith“ war aber auch wie­der ein gutes Album – dass bei den vie­len Rock­num­mern der bes­te Song aus­ge­rech­net wie­der eine melan­cho­li­sche Bal­la­de ist, liegt an mir, echt! Oder an dem schö­nen Text, der gran­dio­sen Stei­ge­rung und über­haupt allem, was „Befo­re You Were Young“ aus­macht.

15. Gre­gor Meyle – Irgend­wann
Ste­fan Raabs Cas­ting­show war eine fei­ne Sache: für die Charts fiel Ste­fa­nie Heinz­mann ab (die ihren Job auch wirk­lich gut macht), für die nach­denk­li­che­ren Momen­te Gre­gor Meyle. Der ist nicht nur ein sym­pa­thi­scher Gesprächs­part­ner, son­dern auch noch ein sehr guter Song­wri­ter: text­lich geht er manch­mal bis ganz knapp vor die Schla­ger­gren­ze (aber was will man machen, wenn man jedes Wort ver­steht?), musi­ka­lisch ist er auf Welt­ni­veau und „Irgend­wann“ ist ein Lied, das Sehn­sucht und Antriebs­lo­sig­keit, Opti­mis­mus und Resi­gna­ti­on bes­tens aus­ba­lan­ciert in vier­ein­halb Minu­ten packt.

14. Nada Surf – Who­se Aut­ho­ri­ty
Ich bezweif­le ja, dass Nada Surf irgend­was falsch machen kön­nen, und auch „Lucky“ ist wie­der ein sehr fei­nes Album gewor­den. „Who­se Aut­ho­ri­ty“ ist die­se ganz spe­zi­el­le jugend­li­che Mischung aus Über­mut und Melan­cho­lie in Musik gegos­sen und das Video, das im Licht der tief­stehen­den Son­ne badet, passt wie die Faust aufs Auge.

13. Cold­play – Viva La Vida
Kön­nen Sie’s noch hören? Ich habe Glück, da ich mich ja vom Radio fern­hal­te. Zwar haben allei­ne die­se Woche unge­fähr 42 Jah­res­rück­bli­cke ver­sucht, mir das Lied doch noch zu ver­lei­den, aber irgend­wie ist es dann doch resis­tent gegen sol­che Ver­wurs­tun­gen. Wann geht schon mal ein Lied mit bibli­schen Moti­ven, des­sen gan­ze Rhyth­mus­struk­tur auf Strei­chern, Pau­ken und Glo­cken (!) auf­baut, in die Charts? Nach lan­gem Stu­di­um kann ich Par­al­le­len zu „Dis­arm“ und „Tonight, Tonight“ von den Smas­hing Pump­kins erah­nen, aber Chris Mar­tin hat die schö­ne­re Stim­me. So klingt es, wenn man die Welt regiert.

12. The Hold Ste­ady – Con­s­truc­ti­ve Sum­mer
Defi­ni­tiv eine mei­ner Ent­de­ckun­gen des Jah­res: The Hold Ste­ady. So müs­sen Alben übri­gens los­ge­hen: mit etwas Kla­vier, vie­len Gitar­ren, etwas (aber nur etwas) Gegrö­le, Eska­pis­mus und Ver­wei­sen auf Joe Strum­mer („I think he might have been our only decent tea­cher“). So klingt es, wenn gro­ße Gefüh­le auf gera­de noch gebrems­te Ener­gien tref­fen.

11. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious
Micha­el Sti­pe könn­te die Schlag­zei­len sin­gen und es wäre ein gro­ßer Song. Ent­schul­di­gung, ich höre gera­de, das ist bereits gesche­hen und hieß „It’s The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)“. Egal: R.E.M. wer­den nie ein schlech­tes Album machen und „Acce­le­ra­te“ war eine gelun­ge­ne Rück­kehr zu den Wur­zeln. „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ sol­len ihnen die­se gan­zen 18-Jäh­ri­gen erst­mal nach­ma­chen. (Und er singt wirk­lich nicht „Gise­la, Gise­lei“? Nein? Okay.)

10. The Gas­light Anthem – Old White Lin­coln
War­um man dann manch­mal doch noch mal Radio hören soll­te: Man könn­te dort bis­her über­se­he­ne Juwe­len ent­de­cken. So wie die­ses fei­ne Lied (das Album habe ich mir immer noch nicht gekauft, was sich ver­mut­lich bei der Alben­lis­te rächen wird), das nach 30 Mal hören zwar immer noch ver­blüf­fen­de Par­al­le­len zu The Cure und den Kil­lers auf­weist, aber eben doch eigen­stän­dig genug ist, um es inner­halb von drei­ein­halb Wochen noch in die Top 10 geschafft zu haben.

9. Fet­tes Brot – Lie­ber Ver­bren­nen als Erfrie­ren
„Wir sind jung, wir sind frei, das ist unse­re Stadt /​ Wir haben nichts zu ver­lie­ren /​ Es ist soweit, ich bin dabei, denn das ist unse­re Nacht /​ Lie­ber ver­bren­nen als erfrie­ren“ – Noch Fra­gen? Na gut: Nein, das ist gar kei­ne Dicke-Hose-Hym­ne. Par­ty ja, aber kei­ne ohne Mor­gen. So soll­te deutsch­spra­chi­ger Hip Hop immer sein, es muss ja nicht immer gegen Frau­en und Schwu­le gehen.

8. Black Kids – I’m Not Going To Teach Your Boy­fri­end How To Dance
Das Debüt­al­bum der Black Kids fand ich biss­chen nichts­sa­gend, aber wer dar­auf so einen über­dreh­ten Tanz­bo­den­fül­ler unter­kriegt, ist natür­lich wenigs­tens bei den Songs des Jah­res vor­ne mit dabei. Die Ver­tei­lung der Geschlech­ter­rol­len im Text erschließt sich mir kein biss­chen, aber wer wird beim wüs­ten Her­um­wa­ckeln noch auf sowas ach­ten? „Dance, dance, dance, dance!“

7. The Ting Tings – Gre­at DJ
Sie mei­nen, „That’s Not My Name“ sei der bes­se­re, weil noch ein biss­chen irre­re Song gewe­sen? Mag sein, aber „Gre­at DJ“ hat­te mich beim ers­ten Hören in „All Songs Con­side­red“. Ein schlich­tes Lied, das aber auch gar nicht mehr will als unbe­ding­tes Mitz­ap­peln und ‑sin­gen. Und das funk­tio­niert hier ja wohl groß­ar­tig. Die Trom­meln, übri­gens!

6. Hotel Lights – Ame­lia Bright
Ganz kras­ser Rich­tungs­wech­sel jetzt: Eine Folk­bal­la­de, die mich seit sie­ben Jah­ren beglei­tet hat und jetzt end­lich „fer­tig“ ist. Das ist natür­lich viel mehr Zeit, als sonst irgend­ein Lied hat­te, um mir ans Herz zu wach­sen, aber die Stu­dio­ver­si­on ist ja auch wun­der­schön gewor­den. Neben Niz­lo­pi sind Hotel Lights der Geheim­tipp auch in die­sem Jahr und wir wer­den bei­de Bands so lan­ge in den Him­mel schrei­ben, bis zumin­dest ihre Alben hier­zu­lan­de zu Kau­fen sind.

5. Sigur Rós – Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur
Lie­der, deren Namen man sich beim bes­ten Wil­len nicht mer­ken kann, haben es mit­un­ter etwas schwer, wenn es um das Erstel­len von Bes­ten­lis­ten geht: „Hier, Dings, die­ses Lied mit dem Kla­vier, den Blä­sern und dem ent­rück­ten Gesang!“ Egal: Dank Copy & Pas­te wis­sen wir jetzt alle, dass die­ses Lied „Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur“ heißt (was auch immer das hei­ßen mag), und dass es groß­ar­tig ist, müs­sen Sie mir glau­ben (oder es nach­hö­ren). Zu mei­nem nächs­ten Geburts­tag wün­sche ich mir eine Mar­ching Band, die mit die­sem Lied durch mei­ne Bochu­mer Berg­ar­bei­ter­sied­lung mar­schiert (einen Scho­ko­la­den­spring­brun­nen habe ich ja die­ses Jahr schon bekom­men).

4. MGMT – Time To Pre­tend
Nen­nen Sie mir eine Mög­lich­keit, die­sem Key­board-Riff zu wider­ste­hen, und ich müss­te nicht jedes Mal „Waaah, wie geil!“ schrei­en, wenn ich das Lied irgend­wo höre. Wenn Sie bei allem Arsch­wa­ckeln dann viel­leicht noch ein biss­chen Wert­schät­zung für die­sen unglaub­lich klu­gen Text übrig hät­ten, könn­ten wir die Mis­si­ons­ar­beit an die­ser Stel­le auch been­den und nur noch die­sem groß­ar­ti­gen Indie­knal­ler lau­schen.

3. Fleet Foxes – White Win­ter Hym­nal
Ich wie­der­ho­le mich ger­ne, aber die ers­ten 30 Sekun­den die­ses Lie­des zäh­len mit zum Bes­ten, was es die­ses Jahr über­haupt zu Hören gab. Der Rest des Lie­des (und des gan­zen Albums) glück­li­cher­wei­se auch und des­halb ist „White Win­ter Hym­nal“ natür­lich völ­lig zu Recht auf dem Trepp­chen ver­tre­ten.

2. The Kil­lers – Human
Auch nach über 50 Durch­gän­gen bin ich mir sicher: die­ser Song ist arsch­geil! Meckern Sie ruhig alle rum von wegen Micha­el Wend­ler. Selbst wenn Thees Uhl­mann und ich neben Bran­don Flowers die ein­zi­gen Men­schen auf der Welt wären, die des­sen Tex­te zu schät­zen wüss­ten: es blie­be immer noch ein abso­lu­ter Ober­ham­mer von Pop­song! Allein die­se unfass­bar bril­lan­te Fra­ge „Are we human or are we dancer?“, da braucht man doch weder Hegel, noch Kant noch Dou­glas Adams, das ist der abso­lu­te Kern von Phi­lo­so­phie! Und jetzt Ruhe!

1. Goldf­rapp – A&E
Ganz, ganz knapp sind die Kil­lers nur Zwei­te gewor­den, weil die­ses Lied dann am Ende doch noch ein klei­nes biss­chen bes­ser war. So hyp­no­tisch, so klug auf­ge­baut und so wun­der-wun­der­schön. Ich muss­te das Lied unge­fähr 40 Mal hören, bis ich begrif­fen habe, wor­um es in dem Text eigent­lich gehen könn­te (geschei­ter­ter Selbst­mord­ver­such wegen Lie­bes­kum­mers), aber selbst wenn es um die Abgel­tungs­steu­er gin­ge: kein Lied war 2008 in der Sum­me bes­ser als „A&E“. Und wenn ich das nach mehr als acht Mona­ten der Dau­er­ro­ta­ti­on sage, wird es schon stim­men, oder?

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Listenpanik 02/​08

Bei der letz­ten Lis­ten­pa­nik hat­te ich mich beklagt, dass im Janu­ar so weni­ge Plat­ten erschie­nen sei­en. Nun, das war im Febru­ar schon deut­lich anders: Obwohl es bekannt­lich der kür­zes­te Monat ist, war die Aus­wahl an guten bis sen­sa­tio­nel­len Alben plötz­lich rie­sen­groß. Ich habe kurz dar­über nach­ge­dacht, die Top-Five-Rege­lung über den Hau­fen zu wer­fen und ein­fach alle guten Plat­ten auf­zu­schrei­ben, aber Top Five ist Top Five. Für die Jah­res­end­lis­te ist es eh uner­heb­lich, ob ein Album in den Monats­lis­ten auf­ge­taucht ist.

Eben­falls in der letz­ten Lis­ten­pa­nik hat­te ich ver­kün­det, „wenn nichts mehr dazwi­schen kommt“ wer­de „Lucky“ von Nada Surf im Febru­ar die Bes­ten­lis­te der Alben anfüh­ren. Wie Sie in zwei Zei­len erfah­ren wer­den, ist etwas bzw. jemand dazwi­schen­ge­kom­men:

Alben
1. Goldf­rapp – Seventh Tree
Jawoll, sie haben es sich ver­dient: Goldf­rapp, das Duo aus Ali­son Goldf­rapp und Will Gre­go­ry, machen auf ihrem vier­ten Album Musik, die so sehr auf den Punkt ist, dass man sie ein­fach lie­ben muss. Per­fekt aus­ge­pen­delt zwi­schen Folk und Elek­tro­nik, zwi­schen Kath­le­en Edwards und Imo­gen Heap. Erin­nern Sie sich an die unend­li­che Leich­tig­keit, die Ihnen ent­ge­gen ström­te, als Sie zum ers­ten Mal „Moon Safa­ri“ von Air gehört haben? Hier ist sie wie­der, zehn Jah­re spä­ter.

2. Nada Surf – Lucky
Viel falsch gemacht haben Nada Surf in ihrer bis­he­ri­gen Kar­rie­re nicht, auf ihrem fünf­ten Album machen sie fast alles rich­tig. Nach „See The­se Bones“ und „Who­se Aut­ho­ri­ty“ weiß man gar nicht mehr, wohin mit der eige­nen Eupho­rie, und das sind erst die ers­ten bei­den Stü­cke auf der Plat­te. „Lucky“ ist zeit­lo­ser Indie Rock, der in ers­ter Linie hap­py macht.

3. Joe Jack­son – Rain
Ist doch irgend­wie klar, dass ich Joe Jack­son groß­ar­tig fin­den muss: Immer­hin spielt er Kla­vier und hat einen bri­ti­schen Akzent. Nicht klar? Okay: Er hat ziem­lich offen­sicht­lich Ben Folds beein­flusst, so tol­le Musik zu machen – und das war sel­ten so offen­sicht­lich wie auf „Rain“, wo Jack­son so sehr nach Folds klingt (also irgend­wie anders­rum, aber Sie ver­ste­hen) wie lan­ge nicht mehr. Sehr ele­gan­ter Pia­no­pop, der mal zum Pia­no­rock wird, mal zum Jazz, und im tief­trau­ri­gen „Solo (So Low)“ sei­nen … äh: Höhe­punkt fin­det. Oder doch in der Destiny’s‑Child-Anleihe in „Good Bad Boy“?

4. Niels Fre­vert – Du kannst mich an der Ecke raus­las­sen
Für sei­ne alte Band Natio­nal­ga­le­rie bin ich zu jung und auch sonst muss ich zuge­ben, bis heu­te wenig von Niels Fre­vert gehört zu haben. Aber sein drit­tes Solo­al­bum „Du kannst mich an der Ecke raus­las­sen“ gefällt mir, unter ande­rem weil es auf erstaun­li­che Wei­se „undeutsch“ klingt. Die Arran­ge­ments erin­nern an Dami­en Rice und José Gon­za­les und die Stim­mung ist ein biss­chen so wie auf Tom Liwas Meis­ter­werk „St. Amour“. Den dezent swin­gen­den Titel­song soll­te man test­wei­se mal Roger-Cice­ro-Fan­in­nen vor­spie­len, zu The­ra­pie­zwe­cken.

5. Tegan And Sara – The Con
„Kana­da“, „Zwil­lin­ge“, „Indie Pop“ – „Bin­go!“
Nur ein gutes hal­bes Jahr nach sei­nem Release ist das fünf­te Album der Schwes­tern jetzt auch in Deutsch­land erschie­nen. Musik und Tex­te sind eine wun­der­ba­re Mischung aus nied­lich und gemein und man hofft, dass die­ser kana­di­sche Indie Pop (von Zwil­lin­gen!) end­lich mal die Charts und Radio­sta­tio­nen erobert.

Songs
1. Goldf­rapp – A&E
Ich lie­be es, wenn man beim aller­ers­ten Hören eines Songs, noch bevor die­ser zu Ende ist, denkt: „Was für ein tol­les, tol­les Lied! Ich möch­te es mir ins Herz täto­wie­ren las­sen!“ So war es bei „A&E“, von dem ich beim aller­ers­ten Hören gar nicht wuss­te, dass es auch die ers­te Sin­gle aus „Seventh Tree“ ist. Natür­lich völ­lig zu Recht.

2. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious
Klar: Außer „Shi­ny Hap­py Peo­p­le“ haben R.E.M. noch nie irgend­was falsch gemacht. Gera­de die Vor­ab-Sin­gles waren ja auch bei den letz­ten bei­den Alben („Imi­ta­ti­on Of Life“, „Lea­ving New York“) immer Über­songs, aber so ein ganz klei­nes biss­chen erstaunt ist man dann viel­leicht doch, dass R.E.M. wie­der rich­tig rocken (obwohl sie das ja mit den neu­en Songs auf ihrem Best Of von 2003 auch getan hat­ten) und „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ zwei Durch­gän­ge län­ger braucht, bis man sich in den Song ver­liebt hat. Aber dann ist alles ganz wun­der­bar und irgend­wann ver­steht man auch nicht mehr „Gise­la“, son­dern „It’s a lie“.

3. Danko Jones – Take Me Home
Der unwahr­schein­lichs­te Song des Monats auf einem ziem­lich unwahr­schein­li­chen Danko-Jones-Album: Die Kana­di­er spie­len ein Bei­na­he-Cover von John Den­vers „Coun­try Roads“, ori­gi­nal mit Akus­tik­gi­tar­re, Mit­klat­sch­rhyth­mus und Chö­ren im Refrain. Das geht ent­we­der gar nicht oder ist das heim­li­che High­light der Plat­te. Ich ent­schei­de mich für letz­te­res, nicht zuletzt wegen der Text­zei­le „Take me home to whe­re my records are“. Dem­nächst dann ver­mut­lich auf WDR 2.

4. Panic At The Dis­co – Nine In The After­noon
Na, das macht doch schon mal Lau­ne auf das Zweit­werk der Band, die auf Ihrem Debüt noch Panic! At The Dis­co hieß. Ein biss­chen grad­li­ni­ger als die meis­ten Songs auf „A Fever You Can’t Sweat Out“ ist „Nine In The After­noon“ ja schon gewor­den, aber das soll uns nicht stö­ren, denn es ist ein­fach ein fei­ner Song.

5. One­Re­pu­blic – Stop And Sta­re
Schon klar: „Apo­lo­gi­ze“ ging sehr schnell gar nicht mehr. Die­ser Kas­tra­ten­ge­sang, der omni­prä­sen­te Tim­ba­land und dann auch noch Til Schwei­ger im (deut­schen) Video – das konn­te nicht mal mehr Nora Tschirner (eben­falls im deut­schen Video) aus­glei­chen. „Stop And Sta­re“ zwingt zur nähe­ren Beschäf­ti­gung mit One­Re­pu­blic, denn die­se Sor­te Col­lege Rock (oder wie auch immer man die­sen Sound in den Nuller Jah­ren nennt) mag ich sehr ger­ne. Sowohl The Fray als auch Orson las­sen grü­ßen.

EP
Smas­hing Pump­kins – Ame­ri­can Gothic
Wer mit „Zeit­geist“, dem Come­back-Album der Smas­hing Pump­kins, nicht klar kam, weil es „irgend­wie nichts Neu­es“ zu bie­ten hat­te, der wird auch mit der EP „Ame­ri­can Gothic“ sei­ne Pro­ble­me haben, denn auch die könn­te schon zehn Jah­re alt sein. Sehr genau sogar, denn der Ver­zicht auf elek­tri­sche Gitar­ren sorgt für vier der­art melan­cho­li­sche Songs, wie sie Bil­ly Cor­gan seit „Ado­re“ nicht mehr geglückt sind. Natür­lich braucht man streng genom­men gar kei­ne Nach­fol­ger von „To Shei­la“, „Per­fect“ oder „Tear“, aber sobald Bil­ly Cor­gan bei „The Rose March“ anfängt, mit sich selbst im Duett zu sin­gen, setzt wie­der die­se Gän­se­haut ein, für die man die Pump­kins immer geliebt hat. Und wer nicht will, der hat schon.

Eben­falls gehört und für gut befun­den: Danko Jones – Never Too Loud, Home Of The Lame – Sing What You Know, k.d. lang – Waters­hed, Vam­pi­re Weekend – Vam­pi­re Weekend, Chris Wal­la – Field Manu­al

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Listenpanik 01/​08

Mit die­sen Lis­ten ist das ja so eine Sache: Die Jah­res­lis­ten woll­te ich schon am 2. Janu­ar wie­der umwer­fen und um wenigs­tens zwei Künst­ler (M.I.A. und Band Of Hor­ses) ergän­zen. Trotz­dem ver­su­che ich mich auch in die­sem Jahr wie­der an einer monat­li­chen Rück­schau auf die musi­ka­li­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen. Der Janu­ar wirft dabei erschre­ckend weni­ge neue Alben ab, was aber auch ganz gut ist, denn ich höre eh die meis­te Zeit den ers­ten gro­ßen Favo­ri­ten auf das Album des Jah­res 2008:

Alben
1. Slut – StillNo1
Nach ihrem ordent­li­chen, ins­ge­samt aber eher unspek­ta­ku­lä­ren letz­ten Album „All We Need Is Silence“ betä­tig­ten sich Slut als Thea­ter­ka­pel­le für die „Drei­gro­schen­oper“ und nah­men eine ordent­li­che Por­ti­on Kurt Weill mit ins Stu­dio, wo sie ihr sechs­tes Album auf­nah­men. „StillNo1“ steht in einer Linie zu ihrem Opus Magnum „Look­book“, ist dann aber doch ganz anders gewor­den: Slut klin­gen plötz­lich nach Sigur Rós, Peter Gabri­el den Shout Out Louds und Dres­den Dolls und wären Beat­les-Ver­glei­che nicht ver­bo­ten, dräng­ten sich auch noch gewis­se Par­al­le­len zu „Sgt. Pep­per“ auf. So klingt eine Band, die zwi­schen Melan­cho­lie und Eupho­rie ganz bei sich ist, und die des­halb mal eben ein Meis­ter­werk aus dem Ärmel schüt­teln kann. Und über das … eigen­wil­li­ge Plat­ten­co­ver schwei­gen wir uns ein­fach mal aus.

2. Cat Power – Juke­box
Wenn Musi­ker Cover-Alben ver­öf­fent­li­chen, muss man immer ein biss­chen Angst haben, ihnen sei­en die Ideen aus­ge­gan­gen. Bei Cat Power ist das nicht der Fall. Dass sie sen­sa­tio­nel­le Cover­ver­sio­nen voll­brin­gen kann, wis­sen wir spä­tes­tens seit ihrer Inter­pre­ta­ti­on von „(I Can’t Get No) Satis­fac­tion“. Auf „Juke­box“ spielt sie nun eige­ne und ander­erleuts Lie­der neu ein. Von „New York“ (ja, dem Frank-Sina­tra-Ever­green) bleibt außer dem Text nicht mehr viel übrig und auch die Songs von Hank Wil­liams, Bil­lie Holi­day, Bob Dylan und Joni Mit­chell klin­gen über­ra­schend anders, aber toll.

3. Get Well Soon – Rest Now, Wea­ry Head
Der Hype der Stun­de, die deut­sche Band des Monats. Da ich Hypes has­se und mir die Natio­na­li­tät von Leu­ten grund­sätz­lich egal ist, zählt die Musik: Eine char­man­te Mischung aus orches­tra­lem Pop, melan­cho­li­schen Folk­lo­re-Ein­flüs­sen und ver­hal­te­ner Elek­tro­nik. Das erin­nert mal an Bei­rut, mal an Pulp oder The Divi­ne Come­dy und immer wie­der auch an die neue Slut-Plat­te. Lei­der sind eini­ge Stü­cke zu ver­spielt und eklek­tisch gera­ten und die Stim­me von Kon­stan­tin Grop­per ist nicht so meins. Bei man­chen Songs wie der Sin­gle „If This Hat Is Miss­ing I Have Gone Hun­ting“ berei­tet sie mir gar kör­per­li­che Schmer­zen. Auch ein wenig kom­pak­ter hät­te das Album (14 Songs in 60 Minu­ten) sein kön­nen, aber für ein Debüt ist es schon ganz ordent­lich und das „Born Slippy“-Cover ist in der Tat fan­tas­tisch gera­ten.

4. The Magne­tic Fields – Dis­tor­ti­on
Ist es eigent­lich noch „Pop“, wenn man sei­ne Pop­songs so auf­nimmt, dass sie klin­gen, als höre man die Beach Boys über Tele­fon? Mit einem zwi­schen­ge­schal­te­ten Effekt­pe­dal? Live über­tra­gen aus einem unbe­to­nier­ten Erd­loch? Egal, wie man’s nennt: Das neue Album der Magne­tic Fields trägt sei­nen Titel durch­aus zu Recht und auch als War­nung. Man muss sowas mögen, um es gran­di­os zu fin­den, aber das gilt ja für alles.

5. The Hoo­siers – The Trick To Life
„Worried About Ray“ ist und bleibt ein char­man­ter Pop­song, das Album kann aber noch mehr als Indie-Dis­co. In den ruhi­gen Momen­ten klopft gar Jeff Buck­ley an. Nicht alles ist kom­plett aus­ge­reift und mei­ner Mei­nung nach könn­te jetzt mal wirk­lich Schluss mit die­ser Wel­le sein, aber bit­te: „The Trick To Life“ ist ein okayes Album für Men­schen, die gera­de erst anfan­gen, Plat­ten zu sam­meln.

Songs
1. Slut – Wed­nes­day
Ein Kla­vier, die immer wie­der berüh­ren­de Stim­me von Chris Neu­bur­ger, eine Akus­tik­gi­tar­re, ein paar Strei­cher und Stör­ge­räu­sche – mehr braucht es nicht, um Gän­se­haut zu buch­sta­bie­ren und die viel­leicht unwahr­schein­lichs­te (Promo-)Single der letz­ten Mona­te zu wer­den.

2. Nada Surf – Who­se Aut­ho­ri­ty
Jetzt müss­te ich über­le­gen, ob Nada Surf je einen Song gemacht haben, der nicht wenigs­tens okay war, son­dern wirk­lich schlecht. Mir fie­le so spon­tan kei­ner ein. „Who­se Aut­ho­ri­ty“ gehört aber eh zum obe­ren Drit­tel der Nada-Surf-Lie­der und er wird mit jedem Hören bes­ser. So eupho­risch klingt ein sich lang­sam ankün­di­gen­der Früh­ling und wenn nichts mehr dazwi­schen kommt, wird das dazu­ge­hö­ri­ge Album „Lucky“ hier im Febru­ar die Bes­ten­lis­te anfüh­ren.

3. Fet­tes Brot – Bet­ti­na (Zieh dir bit­te etwas an)
Fet­tes Brot klau­en sich Ver­satz­stü­cke aus 15 Jah­ren deut­schem Hip-Hop zusam­men und bau­en dar­aus einen Track, der einen sicher in einem hal­ben Jahr tie­risch ner­ven wird. Im Moment ist er aber die bes­te Bro­te-Sin­gle seit „Schwu­le Mäd­chen“, von dem er musi­ka­lisch auch gar nicht so weit ent­fernt ist. Der Text ist natür­lich Gesell­schafts­kri­tik in Rein­form.

4. Gre­gor Meyle – Nie­mand
Damit hät­te ich auch nicht gerech­net, dass mal ein Cas­ting­show-Teil­neh­mer auf mei­ner Lis­te lan­den wür­de. Aber „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“ war ja kei­ne her­kömm­li­che Cas­ting­show und Gre­gor Meyle ist jemand ganz ande­res als ver­dammt, ich hab die gan­zen Namen ver­ges­sen und bin zu faul, sie nach­zu­goo­geln. „Nie­mand“ ist ein sehr guter Song, auch wenn das Video so typisch deutsch gera­ten ist.

5. Nick Cave & The Bad Seeds – Dig, Laza­rus, Dig!!!
So rich­tig Zugang habe ich zu Nick Cave nie gefun­den. Ein­zel­ne Songs fin­de ich sehr gut, aber zur tie­fer­ge­hen­den Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­nem Werk fehl­te mir immer die Muße. Jetzt gibt es eine neue Sin­gle, die ordent­lich rockt und auf eine ange­neh­me Art über­dreht ist.

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Film

But still we thought we knew

Ich fin­de es immer eini­ger­ma­ßen scho­ckie­rend, wenn Leu­te, die man aus den Medi­en „kann­te“, in jun­gen Jah­ren ver­ster­ben.

Letz­te Woche Brad Ren­fro (25), ges­tern Heath Led­ger (28).

Für sie nun: Nada Surf mit „River Phoe­nix“.

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Musik

Listenpanik 11/​07: Torschlusspanik

Der Dezem­ber ist erfah­rungs­ge­mäß der Monat, in dem die Plat­ten­fir­men mit Best Ofs, Live­al­ben und Rari­tä­ten­samm­lun­gen am Weih­nachts­ge­schäft par­ti­zi­pie­ren wol­len. Die letz­ten nor­ma­len Alben erschei­nen des­halb meist im Novem­ber. Und selbst in mei­ne wie üblich sub­jek­ti­ve und will­kür­li­che Lis­te haben sich die Geld­ma­cher­plat­ten gescho­ben, die eben nicht immer Geld­ma­cher­plat­ten sind:

Alben
1. The Wom­bats – A Gui­de To Love, Loss & Despe­ra­ti­on
Kurz vor Ende des Musik-Jah­res und dem damit ver­bun­de­nen Lis­ten­schluss schiebt sich noch eine Band recht weit nach vor­ne ins Getüm­mel und brüllt „Hier sind wir!“ bzw. „Let’s Dance To Joy Divi­si­on“. Wer hät­te gedacht, dass die elf­mil­li­ons­te Indiepop­band mit tanz­ba­ren Rhyth­men und lus­ti­gen Tex­ten noch ein­mal eine sein wür­de, die rich­tig gut ist? The Wom­bats klin­gen wie eine Mischung aus viel Rakes und etwas Weezer und haben mit besag­tem „Let’s Dance To Joy Divi­si­on“ und „Back­fi­re At The Dis­co“ zwei bril­lan­te Sin­gles auf dem Album. Manch­mal lohnt es sich eben zu war­ten.

2. The Kil­lers – Saw­dust
Die Rari­tä­ten-Samm­lung der größ­ten Enter­tai­ner im heu­ti­gen Pop­busi­ness braucht ein wenig Zeit, ist aber toll. [aus­führ­li­che Bespre­chung folgt]

3. Bei­rut – The Fly­ing Club Cup
Ehr­lich gesagt bedurf­te es erst eines Kom­men­tars von Dani­el und eines Ein­sat­zes bei „Weeds“, ehe ich mich mich Bei­rut beschäf­tigt habe. Inzwi­schen lie­be ich die­se Mischung aus Indiepop und ver­schie­dens­ten Folk­lo­re-Ein­flüs­sen. Des­halb wei­se ich auch ger­ne auf die­ses famo­se zwei­te Album hin, das eigent­lich schon im Okto­ber erschie­nen ist.

4. Sigur Rós – Hvarf-Heim
Die Islän­der beglü­cken uns in die­sem Jahr nicht nur mit der sicher phan­tas­ti­schen, aber lei­der noch nicht gese­he­nen Tour-Doku­men­ta­ti­on „Hei­ma“, sie wer­fen auch noch ein Dop­pel­al­bum mit unver­öf­fent­lich­ten Songs und Akus­tik­ver­sio­nen auf den Markt. Das unter­schei­det sich musi­ka­lisch nicht all­zu sehr von den letz­ten Alben, aber das macht ja nichts, denn es ist natür­lich trotz­dem toll. Genau die rich­ti­ge Musik, um an einem nass­kal­ten Dezem­ber­nach­mit­tag auf dem Bett zu lie­gen, die Decke anzu­star­ren und von bes­se­ren Tagen zu träu­men.

5. New Young Pony Club – Fan­ta­stic Play­ro­om
Die (durch­aus char­man­te) Sin­gle „Ice Cream“ hat­te ich irgend­wie immer für was neu­es von Pea­ches gehal­ten. Das Album vom New Young Pony Club klingt ins­ge­samt nach Tal­king Heads und Blon­die (oder in heu­ti­gen Dimen­sio­nen The Sounds oder eben Pea­ches) und ist eben ziem­lich genau das, was man von New Wave mit Sän­ge­rin erwar­tet. Mein Gott, das klingt wie ein Ver­riss, ist aber durch­aus nett gemeint. Rein­hö­ren lohnt sich!

Songs
1. The Wom­bats – Let’s Dance To Joy Divi­si­on
Hat­te ich nicht oben schon geschrie­ben, wie toll das Album ist und wie posi­tiv es sich auf mei­ne Lau­ne aus­wirkt? „Let’s Dance To Joy Divi­si­on“ ist die Essenz des Gan­zen und passt natür­lich nur rein zufäl­lig zum aktu­el­len Joy-Devi­si­on-Re-Hype.

2. Bloc Par­ty – Flux
Es scheint dann wohl Tra­di­ti­on wer­den zu sol­len, dass Bloc Par­ty ihren Alben immer noch eine Non-Album-Track-Sin­gle hin­ter­her­schmei­ßen. War es vor zwei Jah­ren das gefäl­li­ge „Two More Years“, ist es dies­mal das erheb­lich sper­ri­ge­re „Flux“, das man so irgend­wie nicht erwar­tet hät­te und das einen trotz­dem nicht groß ver­wun­dert. Bei Bloc Par­ty muss man anschei­nend mit allem rech­nen, vor allem aber mit durch­weg guten Songs.

3. Nada Surf – See The­se Bones
Der ers­te Vor­bo­te des neu­en Nada-Surf-Albums, den man sich hier kos­ten­los her­un­ter­la­den kann, blieb letz­te Woche lei­der unge­spielt (in Bie­le­feld war er hin­ge­gen zu hören). Das Lied macht da wei­ter, wo die Band auf „The Weight Is A Gift“ auf­hör­te und über­brückt die War­te­pau­se bis zum neu­en Album „Lucky“ im Febru­ar.

4. Lin­kin Park – Shadow Of The Day
Als ich die Sin­gle zum ers­ten Mal hör­te (pas­sen­der­wei­se auf WDR 2), dach­te ich, Bono von U2 habe sich irgend­wie die Stim­me rui­niert. Es waren aber fas­zi­nie­ren­der­wei­se Lin­kin Park, von denen ich nie so recht weiß, wie ich sie fin­den soll. Das Video sieht auch ver­däch­tig nach U2 aus, aber ich glau­be, das macht den Charme die­ses Songs aus.

5. The Hoo­siers – Worried About Ray
Zuge­ge­ben: Eigent­lich ist das Video mit sei­ner groß­ar­ti­gen Hom­mage an Ray Har­ry­hau­sen ein Stück bes­ser als der Song selbst. Trotz­dem haben wir es auch hier wie­der mit einem Zwei-Minu­ten-Fünf­zig-Indie­schla­ger zu tun, der nie­man­dem weh tut und die Tanz­flä­chen fül­len dürf­te. Das Lied auf dem Radio­we­cker und der Tag begön­ne gut.

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Musik

Kein Wellenreiten in der Gruft

Es gibt Tage, an denen füh­le ich mich sehr alt. Zum Bei­spiel, wenn es bei „Yes­ter­day“ auf WDR 2 um die 90er Jah­re geht oder wenn ich auf die Fra­ge nach der Uhr­zeit mit „Vier­tel vor Nes­quik“ ant­wor­te und mich die jun­gen, schö­nen Men­schen um mich her­um fas­sungs­los anstar­ren. Oder wenn ich den­ke, dass ich eigent­lich nicht mehr auf Rock­kon­zer­te gehen soll­te.

Ges­tern ver­an­stal­te­te das Musik­ma­ga­zin „Visi­ons“ eine sei­ner „Visi­ons Par­tys“ (nur echt ohne Bin­de­strich und mit fal­schem Plu­ral), die frü­her ein­mal im Monat im Dort­mun­der „Sabo­ta­ge“ statt­fan­den, inzwi­schen aber an jedem Wochen­en­de in jeder deut­schen Stadt, die nicht Grä­fen­ton­na oder Dins­la­ken ist. Im „Sabo­ta­ge“ indes fin­den sie nicht mehr statt, der Laden wur­de (mut­maß­lich wegen feu­er­po­li­zei­li­cher Män­gel) geschlos­sen.

Da ich Nada Surf sehr mag und span­nen­de Kon­zer­te in Bochum auch nicht gera­de an der Tages­ord­nung sind, schlepp­te ich mich zur gest­ri­gen Par­ty mit eben jenen Nada Surf, Minus The Bear und Esca­pa­do – auch wenn sie in der „Matrix“ in Lan­gen­d­re­er statt­fand. Die Matrix ist eine völ­lig unüber­sicht­li­che Gothic-Groß­raum­dis­co ((Nur alter­na­ti­ve Reg­gae-Kul­tur­zen­tren lau­fen noch weni­ger Gefahr, von mir besucht zu wer­den.)) unter der Erde und der mit Abstand schlech­tes­te Ort für Kon­zert­ver­an­stal­tun­gen, den ich ken­ne. Die eigent­li­che Kon­zert­hal­le liegt am Ende eines lan­gen Laby­rinth­ar­ti­gen Raum­ver­bun­des, ist schlauch­för­mig und zeich­net sich vor allem durch gro­ße Hit­ze und Luft­ar­mut aus. Schon bevor Esca­pa­do anfin­gen, hat­te ich eigent­lich kei­nen Bock mehr.

Esca­pa­do machen Hard­core mit deut­schen Tex­ten, von denen man live lei­der nicht all­zu viel mit­be­kommt, weil sich die Kon­zep­te „Hard­core“ und „Tex­te ver­ste­hen“ irgend­wie aus­schlie­ßen. Da fiel mir auch wie­der ein, dass ich deren aktu­el­les Album „Initia­le“ noch irgend­wo unge­hört rum­flie­gen habe, was ich drin­gend ändern soll­te, denn schlecht fand ich die Band nicht, obwohl Hard­core (oder „Lärm“, wie mein Vater sagen wür­de) nicht unbe­dingt mei­ne Musik ist. Wer wie ich gedacht hat­te, Hard­core-Kon­zer­te müs­se man sich aus siche­rer Ent­fer­nung vom Hal­le­nen­de aus anse­hen, wur­de ges­tern aller­dings ent­täuscht: die Mas­se ließ sich nicht bewe­gen. Wenigs­tens war der Sound in der Hal­le nicht so schlecht wie bei mei­nem letz­ten Besuch dort.

Minus The Bear mach­ten net­ten Indie­rock, aber die Bedin­gun­gen in der Hal­le und mein Rücken (Alter, s.o.) sorg­ten dafür, dass ich mich lie­ber mit ein paar Freun­den an eine der Bars zurück­zog, wo man sich aller­dings auch nicht unter­hal­ten konn­te, weil dort die vor­her­seh­bars­ten Indie­hits der letz­ten 25 Jah­re sehr laut lie­fen.

Nada Surf woll­te ich mir eigent­lich aus der Nähe anse­hen, aber mei­ne Klaus­tro­pho­bie und Abnei­gung gegen­über gro­ßen Men­schen­mas­sen ver­stärkt sich noch, wenn die­se Men­schen­mas­se an der lin­ken und der rech­ten Sei­te von mas­si­ven Back­stein­wän­den ein­ge­schlos­sen ist. Ich soll­te mehr in Jazz­clubs gehen. Mein gan­zer Hass auf den Laden, den ich schließ­lich auf die Lis­te „Orte, an denen Ben Folds spie­len könn­te, und wo ich trotz­dem nie mehr hin­ge­hen wür­de“ setz­te ((Falls es Sie inter­es­siert: Auf der Lis­te stand bis­her nur das Immer­gut-Fes­ti­val in Neu­stre­litz.)), ver­flog aber mit den ers­ten Tak­ten von „Hap­py Kid“.

Die drei New Yor­ker zeig­ten sicht­li­che Spiel­freu­de Man merk­te, dass die Band Spaß hat­te, mal wie­der in Deutsch­land zu spie­len. Die meis­ten Stü­cke waren einen Tacken schnel­ler und rocki­ger als sonst, Matthew Caws und Ira Elli­ot quak­ten zwi­schen den Songs mun­ter durch­ein­an­der und es gab mit „I Like What You Say“ (eigent­lich vom „John Tucker Must Die“-Soundtrack) und „Who­se Aut­ho­ri­ty“ auch noch zwei Songs aus ihrem neu­en Album „Lucky“, das im Febru­ar 2008 erschei­nen soll. Schließ­lich spiel­ten sie auf beson­de­ren Wunsch eines Label-Mit­ar­bei­ters (und sicher nicht zum Miss­fal­len des Publi­kums) ihren ver­se­hent­li­chen Hit „Popu­lar“ und an die­ser Stel­le hät­te die Men­ge auch gekocht, wenn das Kon­zert irgend­wo im Pack­eis und nicht in die­sem Stein­ofen statt­ge­fun­den hät­te. Wie Matthew Caws den Text in den Stro­phen so schnell spre­chen kann, wer­de ich aller­dings nie ver­ste­hen.

Heu­te spie­len Nada Surf übri­gens in Bie­le­feld. Sie ahnen nie, wel­che Band noch dabei ist …