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Lucky & Fred: Episode 1

Weil uns der Jah­res­rück­blick so viel Spaß gemacht hat, haben Fried­rich Küp­pers­busch und ich beschlos­sen, so was jetzt öfter zu machen, auch wenn das Jahr noch gar nicht vor­bei ist.

In der ers­ten Fol­ge unse­res neu­en Pod­casts erklä­ren wir also, wie man in Ber­lin den Taxi­schein macht, wie man fast das Grim­me-Insti­tut zer­stört und was Joa­chim Gauck von Horst Köh­ler unter­schei­det. Außer­dem wer­fen wir einen Blick auf Ali­ce Schwar­zer, Jörg Kachelm­ann und der Schur­ken­staat Schweiz, wün­schen uns ein Deutsch­land in den Gren­zen von Kon­rad Ade­nau­er und klä­ren, was der ADAC mit Tina Tur­ner und Her­bert Grö­ne­mey­er zu tun hat:

(Wir arbei­ten auch schon am RSS-Feed, damit Sie die­sen Pod­cast zukünf­tig direkt ins Haus Wie­der­ga­be­ge­rät gelie­fert bekom­men. Bit­te haben Sie noch etwas Geduld!)

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Journalisten

Ich zucke immer zusam­men, wenn ich als „Jour­na­list“ vor­ge­stellt wer­de. Das hat wenig mit dem behaup­te­ten Kul­tur­kampf „Blog­ger vs. Jour­na­lis­ten“ zu tun (ich zucke auch zusam­men, wenn ich als „Blog­ger“ vor­ge­stellt wer­de) und viel mit dem, was in Deutsch­land für Jour­na­lis­mus gehal­ten wird.

„Jour­na­list“ ist kei­ne geschütz­te Berufs­be­zeich­nung, anders als zum Bei­spiel „Tier­arzt“. Metz­ger, Wil­de­rer und Auto­me­cha­ni­ker betrei­ben nach­weis­lich kei­ne Vete­ri­när­me­di­zin, das Werk von Volks­ver­het­zern, Lei­chen­fled­de­rern und sons­ti­gem cha­rak­ter­lo­sen Pack kann aber ohne wei­te­res als „Jour­na­lis­mus“ bezeich­net wer­den.

Des­halb wird Paul Ron­z­hei­mer, 25-jäh­ri­ger „Bild“-Redakteur, der auch ger­ne schon mal „den Plei­te-Grie­chen die Drach­men zurück“ gibt, mit dem Her­bert-Quandt-Medi­en-Preis (immer­hin benannt nach einem ande­ren gro­ßen Men­schen­freund und Wohl­tä­ter) aus­ge­zeich­net.

Und des­halb wer­den Druckerzeug­nis­se wie „Bild“, „Focus“ oder „Bun­te“ auch von seriö­sen Jour­na­lis­ten (die es natür­lich, um Him­mels Wil­len, auch gibt und die gut dar­an täten, die Bezeich­nung „Jour­na­list“ zu ver­tei­di­gen) als Jour­na­lis­mus ange­se­hen, obwohl es in der rest­li­chen zivi­li­sier­ten Welt eher unüb­lich ist, Bou­le­vard­jour­na­lis­mus als Jour­na­lis­mus wahr- oder auch nur ernst­zu­neh­men.

Jörg Kachelm­ann hat der „Zeit“ ein lan­ges Inter­view gege­ben und auch wenn die Inter­viewe­rin Sabi­ne Rück­ert selbst jetzt nicht gera­de als strah­len­des Bei­spiel für ordent­li­chen Jour­na­lis­mus bezeich­net wer­den kann, ist es ein beein­dru­cken­des Doku­ment.

Kachelm­ann sagt dar­in unter ande­rem:

Ich bin sicher, dass die Bou­le­vard­me­di­en über­all U‑Boote haben. In allen wich­ti­gen Orga­ni­sa­tio­nen haben die einen sit­zen, damit er mal kurz in den Com­pu­ter guckt. Wenn ich in einer Maschi­ne unter­wegs war, die nicht zu den Flug­li­ni­en des Fir­men­ver­bun­des Star Alli­ance gehört, hat mich nie ein Papa­raz­zo am Flug­platz erwar­tet.

Das lässt nur zwei Schlüs­se zu: Ent­we­der, der Mann ist ver­rückt (gewor­den), oder die­ses Land ist sehr viel upge­fuck­ter, als man sich das als Bür­ger gemein­hin vor­stel­len wür­de.

Das Inter­net­por­tal „Mee­dia“, des­sen Chef­re­dak­teur es als „ele­men­tars­te Auf­ga­be“ der Medi­en ansah, „das Dop­pel­le­ben des net­ten Herrn Kachelm­ann zu ent­hül­len“, und der es als „ruf­schä­di­gend für den Jour­na­lis­mus“ bezeich­net hat­te, den media­len Irr­sinn in Sachen Kachelm­ann zu hin­ter­fra­gen, die­ses Inter­net­por­tal jeden­falls schreibt heu­te über das Inter­view:

Schwenn habe nicht gebrüllt oder auf den Rich­ter­tisch gehau­en, wie die Bild berich­tet hat. Es ist nicht nur die­se Stel­le des Inter­views, die den Ein­druck erweckt, Kachelm­ann habe seit dem Pro­zess womög­lich eine etwas ver­scho­be­ne Wahr­neh­mung der Rea­li­tät. Zwar hat Schwenn tat­säch­lich nicht gebrüllt, aber sei­ne Art und Wei­se im Gericht vor­zu­ge­hen kann jeder, der anwe­send wahr nur als offe­ne Pro­vo­ka­ti­on emp­fun­den haben.

Kachelm­ann sagt, Schwenn habe nicht gebrüllt, und Schwenn hat nicht gebrüllt, aber Kachelm­ann hat eine „etwas ver­scho­be­ne Wahr­neh­mung der Rea­li­tät“? Was hat dann Ste­fan Win­ter­bau­er, Autor die­ser Zei­len? (Außer viel­leicht „den Schuss nicht gehört“.)

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2010 — Der Jahresrückblick (Teil 1)

Das Jahr 2010 ist zwar gera­de erst zu elf Zwölf­teln vor­bei, aber die Jah­res­rück­bli­cke gehö­ren zur Advents­zeit wie Spe­ku­la­ti­us und Leb­ku­chen. Da wol­len auch wir nicht län­ger war­ten und gehen – als Ers­te – in die Vol­len:

Tom­my Fin­ke, Ben Rede­lings und ich bli­cken zurück auf die Fuß­ball-WM, den Sieg Lena Mey­er-Land­ruts beim Euro­vi­si­on Song Con­test, das Kul­tur­haupt­stadt-Jahr und vie­les mehr. Nur hier, im Inter­net!

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Boulevardjournalismus-Mäander

Es gibt Tex­te, die neben ihrem eigent­li­chen Inhalt auch ihre eige­ne Ent­ste­hungs­ge­schich­te trans­por­tie­ren. In der heu­ti­gen „Bild am Sonn­tag“ gibt es min­des­tens zwei die­ser Sor­te:

Zehn Kol­le­gen haben Ste­fan Hauck (der als Exper­te auf dem Gebiet der Exis­tenz­ver­nich­tung zu gel­ten hat) bei sei­nem Ver­such unter­stützt, das Pri­vat­le­ben von Jörg Kachelm­ann aus­zu­lo­ten.

Sie haben dabei kei­ne gro­ßen Erkennt­nis­se gewon­nen und die Ent­täu­schung dar­über schwingt mit:

Viel genau­er geht es nicht, denn auch am Ende von lan­gen Gesprä­chen mit Weg­ge­fähr­ten, Freun­den, Gelieb­ten, Kol­le­gen und Fein­den des Beschul­dig­ten, hat zwar jeder über Jörg-Andre­as Kachelm­ann gespro­chen – aber immer einen ande­ren Men­schen geschil­dert.

Da betreibt man so einen Auf­wand und am Ende sitzt man vor einem Berg aus Puz­zle­tei­len, die alle nicht so recht­zu­sam­men­pas­sen wol­len. Aber wenn man sie doch gewalt­sam zusam­men­häm­mert, ent­steht da das Bild eines Men­schen – oder, wie Hauck schreibt, einer „wider­sprüch­li­chen Per­son“.

„Herz­li­chen Glück­wunsch!“, möch­te man fast aus­ru­fen, „Sie haben soeben begrif­fen, dass die wenigs­ten Men­schen zwei­di­men­sio­na­le Wesen sind!“ Aber das wäre Quatsch. Hauck hat nichts begrif­fen, wie er gleich zu Beginn sei­nes Tex­tes selbst her­aus­po­saunt:

Bis ver­gan­ge­nen Mon­tag hat sich kein Mensch ernst­haft dafür inter­es­siert, was der Fern­seh­star Jörg Kachelm­ann, 51, für eine Bezie­hung zu Frau­en hat. Und ob über­haupt. Kachelm­ann ist ein Star des Fern­se­hens, ist aber, was den „Glam-Fak­tor“ anbe­langt, also die Maß­ein­heit, in der man das Glit­zern­de eines Fern­seh-Men­schen misst, natür­lich kein Rober­to Blan­co, wer ist schon wie Rober­to Blan­co?

Wenn sich bis letz­te Woche „kein Mensch ernst­haft“ für das Intim­le­ben die­ses angeb­lich so ung­la­mou­rö­sen Fern­seh­stars inter­es­siert hat, war­um soll­te man es jetzt tun? Weil es hel­fen wür­de, als Außen­ste­hen­der zu beur­tei­len, ob Kachelm­ann die Tat, die ihm vor­ge­wor­fen wird, began­gen haben könn­te? (Und was hat das Wort „ernst­haft“ über­haupt in die­sem Satz zu suchen?)

Die Suche nach Erklä­rungs­mus­tern ist zutiefst mensch­lich, aber wäh­rend es bei Amok­läu­fern oder Ter­ro­ris­ten, ((Der Kaba­ret­tist Vol­ker Pis­pers sag­te ein­mal über die Repor­ter, die nach den Anschlä­gen des 11. Sep­tem­ber 2001 in Ham­burg das Umfeld des Anfüh­rers Moham­med Atta aus­ge­fragt hat­ten: „Sol­che Men­schen kön­nen Sie nur zufrie­den­stel­len, indem Sie sagen: ‚Ja, so ein biss­chen nach Schwe­fel gero­chen hat er schon ab und zu.‚“)) die ihre Taten in und an der Öffent­lich­keit began­gen haben, noch ein gerecht­fer­tig­tes Inter­es­se an ihrer Vor­ge­schich­te geben könn­te – um im Ide­al­fall in ähn­lich gela­ger­ten Fäl­len Taten zu ver­mei­den – geht es im „Fall Kachelm­ann“ um das exak­te Gegen­teil: Ein mög­li­ches Ver­bre­chen im denk­bar intims­ten Rah­men, in des­sen Fol­ge nicht nur der mut­maß­li­che Täter der Öffent­lich­keit prä­sen­tiert wird, son­dern auch das poten­ti­el­le Opfer, not­dürf­tig anony­mi­siert.

* * *

Die ande­re Geschich­te hat nur eine Autoren­nennung, aber schon der ers­te Satz deu­tet an, dass auch Nico­la Pohl nicht allein war, als sie im pri­va­ten Umfeld der deut­schen Grand-Prix-Hoff­nung Lena Mey­er-Land­rut wühl­te:

Einen weh­mü­ti­gen Jun­gen mit dün­nem Bart. Eine Tanz­leh­re­rin, die abhebt. Einen Fri­seur, der der Neun­jäh­ri­gen die Spit­zen schnitt. Sie alle tra­fen wir, als wir zwei Tage durch Lena Mey­er-Land­ruts Leben spa­zier­ten und uns frag­ten: Wo lebt, lacht, liebt, lüm­melt Lena?

Die Recher­che muss noch ent­täu­schen­der ver­lau­fen sein als die bei Kachelm­ann: Aus der Über­schrift „Wie heil ist Lenas Welt?“ tropft förm­lich die Hoff­nung auf Fami­li­en­dra­men, Dro­gen, Sex und Schum­meln bei den Vor­abi­klau­su­ren, aber nichts davon hat die Autorin gefun­den. Jetzt muss sie unüber­prüf­ba­re und belang­lo­se Aus­sa­gen wie „Für 7,90 Euro ließ sie sich Spit­zen schnei­den“ als Sen­sa­ti­ons-Mel­dung ver­kau­fen. Wenn man schon sonst nichts gefun­den hat und extra hin­ge­fah­ren ist.

* * *

Mal davon ab, dass ein Fri­seur, der mit irgend­wel­chen wild­frem­den Men­schen über mich redet, mir die längs­te Zeit sei­nes Lebens die Haa­re geschnit­ten hät­te, habe ich nie ver­stan­den, was so inter­es­sant sein soll am Pri­vat­le­ben von Pro­mi­nen­ten. Ich bin mir sicher, wenn man die Nach­barn, Freun­de und Fami­li­en­mit­glie­der eines belie­bi­gen Men­schen befragt, wer­den die meis­ten nicht viel mehr als zwei, drei Sät­ze über die betref­fen­de Per­son berich­ten kön­nen – wohl aber erstaun­li­che Details aus dem Pri­vat­le­ben von Brad Pitt, Ange­li­na Jolie, San­dra Bul­lock und Tiger Woods.

Es ist mir egal, wie oft Ben Folds schon ver­hei­ra­tet war, wel­che Dro­gen Pete Doh­erty gera­de nimmt und wel­che Haar­far­be Lily Allen im Moment hat. Ich wün­sche die­sen Pro­mi­nen­ten wie allen ande­ren Men­schen auch, dass es ihnen gut geht. ((Auch wenn Musi­ker meist die bes­se­ren Songs schrei­ben, wenn es ihnen schlecht geht, aber so ego­is­tisch soll­te man als Hörer dann auch nicht sein.)) Mich inter­es­siert ja offen gestan­den schon nicht, was die meis­ten Men­schen so machen, mit denen ich zur Schu­le gegan­gen bin. ((Selbst eini­ge Sachen, die mir gute Freun­de über sich erzählt haben, hät­te ich am liebs­ten nie erfah­ren. Aber mit die­ser Last muss man in einer Freund­schaft irgend­wie klar­kom­men.))

* * *

Es sind Tex­te wie die­se zwei aus „Bild am Sonn­tag“, bei denen man hofft, bei der Aus­wahl der eige­nen Freun­de das rich­ti­ge Fin­ger­spit­zen­ge­fühl bewie­sen zu haben, auf dass die­se nicht mit irgend­wel­chen daher­ge­lau­fe­nen Jour­na­lis­ten plau­dern, wenn man selbst mal zufäl­li­ger­wei­se unter einen Tank­las­ter gera­ten soll­te. Gleich­zei­tig ahnt man natür­lich auch, dass die Men­schen, die reden wür­den, nur das Schlech­tes­te über einen zu berich­ten wüss­ten: Frü­he­re Mit­schü­ler, mit denen man nie etwas zu tun hat­te; Ex-Kol­le­gen, die man im Eifer des Gefechts mal eine Spur zu hart ange­gan­gen hat; Inter­net-Nut­zer, die glau­ben, auf­grund der Lek­tü­re ver­schie­de­ner Blog-Ein­trä­ge und ‑Kom­men­ta­re einen Ein­druck von der eige­nen Per­son zu haben.

* * *

Über­haupt soll­te man bei die­ser Gele­gen­heit und für alle Zei­ten noch mal auf den Rat­ge­ber „Hil­fe, ich bin in BILD!“ zu ver­wei­sen, den die Kol­le­gen vor mehr als drei Jah­ren zusam­men­ge­stellt haben, aber der natür­lich immer noch gül­tig ist, wenn „Bild“-Reporter, Men­schen, die sich als sol­che aus­ge­ben, oder ande­re Medi­en­ver­tre­ter bei einem anru­fen.

* * *

Wenn ein Ver­kehrs­mi­nis­ter sei­nen Füh­rer­schein wegen Geschwin­dig­keits­über­schrei­tung abge­ben muss, ist das eine inter­es­san­te Infor­ma­ti­on, weil sei­ne pri­va­te Ver­feh­lung mit sei­nem öffent­li­chen Amt kol­li­diert. Wenn dage­gen ein Land­wirt­schafts­mi­nis­ter beim Rasen erwischt wür­de, sähe ich kei­nen Zusam­men­hang zu sei­nem Amt und somit auch kei­nen Grund für öffent­li­che Ver­laut­ba­run­gen. ((Dass sich gene­rell jeder an die Ver­kehrs­re­geln hal­ten soll­te, steht dabei außer Fra­ge.))

Im Fal­le Kachelm­ann haben die Vor­wür­fe gegen ihn nichts mit sei­nem Beruf zu tun. Zwar ist es durch­aus denk­bar, dass ein öffent­lich-recht­li­cher Sen­der auf die Diens­te vor­be­straf­ter Mode­ra­to­ren ver­zich­ten wür­de (schon, um Schlag­zei­len wie „Unse­re Gebüh­ren für den Ver­ge­wal­ti­ger!“ zu ver­mei­den), aber dar­über kann die ARD ja immer noch ent­schei­den, wenn es ein rechts­kräf­ti­ges Urteil eines ordent­li­chen Gerichts gibt.

Allein über die irri­ge (und oft gefähr­li­che) Annah­me, man müs­se immer sofort los­be­rich­ten, wenn man von einer Sache Wind bekom­men hat, könn­te ich mich stun­den­lang aus­las­sen. Das Inter­net und der her­bei­phan­ta­sier­te Anspruch, man müs­se nicht der Bes­te, son­dern nur der Schnells­te sein, hat Jour­na­lis­mus zu etwas wer­den las­sen, was mit „work in pro­gress“ mit­un­ter noch schmei­chel­haft umschrie­ben wäre. „Work in pre­pa­ra­ti­on“ wäre mit­un­ter pas­sen­der.

* * *

Von der Arbeits­wei­se man­cher Medi­en­ver­tre­ter konn­te ich mich in den letz­ten Tagen selbst über­zeu­gen, als mich ein Mit­ar­bei­ter der Zeit­schrift „Der Jour­na­list“ anrief, die aus­ge­rech­net vom Deut­schen Jour­na­lis­ten-Ver­band her­aus­ge­ge­ben wird: Es ging um Vor­wür­fe, ein Kol­le­ge, der auch für BILD­blog schreibt, habe Zita­te erfun­den. Der Mann vom „Jour­na­lis­ten“ woll­te die Han­dy-Num­mer des Kol­le­gen, die ich ihm nicht geben konn­te, und erklär­te mir dann, er wol­le auf alle Fäl­le erst mal mit dem Betrof­fe­nen selbst spre­chen, bevor er etwas ver­öf­fent­li­che. Der Zeit­druck sei ja auch nicht sooo groß, zumal bei einer Monats­zeit­schrift.

„Das ehrt Sie schon mal“, hat­te ich sagen wol­len, es dann aber doch nicht getan, weil es mir albern erschien, ver­meint­li­che Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten zu loben. Glück gehabt, denn ich hät­te mein Lob zurück­neh­men müs­sen, wie sich als­bald zeig­te.

* * *

Doch noch ein­mal zurück zu Jörg Kachelm­ann: Wenn sich die Redak­ti­on der „Tages­schau“ nach lan­gen Dis­kus­sio­nen ent­schei­det, nicht über die Vor­wür­fe gegen ihn und sei­ne Ver­haf­tung zu berich­ten, kriegt sie dafür einen auf den Deckel.

Die sel­ben Medi­en, die sich im Ver­gleich zum bösen, bösen Inter­net (das neben hun­dert ande­ren Gesich­tern natür­lich auch sei­ne häss­li­che Frat­ze zeigt) immer wie­der ihrer „Gatekeeper“-Funktion rüh­men (die also wich­ti­ge von unwich­ti­gen, rich­ti­ge von unrich­ti­gen Mel­dun­gen unter­schei­den zu kön­nen glau­ben), haben ihre eige­nen Scheu­nen­to­re sperr­an­gel­weit offen und lei­ten ihre Ver­pflich­tung (mit einer Berech­ti­gung ist es nicht getan) zur Bericht­erstat­tung dar­aus ab, dass auch die Jus­tiz aktiv gewor­den ist.

Franz Baden auf sueddeutsche.de:

Im Fall Kachelm­ann hat eine Frau Straf­an­zei­ge erstat­tet – und das Amts­ge­richt Mann­heim Haft­be­fehl erlas­sen, als sich der Tat­ver­dacht erhär­tet habe. Dar­über wird berich­tet wer­den müs­sen.

Wenn sich ein Jour­na­list hin­stellt und zu Beson­nen­heit auf­ruft, wie es Mich­a­lis Pan­te­lou­ris in sei­nem Blog „Print Würgt“ getan hat, kommt der Chef­re­dak­teur des Medi­en­diens­tes des Trash-Por­tals von Meedia.de vor­bei und wirft ihm in einem Kom­men­tar vor, sol­che Blog­ein­trä­ge sei­en „ruf­schä­di­gend für den Jour­na­lis­mus“.

Mir ist nach der letz­ten Woche ehr­lich gesagt nicht ganz klar, auf was für einen Ruf er sich da eigent­lich noch bezieht.

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Mehr Selbstreferentialität kann ich nicht

Für ihre Juni-Aus­ga­be ihres Maga­zins hat­ten mir (und drei ande­ren Medi­en­schaf­fen­den) die Redak­teu­re des Medi­en­ma­ga­zins „Insight“ die Fra­ge „Wie stop­fen Sie das Som­mer­loch? gestellt“

Damals hielt ich fol­gen­de Ant­wort für wit­zig:

Da ich viel über Medien schreibe, gibt es bei mir kein Sommerloch. Die zahlreichen "lustigen" Reportagen und Schalten, mit denen Zuschauer und Leser so qequält werden, bieten genug Stoff bis September. Und falls ich doch ein Sommerloch verspüre, erzähle ich einfach dem nächsten Reporter, ich hätte einen Pottwal im Baggerloch gesehen, und warte ab.

Ich wür­de die Fra­ge heu­te anders beant­wor­ten.

Unter Bezug­nah­me auf mei­nen Ein­trag von letz­ter Woche und nach loser Rück­spra­che mit mir ver­öf­fent­lich­te die Pres­se­stel­le der Stadt Dins­la­ken am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag fol­gen­de Pres­se­mit­tei­lung:

Dins­la­ken in den Medi­en
Selbst­iro­nie ist gefragt – auch Gelas­sen­heit

Dinslaken/​München/​Frankfurt. Pünkt­lich zur Rei­se­zeit erschien kürz­lich in der renom­mier­ten Süd­deut­schen Zei­tung (SZ) unter „Hip­pen­stocks Stra­te­gien“ ein Car­toon: Vor der Rezep­ti­on eines offen­bar über­buch­ten Hotels ein Ehe­paar mit Kof­fern. Der Por­tier dahin­ter zu den Tou­ris­ten: „In der ers­ten Woche tei­len Sie Ihr Zim­mer mit einem Ehe­paar aus Dins­la­ken – ich den­ke, des­halb der Rabatt.“

In der aktu­el­len Aus­ga­be des Sati­re­ma­ga­zins „Tita­nic“ geht es in einem ande­ren Car­toon auch um die­se Stadt. Der hier gebo­re­ne Lukas Hein­ser, der­zeit in Bochum woh­nend, befürch­tet, durch die bun­des­weit kurz hin­ter­ein­an­der ver­brei­te­ten Kari­ka­tu­ren sei Dins­la­ken in der Medi­en­land­schaft offen­bar „end­gül­tig irgend so ein hin­ter­wäld­le­ri­sches Kaff“ gewor­den.

Der jun­ge Mann, der in sei­nem Block (www.coffeeandtv.de) gele­gent­lich aus und über sei­ne Hei­mat­stadt schreibt, teil­te der Stadt­pres­se­stel­le über­dies mit, Wet­ter­ex­per­te Jörg Kachelm­ann und TV-Plau­de­rer Roger Wil­lem­sen hät­ten sich läs­ternd über die Stadt im Grü­nen aus­ge­las­sen. Unter ande­rem soll Wil­lem­sen die Star-Sopra­nis­tin San­dra Schwarz­haupt gefragt haben, war­um sie in New York und nicht zum Bei­spiel in Dins­la­ken stu­diert habe.

Was Jörg Kachelm­ann, der Inten­dant der Dins­la­ke­ner Burg­hof­büh­ne und ich dazu zu sagen haben, kön­nen Sie drü­ben bei Ste­fan in den Kom­men­ta­ren lesen.

Ich war­te der­weil auf einen Anruf auf­ge­reg­ter Lokal­re­dak­teu­re, die ein gro­ßes Por­trät über mich brin­gen wol­len. Ist ja Som­mer­loch.

PS: Ich bin gar nicht in Dins­la­ken gebo­ren.

Nach­trag, 9. August: Mehr Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät kann ich wohl