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Gesellschaft Fernsehen

Wo Hafer und Korn verloren sind

In den letz­ten Wochen ging ein kur­zes Video viral, das die bei­den Medi­en­per­sön­lich­kei­ten Mar­kus Lanz (* 1969) und Richard David Precht (* 1964) auf dem „Kon­gress Zukunft Hand­werk“ zeigt – ansons­ten aber ganz in ihrem Ele­ment, der gegen­sei­ti­gen Zustim­mung:

Lanz: „[…] so ’ne gefüh­li­ge Gesell­schaft gewor­den. Ja, so ’ne Hafer­milch-Gesell­schaft, so ’ne Gua­ven­dick­saft-Trup­pe, die wirk­lich die gan­ze Zeit auf der Suche nach der idea­len Work-Life-Balan­ce ist.“

[Schnitt.]

Precht: „Also, ich wür­de sogar noch etwas radi­ka­ler sein. Ich wür­de sagen: In der Gene­ra­ti­on mei­ner Eltern, erst recht mei­ner Groß­el­tern, haben sich 90 Pro­zent aller Men­schen, wenn sie gear­bei­tet haben, die Sinn­fra­ge gar nicht erst gestellt. Jetzt sieht es natür­lich so aus, dass nahe­zu alle jun­gen Men­schen ins Leben gehen unter der Vor­stel­lung, das Leben ist ein Wunsch­kon­zert. Was ist die Fol­ge? Ja, Du fängst was an und beim ers­ten lei­sen Gegen­wind denkst Du: Nee, nee, das war das Fal­sche; schmeißt die Flin­te wie­der ins Korn.“

Die­ser Aus­schnitt hat zu einer gan­zen Rei­he öffent­li­cher Äuße­run­gen geführt, hier ist die nächs­te:

Ich habe natür­lich nicht den gan­zen Auf­tritt der bei­den gese­hen, denn wenn ich zwei Män­ner sehen will, die ein­an­der, vor allem aber sich selbst, geil fin­den, gucke ich mir weich­ge­zeich­ne­te Schwu­len-Por­nos an.

Als ers­tes muss man Lanz ver­mut­lich dank­bar sein, dass er nicht von „Algar­ven-Dick­saft“ gespro­chen hat.

Dann muss man aner­ken­nen, dass er sei­nen Barth ziem­lich genau stu­diert hat. „Hafer­milch“ ist in gewis­sen Krei­sen schließ­lich das, was „Schuh­ge­schäft“ in ande­ren ist: eine Abkür­zung zum Geläch­ter, die mecha­ni­sche Aus­lö­sung eines Refle­xes anstel­le einer aus­ge­ar­bei­te­ten Poin­te. Der Dum­me August tritt dem Weiß­clown in den Hin­tern und Grund­schul­kin­der quie­ken ent­zückt auf – wobei wir noch klä­ren müs­sen, wer in die­sem Aus­schnitt eigent­lich wel­che Rol­le ein­nimmt (ich per­sön­lich wür­de sagen: Es gibt außer­halb von Tier­quä­le­rei im Cir­cus nichts Schlim­me­res als den Weiß­clown, von daher sind ein­fach bei­de einer).

Ich möch­te eigent­lich nicht den glei­chen Feh­ler bege­hen wie Lanz, Precht und die Leu­te, die ihnen zustim­men, und gleich ad homi­nem gehen. Nur: So viel ande­res als ihre Per­sön­lich­kei­ten (oder zumin­dest ihre öffent­li­chen per­so­nae) haben die bei­den ja gar nicht zu bie­ten. Bei­de wir­ken wie die Per­so­ni­fi­zie­run­gen des Apho­ris­mus (und fal­schen Karl-Kraus-Zitats), wonach bei nied­rig ste­hen­der Son­ne der Kul­tur auch Zwer­ge lan­ge Schat­ten wür­fen. Sie sind – ob aus Zufall, Kal­kül, Patri­ar­chat oder schlich­tem Ver­se­hen – im Lau­fe der Zeit zu dem gewor­den, was sich sprich­wört­li­che Durch­schnitts­deut­sche unter einem Jour­na­lis­ten und einem Phi­lo­so­phen vor­stel­len. Schon allein das ist unge­fähr so absurd, als ob die­se Pro­to­ty­pen in den 1990er Jah­ren mit Hans Mei­ser und Hel­mut Mark­wort besetzt wor­den wären.

Wenn man sich den Aus­schnitt ganz genau anguckt, wird man den Ein­druck nicht los, dass der Sit-Down-Come­di­an Lanz die Begrif­fe „Hafer­milch-Gesell­schaft“ und „Gua­ven­dick­saft-Trup­pe“ von lan­ger Hand vor­be­rei­tet hat (oder vor­be­rei­ten hat las­sen) und das stol­ze Grin­sen unter­drü­cken muss, als sie beim Publi­kum den erhoff­ten Erfolg erzie­len. Er ist da ganz wie in sei­ner Fern­seh­sen­dung: wahn­sin­nig gut vor­be­rei­tet und des­halb so natür­lich wie ein Ver­si­che­rungs­mak­ler kurz nach Beginn der Aus­bil­dung. Es ist mir ein Rät­sel, wie­so Anna­le­na Baer­bock stän­dig vor­ge­wor­fen wird, wie eine „Schü­ler­spre­che­rin“ auf­zu­tre­ten, Mar­kus Lanz aber immer so eil­fer­tig rum­amtho­ren darf, ohne dass sei­ne Gesprächspartner*innen ihn ein­fach anschrei­en (bzw. natür­lich kein Rät­sel, son­dern ein Patri­ar­chat).

„Hafer­milch“ ist dabei das, was „Soja­milch“ vor zwölf Jah­ren war und davor „Lat­te Mac­chia­to“: ein angeb­lich suspek­tes Getränk, das von Men­schen getrun­ken wird, die man irgend­wie ablehnt.

Schon die­se Milch-Obses­si­on schreit ja eigent­lich direkt nach einer Freu­dia­ni­schen Ein­ord­nung – gera­de bei einem Mann mit so einer Kon­dens­milch-Men­ta­li­tät wie Lanz. Da will man direkt kon­tern: „Ech­te Män­ner sind für mich nur die, die von einer Wöl­fin gesäugt und auf­ge­zo­gen wur­den!“ Oder: „Wenn Du mor­gens um fünf auf­stehst, um oben auf der Alm die Kühe zu mel­ken, kön­nen wir über mei­nen Hafer­milch-Kon­sum spre­chen, aber ansons­ten sei ein­fach still!“ Unlus­ti­ger kann’s eigent­lich nur noch wer­den, wenn als nächs­tes jemand sagt: „Bie­le­feld gibt’s ja gar nicht!“

Humor­theo­re­tisch steht die Hafer­milch dabei in der Tra­di­ti­on des Din­kel-Brat­lings, mit dem Komiker*innen in den 1980er und 90er Jah­ren reüs­sie­ren konn­ten. Man könn­te jetzt erwi­dern, dass vege­ta­ri­sche oder vega­ne Ersatz­pro­duk­te im Lau­fe der Jahr­zehn­te eine Ent­wick­lung durch­ge­macht haben, die man auch dem deut­schen Humor gön­nen wür­de, aber da wür­de man schon wie­der den grund­sätz­li­chen, kapi­ta­len Feh­ler bege­hen und sich in ein argu­men­ta­ti­ves Gespräch stür­zen, wo von der Gegen­sei­te nun wirk­lich kei­nes gewünscht ist.

Lanz hat aber nicht nur sei­nen Barth stu­diert, son­dern auch sei­nen Schmidt: Der eins­ti­ge deut­sche Groß-Humo­rist Harald Schmidt, des­sen Lebens­werk man auch noch mal neu betrach­ten müss­te, seit man weiß, dass es rela­tiv unmit­tel­bar zu Jan Böh­mer­mann geführt hat, war 2019 in einem ORF-Inter­view auf­fäl­lig gewor­den, in dem er moder­ne Väter als „Fami­li­ent­rot­tel“ bezeich­ne­te (damals sehr schön doku­men­tiert und gekon­tert von Mar­tin Ben­ning­hoff im F.A.Z.-Familienblog). Wenn Schmidt von „Dad­dy Weich­ei“ spricht und Lanz mit hör­ba­rer Distan­zie­rung von „Work-Life-Balan­ce“, wüss­te man ger­ne, was deren Kin­der dazu sagen – und hat den Ver­dacht, dass es inter­es­san­ter sein könn­te als das, was ihre Väter seit Jah­ren so von sich geben.

Auch eine Umfra­ge in Prechts Fami­lie wirkt ver­lo­ckend: Viel­leicht hät­ten Eltern und Groß­el­tern „die Sinn­fra­ge“ ja doch ganz ger­ne mal gestellt? Ich hab sicher­heits­hal­ber mal in der Wiki­pe­dia nach­ge­guckt, in was für Ver­hält­nis­sen der Mann auf­ge­wach­sen ist:

Sein Vater, Hans-Jür­gen Precht, war Indus­trie­de­si­gner bei dem Solin­ger Unter­neh­men Krups; sei­ne Mut­ter enga­gier­te sich im Kin­der­hilfs­werk Terre des hom­mes. Richard David Precht hat vier Geschwis­ter; zwei davon sind viet­na­me­si­sche Adop­tiv­kin­der, die sei­ne Eltern 1969 und 1972 als Zei­chen des Pro­tests gegen den Viet­nam­krieg auf­ge­nom­men haben.

Okay, das hät­te ich nach der Anmo­de­ra­ti­on nicht erwar­tet. (Bonus­track des Wiki­pe­dia-Ein­trags: Die Ant­wort auf die Fra­ge, wie man sich eigent­lich das Adjek­tiv „selbst­ge­fäl­lig“ bild­lich vor­zu­stel­len habe.) Irri­tie­ren­der ist aber noch, dass Precht, der ja ger­ne als „Phi­lo­soph“ wahr­ge­nom­men wer­den will, posi­tiv her­vor­hebt, dass nie­mand „die Sinn­fra­ge“ gestellt habe. (Auch das kann natür­lich wie­der Sinn erge­ben: Wenn in sei­ner Fami­lie wirk­lich nicht viel gedacht wor­den wäre, hät­te er mit dem biss­chen, was er so an Selbst­ge­dach­tem prä­sen­tiert, natür­lich ordent­lich auf­trump­fen kön­nen.)

Eigent­lich soll­te man Mit­leid haben mit Men­schen, die so den­ken. Die gesell­schaft­li­chen Fort­schritt nicht als sol­chen begrei­fen, son­dern als Dege­ne­ra­ti­on. Die eine Art Stock­holm-Syn­drom ent­wi­ckelt haben, gegen­über der „Leis­tungs­ge­sell­schaft“ und gegen­über ihren Vor­fah­ren, die sich oft genug der­art abge­rack­tert haben, dass am Ende nicht nur kei­ne balan­ce übrig war, son­dern mit­un­ter auch gar kein life mehr. Wer so denkt, befin­det sich bereits weit unten auf einer abschüs­si­gen Ebe­ne, die mit Schmier­sei­fe ein­ge­rie­ben ist und hin­führt zum Satz: „Manch­mal haben mir mei­ne Eltern auch eine ver­passt, aber das hat mir auch nicht gescha­det.“

Von mei­nem Urgroß­va­ter ist über­lie­fert, dass er als Kind bei Tisch nur spre­chen durf­te, wenn er ange­spro­chen wur­de, und Vater und Mut­ter zu Sie­zen hat­te. Ihre eige­nen Kin­der erzog die­se Gene­ra­ti­on dann auf Grund­la­ge des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Erzie­hungs­rat­ge­bers „Die deut­sche Mut­ter und ihr ers­tes Kind“ von Johan­na Haa­rer, deren größ­te Sor­ge es war, dass das Kind „ver­weich­licht“ – ein Buch, das auch in der Nach­kriegs­zeit noch als Klas­si­ker der Erzie­hungs­li­te­ra­tur galt, ehe es vom nächs­ten Best­sel­ler abge­löst wur­de, der wie­der pro­pa­gier­te, dass man Kin­der am Bes­ten allei­ne lässt, wenn sie Nähe brau­chen. Nahe­lie­gend, dass man, wenn man so auf­ge­wach­sen ist, „gefüh­lig“ für ein Schimpf­wort hält.

Es ist eine Sache, wenn man sich in der Ver­gan­gen­heit geirrt hat: Als die ers­ten Ziga­ret­ten auf­ka­men, konn­te man allen­falls ahnen, wie schäd­lich Rau­chen sein wür­de (damals mut­maß­lich auch nicht schäd­li­cher als die nor­ma­le Atem­luft einer Indus­trie­stadt); Atom­strom galt mal als Ver­spre­chen einer „sau­be­ren Zukunft“ und Hero­in war mal für kur­ze Zeit das Wun­der­me­di­ka­ment der Fir­ma Bay­er. Aber eine Idee, die sich im Nach­hin­ein als schlecht her­aus­ge­stellt hat, noch zu fei­ern, dafür bedarf es schon eini­ger Ener­gie, die man bes­ser ander­wei­tig inves­tiert. (Oder man wählt am Ende doch Fried­rich Merz zum Par­tei­vor­sit­zen­den.)

Es sind schö­ne Erwi­de­run­gen auf Lanz und Precht geschrie­ben wor­den, zum Bei­spiel von Bir­git­ta Stau­ber-Klein (Ein Dop­pel­na­me! Fei­er­tag für alle Hob­by-Komi­ker!) in der „WAZ“ und von Chris­ti­an Spil­ler im Sport­teil von „Zeit Online“. Aurel Merz hat ein schö­nes, kur­zes Video auf einem Jun­ge-Leu­te-Por­tal namens Tik­Tok gepos­tet. Die Begrif­fe „Boo­mer“ (Lanz ist streng genom­men Gene­ra­ti­on X, aber ich sehe bei ihm auch kei­ne Ver­bin­dung zu Ethan Haw­ke) und „deutsch“ tau­chen immer wie­der auf, aber auch „Gene­ra­tio­nen­kon­flikt“.

Und tat­säch­lich gibt es ja genug älte­re Her­ren, die es als Auf­merk­sam­keits­ga­ran­tie (der Begriff „Allein­stel­lungs­merk­mal“ ver­bie­tet sich kom­plett) erkannt haben, onkel­haft über jün­ge­re Men­schen und deren The­men spre­chen. Sie gefähr­den dabei offen­bar ger­ne den eigent­lich posi­ti­ven Ruf, den sie bei den jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen hat­ten, um noch eine viel­leicht letz­te Run­de Schul­ter­klop­fen bei ihren Alters­ge­nos­sen zu ern­ten. (Ich ver­zich­te in die­sem Absatz auf gen­der­ge­rech­te Spra­che – nicht, um die Ner­ven der Ange­spro­che­nen zu scho­nen, son­dern weil es eigent­lich fast immer Män­ner sind. Aus Grün­den der Aus­ge­wo­gen­heit möch­te ich trotz­dem sagen: Ali­ce Schwar­zer, Glo­ria von Thurn und Taxis.) Man kann nun mil­li­ar­den­fach dar­an erin­nern, dass Sati­re sich ja „eigent­lich“ immer gegen „die da oben“ rich­te, aber für Harald Schmidt, Die­ter Nuhr (und im erwei­ter­ten Sin­ne auch: Tho­mas Gott­schalk, Jür­gen von der Lip­pe und am Ende alle Leu­te, die unter einem Arti­kel bei Welt.de kom­men­tie­ren) sieht es so aus, als sei das, was sie irgend­wie falsch, lächer­lich oder bedroh­lich fin­den, gesamt­ge­sell­schaft­lich domi­nant.

Wenn man sich durch bestimm­te Gegen­den deut­scher Groß­städ­te bewegt, wird man dort halt auf „Mitt- bis End­drei­ßi­ger mit Struw­wel­pu­del­müt­ze“ (Schmidt; ich füh­le mich ertappt, kann damit aber gut umge­hen) oder eben „nahe­zu alle jun­gen Men­schen“ (Precht) tref­fen, die dort vor allem des­halb Zeit mit ihren Kin­dern ver­brin­gen, weil es ihnen finan­zi­ell mög­lich ist und sie die oft zu erwar­ten­den Wider­stän­de von Sei­ten der Arbeit­ge­ber aus­zu­hal­ten bereit sind. Aber schon die­ser Ein­druck ist ein Zerr­bild: 2022 haben Frau­en durch­schnitt­lich 14,6 Mona­te Eltern­zeit bean­tragt, Män­ner nur 3,6. Schon ein paar Stra­ßen wei­ter kann es ganz anders aus­se­hen. (Wobei ich da auch vor all­zu ver­ein­fa­chen­den Gedan­ken war­nen möch­te: Viel­leicht ist es in einem eher lin­ken, aka­de­mi­schen Milieu wei­ter ver­brei­tet, auf die eige­nen Bedürf­nis­se und – vor allem – die sei­ner Kin­der zu ach­ten, aber ich erle­be es regel­mä­ßig im Fuß­ball­ver­ein des Kin­des, dass ande­re Eltern, die man der „Arbei­ter­klas­se“ zurech­nen wür­de, eben­falls sehr sen­si­bel auf die Bedürf­nis­se ihrer Kin­der ein­ge­hen und die Leis­tung auf dem Platz nicht im Vor­der­grund steht. Mario Bas­ler wür­de es has­sen.)

Aber klar: Wenn man in ein urba­nes Café geht und da Eltern sit­zen, die ihre Kin­der nicht durch­ge­hend zurecht­wei­sen, und man dazu viel­leicht noch jede Men­ge Wit­ze zu anti-auto­ri­tä­rer Erzie­hung (schlag den Unter­schied nach, Jür­gen!) im Steh­satz hat, sieht man mit jedem Hafer­milch-Kaf­fee den Unter­gang der Welt – wenn nicht gar den der deut­schen Wirt­schaft – auf sich zukom­men. So, wie die Leu­te, die mit der Stra­ßen­bahn zum Job­cen­ter fah­ren, um dort ent­wür­di­gen­de Fra­gen über sich erge­hen las­sen zu müs­sen, auch irgend­wann den­ken, dass das gan­ze Land vol­ler „Aus­län­der“ ist, weil sie in ihrem All­tag eben vor allem Men­schen sehen, die „anders“ aus­schau­en, und sehr weni­ge Rechts­an­wäl­te, die meh­re­re Miets­häu­ser haben, BMW fah­ren und FDP wäh­len.

Lanz‘ Vor­trag in dem Aus­schnitt erin­nert nur an eine unter­durch­schnitt­li­che Büt­ten­re­de, Prechts ver­all­ge­mei­nern­des „Wunschkonzert“-Geblubber macht mich wirk­lich wütend. Dafür habe ich zu vie­le Freund*innen immense Her­aus­for­de­run­gen und Tief­schlä­ge über­win­den sehen, um mir die­se Pau­schal-Belei­di­gun­gen eines Mil­lio­närs anzu­hö­ren, der in jun­gen Jah­ren sicher­lich oft genug gefragt wur­de, ob er eigent­lich stu­die­re, um dann Taxi zu fah­ren. Fehlt wirk­lich nur noch, dass auch er von „Ver­weich­lichlung“ spricht!

Die The­se, dass „frü­her“ alles bes­ser gewe­sen sei, vor allem der Jour­na­lis­mus, wur­de nahe­zu zeit­gleich zum Hafer­milch-Eklat von einem frü­he­ren Jour­na­lis­ten wider­legt, der sich im Ruhe­stand offen­bar so sehr gelang­weilt hat­te, dass er sich für eine letz­te Run­de Applaus von Sei­ten der AfD und ande­rer Reak­tio­när-Kata­stro­phen noch ein­mal in die Mane­ge erbrach. Ich bin ja grund­sätz­lich bereit, über alles zu dis­ku­tie­ren, aber wenn im zwei­ten Absatz das Adjek­tiv „links­grun­zend“ auf­taucht wie in einem „Welt“-Leser-Kommentar, was für eine Dis­kus­si­ons­grund­la­ge soll ich da noch anneh­men? Dafür ist mir dann, Hash­tag Work-Life-Balan­ce, wirk­lich mei­ne Lebens­zeit zu kost­bar.

Und dann ertap­pe ich mich bei dem Gedan­ken, dass so ein biss­chen Gene­ra­tio­nen­kon­flikt viel­leicht gar nicht so schlecht ist – wie soll man denn sonst als Gesell­schaft wei­ter­kom­men? Ich lese gera­de end­lich mal „Die Palet­te“ von Hubert Fich­te; ein Buch, das 1968 erschie­nen ist. Und dann fiel mir auf: Die­ses mys­ti­sche Jahr 1968 ist vom Kriegs­en­de so weit ent­fernt wie wir heu­te vom Jahr 2000. Das ist eini­ge Kri­sen (9/​11, Finanz­kri­se, Ukrai­ne-Krieg, COVID-19-Pan­de­mie) her, aber erscheint selbst mir, der ich damals 16 war, gar nicht so weit weg. Die 20-Uhr-„Tagesschau“ vom 14. August 2000 wur­de von Jens Rie­wa ver­le­sen und ihre The­men waren: das rus­si­sche Mili­tär, ein belei­dig­ter Alt­kanz­ler, Rechts­extre­mis­ten im Inter­net, bes­se­rer Mobil­funk, Umwelt­schutz und Nord­ko­rea. (Okay, das war jetzt der Poin­te wegen etwas ver­ein­facht. Es ging um den Unter­gang des rus­si­schen Atom-U-Boots „Kursk“, die Nicht-Teil­nah­me von Hel­mut Kohl an der Fei­er zum Tag der deut­schen Ein­heit, ein geplan­tes NPD-Ver­bot, die Ver­stei­ge­rung der UMTS-Lizen­zen, die Schlie­ßung einer Blei­schmel­ze im Nord­ko­so­vo, die Ver­bin­dungs­bü­ros zwi­schen Nord- und Süd­ko­rea und noch eini­ge ande­re The­men wie die vor­zei­ti­ge Haft­ent­las­sung des Kauf­haus-Erpres­sers „Dago­bert“.)

Wenn Men­schen und Medi­en heu­te – nicht zuletzt vor dem Hin­ter­grund einer Anek­do­te wie dem Auf­tritt von Lanz und Precht – behaup­ten, eine sol­che gesell­schaft­li­che Spal­tung habe es noch nie gege­ben, bestä­tigt das ein­mal mehr mei­ne The­se, dass wir in Deutsch­land mehr Geschichts­un­ter­richt brau­chen: Stich­wort Wie­der­be­waff­nung, Stich­wort 1968, Stich­wort RAF, Stich­wort Umwelt­be­we­gung. Oder ein­fach über­haupt mal: Rock’n’Roll! (Oder, wie Tho­mas Gott­schalk es nennt: „Noch rich­ti­ge Musik.“) Das waren noch Kon­flik­te, die Fami­li­en aus­ein­an­der­trie­ben!

Deutsch­land ist in 16 Jah­ren unter Ange­la Mer­kel so durch­schnitt­lich und lau­warm gewor­den, dass es man­chen Leu­ten als links­ra­di­kal gilt, die Umbe­nen­nung frag­wür­di­ger Stra­ßen­na­men zu for­dern, und als rechts, Fleisch zu essen. Auch, weil jede Nischen-Posi­ti­on (von denen es immer schon vie­le gab) heu­te medi­al auf­ge­bla­sen und zur Glau­bens­fra­ge hoch­phan­ta­siert wird. Und war nicht mei­ne Gene­ra­ti­on, die Gene­ra­ti­on Y, am Ende viel zu nett? Da ist es doch gut, wenn die Gene­ra­ti­on Z jetzt mal ein biss­chen auf den Tisch haut! Für Leu­te wie Lanz, Precht oder Schmidt sind wir wahr­schein­lich eh alle eine uni­for­me, irgend­wie „jün­ge­re“ Mas­se, die in geschlechts­neu­tra­len Bade­zim­mern mit Aste­ris­ken und Hafer­milch die deut­sche Wirt­schaft schwä­chen.

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Musik

Sommer-Songs

Die Som­mer­fe­ri­en in NRW sind vor­bei, ohne dass man vom Som­mer son­der­lich viel gemerkt hät­te. Aber wir hat­ten vor der Som­mer­pau­se eine Som­mer-Fol­ge ver­spro­chen, also: Hier sind wir!

Lukas spielt ein paar per­sön­li­che Som­mer-Favo­ri­ten und Eure ganz per­sön­li­chen Som­mer-Hits. Von Die Ärz­te bis zu die­sem schlim­men Lied aus der Eis­creme-Rekla­me.

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Alle Songs:

  • A – Paci­fic Oce­an Blue
  • Die Ärz­te – Him­mel­blau
  • kett­car – Som­mer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun) – Live
  • Funk­star De Luxe – Sun Is Shi­ning
  • Bea­gle Music Ltd. – Like Ice In The Suns­hi­ne
  • Air – New Star In The Sky
  • Ste­phen San­chez – Until I Found You
  • Jac­qui Nay­lor – Sum­mer­ti­me

Show Notes:

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Sport

Frauenfußball — jetzt erst recht

Drei schril­le Pfif­fe been­den das Spiel. Fas­sungs­lo­sig­keit und Trau­er auf dem Platz, Fas­sungs­lo­sig­keit und Trau­er vor dem Fern­se­her. Trä­nen und Schmerz auf der einen Sei­te, Freu­de und Stolz auf der ande­ren. Der Super-GAU ist ein­ge­tre­ten: Ein Vor­run­den­aus, schon wie­der. Im Win­ter des ver­gan­ge­nen Jah­res traf es die Män­ner, jetzt trifft es auch die Frau­en. Mit einem 1:1 gegen Süd­ko­rea ver­ab­schie­den sich die als Favo­ri­tin­nen gehan­del­ten Spie­le­rin­nen des deut­schen Natio­nal­teams vom Wett­be­werb und schlie­ßen sich damit gro­ßen Frau­en­fuß­ball-Natio­nen wie Bra­si­li­en und Kana­da an, die eben­falls in der Vor­run­de aus­ge­schie­den sind.

Wäh­rend sich die Korea­ne­rin­nen für ihre Leis­tung fei­ern, müs­sen sich die Deut­schen nun erst ein­mal sam­meln und begrei­fen, was da eigent­lich pas­siert ist. Wie konn­te es über­haupt so weit kom­men? Es hat­te mit dem 6:0 gegen Marok­ko doch so gut ange­fan­gen! Die Stim­mung war groß­ar­tig, die Eupho­rie schoss ins Uner­mess­li­che – und viel­leicht war auch genau das das Pro­blem. Nach dem Spiel wur­de die Leis­tung der Spie­le­rin­nen von allen Sei­ten gelobt, schließ­lich star­te­te man direkt mit einem Kan­ter­sieg ins Tur­nier und über­zeug­te, im Gegen­satz zu den ande­ren Favo­ri­tin­nen, mit Leis­tung und Toren. Es fühl­te sich ein­fach an. Zu ein­fach?

Das zwei­te Grup­pen­spiel gegen Kolum­bi­en war so ziem­lich das Gegen­teil von ein­fach. Es folg­te die ers­te Nie­der­la­ge für das Team, ein klei­ner Dämp­fer – aber es gab ja schließ­lich noch das drit­te und zugleich letz­te Grup­pen­spiel gegen Süd­ko­rea und die Hoff­nung auf ein Wei­ter­kom­men in die K.O.-Runde. Über poten­zi­el­le Geg­ner wur­de direkt im Anschluss an das zwei­te Grup­pen­spiel dis­ku­tiert, Jour­na­lis­tin­nen, Jour­na­lis­ten und Fans waren sich eines Wei­ter­kom­mens sicher, viel­leicht ein wenig zu sicher. Und wie der Zufall es so will, kam plötz­lich alles anders. Am Ende kamen die DFB-Spie­le­rin­nen nicht über ein 1:1 gegen Süd­ko­rea hin­aus, wäh­rend ihre Grup­pen­kon­kur­ren­tin­nen aus Marok­ko Kolum­bi­en mit 1:0 schlu­gen und damit das Aus von Pop­pi, Obi, Jule und Co. besie­gel­ten.

Sofort trat auch das ein, wovor ich mich schon die gan­ze Zeit über fürch­te­te: Sexis­mus-Ergüs­se, Häme und Scha­den­freu­de in den Kom­men­tar­spal­ten. Haupt­säch­lich von Män­nern, wer hät­te das gedacht? Die Spie­le­rin­nen sol­len doch wie­der zurück in die Küche, wo sie hin­ge­hö­ren, denn Fuß­ball sei ja sowie­so nichts für sie – nur einer der unzäh­li­gen „geist­rei­chen“ Kom­men­ta­re bei Face­book und Insta­gram. Glück­li­cher­wei­se hal­ten zahl­rei­che Fans dage­gen und sichern auch wei­ter­hin ihre vol­le Unter­stüt­zung zu. Auch ich bin jetzt noch ent­schlos­se­ner, den Frau­en­fuß­ball in Deutsch­land noch stär­ker zu unter­stüt­zen und noch mehr Spie­le zu besu­chen als in der ver­gan­ge­nen Sai­son, sofern es Zeit und Finan­zen denn zulas­sen.

Als Kind und Jugend­li­che spiel­te ich für mein Leben ger­ne Fuß­ball. Jede freie Minu­te und jede Pau­se in der Schu­le ver­brach­te ich mit einem Groß­teil mei­ner Mit­schü­ler und einer wei­te­ren Mit­schü­le­rin auf dem Bolz­platz auf dem Schul­hof. Ich drib­bel­te, schoss Tore, ging in Zwei­kämp­fe rein und fand mich nicht sel­ten mit auf­ge­schürf­ten Knien auf dem Boden wie­der. Fuß­ball war, obwohl ich auch Ten­nis spiel­te, mein abso­lu­ter Lieb­lings­sport. Das Wochen­en­de war Bun­des­li­ga-Zeit, die Sport­schau gehör­te zum Stan­dard­pro­gramm, und Spie­le der bos­nisch-her­ze­go­wi­ni­schen und der deut­schen Natio­nal­mann­schaf­ten ver­folg­te ich fast schon reli­gi­ös. Aber einem Ver­ein bei­zu­tre­ten und irgend­wann viel­leicht sogar selbst pro­fes­sio­nell spie­len? Kei­ne Opti­on. Mir fehl­ten die weib­li­chen Vor­bil­der und die Visi­on, dass Pro­fi­fuß­ball für Frau­en wirk­lich etwas war, was erreich­bar war. Ich kann mich kaum an eine Über­tra­gung eines Spiels der deut­schen Pro­fif­rau­en in mei­ner Kind­heit und mei­ner Jugend erin­nern. Auf dem Schul­hof sprach sowie­so nie­mand über sie, son­dern nur über Cris­tia­no Ronal­do, Fer­nan­do Tor­res und Micha­el Bal­lack. Ich hat­te kei­ner­lei Berüh­rungs­punk­te mit den Frau­en und zog im Hype um die Män­ner mit.

Umso wich­ti­ger ist es also, dass weib­li­che Vor­bil­der wie bei­spiels­wei­se Alex­an­dra Popp, die Spa­nie­rin Ale­xia Putel­las und die Bra­si­lia­ne­rin Mar­ta heu­te für Mäd­chen und jun­ge Frau­en exis­tie­ren und dass sie prä­sent sind. Im Fern­se­hen und vor Ort im Sta­di­on. Die­ses Vor­run­den­aus ist viel­leicht ein klei­ner Rück­schlag, aber das, was mit der EM 2022 und unmit­tel­bar danach ins Rol­len gebracht wur­de, ist nicht mehr auf­zu­hal­ten. Und das ist auch gut so!

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Sport

Du und Dein VfL

Trainingsauftakt beim VfL Bochum

Heu­te Vor­mit­tag: Trai­nings­auf­takt beim VfL Bochum. Viel wei­ter kannst Du im Pro­fi­fuß­ball nicht von Mes­si, Ronal­do, Mbap­pé und den Scheich-Mil­li­ar­den ent­fernt sein. Dafür sind die Fans mit ihrer gan­zen Fami­lie ganz nah dran, kau­fen die (wirk­lich sehr schö­nen) neu­en Tri­kots und essen Cur­ry­wurst.

Vor der drit­ten Bun­des­li­ga-Sai­son in Fol­ge haben sich die Erwar­tungs­hal­tung der Anhänger*innen und das Selbst­ver­ständ­nis der Offi­zi­el­len ein biss­chen ver­scho­ben: Dies­mal soll es nicht mehr nur um den Klas­sen­er­halt gehen, ein wenig wei­ter oben erscheint denk­bar. Von allen Ruhr­ge­biets­ver­ei­nen kommt der VfL jeden­falls mit dem größ­ten Rücken­wind aus dem letz­ten Spiel­tag der letz­ten Sai­son.

Beim Trai­nings­spiel lie­fern die rund 1.500 Fans schon mal einen Vor­ge­schmack, wie es mit 28.000 klin­gen wird. Von den Neu­ver­pflich­tun­gen ist noch nicht ganz so viel zu sehen, eini­ge Fans müs­sen die neu­en Spie­ler auch erst­mal goo­geln, bevor sie die­se um ein Auto­gramm bit­ten, aber: Hey, es geht ja gera­de erst los!

Die vor vier Jah­ren noch so gefürch­te­ten und chro­nisch unzu­frie­de­nen Fans sind opti­mis­tisch — was sie natür­lich trotz­dem nicht davon abhält, auf der Tri­bü­ne rum­zum­eckern. Doch trifft es heu­te eher die eige­nen Kin­der oder abwe­sen­de Drit­te.

Qua­si par­al­lel hat Her­bert Grö­ne­mey­er für den 12. Juni 2024 sein ers­tes Kon­zert im Ruhr­sta­di­on seit neun Jah­ren ange­kün­digt. Selbst, wenn es für den VfL nicht so rund lau­fen soll­te: Die Rele­ga­ti­ons­spie­le sind bis dahin über die Büh­ne gegan­gen.

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Musik

this is me trying — to get a ticket

Es ist ein ruhi­ger Diens­tag­abend. Ich schmei­ße mei­ne Play­sta­ti­on an und lege mich aufs Bett, um eine Run­de „Life Is Stran­ge: Befo­re the Storm“ zu spie­len. Mit der Ruhe soll es aber schon bald vor­bei sein, denn ich öff­ne aus Gewohn­heit mal wie­der mei­ne Insta­gram-App. Ein neu­er Bei­trag von Tay­lor Swift. Ist das wie­der Wer­bung für Merch? Ich will schon die Augen ver­dre­hen, doch dann schaue ich noch ein­mal genau­er hin. Das kann doch nicht…Moment mal…WAS? Immer wie­der zoo­me ich rein und raus und kann kaum glau­ben, was ich da vor mir sehe. Madrid, Stock­holm, Liver­pool, Zürich, Lon­don? Sind das etwa die euro­päi­schen Tour­da­ten für die „The Eras Tour“? Ja, das sind sie! End­lich. Seit Wochen haben die euro­päi­schen „Swif­ties“ spe­ku­liert, wann es denn end­lich so weit sein könn­te – und jetzt ist der gro­ße Moment end­lich gekom­men. Natür­lich ver­brei­tet sich die fro­he Bot­schaft wie ein Lauf­feu­er und so tru­deln bei mir im Sekun­den­takt Nach­rich­ten von Freun­din­nen ein, die genau­so begeis­tert sind wie ich. Lan­ge muss­ten wir auf die Daten war­ten, aber jetzt haben wir immer­hin Gewiss­heit. Auch nach Deutsch­land wird es sie im Rah­men ihrer Euro­pa-Tour ver­schla­gen. Ins­ge­samt sind hier­zu­lan­de drei Kon­zer­te geplant. Eines in Ham­burg, eines in Mün­chen und eines in Gel­sen­kir­chen. Letz­te­re Stadt ist vie­len Fans ein Rät­sel, die meis­ten wis­sen ver­mut­lich nicht ein­mal, wo sie liegt. Tay­lor Swift jetzt aber schon.

Die Freu­de über die Ankün­di­gung hielt lei­der nicht lang, denn um an ein Ticket zu kom­men, muss­ten wir uns zunächst ein­mal regis­trie­ren, um eini­ge Tage spä­ter EVENTUELL einen Pre­sa­le-Code zu erhal­ten. Selbst­ver­ständ­lich bra­chen die Ser­ver zusam­men, ähn­lich wie mein Ner­ven­kos­tüm. Nach knapp einer hal­ben Stun­de War­te­zeit war die Regis­trie­rung erfolg­reich. Jetzt heißt es: war­ten und beten. Doch von Tag zu Tag und mit jeder neu­en Info zum Vor­ver­kauf schwin­det die Hoff­nung auf eines der heiß­be­gehr­ten Tickets, Gerüch­ten zufol­ge sol­len sich allein für den Vor­ver­kauf für das Kon­zert in Madrid über eine Mil­li­on Men­schen regis­triert haben. Puh.

Kein Wun­der, schließ­lich muss­ten die Fans der Sän­ge­rin sehr, sehr lan­ge auf die­se Ankün­di­gung war­ten. Nach­dem die für 2020 geplan­te Tour, „Lover Fest“, pan­de­mie­be­dingt abge­sagt wer­den muss­te, war es nur eine Fra­ge der Zeit, wann Tay­lor Swift die nächs­te Tour ankün­di­gen wür­de. Spä­tes­tens nach der Ver­öf­fent­li­chung ihres zehn­ten Stu­dio­al­bums „Mid­nights“ brann­te es den Fans unter den Nägeln. Für das Album, das sie unter ande­rem mit Jack Anton­off geschrie­ben und pro­du­ziert hat, erhielt Swift viel Lob. Her­vor­ge­ho­ben wur­den von den Musik­kri­ti­ke­rin­nen und ‑kri­ti­kern beson­ders das Song­wri­ting und die gesang­li­che Per­for­mance. Ich per­sön­lich fin­de „Folk­lo­re“ und „Ever­mo­re“ ein wenig gelun­ge­ner, doch muss ich zuge­ben, dass das Lied „The Gre­at War“, das Tay­lor gemein­sam mit Aaron Dess­ner geschrie­ben und pro­du­ziert hat und das ursprüng­lich nur auf der „3am Edi­ti­on“ des Albums ent­hal­ten war, mitt­ler­wei­le mein abso­lu­tes Lieb­lings­lied aus ihrer Dis­ko­gra­fie ist.

Im März star­te­te sie mit dem neu­en Album im Gepäck bereits in den US-Teil der gro­ßen Sta­di­on­tour, mit der sie 2024 dann auch end­lich nach Euro­pa kommt. Bis­her durf­te ich mir – dank eini­ger sehr hin­ge­bungs­vol­ler Fans, die die Kon­zer­te regel­mä­ßig im Live­stream über­tra­gen oder soge­nann­te Edits dar­aus bas­teln – die Kon­zer­te häpp­chen­wei­se bei Tik­Tok anschau­en und einen klei­nen Vor­ge­schmack davon erha­schen, was uns 2024 erwar­tet. So viel kann ich schon mal ver­ra­ten: Es wird rich­tig geil.

Wenn ich denn an ein Ticket kom­men kann. Und wenn es nicht viel zu teu­er ist. Wenn ich mich dar­an zurück­er­in­ne­re, wie der Ticket­ver­kauf in den USA eska­liert ist, habe ich dann doch ein wenig Angst um mei­nen Geld­beu­tel. Meh­re­re Hun­dert Dol­lar muss­ten Fans zum Teil für ihr Ticket zah­len, vie­le Tickets wur­den sogar für fünf­stel­li­ge Beträ­ge im Inter­net ange­bo­ten. So schlimm wird es hier dann hof­fent­lich nicht, ansons­ten muss ich all mein Hab und Gut ver­kau­fen.

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Musik

Neue Musik von Shawn Mendes, Aisha Badru, Janelle Monáe, Swiss & Die Andern, Semisonic

Bevor wir zu den erfreu­li­chen Erschei­nun­gen der Pop­kul­tur kom­men kön­nen, möch­te Lukas über den stin­ken­den Ele­fan­ten­ka­da­ver im Raum spre­chen: die Vor­wür­fe gegen Till Lin­de­mann von Ramm­stein.

Irgend­wie bekom­men wir danach die Kur­ve und hören einen apo­ka­lyp­ti­schen Schla­ger von Shawn Men­des und vie­le wei­te­re neue Musik.

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Alle Songs:

  • Shawn Men­des – What The Hell Are We Dying For?
  • Janel­le Monáe – Lip­stick Lover
  • Cold War Kids – Dou­ble Life
  • Art School Girl­fri­end – Hea­ven Han­ging Low
  • Swiss & Die Andern – Urlaub bei Omi
  • Miya Folick – Short­s­top
  • Aisha Badru – Insi­de
  • Semiso­nic – Litt­le Bit Of Sun

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Fernsehen Film

Streaming-Tipps Juni 2023

Bevor ich mich mut­maß­lich bald bei Net­flix abmel­de, habe ich mal ein paar Sachen von mei­ner „Das woll­test Du Dir irgend­wann viel­leicht mal ange­se­hen haben“-Liste geschaut: Den Film „Die Schlacht um die Schel­de“, die zweit­teu­ers­te nie­der­län­di­sche Pro­duk­ti­on aller Zei­ten, hat­te ich aus zwei Grün­den sehen wol­len: zum einen, um mein Nie­der­län­disch zu trai­nie­ren, zum ande­ren, weil die titel­ge­ben­de Schel­de bei Wal­che­ren in die Nord­see mün­det, also dort, wo ich seit Jahr­zehn­ten am Liebs­ten mei­ne Urlau­be ver­brin­ge. Die Schlacht an der Schel­de­mün­dung dien­te der Befrei­ung des Hafens von Ant­wer­pen, den die West­al­li­ier­ten für ihre Nach­schub­ver­sor­gung brauch­ten, und war inso­fern eine der vie­len ent­schei­den­den Schlach­ten des 2. Welt­kriegs. Zwi­schen „Der Sol­dat James Ryan“-ähnliche Schlach­ten­sze­nen erzählt der Film eher klei­ne, all­täg­li­che Dra­men, die in kei­nem Geschichts­buch vor­kom­men wür­den, von denen man aber anneh­men muss, dass es sie tau­send­fach gege­ben hat. Unter ande­rem wird der Topos „cha­ris­ma­ti­scher Nazi“ von Jus­tus von Dohn­anyi hier noch mal sehr gru­se­lig neu mit Leben gefüllt. Tat­säch­lich wird in dem Film weni­ger Nie­der­län­di­sche gespro­chen als Deutsch und Eng­lisch (in der deut­schen Syn­chron­fas­sung spre­chen mut­maß­lich wie­der alle die gan­ze Zeit Deutsch, weil das halt immer so ist), aber ich fand ihn schon recht beein­dru­ckend und bedrü­ckend.

Eben­falls bei Net­flix läuft die 40-minü­ti­ge Doku­men­ta­ti­on „The Mar­tha Mit­chell Effect“. Mar­tha Mit­chell war die Ehe­frau von John N. Mit­chell, dem Wahl­kampf­ma­na­ger Richard Nixons und spä­te­rem US-Jus­tiz­mi­nis­ter, und als der Water­ga­te-Skan­dal begann, begann sie sofort, Prä­si­dent Nixon selbst zu beschul­di­gen. Mar­tha Mit­chell wur­de von den mäch­ti­gen Män­nern in Washing­ton dis­kre­di­tiert und als alko­hol­kran­ke mad woman abge­stem­pelt. Ihr Ruf und ihre Ehe waren rui­niert, sie starb bald dar­auf — und fast alle Vor­wür­fe, die sie erho­ben hat­te, stell­ten sich im Nach­hin­ein als wahr her­aus (die ande­ren gel­ten als noch nicht bestä­tigt). Auch die­ser Film ist beein­dru­ckend und bedrü­ckend und auch hand­werk­lich sehr gut gemacht.

Auch der Doku­men­tar­film „Cir­cus Of Books“ läuft auf Net­flix. Die Regis­seu­rin Rachel Mason erzählt hier die Geschich­te ihrer Eltern Karen und Bar­ry, die als jüdi­sches Hete­ro-Paar einen der bedeu­tends­ten Läden für schwu­le Lite­ra­tur und Por­no­gra­fie in LA betrie­ben haben. Wie es dazu kam, ist absurd; wie sich kon­ser­va­ti­ve Poli­tik und die AIDS-Epi­de­mie auf die Arbeit und das Leben der Fami­lie aus­wirk­te, ist erschüt­ternd; und wel­che Fol­gen das Inter­net und Dating Apps für das Geschäft haben, kann man sich aus­ma­len. Dies alles aus nächs­ter Nähe von der Fami­lie geschil­dert zu bekom­men, ist sehr beein­dru­ckend.

Bei Dis­ney+ schließ­lich habe ich „In & Of Its­elf“ gese­hen. Ich hat­te schon eini­ges dar­über gehört, meist ver­bun­den mit dem Hin­weis, dass man nicht erklä­ren kön­ne, was das sei. Das stimmt. For­mal ist es der Mit­schnitt einer Show des Zau­be­rers Derek Del­Gau­dio, die 552 mal in einem klei­nen Thea­ter in New York City zur Auf­füh­rung gekom­men war. Del­Gau­dio zeigt dar­in Taschen­spie­ler­tricks, er erzählt Tei­le sei­ner Lebens­ge­schich­te und sorgt spä­ter für im viel­fa­chen Sin­ne magi­sche Momen­te. Es ist für Zau­be­rei in etwa das, was „Nanet­te“ von Han­nah Gadsby für Come­dy ist: eine völ­li­ge Dekon­struk­ti­on und ein Sprung auf die nächs­te Daseins­stu­fe (und das exak­te Gegen­teil von den Ehr­lich Brot­hers bzw. Mario Barth). Ich kann es lei­der auch nicht erklä­ren, aber dar­um geht es ja: Im Sin­ne von Eli­sa­beth Küb­ler-Ross bin ich recht schnell von deni­al zu accep­tance gesprun­gen und habe gar nicht mehr ver­sucht, zu ver­ste­hen, wie die Tricks funk­tio­nie­ren könn­ten. Ich war Fox Muld­er: I want to belie­ve. Selbst wenn Euch Zau­be­rei gar nicht inter­es­siert, soll­tet Ihr Euch „In & Of Its­elf“ anschau­en! (Nicht zuletzt, weil es eine wahn­sin­nig span­nen­de Erfah­rung ist, von einer title card auf­ge­for­dert zu wer­den, sein Han­dy weg­zu­le­gen und alle Ablen­kung zu unter­las­sen.)


Die­ser Text erschien zuerst in mei­nem News­let­ter, für den man sich hier anmel­den kann.

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Musik

Neue Alben von Foo Fighters, Ben Folds, Noel Gallagher’s High Flying Birds, neue Songs von Victoria Canal, Demi Lovato

So vie­le tol­le neue Alben von per­sön­lich bedeut­sa­men Acts hat man sel­ten an einem Tag: Am 2. Juni erschie­nen „But Here We Are“ von den Foo Figh­ters, „What Mat­ters Most“ von Ben Folds und „Coun­cil Ski­es“ von Noel Gallagher’s High Fly­ing Birds. Und dann war da auch noch „Lucky For You“ von Bul­ly.

Dazu kom­men wei­te­re neue Songs von Vic­to­ria Canal, Annie Tay­lor und das ca. fünf­tau­sends­te Cover von Neil Youngs „Heart Of Gold“ — hier mit Bon Iver.

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Alle Songs:

  • Foo Figh­ters – Bey­ond Me
  • Ben Folds – Kris­ti­ne From The 7th Gra­de
  • Noel Gallagher’s High Fly­ing Birds – We’­re Gon­na Get The­re In The End
  • Bul­ly – All I Do
  • Vic­to­ria Canal – Shape
  • Annie Tay­lor – Ride High
  • Demi Lova­to – Cool For The Sum­mer (Rock Ver­si­on)
  • Ilsey feat. Bon Iver – Heart Of Gold

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Musik

Neue Musik von Anna Tivel, Matchbox Twenty und Crucchi Gang, In Memoriam Tina Turner

Tina Tur­ner ist ver­gan­ge­ne Woche im Alter von 83 Jah­ren gestor­ben — eine trau­ri­ge Nach­richt, auf die Lukas in der heu­ti­gen Sen­dung natür­lich ein­geht. Vor­her gibt es aber noch neue Songs von The Lemon Twigs, Anna Tivel und Bleach Lab, Italo-Pop mit Toco­tro­nic, einen Qua­si-ESC-Song und eine Auto­scoo­ter-Hym­ne.

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Alle Songs:

  • The Lemon Twigs – Any Time Of Day
  • Anna Tivel – The Good Fight
  • Cruc­chi Gang feat. Toco­tro­nic – In dub­bio per il dub­bio
  • Bleach Lab – Coun­ting Emp­ties
  • Match­box Twen­ty – Don’t Get Me Wrong
  • Per­fect­ly Human – Bad As
  • The Beach Boys – Fun, Fun, Fun (Ste­ve Aoki Remix)
  • Tina Tur­ner – The Best

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Musik Leben

In memoriam Tina Turner

Wie stark einen die Nach­richt vom Tod einer berühm­ten Per­son trifft, hängt von meh­re­ren Fak­to­ren ab: Zuerst ein­mal natür­lich von der Bedeu­tung die­ser Per­son und ihres Schaf­fens für das eige­ne Leben; dann von ihrem Alter und der … nun ja: Erwart­bar­keit des Todes, aber auch vom Zeit­punkt und dem Weg, wie man von ihrem Able­ben erfährt. Ich war ges­tern in einer recht auf­ge­räum­ten Fei­er­abend-und-nichts-Kon­kre­tes-vor-Stim­mung, als mir ein Freund und Kol­le­ge einen Screen­shot schick­te, dass Tina Tur­ner gestor­ben sei. Ent­spre­chend hat­te ich Zeit und Muße, sofort sehr aus­gie­big ihre Musik zu hören und mich in den im Minu­ten­takt auf Social Media vor­ge­brach­ten Hul­di­gun­gen zu ver­lie­ren.

Es gab eine Zeit, da gehör­te die Musik von Tina Tur­ner zu mei­nem Eltern­haus wie die Möbel des Pro­fil­sys­tems von Flöt­ot­to, das Bang-&-Olufsen-Festnetztelefon Beocom 2000 und das son­nen­gel­be Stein­gut­ge­schirr der Mar­ke Tho­mas. Ihre Hits der 1980er und frü­hen 1990er Jah­re waren wich­ti­ger Bestand­teil jener Mix­tapes, die mein Vater für soge­nann­te Feten zusam­men­ge­stellt hat­te und die dann, immer einen Tacken zu laut für durch­schnitt­li­che Gesprä­che, zunächst das gesell­schaft­li­che Bei­sam­men­sein und Essen unter­mal­ten, ehe es zum Äußers­ten kam und erwach­se­ne Men­schen in einer Art unge­len­kem Halft­i­me-Pogo über die im Wohn­zim­mer geschaf­fe­nen Frei­flä­chen tanz­ten. (Wei­te­re unab­ding­ba­re Songs für die­se Anläs­se: die Miles-Davis-Inter­pre­ta­ti­on von Micha­el Jack­sons „Human Natu­re“; „Ella, elle l’a“, die­ser Spät-Hit einer ande­ren Groß­künst­le­rin im drit­ten Akt: France Gall; irgend­was von Her­bert Grö­ne­mey­er, Patri­cia Kaas und Phil Coll­ins und – zu spä­ter Stun­de – das eben­so unver­meid­li­che wie unori­gi­nel­le „Smo­ke On The Water“ von Deep Pur­ple, zu dem dann auch schon mal auf Küchen­be­sen Nicht-mehr-nur-Luft-Gitar­re gespielt wur­de. Viel­leicht baue ich irgend­wann mal eine Spo­ti­fy-Play­list aus die­sen Par­ty-Hits – oder ich gehe noch mal in The­ra­pie.)

Songs wie „The Best“, „I Don’t Wan­na Lose You“, „What’s Love Got To Do With It“, „Why Must We Wait Until Tonight“, „Pri­va­te Dancer“ oder „Steamy Win­dows“ waren mir so selbst­ver­ständ­lich, dass sie natür­lich auch auf mei­nen ers­ten eige­nen Mix­tapes lan­de­ten, die – in Erman­ge­lung eige­ner CDs – natür­lich auch nur die Musik­samm­lung mei­ner Eltern wie­der­ga­ben. Ich habe ges­tern Abend beim Wie­der­hö­ren (teil­wei­se nach meh­re­ren Jahr­zehn­ten Pau­se) nur halb über­rascht fest­ge­stellt, wie sexu­ell vie­le die­ser Songs waren, was ich als Zehn­jäh­ri­ger natür­lich nicht begriff – aber ich bin mir sicher, dass z.B. „Steamy Win­dows“ („Coming from the body heat“) schon damals eine selt­sa­me Ver­hei­ßung mit sich brach­te, die eher nicht aus der Musik eines Phil Coll­ins sprach.

Wir ten­die­ren ja dazu, pop­kul­tu­rel­le Phä­no­me­ne – wie alles, mit dem wir auf­wach­sen – als buch­stäb­lich natür­lich zu betrach­ten. Inso­fern war Tina Tur­ner zur Wen­de-Zeit selbst­ver­ständ­lich einer der größ­ten leben­den Pop­stars und ich wuss­te nichts über ihr Davor, die erst pro­duk­ti­ve, dann kata­stro­pha­le Ehe mit Ike und ihr Come­back in den 1980er Jah­ren. Die­ses Wis­sen um ihren bio­gra­phi­schen Hin­ter­grund lässt ihr Schaf­fen im Nach­hin­ein natür­lich noch ein­mal um so grö­ßer erschei­nen, lässt jeden ein­zel­nen, auch nur halb-selbst­be­wuss­ten Song zum State­ment wer­den und sie als Künst­le­rin umso mehr zur Iko­ne. Dass sie bei Ver­öf­fent­li­chung von „The Best“ (ich ler­ne gera­de, dass die ursprüng­li­che Ver­si­on die­ses Songs von Bon­nie Tyler stammt) fast 50 Jah­re alt war – ein für dama­li­ge Ver­hält­nis­se unge­heu­er­li­ches Alter für einen weib­li­chen Pop­star – erscheint mir auch vor allem in der Rück­schau bemer­kens­wert – als Kind ist „Alter“ eine abso­lut unein­seh­ba­re Kate­go­rie und es gibt nur „alt wie Mama und Papa“, „alt wie Omi und Opi“ und „die älte­ren Geschwis­ter von Freund*innen“, was auch wirk­lich alles umfas­sen kann. Aber ich war glei­cher­ma­ßen ver­wirrt und stolz, als ich vor drei Jah­ren mit mei­nem Sohn bei uns im Wohn­zim­mer eine Wand far­big anstrei­chen woll­te, zu die­sem Zweck für mei­ne Ver­hält­nis­se unge­wöhn­lich volks­tü­melnd das For­mat­ra­dio auf­dreh­te und dort dann eine vom nor­we­gi­schen DJ Kygo nur mäßig über­ar­bei­te­te Ver­si­on von „What’s Love Got To Do With It“ lief, von der mein Sohn mir als­bald zu Ver­ste­hen gab, dass sie ihm geläu­fig sei. „Tina Tur­ner müss­te doch inzwi­schen wirk­lich alt sein“, dach­te ich und ließ grü­ne Wand­far­be auf den Fuß­bo­den trop­fen.

Tina Tur­ner war auch das per­fek­te Gegen­ar­gu­ment für die ja immer noch in Tei­len der Hob­by-Kul­tur­kri­tik vor­herr­schen­de Schwach­sinns-Posi­ti­on, „ech­te“ Musiker*innen müss­ten ihre Songs selbst schrei­ben. Mehr noch: Sie brauch­te für ihre Hits nicht mal die bes­ten Song­wri­ter ihrer Gene­ra­ti­on, son­dern vor­sich­tig gesagt irgend­wel­che. Ich per­sön­lich hal­te die Dire Straits für eine der egals­ten Pop-Kapel­len aller Zei­ten, deren Prä­senz in der Rota­ti­ons­lis­te jeden Sen­der Lügen straft, der behaup­tet, „das Bes­te“ der 1980er Jah­re im Reper­toire zu haben, aber „Pri­va­te Dancer“ ist – selbst in sei­ner 7:11-Minuten-Albumversion – ein so atmo­sphä­risch dich­ter, phan­tas­ti­scher Song, dass Mark Knopf­ler für des­sen Lauf­zeit wie ein genia­ler Song­wri­ter wirkt. Bono und The Edge schrie­ben mit „Gol­de­nEye“ das, was Tina Tur­ner dann zum frag­los bes­ten James-Bond-Song aller Zei­ten mach­te, und waren danach offen­bar so aus­ge­laugt, dass ihnen mit ihrer Band U2 nach 1995 nicht mehr viel von Bedeu­tung gelang. Wie­viel sie aus Songs raus­ge­holt hat, die bei ande­ren Men­schen jetzt nicht so zün­den wür­den – und das in den musi­ka­lisch oft frag­wür­di­gen 1980er Jah­ren: Da zeigt sich die gan­ze Stär­ke einer Aus­nah­me-Künst­le­rin.

Ent­spre­chend kamen kurz nach der Todes­nach­richt die Wür­di­gun­gen auch aus allen Ecken des kul­tu­rel­len Spek­trums: Mick Jag­ger, Shir­ley Bas­sey, Anton Cor­bi­jn, Debbie Har­ry von Blon­die und die Pet Shops Boys zogen eben­so den Hut wie Ange­la Bas­sett, die Tina Tur­ner 1993 im Film „What’s Love Got To Do With It“ ver­kör­pert hat­te – zu einer Zeit, als noch nicht jede zwei­te Lebens­ge­schich­te in einem Bio­pic ver­wurs­tet wur­de. Auf Twit­ter mach­te ein Video die Run­de, zu des­sen Beginn Tina Tur­ner erst einer schwar­zen Limou­si­ne ent­stieg, um dann auf beein­dru­cken­den Absät­zen 1:1 den Ein­marsch eines US-Prä­si­den­ten bei der Sta­te of the Uni­on Address zu exer­zie­ren (inkl. „Ladies and gen­tle­men: Miss Tina Tur­ner!“ aus dem Off), was alles in einer 120.000-Volt-Liveversion von „The Best“ kul­mi­niert. Pop­kul­tur: So und nicht anders! Tina Tur­ner ist ges­tern im Alter von 83 Jah­ren in ihrer neu­en Hei­mat, der Schweiz, gestor­ben.

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Musik

Neue Musik von Blur, boygenius, Joker Out feat. Elvis Costello & Bully

Lukas ist vom Euro­vi­si­on Song Con­test zurück und von der anschlie­ßen­den Virus-Infek­ti­on gene­sen! Nach einer klei­nen ESC-Rück­schau geht es wei­ter mit neu­er Musik von Blur, Songs von den Alben von Amil­li, boy­ge­ni­us und Madi­son McFer­rin und gran­dio­sem 90’s‑Retro von Bul­ly.

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Alle Songs:

  • Kää­ri­jä – Cha Cha Cha
  • Joker Out feat. Elvis Cos­tel­lo – New Wave
  • Blur – The Nar­cis­sist
  • Amil­li – Sweet Life
  • boy­ge­ni­us – Emi­ly I’m Sor­ry
  • Danko Jones – Guess Who’s Back
  • Madi­son McFer­rin – (Plea­se Don’t) Lea­ve Me Now
  • Bul­ly – Days Move Slow

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Fernsehen Musik

Eurovision-Vorschau 2023

Am 9., 11. und 13. Mai fin­det in Liver­pool der dies­jäh­ri­ge Euro­vi­si­on Song Con­test statt. Grund genug für eine klei­ne, aber inten­si­ve Vor­schau!

Lukas Hein­ser, Sel­ma Zoron­jić und Peter Urban, der in die­sem Jahr zum 25. und letz­ten Mal den ESC kom­men­tie­ren wird, stel­len ihre per­sön­li­chen High­lights vor, spre­chen über gesamt­eu­ro­päi­sche Stim­mun­gen, musi­ka­li­sche Tra­di­tio­nen und wackeln­de Bau­ge­rüs­te.

Good evening, Euro­pe! Let the 2023 Euro­vi­si­on-Vor­schau begin!

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Alle Songs:

  • La Zar­ra – Évi­dem­ment (Frank­reich)
  • Mia Nico­lai & Dion Coo­per – Bur­ning Day­light (Nie­der­lan­de)
  • Wild Youth – We Are One (Irland)
  • Mar­co Men­go­ni – Due Vite (Ita­li­en)
  • Blan­ca Palo­ma – Eaea (Spa­ni­en)
  • Rei­ley – Brea­king My Heart (Däne­mark)
  • Teya & Sale­na – Who The Hell Is Edgar? (Öster­reich)
  • Mae Mull­er – I Wro­te A Song (Ver­ei­nig­tes König­reich)
  • Let 3 – Mama ŠČ! (Kroa­ti­en)

Show­no­tes: