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What a difference a day makes

Man hatte es kaum vermeiden können, mitzubekommen, dass Tony Blair die Schlüssel zu 10, Downing Street heute hergeben würde. Auch der Name des Nachfolgers war schon länger absehbar – zumal sich Blair und Gordon Brown angeblich schon vor dreizehn Jahren darauf geeinigt hatten.

Das grinsende Segelohr bekam vor seinem Auszug aus der bekanntesten Wohnadresse Europas als möglicherweise erster PM überhaupt stehende Ovationen zum Abschied. Viel aufmerksamkeitswürdiger wirkte jedoch zunächst das, was heute-Moderatorin Petra Gerster in den 19-Uhr-Nachrichten fallen ließ:

Der neue britische Premierminister heißt seit heute Gordon Brown.

Eine spontane Recherche konnte eine solche Namensänderung jedoch nicht verifizieren. Der Kerl hieß schon immer so. Es muss also wieder alles auf den unsauberen Umgang mit der deutschen Sprache geschoben werden. Wie langweilig.

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Großkatzen in kleinen Stücken

Send Away The Tigers - Coverentwurf (Abgelehnt)

Gestern erschien “Send Away The Tigers”, das achte Album der Manic Street Preachers. Vorgestern gab’s das Interview mit deren Sänger James Dean Bradfield, hier gibt’s die (wie immer total subjektive) Track-by-track-Analyse:

Send Away The Tigers
Der erste Titeltrack seit “Everything Must Go” – und danach klingt das Lied mit seinem Gitarren-Feedback-gestütztem Hymnen-Refrain auch ein wenig. “There’s no hope in the colonies” ist natürlich eine Auftaktzeile nach Maß und wenn die Manics auch noch ein “slow boat to China” nehmen wollen, ist mal wieder Politdisko angesagt.

Underdogs
Der Song braucht genau 42 Sekunden, bis Sean Moore ein Trommelfeuer entzündet und die Nummer in bester Leise-Strophe-lauter-Refrain-Manier in höhere Sphären prügelt. “Like the underdogs we are / Shining bright but now disappeared” kann man natürlich mal wieder auf den verschwundenen Gitarristen Richey Edwards beziehen – oder einfach ebenso laut mitgrölen wie die Zeile “People like you need to fuck / Need to fuck people like me”.

Your Love Alone Is Not Enough
James Dean Bradfield und Nina Persson schmachten sich gegenseitig an! Muss man mehr dazu schreiben? Na gut: “unübertroffen schlecht” ist höchstens Dein Geschmack, Jan Kühnemund.

Indian Summer
Da ist sie wieder: die Stadionhymne im Dreivierteltakt. Mit etwas Anstrengung kann man sogar den Text “A Design For Life” darauf singen. Atmosphärisch ganz dicht, Musikgewordene Jahreszeit.

The Second Great Depression
Ein Song, der klingt, als sei er bei den Aufnahmesessions zu Bradfields Soloalbum übriggeblieben – musikalisch wie textlich. Aber das macht zumindest mir nichts, den ich mochte “The Great Western” ja auch. Der Refrain kommt mit einem paar opulenter Streicher daher und schreit schon wieder nach Stadionrund und Feuerzeugen. “This Is My Truth Reloaded”, sozusagen.

Rendition
Diesmal geht’s gleich ganz weit zurück: “You Love Us” klopft an und mit “I wish we still had Jack Lemmon”, “Oh good God I sound like a liberal” und “I never knew the sky was a prison” gibt’s wieder jede Menge Sprüche für die Schultische und Unterarme kleiner Jungrevolutionäre.

Autumnsong
Hurrah, die Manics covern die Pumpkins!
Oh nee, doch nicht, klang nur so: nicht “Today is the greatest day I’ve ever known”, sondern “Remember that the best times are yet to come”. Die Streicher kommen diesmal schon in der Strophe, die Bridge klingt wie bei Queen. Und trotzdem – oder gerade deshalb? – eine der besten Manics-Nummern seit Jahren.

I’m Just A Patsy
Das ist der Beweis: die Manics stehen wieder voll im Saft. Selbst die nicht ganz so guten Songs rocken und bleiben besser im Ohr als zwei Drittel “Lifeblood”. Aber vielleicht hätte irgendjemand noch einen neuen Text schreiben sollen, bevor man Bradfield “I’m just a patsy for your love / I need an angel from above” singen lässt.

Imperial Body Bags
White Trash as its best. Ein Rundumschlag in Sachen Krieg, Schönheitswahn, Oberflächlichkeit und was uns sonst noch am Westen nervt. Klingt ein bisschen wie Guns N’ Roses …

Winterlovers
Die dritte Jahreszeit im zehnten Song, dazu ein “Nanana”-Refrain, der die Kaiser Chiefs beinahe neidisch machen könnte. Irgendwie nicht so ganz der große Wurf, aber eigentlich ein ganz passender Schlusstrack …

Working Class Hero
… wäre da nicht noch die heimtückische Attacke auf John Lennon. Selten waren sich Rezensenten derart einig: diese Coverversion geht gar nicht. Aber die Idee, ein ziemlich gutes Album mit dem vermutlich schlechtesten Song der Bandkarriere zu beenden, erfordert ja auch irgendwie Mut. Oder eine eindeutige “Leckt mich!”-Einstellung.

Fazit
Eigentlich darf ich sowas gar nicht schreiben, denn ich fand eh jedes Manics-Album mindestens okay: Trotzdem ist “Send Away The Tigers” das in sich stimmigste und emotional aufpeitschendste, daher vielleicht beste Album seit “Everything Must Go”. Alle Experimente sind vorbei, die Band besinnt sich auf das, was sie am besten kann, und liegt damit goldrichtig.

Send Away The Tigers - Cover (Original)
Manic Street Preachers – Send Away The Tigers

VÖ: 04.05.2007
Label: RedInk/SonyBMG
Vertrieb: Rough Trade

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Musik

Gott und die Welt: Ein Interview mit James Dean Bradfield

Morgen erscheint “Send Away The Tigers”, das achte Album der Manic Street Preachers (ausführliche Besprechung folgt). Zeit, für ein Gespräch mit deren Sänger James Dean Bradfield.

Das letzte Manics-Album “Lifeblood” wurde von der Kritik und den Hörern nicht so gut aufgenommen. Waren die Soloprojekte von Dir und Nicky der Versuch, neue Energie für die Manics zu sammeln?

Ehrlich gesagt glaube ich, dass wir nach den Reaktionen auf „Lifeblood“ eine Auszeit nehmen mussten. Wir hatten das Gefühl, irgendwie unsere Perspektive verloren zu haben, und wussten zum allerersten Mal nicht, was wir als nächstes tun wollten. Ich denke, dass unsere Soloprojekte neues Leben in die Manics gebracht haben. Die neuen Songs klingen sehr lebendig und nach Rock’n’Roll. Sie sind viel optimistischer, seit ich dieses Soloding gemacht habe.

Wenn wir über Perspektiven sprechen: Ihr habt Millionen von Platten verkauft und zum Jahreswechsel 1999/2000 eine riesige Show im Millennium Stadium in Cardiff gespielt – wie motiviert man sich nach solchen Aktionen wieder, neues zu machen?

Wenn ich je Schwierigkeiten hätte, mich selbst zu motivieren, würde ich aufgeben. Es ist verdammt einfach, sich für eine Show wie die im Millennium Stadium zu motivieren – eigentlich für jede Show. Ich mache das jetzt, seit ich 15 war, und es war mir von Anfang an klar: Ich finde nicht viel Katharsis im Songwriting, aber sehr viel, wenn wir spielen. Für mich ist Katharsis, wenn das Emotionale auf das Körperliche trifft. Und deshalb liebe ich es, Konzerte zu spielen. Selbst, wenn es ein Konzert ist, das ich nie spielen wollte, ist es für mich das einfachste auf der Welt, motiviert zu sein.

Ihr wart immer und seid auch heute noch eine sehr politische Band. Wie ist das in Zeiten, wo immer noch kein Frieden im Nahen Osten herrscht und die Menschen fast überall gegen soziale Einschnitte protestieren: inwiefern hat das die neuen Songs beeinflusst?

Ich denke, die letzten fünf, sechs Jahre waren für die politische Linke die größte Herausforderung, der sie sich je stellen musste. Die zentrale Frage lautet, ob sie an die Demokratie glauben oder einen Gottesstaat gutheißen. Die Linken haben Religion immer gehasst, eines ihrer Grundprinzipien lautet, dass Religion das Opium des Volkes ist. Die Mischung von Staat und Kirche ist eine Todsünde für die Linke.
Im Irak hatten wir plötzlich die Situation, dass eine Theokratie gestürzt wurde, aber eine imperialistische amerikanische Macht hat sie ersetzt. Ich glaube, dass hat die Linke sehr verwirrt im Hinblick darauf, was sie will. Dabei geht es weniger um die Kriege an sich, sondern viel mehr um das Selbstverständnis der Linken.