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Bundesblinden Song Contest

Eigent­lich woll­te ich gar nichts über den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ schrei­ben. Der Pop­kul­tur­jun­kie hat ein ganz wun­der­ba­res Live­blog geführt, in dem er unter ande­rem die bes­te und wahrs­te Ein­schät­zung zu den Sport­freun­den Stil­ler ablie­fer­te, die ich seit lan­gem gele­sen habe:

Es ist ja ein biss­chen scha­de, aber ich fin­de, die Sport­freun­de soll­ten sich auf­lö­sen. Oder nur noch live spie­len ohne neue Songs auf­zu­neh­men. Die Band dreht sich seit Jah­ren im Kreis, kei­ne ein­zi­ge neue Idee. Auch wenn sie sym­pa­thisch sind und eine groß­ar­ti­ge Live­band und über­haupt. Aber das hier ist ja wohl unglaub­lich mit­tel­mä­ßig.

Aber dar­um soll es gar nicht gehen: Der Pop­kul­tur­jun­kie ist auch ein Sta­tis­tik­freak und hat des­halb gleich ges­tern noch ein wenig rum­ge­rech­net:

Platz 1: Bran­den­burg, Platz 2: Thü­rin­gen, Platz 3: Sach­sen-Anhalt, Platz 5: Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Aber um die even­tu­el­len Ost-Ver­schwö­rungs­theo­rien gleich mal zu ent­kräf­ten: Ohne die fünf spä­ter hin­zu­ge­kom­me­nen Län­der hät­te die Rei­hen­fol­ge auf Platz 1 und 2 genau­so aus­ge­se­hen, nur Platz 3 wäre an Nie­der­sach­sen gegan­gen.

Das darf man natür­lich nicht ganz wört­lich neh­men, denn ohne die „neu­en Bun­des­län­der“ wäre ja weder Bran­den­burg noch Thü­rin­gen dabei dabei­ge­we­sen. Aber das ist Haar­spal­te­rei, denn auf die Punk­te aus den neu­en Bun­des­län­dern kam es bei den bei­den Erst­plat­zier­ten nicht an, wie er heu­te in einem wei­te­ren Bei­trag vor­rech­net:

Tat­säch­li­ches Ergeb­nis:

01 Bran­den­burg: Sub­way to Sal­ly – “auf kiel” (147 Punk­te)
02 Thü­rin­gen: Clue­so – “kei­nen zen­ti­me­ter” (146)
03 Sach­sen-Anhalt: Down Below – “sand in mei­ner hand” (96)
04 Nie­der­sach­sen: Madsen – “nacht­ba­den” (94)
05 Meck­len­berg-Vorp.: Jen­ni­fer Ros­tock – “kopf oder zahl” (79)
06 Schles­wig Hol­stein: Panik – “was wür­dest du tun?” (75)

Ergeb­nis ohne Wer­tun­gen aus den “neu­en Bun­des­län­dern”:

01 Bran­den­burg: Sub­way to Sal­ly – “auf kiel” (99 Punk­te)
02 Thü­rin­gen: Clue­so – “kei­nen zen­ti­me­ter” (96)
03 Nie­der­sach­sen: Madsen – “nacht­ba­den” (67)
04 Sach­sen-Anhalt: Down Below – “sand in mei­ner hand” (56)
05 Schles­wig Hol­stein: Panik – “was wür­dest du tun?” (54)

09 Meck­len­berg-Vorp.: Jen­ni­fer Ros­tock – “kopf oder zahl” (41)

„Wo kämen wir hin, wenn wir uns von Fak­ten eine schö­ne, vor­ein­ge­nom­me­ne Bericht­erstat­tung kaputt machen lie­ßen?“, wird sich Sebas­ti­an Wie­schow­ski gedacht haben, als er sei­nen lau­ni­gen schlecht gelaun­ten Arti­kel für „Spie­gel Online“ schrieb:

In die­ser Nacht war Deutsch­land kei­ne Bun­des­re­pu­blik – son­dern ein irr­wit­zi­ger Hau­fen aus 16 Klein­staa­ten, die sich bekämp­fen, pein­li­che Alli­an­zen gegen­ein­an­der schmie­den. Ergeb­nis: Der Osten putscht sich zum Sieg bei Ste­fan Raabs „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“.

heißt es schon im Vor­spann und eigent­lich hat man da ja schon kei­nen Bock mehr zu lesen. „16 Klein­staa­ten“, wo erlebt man sowas schon – außer im Bun­des­rat, der Schul­po­li­tik oder der Radio­land­schaft?

Und als wäre das Gere­de von der „Ost­block-Mafia“ beim Grand Prix nicht hin­rei­chend wider­legt, pol­tert Wie­schow­ski wei­ter:

Und was ehe­ma­li­ge Ost­block­re­pu­bli­ken beim ech­ten Grand Prix schaf­fen, ist für die neu­en Bun­des­län­der eine leich­te Übung – die stat­ten näm­lich mit Lie­be ihre Nach­barn punk­te­mä­ßig aus. Bran­den­burg schiebt sie­ben Punk­te nach Meck­len­burg-Vor­pom­mern, acht nach Ber­lin, zehn nach Thü­rin­gen und zwölf in die eige­ne Tasche.

Auf die Idee, dass die Leu­te Clue­so (Thü­rin­gen) und Sub­way To Sal­ly (Bran­den­burg) ein­fach gut fan­den, und die bei­den Acts des­halb auch nahe­zu durch­ge­hend 8 bzw. 10 Punk­te aus allen Bun­des­län­dern beka­men, ist der Autor offen­bar gar nicht erst gekom­men. Auch nicht dar­auf, dass es in der Sum­me exakt kei­ne Aus­wir­kun­gen hat, wenn sich jeder sei­ne zwölf Punk­te selbst zuschiebt. Ein­zig NRW hat es mal wie­der nicht geschafft, sich selbst die zwölf Punk­te zu geben, was zwar dafür gesorgt hat, dass Clue­so am Ende nur einen Punkt Rück­stand auf Sub­way To Sal­ly hat­te, aber letzt­lich weder ent­schei­dend war, was zwar letzt­lich ent­schei­dend war (Kor­rek­tur von 19:30 Uhr), aber kaum als „Ost­kun­ge­lei“ ange­se­hen wer­den kann.

Aber man kann das natür­lich auch dra­ma­ti­scher for­mu­lie­ren:

Die deutsch­land­weit gül­ti­ge Faust­re­gel lau­tet: In ers­ter Linie liebt man sich selbst.

Kein Wort zum gran­dio­sen Schei­tern der Top-Favo­ri­ten Sport­freun­de Stil­ler (Bay­ern) und Cul­cha Can­de­la (Ber­lin), nichts dar­über, dass der „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ und „TV Total“ so ziem­lich die letz­ten Sen­dun­gen im deut­schen Fern­se­hen sind, an denen man sol­che Bands über­haupt noch sehen und live hören kann, seit Sarah Kutt­ners Sen­dung vor andert­halb Jah­ren ein­ge­stellt wur­de.

Statt­des­sen gerüt­tel­ter Unfug wie:

Deutsch­land, einig Vater­land, das war ges­tern – es lebe die wie­der­ge­bo­re­ne Klein­staa­te­rei. Und schuld ist Ste­fan Raab.

Ach, und der Euro­vi­si­ons-Wett­be­werb ist dann ein Angriff auf das ver­ein­te Euro­pa oder was will uns der Autor damit sagen?

Schön natür­lich auch, dass selbst so ver­ab­scheu­ungs­wür­di­ge Ereig­nis­se wie so ein „Song Con­test“ für „Spie­gel Online“ immer noch gut genug sind, mit klick-gene­rie­ren­den Bil­der­ga­le­rien gewür­digt zu wer­den.

Die Begleit­tex­te dazu sind mal sinn­los

Sie­ger beim vier­ten Bun­des­vi­si­on Song Con­test – obwohl sie schon seit 15 Jah­ren Musik machen: Mit­tel­al­ter-Folk­ro­cker Sub­way to Sal­ly aus Bran­den­burg

mal falsch

Ber­li­ner Buben: Cul­cha Can­de­la woll­ten den letzt­jäh­ri­gen Erfolg von See­ed wie­der­ho­len – und schei­ter­ten am Mit­tel­al­ter-Folk ihrer Nach­barn.

Ja, Leu­te, wenn See­ed letz­tes Jahr gewon­nen hät­ten, war­um fand der Wett­be­werb die­ses Jahr dann in Nie­der­sach­sen statt? Viel­leicht, weil die Vor­jah­res­sie­ger Oomph! hie­ßen?

Ich soll­te „Spie­gel Online“ end­lich mal aus dem Feed­rea­der schmei­ßen …

Nach­trag 13:29 Uhr: … und sueddeutsche.de gleich mit:

Einen gut vor­be­rei­te­ten Ein­druck mach­ten die Nie­der­sach­sen, bestehend aus der drei­köp­fi­gen Rock-Band Madsen, […] Auch dem Bei­trag von Rhein­land Pfalz – dar­ge­bo­ten von der Gir­lie-Grup­pe Sis­ters – fehl­te es an effekt­vol­len Ein­fäl­len oder stimm­li­cher Qua­li­tät.

(Madsen sind zu fünft, Sis­ters für Nord­rhein-West­fa­len.)

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Musik Digital

Video-Spiele

Weil ja nie­mand den Nerv hat, den gan­zen Tag MTV und Viva lau­fen zu las­sen in der Hoff­nung, mal ein gutes Musik­vi­deo zu sehen (oder über­haupt mal eins) und weil es ja You­Tube gibt, liegt die Zukunft des Musik­vi­de­os im Inter­net.

Und weil ich gera­de so vie­le tol­le Vide­os auf Hal­de habe, hau ich die ein­fach mal nach­ein­an­der raus:

Tra­vis – My Eyes

Tra­vis machen mal wie­der alles rich­tig. Sie kop­peln die rich­ti­ge Sin­gle raus und dre­hen ein über­aus char­man­tes Video, das als Destil­lat aller guten Tra­vis-Vide­os durch­ge­hen kann: Alber­ne Ver­klei­dun­gen, nas­se Band­mit­glie­der und sicht­lich Spaß am Gan­zen.

Bob Dylan (Remi­xed by Mark Ron­son) – Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine)

So ganz sicher bin ich mir noch nicht, was ich vom ers­ten Dylan-Remix ever hal­ten soll. Die Glei­chung „Sin­ger/­Song­wri­ter-Legen­de + Pro­du­zent der Stun­de = Meis­ter­werk“ ging jeden­falls nicht ganz auf. Ron­son hat die glei­chen Blä­ser­sät­ze wie über­all sonst ver­bra­ten und lässt den Remix dadurch etwas belie­big wir­ken. Trotz­dem hat der Song sei­nen Charme und das Video ist wirk­lich sehr gelun­gen (wenn auch nicht hier ein­bind­bar, bit­te kli­cken Sie hier).

Oasis – Lord Don’t Slow Me Down

Trotz des Titels die­ses Blogs war ich immer mehr Oasis- als Blur-Fan. Also wird auch jeder neue Oasis-Song gefei­ert, egal wie er klingt. „Lord Don’t Slow Me Down“ [via Pop­kul­tur­jun­kie] wird eine Down­load-Only-Sin­gle und ist der Titel­song zur neu­en Oasis-Tour-DVD. Es ist kein son­der­lich bril­lan­ter Song, hät­te aber gut auf „Don’t Belie­ve The Truth“ gepasst.

Brit­ney Spears – Gim­me More

Nee, war natür­lich nur Spaß. Nicht kli­cken! Och …
Musi­ka­lisch geht die­se Num­mer des Tim­ba­land-Azu­bis Dan­ja natür­lich gar nicht, aber für hor­mo­nell über­steu­er­te Teen­ager gibt’s viel­leicht noch einen Ver­wen­dungs­zweck.
Okay, das war gemein. Ent­schul­digt, lie­be Teen­ager.

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Sport Rundfunk Politik

Rad und Tat

Man kann sicher viel dar­über dis­ku­tie­ren, ob es eine gute Idee war, dass Sat.1 die Bericht­erstat­tung der Tour de France über­nom­men hat, kaum dass ARD und ZDF aus­ge­stie­gen waren. Das geschieht ja auch hie und da und dort. Letzt­end­lich gibt es da sicher­lich kein „rich­tig“ oder „falsch“, aber es muss ja nicht jede Dis­kus­si­on zu einem Ergeb­nis kom­men.

Was mich aber gera­de mal wie­der auf die Pal­me treibt, sind die Ber­li­ner Hin­ter­bänk­ler, die – kaum, dass sich das Som­mer­loch bedroh­lich über der Medi­en­land­schaft öff­net – eiligst durch die Gegend ren­nen und in die erst­bes­ten Mikro­fo­ne hin­ein­sal­ba­dern:

Die Grü­nen spra­chen von einem «fata­len Signal», wenn die Quo­te zäh­le, der Inhalt aber nicht. «An die Zuschau­er wird dabei nicht gedacht, an einen sau­be­ren Rad­sport schon gar nicht – Haupt­sa­che Spek­ta­kel», heißt es in einer gemein­sa­men Erklä­rung der medi­en­po­li­ti­schen Spre­che­rin, Griet­je Bet­tin, und des sport­po­li­ti­schen Spre­chers, Win­fried Her­mann.

Zunächst ein­mal freut es mich natür­lich, wenn sich die mir bis­her unbe­kann­ten Grü­nen-Spre­cher als mei­ne Anwäl­te (ich als Teil­men­ge von die Zuschau­er) auf­spie­len. Allein: Ich will gucken – und eine knap­pe Mil­lio­nen ande­rer Leu­te offen­bar auch.

Sicher: Wir könn­ten auch der Über­tra­gung bei Euro­s­port fol­gen, dafür braucht es kei­ne lang­wei­li­ge Sat.1‑Übertragung. Aber allein die Ver­wen­dung des Begriffs „Spek­ta­kel“ zeigt, dass sich offen­bar kei­ner der Bei­den die Mühe gemacht hat, sich das Elend bei Sat.1 anzu­schau­en – dage­gen ist ja jeder Wet­ter­be­richt nach den „Tages­the­men“ ein grö­ße­res Spek­ta­kel. Und die Quo­te „stimm­te“ ges­tern bei Sat.1 schon mal über­haupt nicht.

Mir erschließt sich auch nicht so ganz, ob und wie der Rad­sport dadurch sau­be­rer wer­den soll­te, wenn die Tour nicht im Fern­se­hen auf einem Sen­der, der einen ein­stel­li­gen Sen­de­platz auf der Fern­be­die­nung belegt, über­tra­gen wür­de. Es ist ein biss­chen wie mit Schrö­din­gers Kat­ze: ent­we­der wird gedopt oder nicht – ob man dabei zuse­hen kann oder nicht, hat dar­auf kei­nen Ein­fluss.

Poli­ti­ker müs­sen nicht zu allem eine Mei­nung haben und vor allem soll­ten sie dar­auf ver­trau­en, dass die Bür­ger, von denen sie mit der Wah­rung ihrer Inter­es­sen beauf­tragt wur­den, mün­dig genug sind, einen Fern­se­her ein­zu­schal­ten oder nicht. So doll wie frü­her waren die Zuschau­er­zah­len der Tour schon bei ARD und ZDF nicht – also gibt es offen­bar genug frü­he­re Zuschau­er, die ent­we­der die Schnau­ze voll haben von gedop­ten Sport­lern oder – auch das wäre nicht undenk­bar – denen die unge­dop­ten Fah­rer zu lang­sam fah­ren.