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Film Politik

Ronald Reagan Revisited

Der Bundespräsident hat entschieden, von einem Gnadenerweis für Herrn Christian Klar abzusehen.

Mit einer so unspektakulären Verlautbarung hat Bundespräsident Horst Köhler heute eine monatelange, hitzige Debatte beendet und damit irgendwie mal wieder genau die richtigen Worte gefunden. Die klügeren Politiker haben diese Entscheidung des höchsten Mannes im Staate entsprechend auch als “souveräne Entscheidung des Bundespräsidenten” angenommen und darauf verzichtet, noch einmal nachzutreten.

Aber jetzt sitzen wir hier, haben plötzlich kein Thema mehr für Talkshows und Nachrichten, Beiträge über das heiße Wetter kann man auch keine mehr senden und Knut ist vermutlich so gut wie ausgewachsen. Das lädt zu Gedankenspielen ein: Wie viel spektakulärer wäre es z.B. gewesen, wenn Horst Köhler sich vor die Kameras gestellt und Clint Eastwood zitiert hätte?

Gnade ist heute aus!

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Film Rundfunk

Dies ist nicht Amerika

Ich habe gerade etwa 20 Minuten von der Verleihung des deutschen Filmpreises gesehen. Genug, um zu wissen, warum Babelsberg nie (mehr) Hollywood sein wird:

  • Das ZDF übertrug mal wieder zeitversetzt. Schon vor der Auszeichnung des besten Films konnte man im Internet (und vermutlich auch im ZDF-Videotext) lesen, dass “4 Minuten” gewinnen würde.
  • Die Oscar-erprobte Idee, die Dankesreden musikalisch abzuwürgen, wurde mit deutscher Gründlichkeit auf die Spitze getrieben: auch die Preisträger für den besten Film (also die letzte Auszeichnung des Abends) wurden lautstark und barsch von der Bühne gefegt.
  • Michael “Bully” Herbig ist nicht Billy Crystal. Er ist noch nicht einmal Ellen DeGeneres. Aber er ist alles, was wir haben, wenn nicht wieder Jörg Pilawa, Johannes B. Kerner oder Günther Jauch moderieren sollen.
  • Bernd Eichinger hat in der neu zu schaffenden Kategorie “angepisste Dankesrede eines vermeintlichen Favoriten” eine Sonderauszeichnung verdient. “Na ja, ich danke der Akademie”, dürfte als Bonmont in die an Anekdoten eher arme Geschichte des deutschen Filmpreises eingehen.

Aus dem langweiligen Küsschen-rechts-Küsschen-links-Rahmen fiel einzig Monika Bleibtreu, die ihren Preis als beste Hauptdarstellerin ihrem Sohn Moritz widmete. Dass dieser seine Rührung und seinen Stolz gar nicht mehr verhehlen wollte, war dann auch schon das Höchstmaß an Emotionen.

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Film Leben

Aus dem Zusammenhang

In den späten 1960er Jahren trieb in Nordkalifornien der sog. Zodiac Killer sein Unwesen. Seine (nachweisbaren) Opfer waren in der Regel junge Pärchen, die er auf teils ziemlich brutale Weise tötete. Besonders spektakulär an dem Fall waren die komplex verschlüsselten Briefe, die der (mutmaßliche) Täter an die Öffentlichkeit schickte und in denen er die Verantwortung für eine Vielzahl weiterer Morde übernahm. Bis heute ist sich die Polizei nicht sicher, wer der Zodiac Killer ist, und welche Motive ihn antrieben. Die Polizeiakte des San Francisco Police Departments, die vor drei Jahren geschlossen worden war, wurde im Frühjahr dieses Jahres wieder geöffnet.

Vor zwei Wochen lief in den USA “Zodiac” an, der neue Film von David Fincher (“Se7en”, “Fight Club”), der sich auf teils fiktiven, teils verbrieften Wegen mit dem Fall des Zodiac Killers befasst.

Gestern wurde in San Francisco ein 17jähriges Mädchen von einem unbekannten jungen Mann auf offener Straße erschossen, ihr Begleiter wurde verletzt.

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Film

Wer die Oscars eigentlich hätte bekommen müssen…

Vorbei ist sie wieder, die mitunter längste Nacht des Jahres, aber bestimmt die längste Sonntagnacht des Jahres: Bis 6.15 Uhr MEZ wurden 2007 wieder einmal 24 kleine goldene Statuetten verliehen. Doch nicht alle erreichten den korrekten Adressaten. Auch Tausende Academy-Mitglieder (darunter, wie ich mit Schrecken feststellen mußte, auch Franka Potente) können durchaus mal irren. Und das prangere ich an. In all meiner Weisheit weiß nämlich nur ich persönlich, wer von den Nominierten tatsächlich hätte gewinnen müssen.

Fangen wir doch mal mit dem heutigen BILD-Titel an: Der Kategorie “bester nicht-englischsprachiger Film”. Natürlich ist “Das Leben der anderen” kein schlechter Film, und selbstverständlich war die Entscheidung nicht so schlimm für mich persönlich, da ja immerhin der Patriot in mir Grund zum Jubeln hatte. Aber ich denke, jeder, der den Film “Nach der Hochzeit” von Susanne Bier aus Dänemark gesehen hat, kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. Klar, hätte der deutsche Beitrag nicht gewonnen, wären es die Mexikaner gewesen. Aber die besten Filme machen letzendlich ja doch die Dänen, auch wenn das keiner so recht wahrhaben will.

Alle Oscars, die das absolut unauthentische, lächerlich schlecht inszenierte und gespielte Musical “Dreamgirls” bekommen hat, gehören sofort wieder eingezogen. Abigail Breslin hätte gewinnen müssen, oder eine der Darstellerinnen aus “Babel”, oder von mir aus Cate Blanchett – ganz egal! Die waren alle gut, aber Jennifer Hudson? Und der Sound von “Flags of our fathers” war auch besser. Genugtuung brachte da nur, daß keiner der drei nominierten Songs aus “Dreamgirls” eine Chance gegen Melissa Etheridge hatte und die Auszeichnungen für Ausstattung und Kostüme an Außenseiter gingen (“Pans Labyrinth” bzw. “Marie Antoinette”).

Martin Scorsese hat seinen überfälligen Oscar bekommen, nachdem er nach unzähligen Halb- bis Totalausfällen wenigstens mal wieder einen einigermaßen spannenden Film hinbekommen hat, auch wenn es nur ein Remake eines genialen Thrillers aus Hongkong namens “Infernal Affairs” ist. Eigentlich hätte Scorsese auch weiterhin mit dem Hitchcock/Kubrick-Status leben können und man hätte mal wieder Clint Eastwood auszeichnen können oder noch besser Alejandro González Iñárritu.

Das beste adaptierte Drehbuch hat übrigens “Children of Men”. William Monahan hatte ja schon eine quasi fix und fertige Vorlage aus Hongkong. Was ist daran oscarwürdig, noch eine nette Rolle für Jack Nicholson mit reinzuschreiben? Und hat dieser nicht ohnehin am Set nochmal alle seine Zeilen komplett umgeschmissen? Dann gebt wenigstens ihm den Oscar!

So, aller Oscarfrust weicht so langsam von mir. Es war mal wieder eine schöne Show. Ellen DeGeneres war deutlich witziger als ich erwartet hätte, die Rückblicke waren nett und Maggie Gyllenhaal sah unglaublich süß aus (wie immer eigentlich, wollte es trotzdem nochmal erwähnen).

Also dann, bis nächsten Februar. Die Espresso-Maschine steht bereit.

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Film

Hauptsache wir sind

Es gibt viele Gründe, der Bild-“Zeitung” gegenüber kritisch eingestellt zu sein, und jeden Tag liefert das BildBlog ein paar weitere dazu. Fernab aller moralischer und ideologischer Grenzgänge hat sich “Bild” in den letzten Jahren aber vor allem mit einer Sache hervorgetan; mit einer Schlagzeile, die grammatisch grenzwertig und inhaltlich schlichtweg Blödsinn ist, und die sich deshalb in den allgemeinen Sprachgebrauch einbrennen musste: “Wir sind Papst!”

Es spricht sicher nicht für die Redakteure diverser öffentlich-rechtlicher Sender in Deutschland, dass mir gestern gleich an mehreren Stellen flapsige Moderationen unterkamen, die nahezu völlig identisch waren: “Jetzt sind wir nicht nur Papst, Fußball-Weltmeister der Herzen und Handballweltmeister, jetzt sind wir auch noch Oscar …”

Uff! So viel Dummheit muss man erst mal in so einen vergleichsweise kurzen Satz gewürgt kriegen. Mal ganz davon ab, dass dieses “wir” ja immer noch eine höchst diffuse Angabe ist (die beispielsweise genau dann überhaupt nicht mehr zutrifft, wenn Daniel Goldhagen ein Buch veröffentlicht), und “wir” mitnichten Oscar sind, sondern ihn höchstens haben (aber daran soll sich Bastian Sick noch abarbeiten, das geschieht ihm recht): das plötzliche Bohei um den Oscar für “Das Leben der Anderen” erscheint auch noch reichlich willkürlich. Als “Nirgendwo in Afrika” von Caroline Link 2003 als erster deutschsprachiger Film seit 1980 den Oscar erhielt, schlug die Meldung längst nicht so ein – dabei sind Filme, bei denen eine Frau Regie führte, bei den Oscars eine echte Besonderheit. Immer noch.

Aber “Nirgendwo in Afrika” war vor Papstwahl und Fußball-WM. Deutsche Filme teilten sich in pubertäre Komödien mit Til Schweiger, Katja Riemann oder Tom Gerhardt (also national erfolgreich) und “gut, aber zu ernst” (also international erfolgreich). Dass “Das Leben der Anderen” trotz seiner völlig un-ostalgischen Geschichte (und damit als Gegenentwurf zu “Good Bye, Lenin”) ein Publikumserfolg wurde, darf da schon als Sensation gelten. Und natürlich ist auch der dritte Oscar für einen deutschen Film (und der zweite innerhalb von fünf Jahren) immer noch weit vom Regelfall entfernt und verdient Respekt. Aber mit welch irrer Reflexhaftigkeit die Medien sofort wieder die Frage stellten, ob “der deutsche Film jetzt wieder da” sei, das war schon irritierend. Wo soll er sein? Und war er da schon mal und war dann plötzlich weg und ist jetzt wieder da? Oder ging es nur darum, die Worte “deutsch” und “wieder da” in einem Satz unterzubringen, weil das so schön klingt?

Sicherlich: es ist ein Verdienst der deutschen und bayrischen Filmförderung, dass so ein Film möglich war. Das hat der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck in seiner Dankesrede auch deutlich klar gemacht (der gleichen Dankesrede übrigens, in der er seine Hauptdarstellerin Martina Gedeck vergaß, nachdem diese zuvor schon nicht zur Oscar-Verleihung mitkommen konnte, weil der Regisseur lieber seine Gattin mitgenommen hat). Ansonsten handelt es sich bei “Das Leben der Anderen” (anders als z.B. bei einer Sportveranstaltung, bei der Tausende Fans ihr Team anfeuern) um das Werk einer nicht gerade kleinen, aber doch überschaubaren Gruppe. Und wenn man der Presse Glauben schenken darf, vor allem um das Verdienst der über achtzigjährigen Schauspielagentin Erna Baumbauer, die das Starensemble für ‘nen Appel und ‘n Ei zusammentrommelte. Aber statt diese Einzelleistungen zu würdigen (der Vorschlag, seine Macher als Helden der Arbeit auszuzeichnen, dürfte angesichts der Thematik des Films als “unpassend” bis “zynisch” angesehen werden), statt Henckel von Donnersmarck trotz seines etwas irritierend großen Selbstbewusstseins und seiner nur bedingt sympathischen Ausstrahlung als Beispiel für einen, der nach oben wollte und es geschafft hat, darzustellen, statt wenigstens die in weiten Teilen vorbildliche deutsche Filmförderung zu würdigen, ist wieder ganz platt und plakativ vom “Oscar für Deutschland” die Rede.

Forest Whitaker, der als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde, sagte in seiner Dankesrede, wie unwahrscheinlich es für einen schwarzen Jungen aus Texas gewesen sei, Schauspieler zu werden und den Oscar zu gewinnen. Er beschrieb, ohne es explizit zu erwähnen, den klassischen American Dream, wonach es jeder nach oben schaffen könne, der sich genug Mühe gebe und gut genug sei. Nach Sidney Poitier 1963, Denzel Washington 2002 und Jamie Foxx 2004 gilt es nicht einmal mehr eine größere Sensation, dass ein Schwarzer als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wird. Aber wenn ein Deutscher einen Oscar gewinnt, sollen natürlich gleich wieder 82 Millionen eine 30 Centimeter große vergoldete Statue sein. Wir sind seltsam!

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Film

David Lynch auf Pilzen

Ein ganzer Rattenschwanz an fun facts über “Inland Empire”, das neue Werk von unser aller Kultverwirrer David Lynch, geistert durch das Internet. Dass es kein Drehbuch gab, sondern Lynch einfach vor jedem Dreh die Szene schnell mal so schrieb. Dass dies Lynchs letzter Film sein wird. Dass die Sagen von Persephone, Alice im Wunderland, “Der Zauberer von Oz” und “Shining” die “Handlung” inspirierten.

Eine weniger lustige Tatsache ist die mit drei Stunden epische Laufzeit, und dass Lynch das DV-Format für sich entdeckt hat. Mit einer Sony-Kamera aus dem Elektroladen um die Ecke kann Lynch natürlich noch öfter überlebensgroße, von Wahnsinn verzerrte Gesichter auf die Leinwand bringen; und jede Menge Reisen unternehmen, meist durch die Psyche seiner Hauptfigur (Laura Dern: Respekt mein Lieber!), dann aber auch gerne mal nach Polen, wo ebenfalls ein Teil des Films spielt.

Konnte man bei “Mulholland Drive” oder “Lost Highway” mit einiger Mühe noch einen Zusammenhang bzw. gar eine Erklärung für das Gesehene finden, so entzieht sich “Inland Empire” jeglicher Logik. Man sieht sich einfach nur mit geballter Lynch-Power konfrontiert: Skurril, wild und mitunter ziemlich gruselig; absolut unerträglich für den Nicht-Eingeweihten und auch für den erklärten Fan nicht ganz leicht durchzustehen. Was ein Trip! Ich will auch was von dem Zeug das Lynch während der Dreharbeiten intus hatte. (Oder lieber nicht…)

P.S.: William H. Macys Cameo rockt! ;-) Achja, und falls Ihr Euch traut, der Film läuft ab 26. April in deutschen Kinos.