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Digital Gesellschaft

Schwarm, wir müssen reden!

Vor ziem­lich genau zehn Jah­ren habe ich mit dem Blog­gen ange­fan­gen. Erst drü­ben in unse­rem dama­li­gen Aus­lands­se­mes­ter-Blog und spä­ter dann hier. Mit einer klei­nen Trup­pe von AutorIn­nen woll­ten wir „die Zei­tung machen, die wir sel­ber ger­ne lesen wür­den“ – was bei Licht bese­hen auch damals schon etwas ver­mes­sen war, aber wir woll­ten ein­fach mal gucken, was so pas­siert.

Es wur­de sehr schnell ein Blog, in dem ich mich vor allem über Medi­en und Jour­na­lis­ten aus­ließ – was dar­an lag, dass ich damals vor allem das Blog von Ste­fan Nig­ge­mei­er und das BILD­blog gele­sen habe. Es wäre aber falsch, Ste­fan und Chris­toph Schult­heis die Schuld an mei­nem alt­klu­gen, übel­lau­ni­gen Geblog­ge zu geben – ich dach­te, glau­be ich, wirk­lich, dass sie bei „RP Online“ irgend­wann mit ihren Klick­stre­cken auf­hö­ren wür­den, wenn ich mich nur oft genug dar­über auf­re­ge. Inzwi­schen gibt es BuzzFeed und Social Media und ich sehe ein, dass „RP Online“ allen­falls einen vor­läu­fi­gen Tief­punkt dar­ge­stellt hat.

Blogs waren damals noch etwas ande­res, näm­lich die mut­maß­li­che Zukunft. Wir lasen gegen­sei­tig unse­re Blogs, ver­link­ten unse­re Ein­trä­ge unter­ein­an­der, führ­ten Debat­ten wei­ter und mach­ten uns gegen­sei­tig auf ner­vi­ge, aber auch auf tol­le Din­ge auf­merk­sam. Dann kamen Face­book und Twit­ter und inzwi­schen redet unge­fähr nie­mand mehr über Blogs, wenn es um die Zukunft des Jour­na­lis­mus geht.1 You­Tube ist der neue hei­ße Scheiß und die glei­chen Medi­en, die ein Leis­tungs­schutz­recht ein­füh­ren woll­ten, weil Goog­le News Tei­le ihrer Tex­te zitiert, ent­sor­gen ihren Con­tent heu­te direkt bei Face­book, in der Hoff­nung, wenigs­tens noch ein paar Krü­mel abzu­be­kom­men.

Wäh­rend Face­book frü­her noch das digi­ta­le Wohn­zim­mer war, wo man Freun­de und Bekann­te um sich sam­mel­te und lus­ti­ge Vide­os mit ihnen teil­te, sind inzwi­schen alle Sei­ten­wän­de abge­baut wor­den wie wei­land im „Torn“-Video und wir kön­nen sehen, dass neben­an der Stamm­tisch tobt, den man frü­her nie wahr- oder gar ernst­ge­nom­men hät­te, und ein merk­wür­di­ger Mob jede Nach­richt kom­men­tiert, so dass man anschlie­ßend glaubt, die Welt sei vol­ler recht­schreib­schwa­cher Men­schen­has­ser, die wie­der­um glau­ben, die Welt sei vol­ler Ter­ro­ris­ten und „links­grün-ver­siff­ter Gut­men­schen“. Men­schen mit aus­ge­dach­ten Berufs­be­zeich­nun­gen sind der­weil damit beschäf­tigt, jede Woche eine neue App zu fin­den, die angeb­lich „das neue Face­book“ sei.

Kurz­um: Ich bekom­me rich­tig schlech­te Lau­ne, wor­auf­hin ich rich­tig übel­lau­ni­ge Sachen bei Face­book und Twit­ter pos­te, wo es dar­auf­hin aus­sieht, als sei ich ein rich­tig übel­lau­ni­ger Mensch. Zum Blog­gen kom­me ich nicht, weil ich die gan­ze Zeit mit Social Media beschäf­tigt bin und des­halb lei­der nicht mehr auf­schrei­ben kann, was mir eigent­lich gute Lau­ne macht und was ich gera­de toll fin­de.

Die­ses Dilem­ma hat­te ich vor zwei Jah­ren schon ein­mal zu behe­ben ver­sucht, indem ich jeden Tag einen „Song des Tages“ pos­ten woll­te. Klei­ner Haken: Durch die Fest­le­gung auf die­ses For­mat wur­de die schö­ne Idee bald zur läs­ti­gen Auf­ga­be, die mir – kor­rekt! – schlech­te Lau­ne mach­te.

Sue Reind­ke, deren Blog ich frü­her sehr ger­ne gele­sen habe und die ich heu­te (s.o.) eigent­lich nur noch über Social Media mit­be­kom­me, hat letz­te Woche ein Expe­ri­ment gestar­tet: Sie will unge­fähr jede Woche einen News­let­ter ver­schi­cken mit Din­gen, die sie beschäf­ti­gen. Ich hat­te frü­her schon öfter über das Medi­um News­let­ter nach­ge­dacht und fin­de die Idee rich­tig gut: Statt die Inhal­te alle bei Face­book zu ver­bal­lern, wo Face­book damit auch noch Geld macht und wo sie – vor allem außer­halb eines Web­brow­sers – auf tech­nisch grau­en­haf­tes­te und unbrauch­bars­te Art irgend­wo ins Nir­wa­na dif­fun­die­ren, kann man sie auch per E‑Mail schi­cken, dem unge­fähr ein­zig brauch­ba­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­weg, den das Inter­net jemals her­vor­ge­bracht hat. Die Pro­duk­ti­on geht nicht so schnell und impul­siv von­stat­ten wie die eines Tweets und man kann die E‑Mail in Ruhe lesen, wenn man mal Zeit hat. Das will ich direkt auch mal pro­bie­ren!

Ich wer­de mein Pri­vat­le­ben wei­ter weit­ge­hend aus dem Inter­net raus­hal­ten, aber statt wei­ter bun­te Papier­schmet­ter­lin­ge in Pin­kel­rin­nen zu wer­fen, will ich ver­su­chen, posi­ti­ve oder zumin­dest inter­es­san­te Din­ge an einem Ort zu ver­sam­meln: Musik, Trai­ler, emp­feh­lens­wer­te Tex­te, Pod­casts oder Vide­os und ein paar eige­ne Gedan­ken. Gleich­zei­tig will ich ver­su­chen, wie­der mehr in die­sem Blog zu machen (immer­hin fei­ert das im Febru­ar sei­nen zehn­ten Geburts­tag), aber das alles ohne Zwang.

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So lan­ge schon mal: mein aktu­el­les Lieb­lings­lied!

  1. Okay: So rich­tig redet nie­mand mehr über die Zukunft des Jour­na­lis­mus. []
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Musik Digital

Newsletter From Hell

Der Musicline.de-News­let­ter schreibt über „MySpace Play­list Vol. 1“:

Auf die­ser Dop­pel-CD sind alte Hasen wie Pla­ce­bo und Incu­bus ver­tre­ten, aber auch hei­ße New­co­mer wie Pea­ches, Death Cab for Cuties und Data­rock haben sich einen Platz auf der Plat­te erspielt.

Ich hab extra noch mal nach­ge­guckt: Der Text scheint tat­säch­lich von 2009 zu sein.

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Musik Gesellschaft

Killing time on Valentine’s

Ich mag mich da irren, aber ich glau­be, so inten­siv wie in die­sem Jahr ist der Valen­tins­tag noch nie bewor­ben wor­den.

In den letz­ten Wochen kamen täg­lich meist meh­re­re News­let­ter an (kei­ner davon von Blu­men­händ­lern), die zum Geden­ken eines im 3. Jahr­hun­dert ermor­de­ten Bischofs auf­rie­fen. Am Bes­ten kön­ne man dies, so der Tenor, indem man die gera­de dar­ben­de Wirt­schaft unter­stüt­ze.

Die Luft­han­sa woll­te mich nach Paris schi­cken, CD wow emp­fahl CDs „für sie“ (Leo­na Lewis, Rihan­na, Lily Allen) und „für ihn“ (Seal, The Clash, Jonas Brot­hers) und Apple schlug allen Erns­tes vor, man sol­le seine[r/m] Liebs­ten doch einen iPod mit Gra­vur schen­ken – ein­fach mal so, Mit­ten im Jahr. Und dass man zum Valen­tins­tag neue Unter­wä­sche ver­schenkt, weil die von Weih­nach­ten schon drei Mal aus­ge­zo­gen wur­de, ist ja eh klar.

Für alle, denen der Valen­tins­tag bzw. die kom­mer­zi­el­le Aus­schlach­tung des­sel­ben auch so rich­tig auf die Ner­ven geht, und vor allem für alle, die kei­nen Namen haben, den sie in einen iPod gra­vie­ren las­sen könn­ten, hier der Song des Tages:

[Direkt­link]

Sie hören Dirk Darm­staed­ter, den frü­he­ren Sän­ger der Jere­my Days, mit sei­nem Pro­jekt Me And Cas­si­ty und sei­nem … Nicht-Hit „Num­ber One Sin­gle“ aus dem Jahr 2002.

Und nach dem Video wis­sen wir auch, woher Barack Oba­ma das mit dem „Hope“ hat …

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Politik

Jeden Tag so viele nette Leute

Eben schnup­per­te ich mal wie­der über den pünkt­lich um 20 Uhr ver­schick­ten Tages­schau-News­let­ter, der viel char­man­ter ist als irgend­ein Stream, über den sich Lukas mal zur Abwechs­lung nicht lus­tig machen kann. Da stand dann also in ange­nehm unblin­ken­der Fest­brei­ten­schrift fol­gen­des:

* Scha­van will natio­na­les Demenz­zen­trum ein­rich­ten
Immer mehr Men­schen erkran­ken an Alz­hei­mer. Des­halb will die
Bun­des­re­gie­rung jetzt ein natio­na­les Demenz­zen­trum schaf­fen, um das
Pro­blem näher zu erfor­schen. Betrof­fe­nen soll es ein „Leucht­feu­er der
Hoff­nung“ sein, so For­schungs­mi­nis­te­rin Scha­van.

mehr: http://newsletter.tagesschau.de/re?l=6m7680I1oa164Ii

Ich schaff­te es lei­der nur bis zum ers­ten Kom­ma und muss­te los­brül­len vor Lachen. Doch bevor ich den Gedan­ken zuen­de gedacht hat­te, dass ihre Che­fin Ange­la doch schon eine Regie­rung bei­sam­men hät­te, merk­te ich, dass es gar nicht um die ange­mes­se­ne End­la­ge­rung von durch­dre­hen­den Poli­ti­kern ging. Scha­de eigent­lich.