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Acht- und Sachgeschichten

Ich glaub, ich verbring die nächsten Tage ausschließlich mit Phoenix-Gucken. Das Programm, das die aus Heiligendamm senden, muss man sich so vorstellen, wie wenn ARD und ZDF letztes Jahr rund um die Uhr von der Fußball-WM berichtet hätten, aber die Kameras nach den Nationalhymnen hätten abschalten müssen.

Dafür gibt es die ganze Zeit Gespräche mit Experten, die man sonst nie kennengelernt hätte – vorhin zum Beispiel mit dem Klimaforscher Mojib Latif. Zwischendurch wird an die Front geschaltet, wo Anwohner vorgestellt werden, die die Demonstranten mit Kaffee versorgen, dann werden direkt hinter dem Moderator Greenpeace-Boote aufgebracht. Wann bekommt man schon Weltpolitik, Lokalkollorit und Action gleichzeitig geboten?

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass bei den Übertragungen auch Lippenleser zur Verfügung stehen. Zu gern hätte ich erfahren, worüber Nicolas Sarkozy, Tony Blair, Wladimir Putin und George W. Bush mit Angela Merkel gescherzt haben. Überhaupt: Von Bush gab es heute Morgen eine sehr schöne Szene, wie er mal wieder die Bundeskanzlerin anflirtete.

Ich könnte mir dieses Geplänkel stundenlang angucken. Und solange die Staats- und Regierungschefs sich benehmen wie Teenager auf Klassenfahrt, können sie auch keine politischen Fehlentscheidungen treffen.

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Der russische Bärbeiß

Vorgestern erst schaffte unser guter Freund Wladimir Putin seinen ehedem tapsigen Vorgänger unter die Erde, dem dessen Eltern den Namen einer französischen Wodka-Sorte gegeben hatten. Und heute sorgt er wieder für großen Spaß und Erinnerungen an den Kalten Krieg.

Ihr wisst nicht, was das ist? Tun wir also mal für einen Moment so, als gäbe es die Wikipedia nicht: Damals, als die Mauer noch stand und dafür sorgte, dass die einen Deutschen Bananen essen und BILD lesen konnten und die anderen Deutschen nicht, hatten die USA noch einen ebenbürtigen Feind. Die Sowjetunion, hierzulande auch gerne UdSSR abgekürzt und unsterblich im geworden Beatles-Song “Back in the USSR”, hatte die gleiche Unmenge an ABC-Waffen (die Klamotten, die George Dabbeljuh angeblich im Irak finden wollte) wie die USA. Und weil die Amis schon damals nur dann Krieg spielen wollten, wenn sie sicher waren, dass sie gewinnen werden und nicht eventuell doch eine Atomrakete aufs Haupt bekommen, machten sie mit den Sowjets eine Art Rasenschach. Nur ohne Rasen und ohne Schach. Man teilte die Welt in Blöcke auf und versuchte überall dort, wo man sich noch keinem Block zugehörig fühlte, mit Spionage, Sabotage und sonstigen Sauereien Fakten zu schaffen. “Der Feind meines Feindes ist mein Freund”, hieß es damals. Altmodisch, gell?

Nun will Putin also wieder Kalter Krieg spielen. Oder wenigstens die Abrüstung aussetzen. Das sorgt für Sorgenfalten in Brüssel, wo mittlerweile sogar ehemalige Sowjetrepubliken mit uns Westlern spielen, weil Abrüstung doch so wichtig ist. Lustigerweise bekommt aber die NATO ihre eigenen Abrüstungsselbstverpflichtungen selbst nicht so recht auf die Reihe. Und dann wundert man sich, wenn die Russen auch nicht weiter machen? Bitte sehr.

Natürlich gibt’s auch wieder den üblichen Dünnschiss aus Washington, wo man nach neuer Vorgabe “Wer nicht Feind meines Feindes ist, ist auch mein Feind” denkt. Condoleezza Rice lässt irgendwer Sachen sagen wie, dass russische Bedenken gegen ein paar Raketen in ihrem Vorgarten “einfach aberwitzig” seien. Sie hätte wohl auch kein Problem damit, wenn jemand ein paar Minen auf ihrer Veranda installiert. 

Die einzigen vernünftigen Gedanken hatte mal wieder Bundesaußensteinmeier Frank-Walter: “Die Nachrichten des heutiges Tages waren kein Vergnügen.” Aber sowas von.