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An Tagen wie diesen

Stellen Sie sich bitte für einen Moment vor, sie wären Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Außenminister.

Ihre Woche hätte damit begonnen, dass Sie mit Ihrem französischen Amtskollegen ein Tonstudio aufsuchen, um dort einen “Integrationssong” einzusingen. Mit sowas macht man sich zwar mitunter ein bisschen zum Horst, aber es ist immerhin eine schöne Abwechslung zum üblichen Politikeralltag und bei der Bevölkerung kommt sowas auch gut an.

Montag Abend hätten Sie im Kanzleramt gesessen und die Koalitionsrunde wäre für Ihre Partei, die SPD, nicht wirklich erfolgreich verlaufen. Als Sie nach Hause gekommen wären, hätten Sie im “Nachtmagazin” hören müssen, dass eine Filmemacherin schwere Vorwürfe gegen den Musiker erhebt, mit dem Sie am Morgen noch im Tonstudio waren.

Der Dienstag hätte also für Sie im “Morgenmagazin” der ARD begonnen, wo Sie erst mal hätten erklären müssen, dass Sie sich nicht vorstellen könnten, dass die Vorwürfe richtig seien. Als nächstes hätten Sie erfahren, dass Ihr früherer Parteivorsitzender Franz Müntefering aus privaten Gründen vom Amt des Arbeitsministers und Vizekanzlers zurücktritt.

Weil Sie neuer Vizekanzler werden sollten, wäre bei Ihnen natürlich alles drunter und drüber gegangen und Sie hätten erst am Ende des gestrigen Tages mitbekommen, dass 26 Ihrer Fraktionskollegen ziemlichen Mist verzapft hätten.

Es sind Tage wie diese, an denen ich es besonders bedauere, dass es in Deutschland kein Äquivalent zur “Daily Show” gibt …

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Rollenspiel

Stellen Sie sich bitte für einen Moment mal vor, Sie wären Angela Merkel. Das mit dem Gesicht und der Frisur überlassen wir schön den Kollegen vom Privatfernsehen, dort macht man ja auch noch Namenswitze.

Sie wären vielmehr die erste Kanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik und beliebt wie nur sonst was. Sie hätten in diesem Jahr als weibliches Gegenstück zu Al Gore den Klimawandel gestoppt und sogar die “New York Times” hätte gerade groß über Sie und Ihren Rückhalt im Volke berichtet. Natürlich wären Sie auch so beliebt, weil Sie in fast zwei Jahren Regierung nichts getan hätten und die ganzen unbequemen Reformen, die jetzt zu wirken begönnen, alle noch auf das Konto der Vorgängerregierung gingen, aber das könnte Ihnen ja im Prinzip egal sein. Die einzigen Sorgen, mit denen Sie sich bis jetzt hätten rumschlagen müssen, wären eine missglückte Gesundheitsreform, leichte Widerstände gegen das “Elterngeld” Ihrer Familienministerin und das ganze Theater um die Sicherheit beim G8-Gipfel gewesen.

Und dann hätte irgendjemand ein paar Türen in ein paar Ministerien nicht ordnungsgemäß verschlossen und zwei Minister würden plötzlich mit dem Bollerwagen durch die deutsche Medienlandschaft ziehen um dem letzten Bundesbürger klar zu machen, dass Sie Ihr Kabinett überhaupt nicht unter Kontrolle hätten.

Dass Wolfgang Schäuble seit Monaten immer tiefere Einschnitte in die Grundrechte der Bürger, Ihrer Wähler, fordert, wäre den meisten Betroffenen noch total egal gewesen. Doch plötzlich würde der Mann alle noch mal überraschen und munter herumerzählen, er hielte es ja nur noch für eine Frage der Zeit, bis mal ein Terrorist daherkomme und eine Atombombe zünde.1

Fast zeitgleich würde sich Ihr Verteidigungsminister hinstellen und einen Vorschlag der Vorgängerregierung, den das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt hätte, wieder hervorholen und öffentlich ankündigen, im Zweifelsfalle auf Verfassung und Gericht zu scheißen und auf entführte Flugzeuge zu schießen. In den “Tagesthemen” würde er auf die Frage, ob sein Vorstoß überhaupt mit Ihnen abgesprochen sei, antworten, er und der Bundesinnenminister seien die besten Buddies überhaupt und die Frage ansonsten unbeantwortet lassen. Politiker diverser anderer Parteien und die Bundesluftwaffe würden sich gegen seinen Vorschlag wehren und in Deutschland herrschte eine Aufruhr, als habe gerade jemand Hitlers Familienpolitik gelobt oder Kunst als “entartet” bezeichnet.

Was würden Sie, der Sie ja Angela Merkel wären, jetzt tun?

1 Dass Schäuble meint, wir sollten uns “die verbleibende Zeit” nicht auch noch “verderben, weil wir uns vorher schon in eine Weltuntergangsstimmung versetzen”, anstatt endlich mal das zu tun, was er die ganze Zeit vorgibt zu wollen, nämlich die Sicherheit der Bürger zu schützen, ist eigentlich einen eigenen Wutanfall wert.