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dpa frisst kleine Kinder

Ich hät­te am Bes­ten nie damit anfan­gen sol­len, auf dpa-Über­schrif­ten zu ach­ten. Man könn­te dabei schnell ver­rückt wer­den.

Was glau­ben Sie bei­spiels­wei­se, wor­um es in einer Mel­dung geht, die fol­gen­den Titel trägt?

Leona Lewis erlebte einen Schock

Natür­lich: Die Sän­ge­rin ist bei einer Auto­gramm­stun­de von einem Fan ange­grif­fen wor­den, der ihr ins Gesicht schlug. Oder wie sich ihr Spre­cher laut der etwas miss­ver­ständ­li­chen dpa-Über­set­zung aus­drück­te:

„Leo­na ist offen­sicht­lich geschockt nach ges­tern, aber okay“

Und was, glau­ben Sie, ist Gegen­stand die­ser Mel­dung?

Pamela Anderson macht keine gute Figur

Man hät­te es gleich erah­nen kön­nen:

Pame­la Ander­son (41) hat das Publi­kum damit scho­ckiert, dass sie sich ihre Klei­der­schlep­pe wäh­rend einer Gala den gan­zen Abend von einem neun­jäh­ri­gen Mäd­chen tra­gen ließ.

Ja, und dann war da noch die­se Über­schrift:

Madonna lästert über Paul McCartney

Was da los war? Madon­na wird vom „Rol­ling Stone“ wie folgt zitiert:

„Peo­p­le have told me, ‘You could just go out the­re and play gui­tar and sing your songs like Paul McCart­ney’ but I’d be bored.

„Most of the joy of shows is the magic of crea­ting them – the theat­re. I’m a per­fec­tion­ist. I like hard work. I like to sweat.“

Man könn­te die­se Sät­ze lapi­dar damit zusam­men­fas­sen, dass Frau Cic­co­ne sich lang­wei­len wür­de, wenn sie auf der Büh­ne nur Gitar­re (hier im Sin­ne von: Bass) spie­len wür­de.

Man könn­te dar­aus natür­lich auch gan­ze Mel­dun­gen ablei­ten und sie dann beloppter­wei­se so über­schrei­ben:

Madonna criticizes Macca's live performances

Oder so:

Madonna 'bored' by Sir Paul McCartney

Oder gleich so:

Madonna says she finds Paul McCartney boring!

Oder eben so wie die Deut­sche Pres­se-Agen­tur.

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Nightmares are made of this

Vor vie­len Jah­ren, als ich noch im Use­net unter­wegs war, kam in einer der Musik-News­grup­pen die Idee auf, einen Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hof für Cover­ver­sio­nen (Sitz: Töten­sen) ein­zu­set­zen. Ich habe die­se Idee über die Jah­re etwas aus den Augen ver­lo­ren, aber ich den­ke, jetzt ist die Zeit reif.

Dabei will ich kei­nes­wegs die Auf­fas­sung ver­tre­ten, Cover­ver­sio­nen sei­en per se von nie­de­rem kul­tu­rel­len Rang und ideen­los. Wer das Nach­spie­len ander­erleuts Lied­gut für „Klau­en“ oder „Pro­fi­tie­ren von frem­den Ideen“ hält, hat einen wesent­li­chen Teil der Grund­idee von Pop­kul­tur nicht ver­stan­den. Auch war es ja in den 1950er bis 1970er Jah­ren durch­aus üblich, dass man kaum wuss­te, was eigent­lich ein Ori­gi­nal und was ein Cover war – so vie­le Ver­sio­nen eines Songs waren gleich­zei­tig auf dem Markt.

Und den­noch: Wir müs­sen reden.

Da war zunächst Leo­na Lewis‘ haar­st­rü­ben­de Ver­si­on des eigent­lich sehr schö­nen Songs „Run“ von Snow Pat­rol, über die ich bereits im Dezem­ber gerich­tet hat­te. Kürz­lich stol­per­te ich dann über eine gewag­te Neu­in­ter­pre­ta­ti­on, die das Kurz­zeit-Inter­net-Stern­chen Mina von „Love Hurts“ auf­ge­nom­men hat­te – vom Incu­bus-Song die­ses Namens, wohl­ge­merkt, nicht vom mil­li­ar­den­fach geco­ver­ten Ever­ly-Brot­hers-Klas­si­kers.

In eine völ­lig neue Dimen­si­on vor­ge­sto­ßen ist aller­dings ein … äh: Ton­do­ku­ment, das ich ver­gan­ge­ne Woche ver­se­hent­lich im Radio gehört habe. Ein Werk, das sogar der kano­ni­schen schlech­tes­ten Cover­ver­si­on aller Zei­ten (Wil­liam Shat­ner does „Lucy In The Sky With Dia­monds“) gefähr­lich wer­den könn­te.

Mei­ne Damen und Her­ren: Annie Lenn­ox ver­nich­tet „Shi­ning Light“!

Annie Lennox vernichtet "Shining Light"

(Die Plat­ten­fir­ma hat aus guten Grün­den die Ein­bet­tung des Vide­os unmög­lich gemacht.)

Für alle, die das Ori­gi­nal gar nicht ken­nen: Es stammt von Ash und spiel­te damals (vor – *schluck* – acht Jah­ren) eine wich­ti­ge Rol­le bei mei­nem Erwach­sen­wer­den.

Hof­fen wir, dass Lenn­ox‘ Ver­si­on ein Rie­sen­hit wird, damit das Schmer­zens­geld für Tim Whee­ler wenigs­tens hoch genug aus­fällt.

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Musik

Hörsturz 2008

Wir befin­den uns in dem Zeit­raum, den Men­schen, die auch vor For­mu­lie­run­gen wie „zum Blei­stift“ oder „ich bin nie­mand, der sich hin­stellt und sagt …“ nicht zurück­schre­cken, als „zwi­schen den Jah­ren“ bezeich­nen wür­den. Für mich ist dies immer eine Zeit höchs­ter nerv­li­cher Belas­tung, was nur zu einem gerin­gen Teil dar­an liegt, dass ich auf das Jahr und sei­ne zahl­rei­chen Rück­schlä­ge und Nie­der­la­gen zurück­schau­en muss, und zu einem gro­ßen Teil dar­an, dass ich mich selbst zwin­ge, alber­ne Lis­ten mit den bes­ten Songs und Alben des Jah­res zu erstel­len.

Die­se wer­den erfah­rungs­ge­mäß noch ein wenig auf sich war­ten las­sen (und fünf Minu­ten nach Ver­öf­fent­li­chung als völ­lig falsch und ahnungs­los ver­wor­fen wer­den), aber eine ande­re Lis­te kann ich ja schon mal aus dem Hand­ge­lenk schüt­teln: das Worst Of. (Falls zufäl­li­ger­wei­se Ihr Lieb­lings­song dabei sein soll­te: Die Lis­te ist natür­lich streng sub­jek­tiv und mei­ne Hits des Jah­res wer­den Ihnen bestimmt auch nicht gefal­len.)

Mein Pro­blem bei der Benen­nung der schlimms­ten Songs des Jah­res ist aber fol­gen­des: ich höre (außer an Spiel­ta­gen der Fuß­ball­bun­des­li­ga) kein For­mat­ra­dio. Die meis­ten Songs der Jah­res­charts sind mir (zumin­dest dem Titel nach) unbe­kannt und „I Kissed A Girl“ habe ich ein­fach nicht oft genug gehört, um das Lied von „nett“ auf „schei­ße“ run­ter­zu­stu­fen.

Dass es trotz­dem ein paar Songs geschafft haben, mir nega­tiv auf­zu­fal­len, spricht also defi­ni­tiv gegen sie:

5. Leo­na Lewis – Run
Nein, ich hät­te es erst­mal nicht für mög­lich gehal­ten, dass es mög­lich wäre, einen Snow-Pat­rol-Song zu über­frach­ten. Nor­ma­ler­wei­se gibt die Band selbst ja schon alles, um auf bis zu zehn Bono zu kom­men. Aber was Gary Light­bo­dy man­gels Jodel­di­plom nicht schafft, gelingt der „X Factor“-Gewinnerin Leo­na Lewis spä­tes­tens nach drei Minu­ten: sie singt eine für unzer­stör­bar gehal­te­ne Num­mer in Grund und Boden. Men­schen, die sol­che Stim­men ertra­gen, ohne an die ganz gro­ßen Hacke­beil­chen im hei­mi­schen Mes­ser­block zu den­ken, sind mir suspekt.
(Wie man trotz Cas­ting­show, Über­per­for­mance und Orches­ter einen Song nicht kaputt kriegt, zeigt Alex­an­dra Bur­ke mit Leo­nard Cohens „Hal­le­lu­jah“ – ande­rer­seits kann man einen Song, der von alt­tes­ta­ment­li­chen Geschich­ten und Musik­theo­rie han­delt, auch schwer­lich über­trei­ben.)

4. Revol­ver­held – Hel­den 2008
Revol­ver­held. Ein Hur­ra-Deutsch­land-Fuß­ball-Song. Natür­lich: ein ganz bil­li­ges Opfer. Ande­rer­seits auch ein schö­nes Geschenk: man konn­te das machen, was man als Deut­scher eh fast immer macht (also sich für sei­ne Her­kunft schä­men), und „Wir wer­d’n Euro­pa­meis­ter“ war auch eine Fehl­pro­gno­se. Wer sich mit den Sport­freun­den Stil­ler, Revol­ver­held und Xavier Naidoo umgibt, spielt dann halt hin­ter­her wie eine Mann­schaft mit Micha­el Bal­lack, Miros­lav Klo­se und Mario Gomez.

3. Brit­ney Spears – Woma­ni­zer
Das Video … ach, spre­chen wir nicht über das Video. Muss ja jeder selbst wis­sen, wie weit er sich ernied­ri­gen lässt – viel­leicht schreibt Froll­ein Spears ja nächs­tes Jahr noch für die „B.Z.“. Die Stro­phen ver­spre­chen ja auch noch einen durch­aus net­ten Flo­or­fil­ler, der zwar eher nach 2006 als nach 2008 klingt, aber halt was trotz­dem funk­tio­nie­ren könn­te. Nur hat irgend­ein Idi­ot im Stu­dio ver­ges­sen, einen Refrain ein­zu­fü­gen (das ist der Teil des Lie­des, der immer wie­der kommt und den alle mit­sin­gen kön­nen). Und eine Melo­die, die über einen Umfang von drei Tönen nicht hin­aus­kommt, müss­te schon sehr cat­chy sein, um zu funk­tio­nie­ren. Die hier gewähl­te nervt lei­der nur.

2. Kid Rock – All Sum­mer Long
Die Idee, einen der aus­ge­lutsch­tes­ten Top-40-Radio-Songs zu samplen, könn­te unter Umstän­den wit­zig sein – oder tie­risch schief gehen. „Wir waren jung, haben viel getrun­ken und den Som­mer durch­ge­fei­ert“ ist ein The­ma, mit dem man mich nor­ma­ler­wei­se (Bruce Springsteen, The Ata­ris, A) schnell begeis­tern kann. Aber – Ent­schul­di­gung – Kid Rock geht gar nicht und die­ses Lied rei­tet so lan­ge auf andert­halb net­ten Ideen rum, bis auch der letz­te Kegel­bru­der mit­schun­kelt. Wenn sich Atze Schrö­der nächs­tes Jahr an „Mar­mor, Stein und Eisen bricht“ ver­grif­fe – es könn­te kaum noch schlim­mer sein.

1. Amy Mac­Do­nald – This Is The Life
Ja, ja: Pete Doh­erty und Fran Hea­ly fin­den die Frau ganz toll. Aber ich kann mir nicht hel­fen: seit dem ers­ten Hören klingt „This Is The Life“ für mich, als ob Dolo­res O’Rior­dan von den Cran­ber­ries den Ket­chup-Song singt. Das ist so bie­de­rer Folk­pop, dass mei­ne Füße ein­schla­fen, noch bevor sie den dumpf vor sich hin schnau­fen­den Beat auf­neh­men kön­nen. Hät­te ich einen eige­nen Plat­ten­la­den, fän­den Sie Amy Mac­Do­nald in dem Fach mit der Auf­schrift „Musik für Men­schen, die sonst kei­ne Musik hören“.