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Ist das Lesen nicht schön?

In einem Anfall nur geringer Selbstüberschätzung dachte ich einmal “Was Elke Heidenreich kann, kann ich schon lange”, schnappte mir die Videokamera und erzählte dieser, welche Bücher man denn meine Meinung nach zu Weihnachten verschenken solle.

Herausgekommen ist ununterbrochenes Gesabbel, das man auch gut als bilderlosen Podcast hätte fabrizieren können, aber ich wollte ja unbedingt ein Video draus machen.

Bitte sehr, hier ist es:

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Anders als Elke Heidenreich brauche ich aber nur 16 Minuten. Das heißt, ich rede doppelt so schnell.

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Buchstabensuppe

Public Library, New York, NY

Morgen geht die Frankfurter Buchmesse wieder los, was man schon daran merkt, dass die Sonderbeilagen der großen Zeitungen so dick sind wie die Samstagsausgaben der kleinen Zeitungen. Die Kulturjournalisten der Fernsehanstalten haben ihre obskuren Sitzmöbel, auf denen sie namhafte Schriftsteller und Susanne Fröhlich zu befragen gedenken, sicher längst in Stellung gebracht. An den Publikumstagen werden sich unendlich lange Schlangen bilden und für ein paar Tage stehen auch mal diejenigen im Mittelpunkt, an denen man in der Fußgängerzone einfach vorbeigehen würde: die Autoren.

Schon stellt sich wieder die Frage, wer das denn bitteschön alles lesen solle. Die Antwort ist einfach, zumindest wenn es nach Pierre Bayard geht: niemand. Der französische Literaturprofessor hat ein Buch geschrieben, das es sich zu lesen lohnt: “Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat”. Der Titel ist etwas sperrig, hat aber andererseits den Vorteil, ziemlich genau zusammenzufassen, worum es in dem Buch geht.

Ich glaube ja sowieso, dass die wenigsten Bücher, die gekauft werden, auch gelesen werden. Das gilt insbesondere für Bestseller. Und ganz besonders für die Bücher von Bastian Sick. Bayard plädiert deshalb für einen entspannteren Umgang mit nicht gelesenen Büchern: Ob auf Cocktailparties oder in der Universität, überall wird man in Gespräche über Bücher verwickelt, die man oft genug nicht gelesen hat. Da jeder aber andere Informationen aus einer Lektüre mitnehme und man vieles, das man gelesen habe, eh wieder vergesse, hält Bayard es für relativ egal, ob man das diskutierte Buch überhaupt gelesen hat oder nicht. Im Gegenteil: Besonders angeregte Gespräche finden seines Erachtens nicht selten zwischen Personen statt, die den Gesprächsgegenstand beide nicht kennen.

Anhand von unterhaltsamen Anekdoten aus verschiedenen Romanen, von denen Bayard in den Fußnoten meist zugibt, sie selbst nicht gelesen zu haben, erstellt er eine Art “Geschichte des Nichtlesens” und gibt so zumindest indirekt Tipps, wie man auch ahnungslos bestehen kann. Er ermutigt seine Leser aber auch dazu, offen zu ihren Bildungslücken zu stehen.

Als Literaturwissenschaftler müsste man dieses Buch eigentlich hassen: Zum einen deckt es brutal auf, dass wir die wenigsten Bücher, über die wir sprechen und schreiben, überhaupt (vollständig) gelesen haben, zum anderen ermutigt es auch noch Andere zum gleichen Verhalten. Andererseits: Was spricht dagegen, sich mithilfe von Sparksnotes oder der Wikipedia einen Überblick über Bücher zu verschaffen, die man eh nie lesen wird? Man erlaubt sich ja auch Urteile über Filme, von denen man nur den Trailer gesehen hat, oder beurteilt ein Album nach seiner Single.

Lassen Sie es mich also so ausdrücken: Die Lektüre von Bayards Buch lohnt in jedem Falle (die vieler anderer Bücher im Übrigen auch). Es spricht wenig dagegen, in Gesprächen über Bücher, die man nicht gelesen hat, heftig zu nicken und die zwei Informationen, die man darüber kennt, einzustreuen. Vielleicht ist das Gespräch ja so erhellend, dass man das Buch hinterher doch noch liest. Wohl sollte man aber besser nicht von sich aus das Gespräch auf Bücher lenken, von denen man keine Ahnung hat. Das könnte doch schnell peinlich werden.