Das Stillleben von dpa
Von Lukas Heinser, 24. Januar 2009 14:59
Man muss sich das bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vermutlich so vorstellen: Da kommt eine Polizeimeldung rein, die von einer neuen riesigen Operation (man kennt das) gegen Kinderpornographie berichtet.
Darin:
Die aufgefundenen Beweismittel – Speicher des Handy und schriftliche Aufzeich-nungen – wiesen aus, dass der Mann kinderpornographische Schriften in Form von Bildern und Videosequenzen nicht nur empfangen hat und besitzt, sondern solche auch umfangreich verbreitet hat. In seiner Beschuldigtenvernehmung war der 33jährige geständig. Als Tatmittel benutzte der Mann ausschließlich ein Handy. Die Dateien wurden per „MMS“ (multimedia messaging service) ver-sandt.
In diesem Moment ruft der CvD: „Wir brauchen dringend ein Symbolfoto, wenn die Meldung rausgeht! Mach, mach, mach!“
Und so nimmt irgendjemand (der Bildchef, ein Praktikant, die Putzfrau) eine Digitalkamera zur Hand und sucht sich auf den Schreibtischen der Kollegen zusammen, was er braucht: ein Handy, einen Laptop, einen CD-Rohling und einen Folienstift.
Zwei Minuten später geht ein Bild über die Ticker, das nur wenig später in den Online-Auftritten der Zeitungen auftaucht:
(gefunden bei taz.de, aber auch beim „Naumburger Tageblatt“)
Für alle Mitarbeiter in der dpa-Zentrale bleibt zu hoffen, dass der Rohling mit der Aufschrift „Kinderpornographie“ ordentlich geschreddert wurde, bevor er entsorgt wurde.
Das gewählte Telefon, das Siemens S56, kann übrigens offenbar MMS anzeigen, auch wenn es nicht so aussieht.
„Spiegel Online“ und „RP Online“ war das Bild trotzdem zu doof und so entschied man sich dort für folgende Alternativen:
Interessant ist der aktuelle Fall mit dem MMS-Versand vor allem vor dem Hintergrund, dass Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen gerade eine Sperre kinderpornographischer Webseiten durchgeboxt hat. Denn hier zeigt sich, dass ihr völlig ahnungsloses Vorgehen in etwa so viel bringt wie ein Korken, wenn das Klo überläuft.
24. Januar 2009, 17:52
Das oberste Bild war gestern abend auch in der Tagesschau zu sehen… denen fällt wohl auch nichts besseres ein. Obwohl man in der Tagesschau nicht mal die Schrift auf der CD lesen konnte.
24. Januar 2009, 18:46
Wie scheiße sieht den das Wort „Stillleben“ bitte aus? Aber davon abgesehen: Gerade das Thema Kinderpornografie scheint die einfallslosen Symbolfotos geradezu magnetisch anzuziehen. Hast du doch vor nicht allzu langer Zeit schon mal gebloggt, mein ich…
24. Januar 2009, 19:32
Naja, die Fotos, um die es eigentlich geht, kann man ja auch schlecht benutzen…
25. Januar 2009, 12:03
… entlockte mir ein schmunzeln zu einem traurigen thema.
als bildredakteur kann sich mittlerweile aber jeder bezeichnen, der die gradationskurve aus photoshop kennt. klingt traurig, ist aber so …
25. Januar 2009, 14:00
Hm, das S65 hatte ich mal… das konnte kein MMS ;)
25. Januar 2009, 16:56
Diskreditiere bitte keine Korken! Ich vermute, die tolle Sperre führt zu dem einen oder andern False Positive. Zumindest das würde mit einem Stückchen Korkeichenrinde im Klo garantiert nicht passieren.
25. Januar 2009, 23:30
Ich habs gestern auch shcon bei der Tagesschau gesehen und mich kurz aufgeregt. Bei der Frage nach Alternativen hab ich mich jedoch gleich wieder abgeregt. Denn die Alternativen von Spiegel Online und RP sind ja nun auch nicht der Kracher. Was also wär die Alternative?
25. Januar 2009, 23:41
@Caro: Nee, das war einer der Daten-Skandale.
@denken fetzt: Die Alternative wäre, Fotos von der Pressekonferenz der Polizei zu zeigen (Bezug zum Fall), oder einfach gar kein Foto.
25. Januar 2009, 23:54
@Lukas genau das (keine Fotos) wollt ich hören :) (Wobei: die Tagesschau hätte da schon ein Problem…..)
27. Januar 2009, 14:52
das erste foto ist ja wirklich fabelhaft.
(und das bild zum abschluss – korken/klo – auch sehr hübsch)
28. Januar 2009, 12:13
Rofl. Stylisch wäre jetzt noch ein Rechtschreibfehler auf der CD…
25. Februar 2009, 20:33
[…] gabs das vor nicht allzulanger Zeit schonmal ähnlich doof bei der dpa. Die haben wenigstens auf die relativ sicher nicht kinderpornographischen Bilder im Hintergrund […]
9. April 2009, 16:43
[…] Erinnern Sie sich an das von deutschen Medien gern genutzte Angebot der Nachrichtenagentur dpa zur Bebilderung des Themas „Kinderpornographie”? […]
14. Dezember 2010, 13:04
Ich hatte das Handy auch, es hieß aber S55. Nach zu sehen auch bei Wikipedia. :-)