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Smile Like You Mean It

Einer der schlimmsten Irrtümer unserer Zeit ist ja der, dass Wahlkampf im Internet stattfinden müsse. Er kann, wenn man sich mit dem Medium auskennt, gute Ideen hat oder Barack Obama heißt. Mir persönlich wäre es angesichts von Facebook-Profilen von Politikern, iPhone-Apps von Parteien und sechs Milliarden “#piraten+”-Nachrichten auf Twitter täglich sogar lieb, wenn das Internet ein politikfreier Raum wäre, aber man kann nicht alles haben.

Richtig bizarr wird es aber, wenn der Kommunalwahlkampf im Internet stattfindet. Völlig ohne Grund geben sich Menschen, die bestimmt tolle Ideen für ihre Heimatstadt haben, aber nicht über Knowhow und Mittel für einen professionellen (und völlig überflüssigen) Online-Wahlkampf verfügen, online der Weltöffentlichkeit preis — und damit zumeist dem Spott.

Die Ruhrbarone stellen heute schlechte und nicht ganz so schlechte Beispiele von Internet-Videos als Mittel im Kommunalwahlkampf vor. Von den Bochumer Oberbürgermeister-Kandidaten habe ich nichts gefunden, aber in Dinslaken haben gleich zwei der sechs Bürgermeisterkandidaten Werbespots in Auftrag gegeben.

Den Anfang macht Heinz Wansing von der CDU (wir erinnern uns: “Da. Echt. Nah.”), der sich vom Dinslakener Star-Regisseur Adnan Köse (“Lauf um dein Leben – Vom Junkie zum Ironman”) in Szene setzen ließ. Nachdem Barack Obama uns letztes Jahr die Mutter aller Wahlwerbespots vorgestellt hat, lernen wir mit “Wansing – Der Film” jetzt deren Großcousine mütterlicherseits kennen:

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Sagen Sie bitte nicht, ich sei der Einzige, der bei der Musik die ganze Zeit damit rechne, dass gleich Dinosaurier aus dem Rotbachsee auftauchen. (Und Dinslaken wirkt übrigens nicht ganz so trostlos, wenn man es im Sommer besucht und filmt.)

Sein Gegenkandidat von der SPD, Dr. Michael Heidinger, orientiert sich mit “Michael Heidinger (SPD) – Der Film” optisch stärker an Filmen wie “A Scanner Darkly” oder “Waltz With Bashir”, verzichtet dafür aber völlig auf das Ablesen vom Blatt:

Link: Michael Heidinger (SPD) - Der Film (2009)

Diese Spots wirken auf mich ein wenig wie die Auftritte unbeholfener Kandidaten in Castingshows: Einerseits sucht da jemand ganz bewusst die Öffentlichkeit, andererseits hat man als Zuschauer das Gefühl, sie genau davor beschützen zu wollen.

Nachtrag, 31. August: Die Comicfigur hat übrigens gewonnen