Kategorien
Rundfunk

TV-Tipp: Stromberg

Wir hat­ten uns ja neu­lich mit dem Phä­no­men der Fremd­scham beschäf­tigt. Der Groß­meis­ter der Fremd­scham ist Ralf Hus­mann, der Autor von Fern­seh­se­ri­en wie „Strom­berg“, „Dr. Psycho“ oder „Der klei­ne Mann“. Hus­mann schafft es – und da ist er einer der ganz weni­gen – dass ich kör­per­lich auf sein Werk reagie­re und zwar der­ge­stalt, dass ich mir Augen und Ohren zuhal­ten muss, wäh­rend ich gleich­zei­tig ver­su­che, mei­ne Hän­de abzu­na­gen. Ich habe ent­spre­chend wenig vom Werk des theo­re­tisch sehr geschätz­ten Herrn Hus­mann gese­hen.

Da Leid in der Grup­pe bekannt­lich leich­ter zu ertra­gen ist, war es eine her­vor­ra­gen­de Idee der Pro­duk­ti­ons­fir­ma Brain­pool, die ers­ten vier Fol­gen der neu­en „Stromberg“-Staffel in gro­ßen, vol­len Kino­sä­len zur Auf­füh­rung zu brin­gen. So konn­te ich vor drei Wochen im Bochu­mer UCI end­lich auch mal wie­der die Serie sehen – und was soll ich sagen: es hat gro­ßen, gro­ßen Spaß gemacht.

Und obwohl ich vor­her noch nie laut bei „Strom­berg“ gelacht habe, funk­tio­niert es jetzt, wo ich die Erfah­rung ein­mal gemacht habe, auch noch im Nach­hin­ein, beim Wie­der­an­se­hen:

[Stel­len Sie sich an die­ser Stel­le bit­te vor, der ver­link­te Video­clip wäre hier ins Blog ein­ge­bun­den.]

Heu­te star­tet die fünf­te Staf­fel auf Pro Sie­ben und wenn ich mich ganz stark füh­le, wer­de ich mir die Fol­gen, die ich noch nicht gese­hen habe, auch noch allei­ne auf dem hei­mi­schen Sofa zu Gemü­te füh­ren, um zu sehen, wie es wei­ter­geht mit Strom­berg und Jen­ni­fer, mit Ernies reli­giö­sem Wahn und mit Strom­bergs Kar­rie­re.

Da ich nie län­ger als eine Woche am Stück in einem Büro gear­bei­tet habe, kann ich schlecht beur­tei­len, wie rea­lis­tisch die gan­zen Sze­na­ri­en sind, aber nach dem, was ich von Leu­ten gehört habe, die tat­säch­lich in Ver­si­che­run­gen, Ver­wal­tun­gen oder im Öffent­li­chen Dienst beschäf­tigt sind, erscheint mir das alles recht unter­trie­ben.

Strom­berg
Ab heu­te jeden Diens­tag
Um 22.10 Uhr auf Pro Sie­ben

Kategorien
Rundfunk

Frau Doktor und das liebe Vieh

Kaum weist der Kalen­der zwei fuß­ball­freie Tage auf, haben RTL und Pro­Sie­ben ihren gan­zen Mut in die Waag­scha­le gewor­fen ((Es han­delt sich um eine sehr fein jus­tier­te Waa­ge aus dem Betäu­bungs­mit­tel­zu­be­hör­fach­ge­schäft.)) und etli­che Seri­en- und Staf­fel­starts auf die­se zwei Aben­de gelegt.

„24“ habe ich nie gese­hen und wenn ich den Men­schen, denen ich in sol­chen Belan­gen blind ver­traue, ver­trau­en darf, soll­te ich bes­ser die ers­te Staf­fel sehen. „Moon­light“ inter­es­siert mich nicht die Boh­ne und „Dr. Psycho“ habe ich zu Beginn ziem­lich genau andert­halb Fol­gen ertra­gen, dann war für mich Schluss. Die Serie wur­de hoch gelobt, mit Grim­me­prei­sen aus­ge­zeich­net und trotz­dem fort­ge­setzt, aber sie ist nichts für mich – aus den glei­chen Grün­den, war­um ich mir „Strom­berg“ und „Ditt­sche“ nicht anse­hen kann: die­ses ganz offen­sicht­li­che Schei­tern, das sich aus zwei­hun­dert Metern Ent­fer­nung mit Leucht­feu­ern ankün­digt, macht mich wahn­sin­nig. Ich habe es als Kind im Kin­der­thea­ter gehasst ((Falls Sie sich fra­gen, ob ein Kind über­haupt has­sen kann, hat­ten Sie offen­bar das Glück, dass ich fern von Ihnen auf­ge­wach­sen bin.)), wenn ein Stück nur all­zu deut­lich auf eine Kata­stro­phe zusteu­er­te und das alle außer den Akteu­ren bemerk­ten, und ich has­se es noch heu­te.

Dem­nach müss­te ich auch „Doctor’s Dia­ry“ has­sen, die neue Serie, mit der RTL gera­de den letz­ten Ver­such unter­nimmt, eine deut­sche Serie im Abend­pro­gramm zu plat­zie­ren. Und in der Tat gab es in den ers­ten bei­den Fol­gen, die am Mon­tag lie­fen, eini­ge Sze­nen, in denen die­ser Weg­schau-Reflex aus dem Kin­der­thea­ter wie­der auf­kam: „Gleich wird die­ses und jenes pas­sie­ren, das sieht jeder, der nicht gera­de als Schieds­rich­ter bei der Fuß­ball-EM arbei­tet, Ihr braucht es nicht auch noch zu zei­gen.“ Manch­mal pas­sier­te es dann, manch­mal aber auch nicht. Und es pas­sier­te noch so viel mehr, dass das Vor­her­seh­ba­re sehr schnell egal war ange­sichts der wit­zi­gen Ein­fäl­le. Es war, als hät­te jemand „Scrubs“ und „Mein Leben und ich“ bei hoher Tem­pe­ra­tur zu amal­ga­mie­ren ver­sucht – und der Ver­such war gelun­gen. Ganz neben­bei schaff­te es die Serie mit Ver­wei­sen auf die „Schwarz­wald­kli­nik“ und „Dr. Ste­fan Frank“, mei­ner fes­ten Über­zeu­gung, es gäbe in Deutsch­land kei­ne Pop­kul­tur, leich­te Krat­zer bei­zu­brin­gen.

Geschei­tert wird auch bei Pro­Sie­ben am Diens­tag, zum Bei­spiel in „Gül­can und Col­li­en zie­hen aufs Land“, der mög­li­cher­wei­se däm­lichst beti­tel­ten Serie seit … „Doctor’s Dia­ry“. Ande­rer­seits erklärt der Titel, wor­um es geht, so dass man nicht ein­schal­ten muss. Ich habe auch nur ein paar Minu­ten gese­hen, die mir wie­der­um gereicht haben: zwei Viva-Star­lets, die bei­de unheim­lich ner­ven, tun so, als wären sie Paris Hil­ton und Nico­le Richie, was sie aber nicht sind, wes­we­gen jede (von mir gese­he­ne) Sze­ne der Serie künst­lich und auf Kon­flikt gebürs­tet wirk­te. Doku-Soaps sind eh ein Gen­re, das mich – so es sich nicht um „Toto und Har­ry“, „Das per­fek­te Pro­mi-Din­ner“ oder irgend­was mit klei­nen Eich­hörn­chen und Kat­zen han­delt – nur äußerst peri­pher tan­giert. Mir fehlt ein­fach das, was Hans Hoff die „Lust am Unfall“ nennt. ((Es wäre für mich kein Pro­blem, mich 24 Stun­den am Tag mit dem Schla­ger-Grand-Prix zu beschäf­ti­gen, bei dem alles immer eine Num­mer grö­ßer und oft genug zum Schei­tern ver­dammt ist. Der Grand Prix ist camp, ist eine eige­ne Welt, in der allen Betei­lig­ten klar ist, dass es sich um ein Par­al­lel­uni­ver­sum han­delt. Aber „Schwie­ger­toch­ter gesucht“, „Bau­er sucht Frau“ oder das Bügel­be­gleit­pro­gramm am Vor­mit­tag erzeu­gen in mir eine Mischung aus Mit­leid, Fremd­schä­men und Flucht­in­stinkt, die ich außer­halb von Fami­li­en­fei­ern nicht erle­ben muss.))

Unfäl­le gab es hin­ge­gen bei „Elton vs. Simon – Die Show“, die ich auch unge­fähr zehn Minu­ten aus­ge­hal­ten habe. Das Amal­gam besteht hier aus „Schlag den Raab“ und „Jack­ass“ und bringt mit Elton und Simon Gose­jo­hann gleich zwei gute Abschal­tar­gu­men­te mit. Dass die Sen­dung auch noch von Johan­na Klum „mode­riert“ wird, die laut ein­hel­li­ger, von mir geteil­ter Medi­en­jour­na­lis­ten­mei­nung zwar „süüüüüß“ ist, aber laut eben­so ein­hel­li­ger, von mir nicht min­der geteil­ter Medi­en­jour­na­lis­ten­mei­nung fast so schlecht mode­riert wie Mar­co Schreyl, macht die Sache nicht bes­ser. Ich moch­te die puber­tä­ren „Wer kann länger/​schneller/​lauter $eklige_​Sache machen“-Spiele nicht, als die Sen­dung noch kei­ne „Show“ war und ich mag sie auch nicht vor Publi­kum.

An den zwei Tagen fiel für mich außer „Doctor’s Dia­ry“ und der neu­en Staf­fel von „Kalk­o­fes Matt­schei­be“ also nicht all zuviel ab, aber allein der Umstand, dass mir mal wie­der eine deut­sche Fic­tion gefal­len hat, ist einen klei­nen Freu­den­tanz und einen aus­ufern­den Blog-Ein­trag wert. Ich bin daher sehr gespannt, wie RTL trotz guter Quo­ten ein Argu­ment für eine Abset­zung fin­den will. Viel­leicht dies­mal ganz auf­rich­tig: „Uns ist zu Ohren gekom­men, dass Herr Lukas Hein­ser die­se Serie gut fin­det. Wir wer­den sie des­halb mit sofor­ti­ger Wir­kung aus dem Pro­gramm ver­ban­nen.“